TE OGH 2000/9/13 4Ob221/00d

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Veröffentlicht am 13.09.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Höhne und Mag. Thomas In der Maur, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christof Pöchhacker, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 470.000 S), infolge Revisionsrekurses der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 5. Juni 2000, GZ 15 R 9/00d-11, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 24. Oktober 1999, GZ 39 Cg 103/99m-6, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 20.610 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 3.435 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist - ebenso wie ihre ursprünglich am Verfahren beteiligten neun Streitgenossen - ein Internet-Provider. Sie verschafft ihren Kunden gegen Entgelt auf der Grundlage eines Dauerschuldverhältnisses den Zugang zum Internet.

Die Beklagte wurde als alternativer Telefonbetreiber im Festnetz gegründet und wird nunmehr auch als Internet-Provider tätig. Seit Juli 1999 bietet sie ihren Telefon-Kunden "Internet for free", einen unentgeltlichen Zugang zum Internet, an. In den Genuss des "Internet for free" kommt nur, wer vorher einen Telefonvertrag mit der Beklagten schließt. Zu zahlen sind nur Online-Gebühren, durch die die Inanspruchnahme der Leitungen, nicht aber auch der Internet-Zugang abgegolten wird. Bis Ende August 1999 verrechnete die Beklagte ihren Kunden einen Mindestumsatz von 198 S für zwei Monate, auch wenn sie nicht telefoniert hatten. Seit Anfang September 1999 wird kein Mindestumsatz mehr verrechnet.

In ihren Werbeaussendungen klärt die Beklagte über den Inhalt ihres "Internet for free"-Angebots auf. Sie weist darauf hin, dass der Kunde zum TA-Online-Tarif "surft" und keine monatliche Grundgebühr zahlt.

Auf dem österreichischen Markt gibt es eine Vielzahl von Angeboten für den Internet-Zugang. Die Höhe des Preises hängt davon ab, wieviele Stunden an Online-Zeit inkludiert sind. Vereinzelt wird auch ein unentgeltlicher Internet-Zugang angeboten.

Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Zugang zum Internet (Internet-Access) als Zugabe zu ihrer Dienstleistung als Telefon-Anbieter anzubieten, bei der dem Kunden lediglich die anfallenden Online-Gebühren verrechnet werden, und den Internet-Access davon abhängig zu machen,

  • -Strichaufzählung
    dass dem Kunden als Telefonkunde der Beklagten ein bestimmter Mindestbetrag verrechnet wird, oder

  • -Strichaufzählung
    dass der Kunde Telefonkunde der Beklagten wird.

Der Gratis-Internet-Zugang sei eine unzulässige Zugabe zum Telefon-Vertrag. Auch wenn nunmehr kein monatlicher Mindestumsatz mehr verrechnet werde, müsse der Interessent vorher Telefonkunde der Beklagten werden, um den unentgeltlichen Internet-Zugang zu erhalten.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. In ihren Werbeankündigungen sei klargestellt, dass der Kunde zwar keine Grundgebühr, wohl aber die Online-Gebühren zu zahlen habe. Am bloßen Zugang zum Internet bestehe kein Interesse. Seit September 1999 treffe den Telefonkunden keine finanzielle Verpflichtung mehr. Am Markt gebe es eine Reihe ähnlicher Angebote; "Internet for free" sei daher eine handelsübliche Nebenleistung.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der Kunde gewinne nicht den Eindruck, eine unentgeltliche Leistung zu erhalten, weil er die Online-Gebühren zu zahlen habe. Sei jemand ausnahmsweise nur am Internet-Zugang interessiert, so fehle es an der Akzessorietät, weil der Kunde über den Abschluss eines Telefonvertrags hinaus keine weiteren Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen müsse. Ob der unentgeltliche Internet-Zugang zu einer handelsüblichen Nebenleistung geworden sei, könne offenbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Dem Publikum sei bekannt, dass der ohne Verrechnung einer Grundgebühr gewährte Internet-Zugang durch die bei der Benützung anlaufenden Online-Gebühren finanziert werden müsse. Der Kunde gewinne nicht den Eindruck, eine unentgeltliche Zusatzleistung zu erhalten, auch wenn mit "Internet for free" geworben werde. Aus dem Zusammenhang gehe klar hervor, dass - ähnlich wie bei einem Mobiltelefon mit Teilnehmervertrag - eine Gesamtleistung zu einem durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis angeboten werde.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf den von ihr behaupteten Zugabenverstoß der Beklagten. Der Zugabenverstoß soll darin bestehen, dass die Beklagte als (alternative) Telefonanbieterin damit wirbt, ihren (gegenwärtigen und künftigen) Telefonkunden einen freien Internet-Zugang zu gewähren. Die Aktion der Beklagten ist demnach darauf gerichtet, mehr Telefonkunden zu gewinnen, und damit nicht geeignet, den Wettbewerb zwischen den Streitteilen zu beeinflussen:

Als Internet-Provider steht die Klägerin mit der Beklagten als Telefonanbieterin nicht im Wettbewerb. Die Gefahr einer Preisverschleierung und eine allfällige unsachliche Beeinflussung potenzieller Telefonkunden durch das Angebot eines unentgeltlichen Internet-Zugangs, wie sie das Zugabenverbot verhindern soll (s Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 § 25 Rz 3 mwN), wirkt sich auf den Wettbewerb der Klägerin nicht aus.Als Internet-Provider steht die Klägerin mit der Beklagten als Telefonanbieterin nicht im Wettbewerb. Die Gefahr einer Preisverschleierung und eine allfällige unsachliche Beeinflussung potenzieller Telefonkunden durch das Angebot eines unentgeltlichen Internet-Zugangs, wie sie das Zugabenverbot verhindern soll (s Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 Paragraph 25, Rz 3 mwN), wirkt sich auf den Wettbewerb der Klägerin nicht aus.

Der Wettbewerb der Klägerin könnte nur insofern beeinträchtigt werden, als die von ihr gegen Entgelt angebotene Leistung von der Beklagten gratis abgegeben wird. Die Gratisverteilung von Waren ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG - Waren dürfen nicht in solchen Mengen und über solche Zeiträume gratis abgegeben werden, dass dadurch Bedarfsdeckung eintritt oder Mitbewerber infolge einer Marktverstopfung im Absatz ihrer eigenen Erzeugnisses behindert werden (ÖBl 1980, 94 - Zeitung am Sonntag; MR 1988, 56 = WBl 1988, 195 - Zeitungs-Super-Angebot) -; darauf ist aber nicht weiter einzugehen, weil die Klägerin dazu weder ein Vorbringen erstattet noch ihren Anspruch darauf gestützt hat.Der Wettbewerb der Klägerin könnte nur insofern beeinträchtigt werden, als die von ihr gegen Entgelt angebotene Leistung von der Beklagten gratis abgegeben wird. Die Gratisverteilung von Waren ist zwar unter bestimmten Voraussetzungen sittenwidrig im Sinne des Paragraph eins, UWG - Waren dürfen nicht in solchen Mengen und über solche Zeiträume gratis abgegeben werden, dass dadurch Bedarfsdeckung eintritt oder Mitbewerber infolge einer Marktverstopfung im Absatz ihrer eigenen Erzeugnisses behindert werden (ÖBl 1980, 94 - Zeitung am Sonntag; MR 1988, 56 = WBl 1988, 195 - Zeitungs-Super-Angebot) -; darauf ist aber nicht weiter einzugehen, weil die Klägerin dazu weder ein Vorbringen erstattet noch ihren Anspruch darauf gestützt hat.

Sie hat sich darauf beschränkt, einen Zugabenverstoß zu behaupten und auch ihr Begehren darauf abgestellt. Einen Zugabenverstoß kann aber nur geltend machen, wessen Wettbewerb dadurch berührt wird (MR 1999, 184 = ÖBl 1999, 244 - Antenne-Bingo). Einem Unternehmen, dessen Wettbewerb - wie der der Klägerin - durch die Wettbewerbswidrigkeit der (behaupteten) Zugabenankündigung unbeeinflusst bleibt, fehlt demnach die Legitimation, den Verstoß zu verfolgen, so dass die angefochtene Entscheidung schon aus diesem Grund zu bestätigen ist. Auf die Frage, ob überhaupt eine Zugabe vorliegt und ob das Begehren den behaupteten Zugabenverstoß erfasst, ist nicht weiter einzugehen.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E59185 04A02210

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0040OB00221.00D.0913.000

Dokumentnummer

JJT_20000913_OGH0002_0040OB00221_00D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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