Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Lang (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Muho C*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Peter Platzer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. April 2000, GZ 7 Rs 63/00i-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. September 1999, GZ 34 Cgs 169/97z-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 21. 2. 1997 wurde der Antrag des am 30. 9. 1931 geborenen Klägers auf Zuerkennung einer Alterspension mangels Erfüllung der Wartezeit abgewiesen. Er habe zum Stichtag 1. 1. 1997 in Österreich seit dem 26. 5. 1964 nur 80 Beitragsmonate und 9 Ersatzmonate, insgesamt daher 89 Versicherungsmonate erworben.
Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren ab. Es stellte fest, dass der Kläger in Österreich 80 Beitrags- und 9 Ersatzmonate und in Bosnien-Herzegowina insgesamt 99 Versicherungsmonate erworben hat, wobei sich im Zeitraum Februar bis Mai 1991 4 Monate einer österreichischen Ersatzzeit mit bosnisch-herzegowinischen Beitragszeiten decken und diese Versicherungsmonate nur einmal berücksichtigt werden. Daraus folge rechtlich, dass der Kläger nach keiner der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen die Wartezeit für eine Alterspension erfülle. Es müssten mindestens 180 Versicherungsmonate im Zeitraum 1. 12. 1966 bis 31. 12. 1996 oder mindestens 180 Beitragsmonate oder mindestens 300 sonstige Versicherungsmonate vorliegen. Die Versicherungszeiten im ehemaligen Jugoslawien seien (wegen Aufkündigung des Abkommens) nicht zu berücksichtigen. Ein neues Abkommen der Republik Österreich mit Bosnien-Herzegowina über soziale Sicherheit sei zwar bereits unterzeichnet, aber noch nicht in Kraft getreten. Die Wartezeit wäre aber selbst unter Berücksichtigung der ausländischen Zeiten nicht erfüllt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Eine Zusammenrechnung der Versicherungszeiten im Sinne des früheren Abkommens vom 19. 11. 1965 sei wegen der zum 30. 9. 1996 ausgesprochenen Kündigung dieses Abkommens (BGBl 1996/347) nicht mehr möglich. Das neue Abkommen vom 12. 2. 1999 sei mangels Ratifizierung bisher noch nicht in Kraft getreten.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer (allenfalls "vorläufigen") Stattgebung des Klagebegehrens oder hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung an die erste oder zweite Instanz.
Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei nur in Kürze entgegengehalten, dass das Berufungsgericht auf den in der Berufung gestellten Antrag auf freiwillige Weiterversicherung mit Recht nicht eingegangen ist.Der geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei nur in Kürze entgegengehalten, dass das Berufungsgericht auf den in der Berufung gestellten Antrag auf freiwillige Weiterversicherung mit Recht nicht eingegangen ist.
Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass der Kläger bei Berücksichtigung des festgestellten Versicherungsverlaufes die Wartezeit für die begehrte Alterspension nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass der Kläger bei Berücksichtigung des festgestellten Versicherungsverlaufes die Wartezeit für die begehrte Alterspension nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, bestehen seit 1. 10. 1996 (und nicht erst seit 1. 1. 1997, wie der Revisionswerber meint) zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina im Bereich der sozialen Sicherheit keine vertraglichen Beziehungen mehr (Kündigung des Abkommens zum 30. 9. 1996: BGBl 1996/347; vgl auch Linka, SozSi 1996, 763; Linka/Siedl, SozSi 1998, 430 ff). Das unterfertigte neue Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit vom 12. 2. 1999 (RV 1719 BlgNR 20. GP) ist, wie der Revisionswerber selbst einräumen muss, mangels Ratifizierung noch nicht in Kraft getreten. Der für einen Leistungsanspruch des Klägers frühestmögliche Stichtag liegt bereits nach dem Außerkrafttreten des alten Abkommens, weshalb sich der Kläger auch nicht auf dieses Abkommen berufen kann (10 ObS 20/00i mwN).Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, bestehen seit 1. 10. 1996 (und nicht erst seit 1. 1. 1997, wie der Revisionswerber meint) zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina im Bereich der sozialen Sicherheit keine vertraglichen Beziehungen mehr (Kündigung des Abkommens zum 30. 9. 1996: BGBl 1996/347; vergleiche auch Linka, SozSi 1996, 763; Linka/Siedl, SozSi 1998, 430 ff). Das unterfertigte neue Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit vom 12. 2. 1999 (RV 1719 BlgNR 20. GP) ist, wie der Revisionswerber selbst einräumen muss, mangels Ratifizierung noch nicht in Kraft getreten. Der für einen Leistungsanspruch des Klägers frühestmögliche Stichtag liegt bereits nach dem Außerkrafttreten des alten Abkommens, weshalb sich der Kläger auch nicht auf dieses Abkommen berufen kann (10 ObS 20/00i mwN).
Dem in der Revision gestellten Ansinnen, einen "vorläufigen Bescheid" bis zur Ratifizierung des Abkommens zu erlassen, kann ein Sozialgericht schon deshalb nicht näher treten, weil Ziel des sozialgerichtlichen Verfahrens die Entscheidung über den Leistungsanspruch mit Urteil ist, nicht aber die Erlassung eines Bescheides. Sollte der Revisionswerber hingegen damit meinen, die begehrte Alterspension hätte ihm vom Sozialgericht vorschussweise zuerkannt werden müssen, so fehlt auch dafür eine gesetzliche Grundlage. Eine Leistung ist zu bevorschussen, wenn die Leistungspflicht des Trägers dem Grunde nach feststeht, aber der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist (§ 368 Abs 2 ASVG). Mangels eines in Kraft stehenden Abkommens also mangels jeder Rechtsgrundlage, kann aber derzeit noch keine Rede davon sein, dass die Leistungspflicht der beklagten Partei bereits feststeht.Dem in der Revision gestellten Ansinnen, einen "vorläufigen Bescheid" bis zur Ratifizierung des Abkommens zu erlassen, kann ein Sozialgericht schon deshalb nicht näher treten, weil Ziel des sozialgerichtlichen Verfahrens die Entscheidung über den Leistungsanspruch mit Urteil ist, nicht aber die Erlassung eines Bescheides. Sollte der Revisionswerber hingegen damit meinen, die begehrte Alterspension hätte ihm vom Sozialgericht vorschussweise zuerkannt werden müssen, so fehlt auch dafür eine gesetzliche Grundlage. Eine Leistung ist zu bevorschussen, wenn die Leistungspflicht des Trägers dem Grunde nach feststeht, aber der Sachverhalt noch nicht genügend geklärt ist (Paragraph 368, Absatz 2, ASVG). Mangels eines in Kraft stehenden Abkommens also mangels jeder Rechtsgrundlage, kann aber derzeit noch keine Rede davon sein, dass die Leistungspflicht der beklagten Partei bereits feststeht.
Einer allfälligen Bereitschaft der beklagten Partei, dem Kläger unter "praktischer Weiteranwendung" des bisherigen Abkommens (vgl Linka/Siedl aaO 431) bzw im Hinblick auf die zu erwartende Ratifizierung des neuen Abkommens und dessen rückwirkendes Inkrafttreten mit 1. 10. 1996 bereits jetzt eine vorläufige Leistung zu erbringen (vgl 10 ObS 20/00i), stand hier offenbar der - vom Obersten Gerichtshof mangels einer Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch bewusst nicht geprüfte - Umstand entgegen, dass der Kläger nach Ansicht der beklagten Partei, aber auch der Vorinstanzen selbst bei Berücksichtigung der bosnischen Versicherungszeiten die Wartezeit nicht erfüllt.Einer allfälligen Bereitschaft der beklagten Partei, dem Kläger unter "praktischer Weiteranwendung" des bisherigen Abkommens vergleiche Linka/Siedl aaO 431) bzw im Hinblick auf die zu erwartende Ratifizierung des neuen Abkommens und dessen rückwirkendes Inkrafttreten mit 1. 10. 1996 bereits jetzt eine vorläufige Leistung zu erbringen vergleiche 10 ObS 20/00i), stand hier offenbar der - vom Obersten Gerichtshof mangels einer Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch bewusst nicht geprüfte - Umstand entgegen, dass der Kläger nach Ansicht der beklagten Partei, aber auch der Vorinstanzen selbst bei Berücksichtigung der bosnischen Versicherungszeiten die Wartezeit nicht erfüllt.
Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die vorliegende Sozialrechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht irgendwelche Schwierigkeiten bot, ist es nicht angezeigt dem Kläger nach Billigkeit Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Da die vorliegende Sozialrechtssache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht irgendwelche Schwierigkeiten bot, ist es nicht angezeigt dem Kläger nach Billigkeit Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen.
Anmerkung
E59083 10C02440European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00244.00F.0905.000Dokumentnummer
JJT_20000905_OGH0002_010OBS00244_00F0000_000