Index
L65000 Jagd Wild;Norm
B-VG Art140;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Berger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Dipl. Ing. MH in H, vertreten durch Mag. Dr. Rudolf Gürtler und Mag. Dr. Kathrin Gürtler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Seilergasse 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Februar 2004, Zl LF1-J-130/034-2003, betreffend Errichtung eines Schwarzwild-Zaunes (Jagdgeheges), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 3. März 2003 suchte der Beschwerdeführer als Eigenjagdberechtigter des Eigenjagdgebietes T (Revier S) um Bewilligung eines "Schwarzwildzaunes" rund um dieses Jagdgebiet an. Er beabsichtige, das gesamte Eigenjagdgebiet mit einem ca 1 m hohen schwarzwilddichten Zaun einzuzäunen, der für jegliches andere Schalenwild durchlässig sei. Damit sollten die außerhalb des Eigenjagdgebietes liegenden landwirtschaftlichen Flächen vor Schwarzwildschäden geschützt werden.
Nach Einholung einer Stellungnahme des jagdfachlichen Amtssachverständigen - zu der der Beschwerdeführer keine Äußerung abgab - wies die Bezirkshauptmannschaft Horn mit Bescheid vom 23. Juli 2003 den Antrag ab.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 12 Abs 1 und 3 NÖ JG abgewiesen wurde.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass es sich bei der beantragten Art der Einzäunung des Eigenjagdgebietes des Beschwerdeführers um ein "Jagdgehege" handle, weil "ein gesamtes Eigenjagdgebiet mit einer Gesamtfläche von 689,2436 gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes (Schwarzwild) eingezäunt werden" solle. Ein solches Jagdgehege könne "jedoch erst mit Beginn der nächsten Jagdgebietsfeststellung (ab dem 1. Juli 2009, vgl § 12 Abs 1 NÖ Jagdgesetz 1974) beantragt werden". Bei einem Jagdgehege handle es sich um eine "spezielle Form eines Eigenjagdgebietes", wobei es zwei verschiedene Ausformungen von Eigenjagdgebieten - ein nicht eingezäuntes und ein wilddicht abgeschlossenes (Jagdgehege) - gebe. § 12 NÖ JG, welcher (unter anderem) die Feststellung der Eigenjagdgebiete betreffe, gelte daher auch für das im vorliegenden Fall beantragte Jagdgehege. Bei dem beabsichtigten Jagdgehege handle es sich nicht bloß um eine "Änderung der Nutzungsform der Eigenjagd". Die durch die jagdrechtlichen Vorschriften gegebenen Einschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten des Eigentümers seien zum Schutz von öffentlichen und privaten Interessen notwendig und gerechtfertigt. Wäre es möglich, während der Jagdperiode ein Jagdgehege zu errichten, dass dann auf Grund der Bestimmung des § 57 Abs 1 NÖ JG jederzeit wieder entfernt werden dürfte, so widerspreche dies dem Grundsatz der Kontinuität (dem zufolge es notwendig sei, dem Wild die Möglichkeit zu geben, sich auf neue Rahmenbedingungen einzustellen), weshalb Jagdgehege "jeweils nur für eine Jagdperiode angemeldet und anerkannt" werden könnten. Auch aus der Sicht der einem Eigenjagdgebiet benachbarten Jagdgebiete dürfe die Unterbindung des Wildwechsels nicht "plötzlich", sondern nur mit Beginn einer Jagdperiode erfolgen. Um die Wildschäden auf den umliegenden landwirtschaftlichen Grundflächen zu reduzieren, sei das beabsichtigte Schwarzwildjagdgehege nicht erforderlich, weil das NÖ JG andere Möglichkeiten zur Reduzierung von Schwarzwildschäden vorsehe (etwa das Recht der Grundeigentümer, gemäß § 99 Abs 1 NÖ JG zum Schutz ihrer landwirtschaftlichen Grundflächen einen Zaun zu errichten; die Erlassung von Fütterungsverboten und andere behördlichen Maßnahmen gemäß §§ 87 und 87a NÖ JG).
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 2004, B 464/04, ab und trat diese gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Über die - auftragsgemäß ergänzte Beschwerde - hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 7 Abs 1 NÖ Jagdgesetz 1974, LGBl 6500 idF vor der erst am 1. Juli 2008 in Kraft tretenden 11. Novelle (NÖ JG), steht die Befugnis zur Eigenjagd - außer den Eigentümern von Eigenjagdgebieten gemäß § 6 Abs 1 NÖ JG (zusammenhängende Grundflächen von mindestens 115 ha, welche eine für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignete Gestaltung und insbesondere Breite besitzen) - auch "dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha, welche der Wildhege gewidmet und hiefür geeignet ist und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes nach allen anderen benachbarten Grundstücken und gegen das Einwechseln von Schalenwild vollkommen abgeschlossen ist (Jagdgehege)", zu. Im Gegensatz zu eingefriedeten Flächen geringeren Ausmaßes, die für die Haltung von jagdbaren Tieren bestimmt sind, kommt somit einem Jagdgehege nach der zitierten Gesetzesstelle die Qualifikation als Eigenjagdgebiet zu. Jagdausübungsberechtigt ist gemäß § 7 Abs 1 und § 5 Abs 2 lit a NÖ JG der Grundeigentümer.
Die vom Beschwerdeführer beantragte schwarzwilddichte Einzäunung seines Eigenjagdgebietes stellt sich als Begehren auf Anerkennung einer Grundfläche als Jagdgehege dar; ein solches Jagdgehege ist nach dem Gesagten als Eigenjagdgebiet anzusehen. Jagdgebiete können gemäß § 11 NÖ JG durch die Bezirksverwaltungsbehörde jeweils nur für die nächstfolgende Jagdperiode festgestellt werden. Nach § 11 Abs 2 leg cit umfasst die Jagdperiode neun Jagdjahre, wobei die Grundeigentümer ihren Anspruch auf Anerkennung der Befugnis zur Eigenjagd innerhalb der in § 12 Abs 1 NÖ JG genannten Frist geltend machen müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf einen - dem vorliegenden Beschwerdefall gleichenden - Antrag auf Einzäunung eines festgestellten Eigenjagdgebietes im Erkenntnis vom 30. April 1986, Zl 86/03/0004, ausgeführt:
"(E)s fehlt (…) eine Bestimmung im (niederösterreichischen) Jagdgesetz, wonach auch ein anerkanntes Eigenjagdgebiet mit der Schaffung der für ein Jagdgehege notwendigen Voraussetzungen während der Jagdperiode für die restliche Dauer der Jagdperiode als Jagdgehege anzuerkennen wäre.
Daraus ergibt sich, dass die Anerkennung einer Grundfläche als Jagdgehege - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - nur im Zusammenhang mit der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 JG erfolgen kann. Die zur Qualifizierung einer Grundfläche als Jagdgehege erforderlichen Kriterien sind im § 7 Abs. 1 JG normiert. (…) Ob die im § 7 Abs. 1 JG angeführten Voraussetzungen für ein Jagdgehege im Einzelfall erfüllt sind, hat die Behörde anlässlich der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 JG zu beurteilen."
Dass Jagdgehege nur anlässlich der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 JG anerkannt werden können, ergibt sich auch daraus, dass § 7 NÖ JG idF vor der 11. Novelle keine Bestimmungen über die Bewilligung von Jagdgehegen im Sinne des Abs 1 leg. cit enthält, während Abs 2 dieser Gesetzesbestimmung in Bezug auf "Schau- und Zuchtgehege" anordnet, dass die Anlage von solchen "abgeschlossenen Flächen auch geringeren Ausmaßes, auf denen vom Grundeigentümer Wild gehalten wird und die der Schau oder Zucht von Wild dienen", der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde bedarf. Da in Jagdgehegen gemäß § 7 Abs 1 NÖ JG die Befugnis zur Eigenjagd dem Grundeigentümer zusteht und diese Befugnis gemäß § 11 für die jeweils nächstfolgende Jagdperiode festzustellen ist, erfolgt die "Bewilligung" eines Jagdgeheges dagegen in der Form, dass die Befugnis zur Eigenjagd in einem Jagdgehege im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung der Eigenjagdgebiete gemäß § 12 NÖ JG festgestellt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Anlass, von seiner im Erkenntnis vom 30. April 1986, Zl 86/03/0004, geäußerten Rechtsauffassung abzugehen (vgl auch die daran anschließenden hg Erkenntnisse vom 12. November 1986, Zl 86/03/0142, und vom 14. Jänner 1987, Zl 86/03/0227, sowie zuletzt den Hinweis auf diese Rechtsprechung im hg Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl 94/03/0114). Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 9. Juni 2004, B 464/04, mit dem die Behandlung der vorliegenden Beschwerde abgelehnt wurde, ausgeführt, dass die Regelung der §§ 7 und 12 NÖ JG, wonach die Anerkennung einer Grundfläche als Jagdgehege nur im Zusammenhang mit der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 NÖ JG erfolgen kann, sachlich gerechtfertigt ist, weil sie "den Grundsatz der Kontinuität der Jagdgebietsfeststellung gewährleistet und eine möglichst ungestörte Jagdbewirtschaftung für die gesamte Jagdperiode ermöglicht".
Die vom Beschwerdeführer beantragte schwarzwilddichte Einzäunung seines Eigenjagdgebietes stellt sich als Begehren auf Anerkennung einer Grundfläche als Jagdgehege dar, welche nach dem Gesagten nur im Zusammenhang mit der Jagdgebietsfeststellung nach § 12 NÖ JG erfolgen kann. Dem außerhalb der Frist gemäß § 12 NÖ JG gestellten Antrag wurde von der belangten Behörde daher zurecht nicht stattgegeben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2006
Schlagworte
Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Bildung von Jagdgebieten Feststellung Eigenjagd Jagdrecht und Jagdrechtsausübung WildgehegeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004030114.X00Im RIS seit
30.01.2007