TE OGH 2000/8/2 2Ob136/99k

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Veröffentlicht am 02.08.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gerald S*****,

2. Eva S*****, beide vertreten durch Dr. Günther Csar, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagten Parteien 1. I***** GesmbH, *****, vertreten durch Beck & Dornhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, 2. Gemeinde W*****, vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in Eisenstadt, wegen S 199.702,80 samt Anhang infolge Revision der erstbeklagten Partei und außerordentlicher Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 1999, GZ 16 R 149/98v-27, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 2. Juli 1998, GZ 2 Cg 69/97z-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 10.890,-- (darin S 1.815,-- USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Im Zuge von Straßenbauarbeiten am Grundstück EZ ***** Grundstück ***** Grundbuch ***** W*****, das im Eigentum der Gemeinde W***** steht (öffentliches Gut), wurde im Auftrag Letzterer (der Zweitbeklagten) von der Erstbeklagten zur Verdichtung des Unterbauplanums am 5. 4. 1994 eine Rüttelwalze mit einem Eigengewicht von ca 400 kg eingesetzt. Das Haus der Kläger ist auf dem unmittelbar angrenzenden Grundstück errichtet. Da der Grund dort nicht besonders tragfähig ist, erfolgte die Fundierung des Hauses über eine 30 cm dicke Stahlbetonplatte. Durch die Vibrationen wurde diese in ihrer horizontalen Waage verschoben, wodurch Schäden hauptsächlich an den vertikalen Elementen des Hauses der Kläger, wie den Außenmauern und den Innenmauern, in Form vertikaler Risse entstanden. Der zu verdichtende Unterboden war am 5. 4. 1994 derart lehmig und weich, dass die eingesetzte Rüttelwalze teilweise versank. Nach den Verdichtungsarbeiten wurde eine Schotterschicht aufgetragen. Das Walzengewicht von ca 400 kg ist für die Größe und Übertragung bei der Verdichtung des Untergrundes freiwerdender Schwingungsenergie nicht alleine ausschlaggebend, vielmehr sind dabei insbesondere die Bodenbeschaffenheit, Verdichtungsgrad und Schwingungsfrequenz zu beachten. Am 12. 6. 1997 wurden von der Erstbeklagten im Auftrag der Zweitbeklagten auf dem Straßengrundstück neuerlich Bauarbeiten durchgeführt, wobei diesmal eine "große Walze" zum Einsatz kam. Dadurch vergrößerten sich die in der Diele und der Einfriedungsmauer des Hauses der Kläger bereits vorhandenen Risse und entstanden auch neue. An der Außenfassade traten neue Löcher auf. Darüber hinaus wurde die Außenisolierung durch die Planierungsarbeiten beschädigt.

Gestützt auf diesen Sachverhalt begehrten die Kläger S 199.707,80 samt Anhang als Entschädigung. Die Zweitbeklagte hafte als grundbücherliche Eigentümerin aus dem Titel des Ausgleichsanspruches für ortsunübliche Emissionen. Die Erstbeklagte (ihre Organe und Repräsentanten) hätten für die Ortsverhältnisse zu schwere Geräte eingesetzt, weshalb durch die Schwingungen des Untergrundes die Schäden entstanden seien. Die Erstbeklagte habe durch Einsatz der Rüttelwalze Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten (den Klägern) verletzt; im Übrigen habe der Erstkläger bei Beginn der Arbeiten den Walzenführer aufgefordert, diese einzustellen, weil schon damals im Haus Gegenstände herabgefallen seien. Die Erstbeklagte treffe daher auch eine Haftung nach § 1315 ABGB, zumal der Walzenführer trotz dieser Warnung die Arbeiten fortgeführt habe; gegenüber der Erstbeklagten werde der Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt.Gestützt auf diesen Sachverhalt begehrten die Kläger S 199.707,80 samt Anhang als Entschädigung. Die Zweitbeklagte hafte als grundbücherliche Eigentümerin aus dem Titel des Ausgleichsanspruches für ortsunübliche Emissionen. Die Erstbeklagte (ihre Organe und Repräsentanten) hätten für die Ortsverhältnisse zu schwere Geräte eingesetzt, weshalb durch die Schwingungen des Untergrundes die Schäden entstanden seien. Die Erstbeklagte habe durch Einsatz der Rüttelwalze Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber Dritten (den Klägern) verletzt; im Übrigen habe der Erstkläger bei Beginn der Arbeiten den Walzenführer aufgefordert, diese einzustellen, weil schon damals im Haus Gegenstände herabgefallen seien. Die Erstbeklagte treffe daher auch eine Haftung nach Paragraph 1315, ABGB, zumal der Walzenführer trotz dieser Warnung die Arbeiten fortgeführt habe; gegenüber der Erstbeklagten werde der Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt.

Beide Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, bei den Bauarbeiten sei die kleinste verfügbare Walze verwendet worden, die nicht geeignet sei, bei einem ordnungsgemäß hergestellten Gebäude derartige Erschütterungen zu bewirken; bei den Schäden handle es sich um normale Setzungsrisse.

Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand den Klägern gegenüber für den Schaden haften.

Rechtlich erörterte es, dass nach § 364 Abs 2 ABGB der Eigentümer eines Grundstückes dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen unter anderem durch Erschütterung insoweit untersagen könne, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigten. Bei dem durch die Walzen verursachten Schwingungen handle es sich um Emissionen um Form von Erschütterungen. Das Nachbarrecht sei auch im Verhältnis zwischen Privatgrundstück und öffentlichen Straßen anzuwenden. In Gegenden, in denen zur Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse Straßen gebaut, erweitert oder ausgebessert würden, hätten die Nachbarn für die Dauer dieser Arbeiten Beeinträchtigungen zu ertragen, sofern sie eben das nach den Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überstiegen. Eine öffentliche Straße stelle jedoch eine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB dar. Eine öffentliche Straße liege dann vor, wenn eine dem Verkehr dienende Landfläche samt den in ihrem Zug befindlichen dem Verkehr dienenden bauliche Anlagen von jedermann unter den gleichen Voraussetzungen benützt werden könne. Da die Zweitbeklagte auf ihrem Grundstück durch die Bauarbeiten eine neue Nebenstraße errichten haben wolle, liege eine solche öffentliche Straße vor. Nach § 364a ABGB sei der Grundeigentümer im Falle einer Beeinträchtigung durch eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden sei, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen worden sei. Dem Nachbarn einer genehmigten Anlage stehe somit ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch anstelle eines Unterlassungsanspruches nach § 364 Abs 2 ABGB zu. Emissionen einer behördlich genehmigten Anlage müssten für deren Betrieb typisch sein, dürften aber dennoch nicht das ortsübliche Maß überschreiten oder eine ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Eine solche Überschreitung oder wesentliche Beeinträchtigung liege jedenfalls dann vor, wenn es zur Beschädigung der Bausubstanz eines Gebäudes komme. Aus dem Gutachten des Sachverständigen gehe eindeutig hervor, dass einerseits im Straßenbau regelmäßig Rüttelwalzen zur Verdichtung des Bodens eingesetzt würden, andererseits aber die freigesetzten Vibrationen und Schwingungsfrequenzen durch den feuchten und weichen Untergrund verstärkt, typischerweise auch Schäden an den benachbarten Gebäuden verursachten, weshalb den Klägern ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch gegen die Zweitbeklagte zustehe. Für die unmittelbar von der Anlage ausgehende Emission hafte jedoch nicht nur der Eigentümer des Grundstücks, sondern auch jeder, der die Beeinträchtigung durch eine behördlich genehmigte Anlage herbeiführe, der also das Grundstück für eigene Zwecke benütze und dadurch Störungen hervorgerufen habe. Die Ausweitung der nachbarrechtlichen Haftung für den unmittelbaren Störer, der nicht Grundstücksnachbar sei, habe ihre Berechtigung dann, wenn das Handeln des Störers zumindest in irgend einer rechtlichen Beziehung zum Grundstückseigentümer stehe, also das Handeln deshalb als "in Ausübung des Eigentumsrechtes" im Sinne des § 364 Abs 1 ABGB qualifiziert werden könne. Die Erstbeklagte habe die Bauschäden durch die von ein eingesetzten Walzen hervorgerufenen Erschütterungen im Rahmen der durch die Zweitbeklagte beauftragten Straßenarbeiten hervorgerufen. Am Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Erst- und Zweitbeklagten könne kein Zweifel bestehen.Rechtlich erörterte es, dass nach Paragraph 364, Absatz 2, ABGB der Eigentümer eines Grundstückes dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen unter anderem durch Erschütterung insoweit untersagen könne, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigten. Bei dem durch die Walzen verursachten Schwingungen handle es sich um Emissionen um Form von Erschütterungen. Das Nachbarrecht sei auch im Verhältnis zwischen Privatgrundstück und öffentlichen Straßen anzuwenden. In Gegenden, in denen zur Befriedigung der Verkehrsbedürfnisse Straßen gebaut, erweitert oder ausgebessert würden, hätten die Nachbarn für die Dauer dieser Arbeiten Beeinträchtigungen zu ertragen, sofern sie eben das nach den Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überstiegen. Eine öffentliche Straße stelle jedoch eine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des Paragraph 364 a, ABGB dar. Eine öffentliche Straße liege dann vor, wenn eine dem Verkehr dienende Landfläche samt den in ihrem Zug befindlichen dem Verkehr dienenden bauliche Anlagen von jedermann unter den gleichen Voraussetzungen benützt werden könne. Da die Zweitbeklagte auf ihrem Grundstück durch die Bauarbeiten eine neue Nebenstraße errichten haben wolle, liege eine solche öffentliche Straße vor. Nach Paragraph 364 a, ABGB sei der Grundeigentümer im Falle einer Beeinträchtigung durch eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht worden sei, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen worden sei. Dem Nachbarn einer genehmigten Anlage stehe somit ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch anstelle eines Unterlassungsanspruches nach Paragraph 364, Absatz 2, ABGB zu. Emissionen einer behördlich genehmigten Anlage müssten für deren Betrieb typisch sein, dürften aber dennoch nicht das ortsübliche Maß überschreiten oder eine ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Eine solche Überschreitung oder wesentliche Beeinträchtigung liege jedenfalls dann vor, wenn es zur Beschädigung der Bausubstanz eines Gebäudes komme. Aus dem Gutachten des Sachverständigen gehe eindeutig hervor, dass einerseits im Straßenbau regelmäßig Rüttelwalzen zur Verdichtung des Bodens eingesetzt würden, andererseits aber die freigesetzten Vibrationen und Schwingungsfrequenzen durch den feuchten und weichen Untergrund verstärkt, typischerweise auch Schäden an den benachbarten Gebäuden verursachten, weshalb den Klägern ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch gegen die Zweitbeklagte zustehe. Für die unmittelbar von der Anlage ausgehende Emission hafte jedoch nicht nur der Eigentümer des Grundstücks, sondern auch jeder, der die Beeinträchtigung durch eine behördlich genehmigte Anlage herbeiführe, der also das Grundstück für eigene Zwecke benütze und dadurch Störungen hervorgerufen habe. Die Ausweitung der nachbarrechtlichen Haftung für den unmittelbaren Störer, der nicht Grundstücksnachbar sei, habe ihre Berechtigung dann, wenn das Handeln des Störers zumindest in irgend einer rechtlichen Beziehung zum Grundstückseigentümer stehe, also das Handeln deshalb als "in Ausübung des Eigentumsrechtes" im Sinne des Paragraph 364, Absatz eins, ABGB qualifiziert werden könne. Die Erstbeklagte habe die Bauschäden durch die von ein eingesetzten Walzen hervorgerufenen Erschütterungen im Rahmen der durch die Zweitbeklagte beauftragten Straßenarbeiten hervorgerufen. Am Vorliegen eines Rechtsverhältnisses zwischen der Erst- und Zweitbeklagten könne kein Zweifel bestehen.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision hinsichtlich der Erstbeklagten zulässig, hinsichtlich der zweitbeklagten Partei jedoch nicht zulässig sei.

Es führte zur Berufung der Erstbeklagten aus, dass passiv legitimiert für den Anspruch nach §§ 364 und 364a ABGB der Eigentümer des benachbarten Grundstückes und jeder, der durch Vorkehrungen auf dem Nachbargrundstück unzulässige Störungen hervorrufe, sofern er das Grundstück für eigene Zwecke benütze. Ein Bauunternehmer, der auf Grund eines Werkvertrages Bauarbeiten auf dem Nachbargrund durchführe, hafte nicht nachbarrechtlich, weil ihm auf Grund des Werkvertrages keine Benützungsbefugnis, die ihn nach den §§ 364 ff ABGB haftbar machen könnten, eingeräumt sei und eine Ausdehnung der nachbarrechtlichen Haftung auf solche Unternehmer mit dem Sinn und Zweck des Nachbarrechts nicht mehr in Einklang gebracht werden könne. Den Klägern stehe nur ein verschuldensabhängiger, deliktischer Schadenersatzanspruch nach den §§ 1293 ff ABGB gegen die Erstbeklagte zu, allerdings innerhalb der Schranken des § 1315 ABGB. Die Erstbeklagte hafte aber aus der Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag, mit dem sie mit dem Straßenbau betraut worden sei, zu Gunsten der Kläger als geschädigte Dritte. Im Wege objektiver Vertragsauslegung sei für den regelmäßig nicht vorbesprochenen Fall von Störungen aus Anlass von Erfüllungshandlungen anzunehmen, dass die Parteien des Werkvertrages einander zum Schutz und zur Sorgfalt auch gegenüber jenen dritten Personen und Sachen verpflichten wollten, deren räumlicher Kontakt mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung bei Vertragsabschluss voraussehbar gewesen sei, die also der vertraglichen Leistung nahestünden und bei denen der Vertragspartner (beim Werkvertrag der Besteller) ein sichtbares eigenes Interesse habe, hinsichtlich welcher ihm selbst offensichtlich eine Fürsorgepflicht zukomme. In einem solchen Fall könnten die dritten Personen ihren eigenen Schaden aus dem fremden Vertrag geltend machen (RIS-Justiz RS0037785). Einen Schuldner träfen Schutzpflichten nicht nur bezüglich der körperlichen Unversehrtheit Dritter, sondern auch gegenüber Sachen, die dritten Personen gehörten. Die Sachen müssten erstens in Kontakt mit der Hauptleistung kommen, sodass sie einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt seien, zweitens müsse die Hauptleistung an ihnen selbst vorgenommen werden oder es müsse der Vertragspartner an ihnen ein eigenes Interesse haben oder es müssten ihn selbst Sorgfaltspflichten gegenüber dieser Sache treffen. Nicht in den Schutzbereich einzubeziehen sei in der Regel das bloße Vermögen dritter Personen, sondern nur deren ohnehin absoluten Schutz genießenden Güter. Der absolute Schutz (das Eigentum) der Kläger seien ohne Zweifel mit der Hauptleistung der Erstbeklagten (die Errichtung der Straße) in Kontakt gekommen und seien einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt. Die Zweitbeklagte als Vertragspartnerin der Erstbeklagten treffe als Nachbarin eine gesetzlich gebotene Sorgfalts- und Fürsorgepflicht gegenüber dem nachbarlichen Eigentum der Kläger. Diese Fürsorgepflicht hätte der Erstbeklagten auf Grund der örtlichen Nähe der Nachbarliegenschaft der Kläger auch offensichtlich sein müssen. Die Erstbeklagte hafte daher nicht nachbarrechtlich, aber vertraglich für den Schadenersatz aus der Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten zu Gunsten der Kläger aus dem zwischen Erst- und Zweitbeklagter abgeschlossenen Werkvertrag zur Errichtung der Straßen. Da es sich um eine Haftung aus Vertrag handle, haftete die Erstbeklagte für ihre Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB und hätten sich, da der kausale Schadenseintritt feststehe, gemäß § 1298 ABGB frei beweisen müssen. Da sie Letzteres nicht getan habe, bedürfe es keiner weiteren Feststellungen zum Grunde des Ersatzanspruches der Kläger gegen die Erstbeklagte.Es führte zur Berufung der Erstbeklagten aus, dass passiv legitimiert für den Anspruch nach Paragraphen 364 und 364a ABGB der Eigentümer des benachbarten Grundstückes und jeder, der durch Vorkehrungen auf dem Nachbargrundstück unzulässige Störungen hervorrufe, sofern er das Grundstück für eigene Zwecke benütze. Ein Bauunternehmer, der auf Grund eines Werkvertrages Bauarbeiten auf dem Nachbargrund durchführe, hafte nicht nachbarrechtlich, weil ihm auf Grund des Werkvertrages keine Benützungsbefugnis, die ihn nach den Paragraphen 364, ff ABGB haftbar machen könnten, eingeräumt sei und eine Ausdehnung der nachbarrechtlichen Haftung auf solche Unternehmer mit dem Sinn und Zweck des Nachbarrechts nicht mehr in Einklang gebracht werden könne. Den Klägern stehe nur ein verschuldensabhängiger, deliktischer Schadenersatzanspruch nach den Paragraphen 1293, ff ABGB gegen die Erstbeklagte zu, allerdings innerhalb der Schranken des Paragraph 1315, ABGB. Die Erstbeklagte hafte aber aus der Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag, mit dem sie mit dem Straßenbau betraut worden sei, zu Gunsten der Kläger als geschädigte Dritte. Im Wege objektiver Vertragsauslegung sei für den regelmäßig nicht vorbesprochenen Fall von Störungen aus Anlass von Erfüllungshandlungen anzunehmen, dass die Parteien des Werkvertrages einander zum Schutz und zur Sorgfalt auch gegenüber jenen dritten Personen und Sachen verpflichten wollten, deren räumlicher Kontakt mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung bei Vertragsabschluss voraussehbar gewesen sei, die also der vertraglichen Leistung nahestünden und bei denen der Vertragspartner (beim Werkvertrag der Besteller) ein sichtbares eigenes Interesse habe, hinsichtlich welcher ihm selbst offensichtlich eine Fürsorgepflicht zukomme. In einem solchen Fall könnten die dritten Personen ihren eigenen Schaden aus dem fremden Vertrag geltend machen (RIS-Justiz RS0037785). Einen Schuldner träfen Schutzpflichten nicht nur bezüglich der körperlichen Unversehrtheit Dritter, sondern auch gegenüber Sachen, die dritten Personen gehörten. Die Sachen müssten erstens in Kontakt mit der Hauptleistung kommen, sodass sie einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt seien, zweitens müsse die Hauptleistung an ihnen selbst vorgenommen werden oder es müsse der Vertragspartner an ihnen ein eigenes Interesse haben oder es müssten ihn selbst Sorgfaltspflichten gegenüber dieser Sache treffen. Nicht in den Schutzbereich einzubeziehen sei in der Regel das bloße Vermögen dritter Personen, sondern nur deren ohnehin absoluten Schutz genießenden Güter. Der absolute Schutz (das Eigentum) der Kläger seien ohne Zweifel mit der Hauptleistung der Erstbeklagten (die Errichtung der Straße) in Kontakt gekommen und seien einer erhöhten Gefährdung ausgesetzt. Die Zweitbeklagte als Vertragspartnerin der Erstbeklagten treffe als Nachbarin eine gesetzlich gebotene Sorgfalts- und Fürsorgepflicht gegenüber dem nachbarlichen Eigentum der Kläger. Diese Fürsorgepflicht hätte der Erstbeklagten auf Grund der örtlichen Nähe der Nachbarliegenschaft der Kläger auch offensichtlich sein müssen. Die Erstbeklagte hafte daher nicht nachbarrechtlich, aber vertraglich für den Schadenersatz aus der Verletzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten zu Gunsten der Kläger aus dem zwischen Erst- und Zweitbeklagter abgeschlossenen Werkvertrag zur Errichtung der Straßen. Da es sich um eine Haftung aus Vertrag handle, haftete die Erstbeklagte für ihre Erfüllungsgehilfen gemäß Paragraph 1313 a, ABGB und hätten sich, da der kausale Schadenseintritt feststehe, gemäß Paragraph 1298, ABGB frei beweisen müssen. Da sie Letzteres nicht getan habe, bedürfe es keiner weiteren Feststellungen zum Grunde des Ersatzanspruches der Kläger gegen die Erstbeklagte.

Die Revision sei in Ansehung des Erstbeklagten zuzulassen, weil eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob neben einem deliktischen Schadenersatzanspruch auch ein vertraglicher Schadenersatzanspruch aus der Verletzung von Schutz-, Sorgfalts- und Fürsorgepflichten einer Bauunternehmung beim Straßenbau gegenüber Dritten, nämlich Nachbarn des Werkbestellers, bestehe.

Zur Berufung der Zweitbeklagten führte das Berufungsgericht aus, dass Baumaßnahmen auf öffentlichen Straßen oder im Zuge ihrer Herstellung die bauausführende Gebietskörperschaft nach § 364 ABGB grundsätzlich verantwortlich machten. Die §§ 364 ff ABGB, die dem Schutz des Nachbarn vor übermäßigen Einwirkungen dienten, seien auch im Verhältnis zwischen einem privaten Grundstück und einer öffentlichen Straße anzuwenden. Passiv legitimiert für den Anspruch nach den §§ 364 und 364a ABGB sei zunächst jedenfalls der Eigentümer des benachbarten Grundstückes (1 Ob 2337/96z; RIS-Justiz RS005609). Eine öffentliche Straße, auch wenn sie noch im Bau sei, gelte als behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB (RIS-Justiz RS0010596; 1 Ob 135/97b). Nach dem unstrittigen Sachverhalt könne an der verschuldensunabhängigen, aus dem Nachbarrecht erfließenden Haftung der Zweitbeklagten als Grundeigentümer für Schäden, die auf Grund der vom Straßengrund ausgehenden Emissionen am Grundstück der Kläger entstanden seien, kein Zweifel bestehen.Zur Berufung der Zweitbeklagten führte das Berufungsgericht aus, dass Baumaßnahmen auf öffentlichen Straßen oder im Zuge ihrer Herstellung die bauausführende Gebietskörperschaft nach Paragraph 364, ABGB grundsätzlich verantwortlich machten. Die Paragraphen 364, ff ABGB, die dem Schutz des Nachbarn vor übermäßigen Einwirkungen dienten, seien auch im Verhältnis zwischen einem privaten Grundstück und einer öffentlichen Straße anzuwenden. Passiv legitimiert für den Anspruch nach den Paragraphen 364 und 364a ABGB sei zunächst jedenfalls der Eigentümer des benachbarten Grundstückes (1 Ob 2337/96z; RIS-Justiz RS005609). Eine öffentliche Straße, auch wenn sie noch im Bau sei, gelte als behördlich genehmigte Anlage im Sinne des Paragraph 364 a, ABGB (RIS-Justiz RS0010596; 1 Ob 135/97b). Nach dem unstrittigen Sachverhalt könne an der verschuldensunabhängigen, aus dem Nachbarrecht erfließenden Haftung der Zweitbeklagten als Grundeigentümer für Schäden, die auf Grund der vom Straßengrund ausgehenden Emissionen am Grundstück der Kläger entstanden seien, kein Zweifel bestehen.

Die ordentliche Revision der Zweitbeklagten sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht insoweit der Judikatur des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richten sich die ordentliche Revision der Erstbeklagten und die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten. Beide Revisionen sind mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Zur Revision der Erstbeklagten:

Nach ständiger Rechtsprechung bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber Dritten, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen. Begünstigte Personen sind in diesem Sinn Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Abschluss des Vertrages vorhersehbar war und "die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse habe oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei" (vlg SZ 54/65 mwN; SZ 59/189; Harrer in Schwimann ABGB2 Rz 94 zu § 1295 mwN). Lediglich Personen, mit denen der Auftraggeber "rein gesellschaftlich oder im allgemeinen Verkehr mit der Umwelt in Kontakt kommt, wie zB mit dem Briefträger" sind von dieser Schutzpflicht ausgenommen. Der begünstigte Personenkreis ist auf Grund einer "objektiven Auslegung des Vertrages" zu bestimmen (SZ 46/121). In diesen Fällen wird dem Dritten das Recht zur Geltendmachung eines "eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt" (SZ 51/169; SZ 54/41; SZ 61/55; SZ 63/123; RIS-Justiz RS0037785).Nach ständiger Rechtsprechung bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber Dritten, die zwar aus dem Vertrag nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung nahestehen. Begünstigte Personen sind in diesem Sinn Dritte, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung bei Abschluss des Vertrages vorhersehbar war und "die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigte oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse habe oder denen er selbst offensichtlich rechtlich zur Fürsorge verpflichtet sei" (vlg SZ 54/65 mwN; SZ 59/189; Harrer in Schwimann ABGB2 Rz 94 zu Paragraph 1295, mwN). Lediglich Personen, mit denen der Auftraggeber "rein gesellschaftlich oder im allgemeinen Verkehr mit der Umwelt in Kontakt kommt, wie zB mit dem Briefträger" sind von dieser Schutzpflicht ausgenommen. Der begünstigte Personenkreis ist auf Grund einer "objektiven Auslegung des Vertrages" zu bestimmen (SZ 46/121). In diesen Fällen wird dem Dritten das Recht zur Geltendmachung eines "eigenen Schadens aus fremdem Vertrag zuerkannt" (SZ 51/169; SZ 54/41; SZ 61/55; SZ 63/123; RIS-Justiz RS0037785).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Beschädigungen einer Leitung (Kabel, Kanal etc), die einer von dem Auftraggeber (in der Regel Partner des Werkvertrages) verschiedenen Person gehört, durch ein Bauunternehmen den Bestimmungen des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter unterliegen. Danach wurde ausgesprochen, dass dem Bauunternehmen eine vertragliche Nebenverpflichtung (SZ 50/102) obliegt, Leitungen, die sich in unmittelbaren Gefahrenbereich befinden, nicht zu beschädigen (SZ 54/65). In der Entscheidung SZ 50/34 wurde die Haftung des Bauführers wegen Beschädigung einer Wasserleitung eines Dritten angenommen. In SZ 56/185 wurden auch die Nachbargebäude dem Schutzzweck des Vertrages zwischen Bauführer und Bauherrn unterstellt; dabei wurde auch ausdrücklich das Zusammentreffen der Haftung des Nachbarn gemäß § 364a ABGB und des von diesem beauftragten Werkunternehmers wegen Verletzung einer vertraglichen Schutzpflicht bejaht. Dieser Gedanke wurde in der Entscheidung 7 Ob 277/98f aufrecht erhalten.Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Beschädigungen einer Leitung (Kabel, Kanal etc), die einer von dem Auftraggeber (in der Regel Partner des Werkvertrages) verschiedenen Person gehört, durch ein Bauunternehmen den Bestimmungen des Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter unterliegen. Danach wurde ausgesprochen, dass dem Bauunternehmen eine vertragliche Nebenverpflichtung (SZ 50/102) obliegt, Leitungen, die sich in unmittelbaren Gefahrenbereich befinden, nicht zu beschädigen (SZ 54/65). In der Entscheidung SZ 50/34 wurde die Haftung des Bauführers wegen Beschädigung einer Wasserleitung eines Dritten angenommen. In SZ 56/185 wurden auch die Nachbargebäude dem Schutzzweck des Vertrages zwischen Bauführer und Bauherrn unterstellt; dabei wurde auch ausdrücklich das Zusammentreffen der Haftung des Nachbarn gemäß Paragraph 364 a, ABGB und des von diesem beauftragten Werkunternehmers wegen Verletzung einer vertraglichen Schutzpflicht bejaht. Dieser Gedanke wurde in der Entscheidung 7 Ob 277/98f aufrecht erhalten.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht daher der ständigen Rechtsprechung, weshalb es einer neuerlichen Befassung mit dieser Frage nicht bedarf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Die klagenden Parteien haben auf die Unzulässigkeit der Revision der zweitbeklagten Partei hingewiesen.

Zur außerordentlichen Revision der Zweitbeklagten:

Auch hier liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vor. Die von der Liegenschaft der Zweitbeklagten ausgehenden Immissionen durch Erschütterungen haben die vom Erstgericht festgestellten Schäden bewirkt. Den Klägern steht daher ein Ausgleichsanspruch in noch zu ermittelnder Höhe zu (EvBl 1980/143; SZ 70/85; RIS-Justiz RS0056509). Auch das behauptete öffentliche Interesse an der Errichtung der Straße kann am Bestehen des Ausgleichsanspruches keinen Abbruch zu. Die Revisionen waren daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Anmerkung

E59015 02A01369

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0020OB00136.99K.0802.000

Dokumentnummer

JJT_20000802_OGH0002_0020OB00136_99K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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