TE OGH 2000/9/14 17R142/00b

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Veröffentlicht am 14.09.2000
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Zemanek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Taucher und Dr.Borek in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, P, vertreten durch Dr. K*****, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Z*****, S, vertreten durch Dr. I*****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 107.163,-- s. A., infolge der Rekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11.5.2000 und vom 30.5.2000, 54 Cg 63/98a-29 und 32, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird Folge gegeben und

1) der Zurückweisungsbeschluss vom 30.5.2000, ON 32, ersatzlos aufgehoben;

2) der Beschluss vom 11.5.2000, ON 29, dahin abgeändert, dass er lautet:

"Der beklagten Partei wird aufgetragen zur Deckung der Sachverständigengebühren binnen 14 Tagen einen Kostenvorschuss von S 40.000,-- beim LGZ Wien zu erlegen."

Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der Sachverständige für Buch- und Rechnungsführung Mag.Dr.L***** legte am 11.1.2000 sein Gutachten (ON 22) vor. Am 7.2.2000 beantragte die beklagte Partei die Ergänzung des Gutachtens und erlegte gleichzeitig einen Kostenvorschuss von S 10.000,--. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung erklärte der Sachverständige, zur Beantwortung der von der beklagten Partei gestellten Fragen sei ein erheblicher Aufwand erforderlich, der Kosten von S 30.000,-- bis S 60.000,-- verursachen würde. Mit Beschluss vom 11.5.2000 (ON 29) trug das Erstgericht der klagenden Partei auf, binnen 14 Tagen einen Kostenvorschuss von S 40.000,-- für Sachverständigengebühren, die voraussichtlich entstehen würden, zu erlegen. Dagegen erhob die klagende Partei Rekurs, den das Erstgericht mit Beschluss vom 30.5.2000 (ON 32) als unzulässig zurückwies.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der klagenden Partei (ON 33). Die Rekurse sind berechtigt.

Gemäß §§ 365f ZPO iVm 332 Abs 2 ZPO können Beschlüsse, mit denen der Erlag eines Kostenvorschusses für einen Sachverständigenbeweis aufgetragen wird, nur hinsichtlich der Höhe angefochten werden, wenn der Gesamtbetrag der einer Partei aufgetragenen Vorschüsse S 30.000,-- übersteigt. Diese Anfechtungsbeschränkung wurde nach dem Ausschussbericht zur ZVN 1983 als Ausgleich zwischen dem Anliegen der Prozessbeschleunigung und dem Anliegen, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsverfolgung desjenigen, der nicht beweispflichtig ist und dennoch mit einem Kostenvorschuss belastet oder durch Überschätzung der Kosten benachteiligt wird, eingeführt. Nach diesem Regelungszweck wird daher bis zur Anfechtungsgrenze von S 30.000,-- der Prozessbeschleunigung, darüber aber der Überprüfung der Beweispflicht und der Höhe des Kostenvorschuss der Vorrang eingeräumt (vgl OLG Wien 30.10.1992, 14 R 199/92 = WR 576). Rechberger (in Rechberger² Rz 3 zu § 332 ZPO) und mit ihm das Erstgericht berufen sich daher für ihre Ansicht, der Kostenvorschussauftrag sei ausschließlich hinsichtlich der Höhe anfechtbar, zu Unrecht auf die Entscheidung WR 576.Gemäß Paragraphen 365 f, ZPO in Verbindung mit 332 Absatz 2, ZPO können Beschlüsse, mit denen der Erlag eines Kostenvorschusses für einen Sachverständigenbeweis aufgetragen wird, nur hinsichtlich der Höhe angefochten werden, wenn der Gesamtbetrag der einer Partei aufgetragenen Vorschüsse S 30.000,-- übersteigt. Diese Anfechtungsbeschränkung wurde nach dem Ausschussbericht zur ZVN 1983 als Ausgleich zwischen dem Anliegen der Prozessbeschleunigung und dem Anliegen, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsverfolgung desjenigen, der nicht beweispflichtig ist und dennoch mit einem Kostenvorschuss belastet oder durch Überschätzung der Kosten benachteiligt wird, eingeführt. Nach diesem Regelungszweck wird daher bis zur Anfechtungsgrenze von S 30.000,-- der Prozessbeschleunigung, darüber aber der Überprüfung der Beweispflicht und der Höhe des Kostenvorschuss der Vorrang eingeräumt vergleiche OLG Wien 30.10.1992, 14 R 199/92 = WR 576). Rechberger (in Rechberger² Rz 3 zu Paragraph 332, ZPO) und mit ihm das Erstgericht berufen sich daher für ihre Ansicht, der Kostenvorschussauftrag sei ausschließlich hinsichtlich der Höhe anfechtbar, zu Unrecht auf die Entscheidung WR 576.

Dem Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluss war daher Folge zu geben.

Nach den allgemeinen Grundsätzen der Behauptungs- und Beweislast hat der Kläger die anspruchsbegründenden, der Beklagte die anspruchseinschränkenden oder anspruchsaufhebenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen (vgl Rechberger aaO Rz 11 vor § 266 ZPO mwN).Nach den allgemeinen Grundsätzen der Behauptungs- und Beweislast hat der Kläger die anspruchsbegründenden, der Beklagte die anspruchseinschränkenden oder anspruchsaufhebenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen vergleiche Rechberger aaO Rz 11 vor Paragraph 266, ZPO mwN).

Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei die Höhe des Verdienstentganges während der reparaturbedingten Stehzeit des LKW-Zuges (S 126.000,--) zu beweisen, weshalb zunächst auf ihre Kosten ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt wurde. Der Sachverständige ermittelte den Verdienstentgang mit S 107.163,--. Auf diesen Betrag schränkte die klagende Partei ihr Verdienstentgangsbegehren ein. Die beklagte Partei begehrte die Ergänzung des Gutachtens dahin, dass der Betrieb der klagenden Partei durch einen längeren Zeitraum in allen Einzelheiten überprüft werde. In der Folge wies der Sachverständige daraufhin, dass zur Beantwortung der von der beklagten Partei gestellten Frage (Punkt 5. im Schriftsatz ON 26) ein Aufwand im Ausmaß von S 30.000,-- bis S 60.000,-- erforderlich wäre. Mit ihrem Antrag will daher die klagende Partei keine Gutachtenserörterung, sondern ihr anspruchseinschränkendes Vorbringen beweisen, weshalb sie als vorschusspflichtiger Beweisführer anzusehen ist.

Es erweist sich daher der Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss, mit dem ihr der Erlag eines weiteren Kostenvorschusses aufgetragen wurde, als berechtigt, weshalb ihm Folge zu geben und der Auftrag zum Erlag des Kostenvorschusses der beklagten Partei zu erteilen war.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.

Ein Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 5 ZPO iVm § 526 Abs 3 ZPOEin Revisionsrekurs ist gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 5, ZPO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 3, ZPO

jedenfalls unzulässig.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00407 17R142-00b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLGW009:2000:01700R00142.00B.0914.000

Dokumentnummer

JJT_20000914_OLGW009_01700R00142_00B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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