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L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §63 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des J P in H, vertreten durch Dr. Karl Claus und Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 2004, Zl LF1-J-135/016-2004, betreffend Nichtigerklärung eines Bescheides über die Genehmigung einer Jagdverpachtung (mitbeteiligte Parteien: 1. Jagdgenossenschaft H, vertreten durch den Obmann des Jagdausschusses J Z in H,
2. Jagdgesellschaft H, vertreten durch den Jagdleiter J K in H, beide vertreten durch Dr. Werner Stolarz und Dr. Ernst Summerer Rechtsanwälte OEG in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Parteien wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, den Beschluss des Jagdausschusses H vom 11. Februar 2000 über die Verpachtung des Genossenschaftsjagdgebietes H sowie den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 22. März 2000 über die Genehmigung dieser Verpachtung als nichtig zu erklären, zurückgewiesen.
Die belangte Behörde stellte fest, eine Ausfertigung des Bescheides vom 22. März 2000 über die Genehmigung der Jagdverpachtung sei an der Amtstafel der Marktgemeinde Nappersdorf-Kammersdorf von 30. März 2000 bis 13. April 2000 angeschlagen gewesen. Der Beschwerdeführer habe am 24. Juli 2003 die Nichtigerklärung des Beschlusses über die Jagdverpachtung im Wesentlichen wegen behaupteter Teilnahme von befangenen Mitgliedern des Jagdausschusses beantragt. Selbst wenn der Beschwerdeführer, der als nicht zum Zuge gekommener Pachtwerber aufgetreten sei, als Mitglied der Jagdgenossenschaft Parteistellung im Verfahren über die Jagdvergabe habe, fehle doch eine gesetzliche Grundlage dafür, nach Rechtskraft des Genehmigungsbescheides einen Antrag auf Nichtigerklärung des zu Grunde liegenden Beschlusses über die Jagdvergabe bzw des Genehmigungsbescheides selbst stellen zu können. Die Frage, ob der Beschluss gültig zustande gekommen sei, müsse vielmehr ausschließlich im Genehmigungsverfahren beantwortet werden. Eine selbstständige Entscheidung der Jagdbehörde auf Nichtigerklärung sei gesetzlich nicht vorgesehen. Nach § 68 Abs 2 AVG könne - von Amts wegen - ein rechtskräftiger Bescheid nur dann behoben werden, wenn daraus niemandem ein Recht erwachsen sei. Die Nichtigerklärung des Genehmigungsbescheides greife jedoch in die bestehenden Rechte des Pächters, der Jagdgesellschaft H, ein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzt hat.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 21 Abs 2 lit b des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, LGBl Nr 6500-00 idF vor der Novelle durch LGBl 6500-16 (JG), hat der Obmann des Jagdausschusses "für die Kundmachungen des Jagdausschusses und in Vollziehung des Jagdgesetzes ergangene Bescheide durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde durch zwei Wochen Sorge zu tragen"; die Durchführung der öffentlichen Kundmachung obliegt dem Bürgermeister.
Gemäß § 39 Abs 1 JG kann der Jagdausschuss eine Genossenschaftsjagd im Wege des freien Übereinkommens verpachten, wenn eine derartige Verpachtung weder dem Interesse der Land- und Forstwirtschaft noch jenem der Jagdwirtschaft widerspricht.
Gemäß § 39 Abs 3 JG bedarf die Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Um die Erteilung der Genehmigung hat der Jagdausschuss unverzüglich nach Beschlussfassung unter Vorlage einer Ausfertigung des Beschlusses anzusuchen.
Gemäß § 39 Abs 4 JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Genehmigung zu versagen, wenn die Voraussetzungen der Abs 1 bis 3 nicht vorliegen.
Gemäß § 39 Abs 5 JG gilt derjenige, dem die Genossenschaftsjagd verpachtet wurde, bis zur rechtskräftigen Außerkraftsetzung dieser Verpachtung als Pächter dieser Jagd, wenn gegen die Genehmigung einer Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens berufen wird.
Gegen den die Genehmigung erteilenden Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde kommt den einzelnen Grundeigentümern als Jagdgenossen Parteistellung und damit das Berufungsrecht zu. Gemäß § 21 Abs 2 lit b JG gilt durch eine den Vorschriften entsprechende Kundmachung des Genehmigungsbescheides die Zustellung gegenüber allen Grundeigentümern als rechtswirksam vollzogen. Ab dem Ende der Kundmachungsfrist läuft die Berufungsfrist. Es ist Sache des einzelnen Jagdgenossen, dafür zu sorgen, dass er von einer solchen Kundmachung rechtzeitig Kenntnis erlangt (vgl das hg Erkenntnis vom 27. Juni 1984, Slg Nr 11.481/A).
Nach den Feststellungen der belangten Behörde war eine Ausfertigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 22. März 2000, mit dem die erwähnte Jagdvergabe genehmigt worden war, in der Zeit vom 30. März bis 13. April 2000 an der Amtstafel der Gemeinde Nappersdorf-Kammersdorf angeschlagen. Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren nie geltend gemacht, dass der betreffende Anschlag tatsächlich nicht erfolgt sei. Sein nunmehr in der Beschwerde dazu erstattetes - gegenteiliges - Vorbringen, der Bescheid sei in diesem Zeitraum nicht angeschlagen gewesen, verstößt daher gegen das Neuerungsverbot des § 41 VwGG und ist schon deshalb unbeachtlich.
Im Übrigen trägt die im Verwaltungsakt (S 33 bis 35) liegende, an die Marktgemeinde Nappersdorf-Kammersdorf gerichtete und dort am 30. März 2000 eingelangte Ausfertigung des erstinstanzlichen Bescheides den Vermerk: "Angeschlagen am 30.3.2000 Abgenommen am 13.4.2000" und die Unterschrift der (damaligen) Bürgermeisterin neben dem Amtssiegel.
Es ist daher der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 22. März 2000 an der Amtstafel der Gemeinde von 30.3.2000 bis 13.4.2000 angeschlagen war.
Davon ausgehend ist dieser Bescheid im Lichte der obigen Ausführungen in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 68 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet.
Gemäß § 68 Abs 2 AVG können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von Amts wegen aufgehoben oder abgeändert werden.
Das der Behörde in § 68 Abs 2 bis 4 AVG eingeräumte Aufsichtsrecht dient nicht dem Schutz irgendeines subjektiven Rechts, sondern der Wahrung öffentlicher Interessen, zu der die Behörde vom Gesetzgeber berufen ist. Die Partei hat kein Recht auf Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechts; sie kann die Oberbehörde zwar anrufen, aber eine Verfügung nicht beanspruchen (vgl die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 223 ff zu § 68 AVG zitierte hg Judikatur).
Auch das niederösterreichische Jagdgesetz kennt keine Bestimmung, nach der ein Jagdgenosse, der im Genehmigungsverfahren nach § 39 JG Parteistellung hatte, nach Rechtskraft des Genehmigungsbescheides die Aufhebung dieses Bescheides und des ihm zu Grunde liegenden Beschlusses des Jagdausschusses wegen behaupteter Nichtigkeitsgründe verlangen könnte.
Das Beschwerdevorbringen erweist sich daher als nicht zielführend.
Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Die Umsatzsteuer ist in dem gemäß § 49 Abs 1 VwGG durch Verordnung festgesetzten pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten, der Zuspruch eines Streitgenossenzuschlages ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehen.
Wien, am 19. Dezember 2006
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Jagdrecht Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Ausübung und Nutzung Verpachtung Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Ausübung und Nutzung freies Übereinkommen Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers Zulässigkeit und Voraussetzungen der Handhabung des AVG §68 Bindung an diese Voraussetzungen Umfang der BefugnisseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004030209.X00Im RIS seit
22.01.2007