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L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde
1. des WM, 2. des JM, beide in G, und 3. der GÖ in N, alle vertreten durch Dr. Ursula Mair, Rechtsanwältin in 6500 Landeck, Herzog-Friedrich-Straße 4, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 23. September 2004, GZ. Ve1-8-1/110-2, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde G, vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf und Dr. Rainer Kappacher, Rechtsanwälte in 6500 Landeck, Malser Straße 34), zu Recht erkannt:
Spruch
Der den Erstbeschwerdeführer betreffende Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides betreffende Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Das Land Tirol hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin haben je zu gleichen Teilen dem Land Tirol insgesamt Aufwendungen in der Höhe EUR 381,90 und der mitbeteiligten Gemeinde insgesamt Aufwendungen von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer beantragte mit Ansuchen vom 11. April 2003 (eingelangt beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde am 14. April 2003) die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit drei Vollgeschoßen, ausgebautem Dachgeschoß, Kellergeschoß, Technikräumen, mit vier Wohneinheiten, vier Garagenparkplätzen und sieben Stellplätzen im Freien auf einem Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde.
Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde wies dieses Bauansuchen mit Bescheid vom 24. September 2003 gemäß § 26 Abs. 4 lit. c Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001) i.V.m. § 54 Abs. 5 Tir. Raumordnungsgesetz 2001 (TROG 2001) ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bauvorhaben im Widerspruch zum Raumordnungskonzept der mitbeteiligten Gemeinde stünde. Hinsichtlich der notwendigen zukünftigen Erschließung der dahinterliegenden Parzellen habe bei der Bauverhandlung am 15. Mai 2003 keine Einigung mit dem Erstbeschwerdeführer erzielt werden können. Vom Erstbeschwerdeführer werde die im vorliegenden allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan situierte Straßenführung für die dahinterliegenden Grundparzellen nicht angenommen, wie dies aus Schreiben der beauftragten Rechtsvertreterin entnommen werden könnte.
Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde wies in der Folge die dagegen erhobene Berufung des Erstbeschwerdeführers mit Bescheid vom 9. Jänner 2004 als unbegründet ab. Es wurde dazu ausgeführt, dass für den Bauplatz eine Widmung als Bauland nach TROG 1984 vorliege. Ein Bebauungsplan sei bisher nicht erlassen worden. Aus dem Sachverständigengutachten P.C.Z. GmbH vom 10. Juni 2003 gehe hervor, dass die Erlassung eines Bebauungsplanes für das verfahrensgegenständliche Grundstück erforderlich sei, um eine zweckmäßige verkehrsmäßige Erschließung der westlich angrenzenden Grundstücke zu gewährleisten. Die Ausführungen des Sachverständigen setzten sich detailliert mit den Verkehrsverhältnissen auseinander und ließen klar erkennen, dass die Erlassung eines Bebauungsplanes erforderlich sei. Die Ausnahme des § 55 Abs. 1 TROG 2001 sei daher nicht gegeben, da die verkehrsmäßige Erschließung nicht bereits bestehe und die Erlassung von Bebauungsplänen zur Gewährleistung einer geordneten Bebauung bzw. einer weiteren Bebauung erforderlich sei. Gemäß § 54 Abs. 5 i.V.m. § 113 TROG 2001 wäre daher für die Erteilung einer Baubewilligung das Vorliegen eines positiven Gutachtens im Sinne des § 113 Abs. 2 TROG 2001 erforderlich.
Der dagegen erhobenen Vorstellung des Erstbeschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. März 2004 Folge, behob den bekämpften Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde. Die belangte Behörde führte in dieser Entscheidung im Hinblick auf die Aufhebung aus, dass, da noch kein neuer oder geänderter Flächenwidmungsplan für die mitbeteiligte Gemeinde bestehe, die Bestimmung des § 113 TROG 2001 auf das vorliegende Bauvorhaben Anwendung finde. Ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan sei für das vorliegende Gebiet, insbesondere für den Bauplatz, noch nicht erlassen worden. Wie der Erstbeschwerdeführer zutreffend aufgezeigt habe, sei im Bauverfahren kein Gutachten im Sinne des § 113 Abs. 3 TROG 2001 eingeholt worden. Auch wenn versucht worden sei, für das vorliegende Planungsgebiet einen allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan samt ausführlichem Erläuterungsbericht des Raumplaners zu erlassen, so ersetze dieser Erläuterungsbericht keinesfalls ein Gutachten im Sinne des § 113 Abs. 3 TROG 2001. Das Verfahren sei daher insofern mangelhaft geblieben, als es die Baubehörde unterlassen habe, ein entsprechendes Gutachten einzuholen.
Im vorliegenden Fall zeige ein Vergleich der eingereichten Planunterlagen mit dem offenbar geplanten allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan, dass das eingereichte Bauvorhaben diesem zumindest in Bezug auf die geplante Wegführung nicht widerspreche. Das vorliegende Bauvorhaben stehe einer zukünftigen geplanten Erschließung der Grundstücke Nr. 942/2 und 942/1 nicht entgegen. Im fortgesetzten Verfahren werde es Sache des Gemeindevorstandes sein, ein entsprechendes Gutachten zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 TROG 2001 einzuholen und sodann neuerlich über die eingebrachte Berufung zu entscheiden.
In der Folge erstattete die P.C.Z. GmbH das Gutachten vom 8. April 2004 zu den Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 TROG (u.a. zu der Frage gemäß § 113 Abs. 2 lit. c TROG 2001, ob der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleiste). Dieses Gutachten bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 113 Abs. 2 lit. a und lit. b TROG 2001. Die Frage, ob der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleiste, wurde verneint. Dies wurde damit begründet, dass das geplante Wohnhaus am Hangfuß im nördlichen Bereich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes situiert sei, sodass südlich des geplanten Bauvorhabens eine große zusammenhängende Freifläche verbleibe. Der Bauplatz weise eine Fläche von 2020 m2 auf. Die überbaute Fläche betrage jedoch nur 153 m2. Dies entspreche einer Bebauungsdichte von 0,076. Unter Zugrundelegung des derzeitigen Bauplatzes könne also nicht von einer bodensparenden Bebauung gesprochen werden. Es sei daher erforderlich, für das vorliegende Bauvorhaben auch eine zweckmäßige und bodensparende Bauplatzausformung durch eine Grundteilung vorzunehmen. Das Gebäude sei zwar so angeordnet, dass eine sinnvolle Parzellierung möglich sei. Aus raumplanungsfachlicher Sicht sollte aber die Parzellierung unter Zugrundelegung des vorliegenden Entwurfes des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes auch tatsächlich erfolgen.
Anfang 2003 sei zwar bereits ein Teilungsplan des Vermessungsbüros Dipl. Ing. P.P. vorgelegt worden. Dieser Grundteilung sei aber die Bewilligung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Sachverständigen, der P.C.Z. GmbH, vom 18. Februar 2003 zu versagen gewesen, da die vorgesehene Grundteilung einer bodensparenden Bebauung unter Berücksichtigung einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des gesamten Baulandbereiches entgegenstünde. Die Grundteilung sei daher so vorzunehmen, dass einerseits eine zweckmäßige und bodensparende Erschließung des gesamten noch unbebauten Baulandbereiches nicht verhindert werde und andererseits nicht unbebaute Restgrundstücke zwischen der künftigen Erschließungsstraße und einem neu gebildeten Bauplatz verblieben. Daher sei die künftige Erschließungsstraße als Voraussetzung für eine zweckmäßige und bodensparende Bauplatzausformung in einem Bebauungsplan rechtlich zu verankern.
Der Gemeindevorstand wies die Berufung des Erstbeschwerdeführers auf Grund des angeführten Gutachtens vom 8. April 2004 mit Bescheid vom 16. August 2004 neuerlich als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides ist das angeführte Gutachten vom 8. April 2004 zur Gänze wiedergegeben. Die Entscheidung verwies darauf, dass auf Grund des Gutachtens die Berufung abgewiesen werden müsse.
Dagegen erhoben alle drei Beschwerdeführer eine Vorstellung. Der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin sind auch Miteigentümer des Baugrundstückes, Bauwerber ist nur der Erstbeschwerdeführer.
Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Erstbeschwerdeführers in Spruchpunkt 1. als unbegründet ab und die dagegen erhobenen Vorstellungen des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin in Spruchpunkt 2. als unzulässig zurück.
Die Abweisung der Vorstellung des Erstbeschwerdeführers begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 2004 bereits festgestellt worden sei, dass die Voraussetzungen des § 113 TROG 2001 vorlägen. Danach dürfe abweichend vom § 54 Abs. 5 TROG 2001 auf Grundstücken, die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 als Bauland oder als Sonderflächen gewidmet worden seien, und auf Grundstücken, für die Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bestünden, die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Inkrafttreten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz TROG auch erteilt werden, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestünden.
Im fortgesetzten Verfahren sei vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde ein entsprechendes Gutachten eines raumplanungsfachlichen Sachverständigen, nämlich der P.C.Z. GmbH vom 8. April 2004 eingeholt worden. In diesem Gutachten komme der Raumplaner zum Ergebnis, dass der Bauplatz eine Fläche von 2020 m2 aufweise. Die überbaute Fläche betrage jedoch nur 153 m2. Dies entspreche einer Bebauungsdichte von 0,076. Unter Zugrundelegung des derzeitigen Bauplatzes könne also nicht von einer bodensparenden Bebauung gesprochen werden. Es sei daher erforderlich, für das gegenständliche Bauvorhaben auch eine zweckmäßige und bodensparende Bauplatzausformung durch eine Grundteilung vorzunehmen. Das Gebäude sei zwar so angeordnet, dass eine sinnvolle Parzellierung möglich sei. Aus raumplanungsfachlicher Sicht solle aber die Parzellierung unter Zugrundelegung des vorliegenden Entwurfes des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes auch tatsächlich erfolgen. Die Grundteilung sei so vorzunehmen, dass einerseits eine zweckmäßige und bodensparende Erschließung des gesamten noch unbebauten Baulandbereiches nicht verhindert werde und andererseits nicht unbebaute Restgrundstücke zwischen der künftigen Erschließungsstraße und einem neu gebildeten Bauplatz verblieben. Daher sei die künftige Erschließungsstraße als Voraussetzung für eine zweckmäßige und bodensparende Bauplatzausformung in einem Bebauungsplan rechtlich zu verankern. Damit sei vom raumplanungsfachlichen Sachverständigen zweifelsfrei festgestellt worden, dass die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 lit. c TROG 2001, nämlich dass der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleiste, nicht vorlägen.
Soweit der Erstbeschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs geltend mache, habe er die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels nicht dargetan. Nach dem eingeholten Gutachten des raumordnungsfachlichen Sachverständigen liege die Voraussetzung des § 113 Abs. 2 lit. c TROG nicht vor und dürfe eine Bewilligung dementsprechend nicht erteilt werden. Das Gutachten sei zur Gänze im Berufungsbescheid wiedergegeben worden und der Erstbeschwerdeführer habe Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen. Es sei den Beschwerdeführern nicht gelungen, den Ausführungen des raumplanungsfachlichen Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten bzw. die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des raumplanungsfachlichen Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Der Vorstellung des Erstbeschwerdeführers habe dementsprechend kein Erfolg zukommen können. Die belangte Behörde weise jedoch darauf hin, dass nach Durchführung einer entsprechenden Grundteilung neuerlich um baubehördliche Bewilligung für das vorliegende Bauansuchen angesucht werden könne.
Zu den Vorstellungen des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass Parteien im Bauverfahren gemäß § 25 Abs. 1 TBO 2001 der Bauwerber und die Nachbarn seien. Darüber hinaus komme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteistellung im Bauverfahren nur jenen Personen Parteistellung zu, die über den Grundsatz des § 8 AVG wegen der ihnen in der Tiroler Bauordnung eingeräumten Mitwirkungsrechte als Parteien in Betracht kämen, ohne dass sie das Gesetz ausdrücklich erwähne. Dies betreffe insbesondere die vom Bauwerber verschiedenen Eigentümer des Baugrundes, soweit ihre Zustimmung zur Bauführung gefordert werde. Der Eigentümer, der nicht zugleich Bauwerber sei, sei damit Partei des Baubewilligungsverfahrens; sein rechtliches Interesse liege aber ausschließlich darin, dass das zu seinen Gunsten normierte Zustimmungserfordernis - in der TBO 2001 nur mehr für Neu- und Zubauten - eingehalten werde. Diese eingeschränkte Parteistellung komme dem Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin als Miteigentümer am Bauplatz grundsätzlich zu. Die Frage der Zustimmungserklärung sei im gesamten Verfahren niemals aufgeworfen worden, weshalb sich die Frage der Parteistellung dieser Beschwerdeführer an § 25 Abs. 1 TBO 2001 orientiere. Eine Vorstellung kann nur erheben, wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorgans in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Durch die Versagung einer Baubewilligung können Miteigentümer am Bauplatz, die nicht zugleich Bauwerber seien, in keinem subjektiven Recht verletzt sein.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst bei ihm dagegen erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluss vom 1. März 2005, B 1362/04, ab und trat die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der nach Aufforderung verbesserten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat - wie die mitbeteiligte Partei - die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im vorliegenden Fall kommt das Tir. Raumordnungsgesetz 2001, LGBl. Nr. 93 (TROG 2001), zur Anwendung.
Gemäß § 54 Abs. 5 TROG 2001 darf die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden außer in den Fällen des § 55 Abs. 1 nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan bestehen und die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist.
Gemäß § 55 Abs. 1 TROG 2001 besteht die Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzender Bebauungspläne nach § 54 Abs. 1 nicht
"a) für einzelne unbebaute Grundstücke im Bereich zusammenhängend bebauter Gebiete oder im unmittelbaren Anschluss an solche Gebiete, die auf Grund ihrer Größe nur mit Wohngebäuden mit höchstens 5 Wohnungen oder mit Gebäuden für Kleinbetriebe bebaut werden können, und
b) für bereits bebaute Grundstücke, sofern die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung dieser Grundstücke mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bereits besteht und die Erlassung von Bebauungsplänen zur Gewährleistung einer geordneten Bebauung bzw. weiterer Bebauung derselben nicht erforderlich ist."
Gemäß § 55 Abs. 2 TROG 2001 darf auf Grundstücken im Sinne des Abs. 1 die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden nur erteilt werden, wenn der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes unter Berücksichtigung der Erfordernisse einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung gewährleistet.
§ 113 Abs. 1 und 2 TROG 2001 sehen Folgendes vor:
"(1) Auf Grundstücken, die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 als Bauland oder als Sonderflächen gewidmet worden sind, und auf Grundstücken, für die Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bestehen, darf abweichend vom § 54 Abs. 5 die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz auch erteilt werden, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehen. Die Baubewilligung darf nicht erteilt werden, wenn für ein solches Grundstück zwar der allgemeine, nicht jedoch der ergänzende Bebauungsplan besteht. In die Frist nach dem ersten Satz sind die Zeiten des Bauverfahrens, eines Verfahrens vor der Vorstellungsbehörde, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinne des § 69 nicht einzurechnen.
(2) Eine Baubewilligung nach Abs. 1 erster Satz darf nur erteilt werden, wenn
a) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung nicht zuwiderläuft;
b) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht und
c) der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet.
(3) Zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 2 ist ein Gutachten eines Architekten, eines Ingenieurkonsulenten für Raumplanung und Raumordnung oder eines Amtssachverständigen mit einer diesen Personen vergleichbaren fachlichen Qualifikation einzuholen."
Zur Beschwerde des Erstbeschwerdeführers betreffend Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides:
Dieser Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass die Baubehörden das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben nicht bewilligt hätten, weil eine bodensparende Bebauung des Grundstückes angesichts der Unterschreitung der Mindestbaudichte nicht gewährleistet sei. Nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 2 TROG 2001 seien in den allgemeinen Bebauungsplänen u.a. hinsichtlich der Bebauung Mindestbaudichten (§ 61) festzulegen. Gemäß Abs. 2 könnten in den ergänzenden Bebauungsplänen u.a. ergänzende Festlegungen über die Baudichte getroffen werden. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung könne im Bauverfahren die Bebauungsdichte erst entscheidungswesentlich werden, wenn ein allgemeiner oder ergänzender Bebauungsplan rechtskräftig erlassen worden sei, der eine Bebauungsdichte festlege. Der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan seien im Entscheidungszeitpunkt der ersten und der zweiten Instanz sowie der belangten Behörde noch nicht erlassen worden. Dem Bescheid fehle daher die rechtliche Grundlage. Es stelle sich insbesondere im Lichte des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums die Frage, ob es zulässig sei, ein Bauvorhaben unter Hinweis auf die Unterschreitung der Mindestbebauungsdichte davon abhängig zu machen, dass der Bauwerber das Grundstück tatsächlich teile, obwohl das Bauvorhaben die raumplanerischen Ziele berücksichtige und nicht vereitle. Diese Rechtsfolge könne dem § 56 Abs. 2 TROG 2001 nicht entnommen werden. Das Erfordernis der Mindestbaudichte könne als Geschoßbaudichte oder Massebaudichte ausgedrückt werden. In beiden Fällen werde sie vom Verhältnis Baufläche oder Baumasse zur Größe des Bauplatzes bestimmt. Wenn der Bauplan diesem Verhältnis Rechnung trage, und das Gebäude auf dem Grundstück so platziert sei, dass die Baudichte bei späteren Bauprojekten erreicht werden könne, bestehe keine Notwendigkeit, die Teilung des Grundstückes (im eigenen Besitz) auch faktisch durchzuführen. Die Beschwerdeführer könnten als Miteigentümer die Teilung auf einen künftigen Zeitpunkt aufschieben oder das Grundstück - ungeteilt, unter Einhaltung der Baudichte - mit weiteren Gebäuden bebauen, indem sie beispielsweise Wohnungseigentum an den Gebäuden begründeten. Es bestehe keine aktuelle Notwendigkeit, die Beschwerdeführer zu zwingen, zwei kleine Bauplätze zu schaffen, die von einer Zufahrtsstraße zerschnitten würden. Ein Vergleich mit dem Nachbargrundstück Nr. 942/2, das nicht kleiner als das Grundstück der Beschwerdeführer sei, und das mit einem Einfamilienhaus bebaut sei, zeige, dass auch die bestehende Baudichte im Planungsgebiet keine "Zersiedelung" des Grundstückes der Beschwerdeführer erforderlich mache. Die mitbeteiligte Gemeinde verfolge ein Planungsziel, das sich klar nur gegen die Beschwerdeführer als Miteigentümer eines relativ großen Baugrundstückes richte, das durch die Planungsmaßnahme entwertet werde.
Gemäß § 113 TROG 2001 (Abs. 2 lit. c) dürfe eine Baubewilligung nur erteilt werden, wenn der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstücks gewährleiste. Wie dargelegt, biete die Platzierung des Gebäudes im nördlichsten Teil des Grundstücks Gewähr dafür, dass jede künftige Planungsmaßnahme der Gemeinde möglich bleibe. Die Beschwerdeführer erfüllten alle Vorgaben des Raumplaners. Die Baubehörden verbänden die Frage der Zufahrtsstraße für die Grundparzellen Nr. 942/2 und 942/3 sowie der angrenzenden landwirtschaftlichen Grundflächen zu Unrecht mit dem gegenständlichen Bauverfahren, da das Grundstück der Beschwerdeführer sowohl verkehrsmäßig als auch infrastrukturmäßig erschlossen sei. Dies gelte auch für die Grundstücke Nr. 942/2 und 942/3. Die Teilung des Grundstückes in Bauplätze sei vom Gesetz nicht verlangt. Die Versagung der Baubewilligung sei daher zu Unrecht erfolgt.
Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Gemäß § 113 Abs. 2 lit. c TROG 2001 ist ein Kriterium für die Erteilung der Baubewilligung nach dieser Bestimmung, dass der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet. Es kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, dass im vorliegenden Fall keine bodensparende Bebauung durch das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben vorliegt. Das Bauvorhaben umfasst fünf Geschoße (Keller-, Erd-, 1. Ober-, 2. Ober- und Dachgeschoß). Die im Erdgeschoß überbaute Fläche beträgt 153 m2. Die sich aus den bewilligten Plänen ergebenden Geschoßflächen dieses Bauvorhabens machen insgesamt ca. 620 m2 aus. Wenn für ein Bauvorhaben von ca. 620 m2 Geschoßflächen eine Fläche von 153 m2 überbaut wird, dann ist diese Bauführung als bodensparend zu qualifizieren, auch wenn sich dieses Bauvorhaben auf einem großen Grundstück mit 2020 m2 befindet. Das Kriterium der bodensparenden Bebauung in § 113 TROG 2001 (Abs. 2 lit. c) kann nicht derart ausgelegt werden, dass daraus eine Verpflichtung zur bodensparenden Bauplatzausformung durch eine Grundteilung abgeleitet wird. Darüber hinaus ist das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben im nördlichen Teil des Grundstückes vorgesehen, sodass eine weitere Bebauung des 2020m2 großen Bauplatzes in der Zukunft jederzeit möglich ist.
Der den Erstbeschwerdeführer betreffende Spruchpunkt 1. wird daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben.
Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers und der Drittbeschwerdeführerin betreffend Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides:
Diese Beschwerdeführer sind neben dem Erstbeschwerdeführer Miteigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes. Gemäß § 25 Abs. 1 Tir. Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94, sind Parteien im Bauverfahren der Bauwerber und die Nachbarn. Darüber hinaus kommt - wie die belangte Behörde dies zutreffend ausgeführt hat - den Eigentümern eines Baugrundstückes, die nicht Bauwerber sind, soweit ihre Zustimmung zur Bauführung von der Bauordnung verlangt wird, im Bauverfahren in Bezug auf diese ZustimmungParteistellung zu.
Diese Beschwerdeführer machen geltend, dass sie ihre Zustimmung zu dem Bauvorhaben nur nachträglich erteilt hätten, um eine allfällige Nichtigkeit zu heilen. Die Zustimmung müsse jedoch bereits zu Beginn des Bauverfahrens schriftlich vorliegen. Das gesamte Verfahren sei daher ihrer Ansicht nach nichtig.
Dem ist entgegenzuhalten, dass im Akt eine Zustimmungserklärung dieser Beschwerdeführer vom 6. bzw. 7. November 2004 einliegt, nach der ihre Zustimmung zur Bauführung auf dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück während des gesamten Baubewilligungsverfahrens vorgelegen habe und weiterhin vorliege. Für das Vorliegen der Zustimmung der anderen Miteigentümer war im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheides vom 16. August 2004 maßgeblich.
Zutreffend weist die belangte Behörde in der Gegenschrift auch darauf hin, dass diese Beschwerdeführer im Falle ihrer Nichtzustimmung bzw. ihrer Zurückziehung der einmal gegebenen Zustimmung dies mit Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, deren Zustellung sie beantragen hätten können, hätten geltend machen müssen. Im vorliegenden Verfahren haben diese Beschwerdeführer aber erstmals gegen den zuletzt ergangenen Berufungsbescheid vom 16. August 2004 ein Rechtsmittel (nämlich Vorstellung) erhoben.
Soweit diese Beschwerdeführer ihre Parteistellung im Bauverfahren des Erstbeschwerdeführers für gegeben erachten, weil die Baubehörden für ein allfälliges Bauen auf dem Grundstück eine Grundteilung verlangten, was auch für sie bindend sei, genügt es darauf zu verweisen, dass sich aus Spruchpunkt 1. für ein allfälliges Bauansuchen dieser Beschwerdeführer keine Bindung ergibt, weil sich Spruchpunkt 1. nur an den Erstbeschwerdeführer als Bauwerber richtet und nur diesem gegenüber Bindungswirkung entfalten könnte.
Die Zurückweisung der Vorstellung in Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides ist daher zu Recht erfolgt. Die Beschwerde dieser Beschwerdeführer, die sich auf Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides bezieht, war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen der Kostenbegehren auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2006
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Besondere Rechtsgebiete Planung Widmung BauRallg3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005060178.X00Im RIS seit
05.02.2007