Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Harald K*****, vertreten durch Ploil, Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Wolfgang B*****, vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs und Feststellung (Gesamtstreitwert 660.000 S), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 16. September 1999, GZ 12 R 144/99f-16, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Mai 1999, GZ 9 Cg 180/98a-10, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger wurde von der D***** GmbH mit der örtlichen Bauaufsicht bei einem näher bezeichneten Bauvorhaben in Wien, Kärntnerring betraut. Der Beklagte ist Prokurist und Unternehmensleiter der B***** GmbH (im Folgenden nur Gesellschaft), die mit der Verlegung von Parkettböden beauftragt war.
Der Beklagte verfasste auf dem Geschäftspapier der von ihm geführten Gesellschaft ein an die Bauleiterin gerichtetes Schreiben, das auszugsweise lautet:
"Die Voraussetzung, eine korrekte Abwicklung und Schlussrechnung zu
bekommen sowie die Mängel anstelle einer Ersatzvornahme beheben zu
dürfen, wurde dann von Herrn ... (Kläger) genannt:
Ein Privatbauvorhaben von Herrn ... (Kläger) in 1210 Wien ist von Fa.
... (Gesellschaft) mit einer Holzunterkonstruktion zu beliefern und
zu verlegen - kostenlos.
Dafür können im Gegenzug Regiestunden in Höhe von ca öS 7.000,-- auf BV-Kärnterring verrechnet werden.
Auch was ein allfälliges Pönale für dieses BV anbelangt, können wir
mit einer Großzügigkeit von Herrn ... (Kläger) rechnen.
Nach einer Weigerung von uns, diesen Deal mit Herrn ... (Kläger)
einzugehen, meinte er dazu, dass wir als einziges Unternehmen so dumm reagieren, denn alle anderen Professionisten waren ihm für dieses Entgegenkommen sehr dankbar."
Der Beklagte, der der Ansprechpartner des Klägers war, verfasste dieses Schreiben deshalb, weil er meinte, das von ihm vertretene Unternehmen schützen zu müssen und im Interesse der Gesellschaft zu handeln. Mit der "Wir-Form" meinte er die Gesellschaft.
Der Kläger begehrte, den Beklagten zur Unterlassung der Behauptung zu verpflichten, der Kläger habe als mit der örtlichen Bauaufsicht Beauftragter für das Bauvorhaben Kärntnerring eine korrekte Abwicklung und Schlussabrechnung sowie die Genehmigung von Regiestunden für das von dem Beklagten repräsentierte Unternehmen und für andere bei diesem Bauvorhaben beschäftigte Professionsten davon abhängig gemacht, dass das vom Beklagten repräsentierte Unternehmen für den Kläger kostenlose Leistungen auf Baustellen, bei denen der Kläger selbst als Bauherr aufgetreten sei, erbringe. Weiters begehrte er den Widerruf der Behauptung und die Feststellung der Haftung des Beklagten für den dem Kläger auf Grund dieser Behauptung entstandenen Schaden. Die Behauptungen über die Arbeitsweise des Klägers seien völlig haltlos. Das Schreiben sei der Bauleiterin und dem Bauherrn zugekommen. Auf Grund dessen sei der mit dem Kläger geschlossene Vertrag von der Bauleiterin aufgelöst worden. Der Beklagte habe die Unwahrheit seiner Behauptungen gekannt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Seine Behauptungen entsprächen der Wahrheit. Auf richterliche Anleitung wendete er weiters die mangelnde Passivlegitimation ein, weil aus dem Text des Schreibens eindeutig hervorgehe, dass er es nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter der Gesellschaft verfasst habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die juristische Person hafte für jedes Verschulden ihrer Organe. Auch jeder Repräsentant, der eine leitende Stellung mit selbstständigem Wirkungsbereich innehabe, sei als Organ anzusehen. Juristische Personen könnten im Verfahren nach § 1330 ABGB nicht nur aktiv, sondern auch passiv legitimiert sein. Da dem § 1330 ABGB nicht ein unbeschränkter, gleichsam generalpräventiver Pönalcharakter unterstellt werden könne, werde man entsprechend der Rechtsprechung zum Bevollmächtigungsvertrag eine Haftung des Vertreters, also hier des Beklagten als Prokuristen, nur dann annehmen können, wenn der Repräsentant ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse an der inkriminierten Äußerung habe. Dies sei aber weder vorgebracht worden noch ergebe sich solches aus dem Beweisverfahren.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die juristische Person hafte für jedes Verschulden ihrer Organe. Auch jeder Repräsentant, der eine leitende Stellung mit selbstständigem Wirkungsbereich innehabe, sei als Organ anzusehen. Juristische Personen könnten im Verfahren nach Paragraph 1330, ABGB nicht nur aktiv, sondern auch passiv legitimiert sein. Da dem Paragraph 1330, ABGB nicht ein unbeschränkter, gleichsam generalpräventiver Pönalcharakter unterstellt werden könne, werde man entsprechend der Rechtsprechung zum Bevollmächtigungsvertrag eine Haftung des Vertreters, also hier des Beklagten als Prokuristen, nur dann annehmen können, wenn der Repräsentant ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse an der inkriminierten Äußerung habe. Dies sei aber weder vorgebracht worden noch ergebe sich solches aus dem Beweisverfahren.
Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshofes zulässig sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei die Passivlegitimation des Beklagten zu bejahen. Es sei daher eine Prüfung der weiters strittigen Anspruchsvoraussetzungen vorzunehmen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur deliktischen Haftung eines Repräsentanten, für den die juristische Person hafte, bei Ansprüchen nach § 1330 ABGB fehle.Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshofes zulässig sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei die Passivlegitimation des Beklagten zu bejahen. Es sei daher eine Prüfung der weiters strittigen Anspruchsvoraussetzungen vorzunehmen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur deliktischen Haftung eines Repräsentanten, für den die juristische Person hafte, bei Ansprüchen nach Paragraph 1330, ABGB fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens erheblicher Rechtfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.Der Rekurs des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes mangels Vorliegens erheblicher Rechtfragen im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig.
Der Beklagte hat unstrittig das inkriminierte Schreiben selbst
verfasst. Dem Schreiben lässt sich weder entnehmen, dass der Beklagte
bloß die Meinung eines Organes der Gesellschaft oder eines anderen
Repräsentanten wiedergegeben hätte, noch dass sich der Beklagte von
den darin erhobenen Vorwürfen persönlich distanziert. Vielmehr macht
die Verwendung der "Wir-Form" und die Anbringung des eigenen Namens
neben der Firma der Gesellschaft am Ende des Schreibens mehr als
deutlich, dass sich der Beklagte auch persönlich mit dem Inhalt
identifizierte. Er war diejenige Person, die die Behauptungen
aufstellte und auf deren maßgeblichen Willen sie beruhten (vgl
Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht,
53). Am tatbildmäßigen Verhalten und an der unmittelbaren Täterschaft
des Beklagten kann daher kein Zweifel bestehen, auch wenn er dieses
namens der von ihm repräsentierten Gesellschaft und - seiner Ansicht nach - zu deren Schutz und in deren Interesse verfasste. Die herrschende Ansicht, dass juristische Personen für das Verschulden ihrer Repräsentanten haften (vgl Korn/Neumayer aaO, 56), schließt nicht aus, dass im Deliktsfall jedenfalls (auch) der unmittelbare Täter belangt werden kann.namens der von ihm repräsentierten Gesellschaft und - seiner Ansicht nach - zu deren Schutz und in deren Interesse verfasste. Die herrschende Ansicht, dass juristische Personen für das Verschulden ihrer Repräsentanten haften vergleiche Korn/Neumayer aaO, 56), schließt nicht aus, dass im Deliktsfall jedenfalls (auch) der unmittelbare Täter belangt werden kann.
Die persönliche Haftung des Vertreters neben dem Vertretenen kann nur
bei Vertraghaftungsfällen fraglich sein. Außerhalb eines
Vertragsverhältnisses wird der Vertreter oder Bevollmächtigte dann, wenn durch sein schuldhaftes Handeln einem Dritten ein Schaden erwächst, dem Geschädigten gegenüber jedenfalls unmittelbar schadenersatzpflichtig (SZ 28/23; 1 Ob 626/94 = ÖBA 1995, 983 [Kletecka] uva; RIS-Justiz RS0030752).
Die Rechtsprechung, die eine Haftung des Vertreters trotz fehlenden Eigenverschuldens (nur) unter der Voraussetzung bejaht, dass der Vertreter ein erhebliches und unmittelbares eigenwirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat oder wenn er bei den Vertragsverhandlungen ein besonderes Maß persönlichen Vertrauens in Anspruch nahm (so die im Rekurs zitierte Entscheidung SZ 57/37), kann daher hier für die Frage der Passivlegitimation des Beklagten nicht herangezogen werden. Die vom Rekurswerber weiters zitierte Entscheidung SZ 56/135 betrifft ebenfalls einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, ging es dort doch um die Haftung des Vertreters für irreführende Angaben zum Vertragsabschluss. Ein Bezug der ebenfalls zitierten Entscheidung 4 Ob 91/92 = MR 1993/55 zur Frage der Täterschaft und Verantwortlichkeit des Klägers ist im vorliegenden Verfahren nicht herzustellen.
§ 1330 ABGB betrifft eine Haftung nach Deliktsrecht. Auf Grund der klaren Rechtslage (vgl die Entscheidung SZ 28/23, in der die im Wesentlichen auch hier vertretene Rechtsansicht des Rekurswerbers, dass deliktische Ansprüche des Geschädigten gegen den Machthaber ausgeschlossen seien, bereits als völlig rechtsirrig und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrend bezeichnet wurde) war der Rekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Paragraph 1330, ABGB betrifft eine Haftung nach Deliktsrecht. Auf Grund der klaren Rechtslage vergleiche die Entscheidung SZ 28/23, in der die im Wesentlichen auch hier vertretene Rechtsansicht des Rekurswerbers, dass deliktische Ansprüche des Geschädigten gegen den Machthaber ausgeschlossen seien, bereits als völlig rechtsirrig und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrend bezeichnet wurde) war der Rekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 519, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenausspruch gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.
Anmerkung
E59120 06A03379European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0060OB00337.99Y.0830.000Dokumentnummer
JJT_20000830_OGH0002_0060OB00337_99Y0000_000