TE OGH 2000/9/5 10ObS239/00w

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Veröffentlicht am 05.09.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Lang (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Ernst Boran (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Biserka M*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Eva Maria Bachmann, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. April 2000, GZ 9 Rs 57/00v-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. Oktober 1999, GZ 14 Cgs 7/99t-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Soweit die Revision Nichtigkeit geltend macht, wird sie zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 3. 9. 1937 geborene Klägerin war in Österreich als Arbeiterin beschäftigt und erwarb hier seit 9. 12. 1971 insgesamt 52 Beitragsmonate. Am 25. 2. 1998 stellte sie beim jugoslawischen Versicherungsträger einen Antrag auf Gewährung der Alterspension und der Invaliditätspension. Dieser Antrag wurde mit den Formularen YU/A 12, 13, 14 und 15 an die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter übersendet, wo er am 21. 10. 1998 einlangte.

Mit Bescheid vom 24. 11. 1998 lehnte die beklagte Partei den Antrag auf Zuerkennung der Alterspension ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei. Anstatt auch den weiteren Antrag auf Invaliditätspension mit Bescheid zu erledigen, richtete die beklagte Partei gleichzeitig folgendes Schreiben an die Klägerin: "Ergänzend zu beiliegendem Bescheid teilen wir Ihnen mit, dass die Wartezeit für die Invaliditätspension ebenfalls nicht erfüllt ist und daher auch zu einer Ablehnung führen würde."

Mit der am 14. 1. 1999 beim Erstgericht eingelangten, in serbischer Sprache abgefassten Klage begehrt die Klägerin erkennbar die Gewährung der Invaliditätspension. Sie bestreite die Behauptung, dass sie nicht invalide sei; formal sei das vertragsmäßige Verfahren der Invaliditätsfeststellung nicht durchgeführt worden. Abschließend erklärt sie allerdings ausdrücklich, mit dieser Klage den Bescheid vom 24. 11. 1998 anzufechten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil der "nunmehrige Kläger" die Wartezeit für die begehrte Alterspension nicht erfülle; Voraussetzung für die Gewährung der Alterspension sei neben der Vollendung des 65. Lebensjahres bei Männern die Erfüllung der allgemeinen Anspruchsvoraussetzung der Wartezeit.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Alterspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 3. 1998 zu gewähren, ab. Es stellte fest, dass die Klägerin in Österreich nur 52 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung erworben habe und Versicherungszeiten in Jugoslawien oder auch in einem anderen Land nicht vorliegen. Rechtlich führte das Erstgericht aus, mangels weiterer Versicherungszeiten sei die nach § 236 ASVG erforderliche Wartezeit in keinem der dort genannten Fälle erfüllt.Das Erstgericht wies das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin die Alterspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 3. 1998 zu gewähren, ab. Es stellte fest, dass die Klägerin in Österreich nur 52 Beitragsmonate in der Pflichtversicherung erworben habe und Versicherungszeiten in Jugoslawien oder auch in einem anderen Land nicht vorliegen. Rechtlich führte das Erstgericht aus, mangels weiterer Versicherungszeiten sei die nach Paragraph 236, ASVG erforderliche Wartezeit in keinem der dort genannten Fälle erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es führte zunächst aus, im Berufungsverfahren sei nur mehr der Anspruch der Gewährung einer Alterspension zu prüfen, weil nur über eine solche mit Bescheid abgesprochen worden und nur diese Frage Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens gewesen sei. Sodann verneinte es das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel und übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen. Selbst wenn man das Schreiben der beklagten Partei betreffend die Nichterfüllung der Wartezeit für eine Invaliditätspension als ablehnenden Bescheid auffasste, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, weil die Erfüllung der Wartezeit gemäß § 235 ff ASVG allgemeine Voraussetzung der Leistungsansprüche auch aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit sei. Es treffe zwar zu, dass die Wartezeit hier nach § 235 Abs 3 ASVG entfalle, wenn der Versicherungsfall Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sei; Anhaltspunkte dafür hätten sich weder aus dem Verfahren ergeben noch habe die Klägerin in ihrer Berufung ein solches Vorbringen erstattet. Das Erstgericht sei zwar zur amtswegigen Beweisaufnahme verpflichtet, doch nur dann, wenn irgendwelche relevanten Anhaltspunkte im Verfahren hervorgekommen seien. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen der Klägerin lasse sich ableiten, dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe oder an einer Berufskrankheit leide, als deren Folge Invalidität eingetreten sei. Zur Alterspension enthalte die Berufung kein inhaltliches Vorbringen, weshalb ungeachtet der Anfechtungserklärung davon ausgegangen werden müsse, das abweisende Urteil bleibe in diesem Umfang unangefochten.Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es führte zunächst aus, im Berufungsverfahren sei nur mehr der Anspruch der Gewährung einer Alterspension zu prüfen, weil nur über eine solche mit Bescheid abgesprochen worden und nur diese Frage Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens gewesen sei. Sodann verneinte es das Vorliegen der gerügten Verfahrensmängel und übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen. Selbst wenn man das Schreiben der beklagten Partei betreffend die Nichterfüllung der Wartezeit für eine Invaliditätspension als ablehnenden Bescheid auffasste, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, weil die Erfüllung der Wartezeit gemäß Paragraph 235, ff ASVG allgemeine Voraussetzung der Leistungsansprüche auch aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit sei. Es treffe zwar zu, dass die Wartezeit hier nach Paragraph 235, Absatz 3, ASVG entfalle, wenn der Versicherungsfall Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sei; Anhaltspunkte dafür hätten sich weder aus dem Verfahren ergeben noch habe die Klägerin in ihrer Berufung ein solches Vorbringen erstattet. Das Erstgericht sei zwar zur amtswegigen Beweisaufnahme verpflichtet, doch nur dann, wenn irgendwelche relevanten Anhaltspunkte im Verfahren hervorgekommen seien. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen der Klägerin lasse sich ableiten, dass sie einen Arbeitsunfall erlitten habe oder an einer Berufskrankheit leide, als deren Folge Invalidität eingetreten sei. Zur Alterspension enthalte die Berufung kein inhaltliches Vorbringen, weshalb ungeachtet der Anfechtungserklärung davon ausgegangen werden müsse, das abweisende Urteil bleibe in diesem Umfang unangefochten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung ihres Klagebegehrens auf Gewährung einer "Alters- bzw Invaliditätspension" und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision wegen Nichtigkeit:

Die Klägerin erblickt eine Nichtigkeit darin, dass das Erstgericht nicht "über die richtige Person" entschieden habe, sondern "laufend von einer Person männlichen Geschlechts" spreche, während es sich bei ihr "tatsächlich um eine Person weiblichen Geschlechts" handle. Der an das Erstgericht gerichtete Vorwurf ist jedoch unbegründet. Im Gegensatz zur beklagten Partei, die in ihrer Klagebeantwortung ganz offenbar irrtümlich - aber ohne rechtliche Auswirkung - von einem "Kläger" und der Vollendung des 65. Lebensjahres "bei Männern" sprach, ist dem Erstgericht eine solche Verwechslung nicht anzulasten: Wie die genaue Lektüre seines Urteils zeigt, ist dort stets von der "klagenden Partei" die Rede, ohne dass sich Anzeichen dafür fänden, das Erstgericht habe das Geschlecht der Klägerin verwechselt. In der Revision wird daher aktenwidrig argumentiert, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob die Verwechslung des Geschlechtes einer Partei überhaupt von Nichtigkeit bedroht ist und ob nicht diese Nichtigkeit - inhaltlich - bereits vom Berufungsgericht und damit unanfechtbar (§ 519 ZPO) verneint wurde.Die Klägerin erblickt eine Nichtigkeit darin, dass das Erstgericht nicht "über die richtige Person" entschieden habe, sondern "laufend von einer Person männlichen Geschlechts" spreche, während es sich bei ihr "tatsächlich um eine Person weiblichen Geschlechts" handle. Der an das Erstgericht gerichtete Vorwurf ist jedoch unbegründet. Im Gegensatz zur beklagten Partei, die in ihrer Klagebeantwortung ganz offenbar irrtümlich - aber ohne rechtliche Auswirkung - von einem "Kläger" und der Vollendung des 65. Lebensjahres "bei Männern" sprach, ist dem Erstgericht eine solche Verwechslung nicht anzulasten: Wie die genaue Lektüre seines Urteils zeigt, ist dort stets von der "klagenden Partei" die Rede, ohne dass sich Anzeichen dafür fänden, das Erstgericht habe das Geschlecht der Klägerin verwechselt. In der Revision wird daher aktenwidrig argumentiert, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob die Verwechslung des Geschlechtes einer Partei überhaupt von Nichtigkeit bedroht ist und ob nicht diese Nichtigkeit - inhaltlich - bereits vom Berufungsgericht und damit unanfechtbar (Paragraph 519, ZPO) verneint wurde.

2. Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner näheren Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz entgegen zu halten, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausreichend begründet, warum das Erstgericht insbesondere seine Anleitungs- und Belehrungspflicht nicht verletzt hat. Nicht einmal in der Revision wird konkret behauptet, die Klägerin habe irgendwann einen Arbeitsunfall erlitten oder leide an einer Berufskrankheit.2. Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, ZPO keiner näheren Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz entgegen zu halten, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausreichend begründet, warum das Erstgericht insbesondere seine Anleitungs- und Belehrungspflicht nicht verletzt hat. Nicht einmal in der Revision wird konkret behauptet, die Klägerin habe irgendwann einen Arbeitsunfall erlitten oder leide an einer Berufskrankheit.

Soweit die Klägerin erkennbar in ihrer Berufung rügte, dass das Erstgericht über die Voraussetzungen der Invaliditätspension nicht entschieden habe, hat das Berufungsgericht auch insoweit einen Verfahrensmangel verneint. Damit ist das auf Gewährung dieser Pension gerichtete Klagebegehren aus dem Verfahren ausgeschieden (vgl SSV-NF 7/111, 12/88) und es braucht nicht untersucht zu werden, ob sich dieses Begehren überhaupt als zulässige Bescheidklage (§ 67 Abs 1 Z 1 ASGG) oder als (verfrühte und damit unzulässige) Säumnisklage (§ 67 Abs 1 Z 2 ASGG) darstellt. Die in der Revision enthaltene Verweisung auf Ausführungen in der Berufungsschrift muss nach ständiger Rechtsprechung wirkungslos bleiben (SZ 69/209 ua).Soweit die Klägerin erkennbar in ihrer Berufung rügte, dass das Erstgericht über die Voraussetzungen der Invaliditätspension nicht entschieden habe, hat das Berufungsgericht auch insoweit einen Verfahrensmangel verneint. Damit ist das auf Gewährung dieser Pension gerichtete Klagebegehren aus dem Verfahren ausgeschieden vergleiche SSV-NF 7/111, 12/88) und es braucht nicht untersucht zu werden, ob sich dieses Begehren überhaupt als zulässige Bescheidklage (Paragraph 67, Absatz eins, Ziffer eins, ASGG) oder als (verfrühte und damit unzulässige) Säumnisklage (Paragraph 67, Absatz eins, Ziffer 2, ASGG) darstellt. Die in der Revision enthaltene Verweisung auf Ausführungen in der Berufungsschrift muss nach ständiger Rechtsprechung wirkungslos bleiben (SZ 69/209 ua).

3. Die Rechtsrüge geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, sondern rügt abermals die angebliche Verletzung der Manuduktionspflicht des Erstgerichtes und das Fehlen amtswegiger Erhebungen und Beweisaufnahmen zur Frage eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit der Klägerin. Auf die nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge ist daher nicht weiter einzugehen.

Die Revision war daher zurückzuweisen, soweit sie Nichtigkeit geltend macht. Im Übrigen war ihr ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG, Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG, Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

Anmerkung

E59139 10C02390

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00239.00W.0905.000

Dokumentnummer

JJT_20000905_OGH0002_010OBS00239_00W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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