TE OGH 2000/9/19 10ObS268/00k

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Veröffentlicht am 19.09.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Heinrich Lahounik (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Erwin Macho (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Fatima H*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Juni 2000, GZ 8 Rs 57/00i-15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Januar 2000, GZ 41 Cgs 11/99v-10, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Partei vom 5. 3. 1999 wurde der Antrag der Klägerin auf Zuerkennung einer Witwenpension nach ihrem am 3. 11. 1997 verstorbenen Ehemann mangels Erfüllung der Wartezeit abgewiesen. Der Versicherte habe zum Stichtag 1. 12. 1997 nur 138 Beitragsmonate und 3 Ersatzmonate, insgesamt daher 141 Versicherungsmonate erworben.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene Klagebegehren auf Zuerkennung der Witwenpension seit 1. 12. 1997 ab. Der verstorbene Ehemann der Klägerin habe in Österreich 109 Beitrags- und 3 Ersatzmonate und in Slowenien 29 Versicherungsmonate, daher insgesamt 141 Versicherungsmonate erworben. Die im heutigen Bosnien-Herzegowina erworbenen 47 Versicherungsmonate seien mangels einer Rechtsgrundlage nicht anzurechnen, weil das alte (zwischen der Republik Österreich und der Republik Bosnien-Herzegowina zunächst weiter angewendete) Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien vom 19. 11. 1965 zum 30. 6. 1996 gekündigt worden und ein neues Abkommen noch nicht in Kraft getreten sei. Auch die in der Schweiz erworbenen Versicherungsmonate könnten nicht angerechnet werden, weil der Versicherte kein Angehöriger eines Vertragsstaates des diesbezüglichen Abkommens gewesen sei. Daraus folge rechtlich, dass die Klägerin nach keiner der in Frage kommenden gesetzlichen Bestimmungen die Wartezeit für eine Witwenpension erfülle.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Eine Zusammenrechnung der Versicherungszeiten im Sinne des früheren österreichisch-jugoslawischen Abkommens vom 19. 11. 1965 sei wegen der zum 30. 9. 1996 ausgesprochenen Kündigung dieses Abkommens (BGBl 1996/347) nicht mehr möglich. Das neue Abkommen mit Bosnien und Herzegowina vom 12. 2. 1999 sei mangels Ratifizierung bisher noch nicht in Kraft getreten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens oder hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung an die erste oder zweite Instanz.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass die Klägerin bei Berücksichtigung des festgestellten Versicherungsverlaufes ihres verstorbenen Ehemannes die Wartezeit für die begehrte Witwenpension nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, dass die Klägerin bei Berücksichtigung des festgestellten Versicherungsverlaufes ihres verstorbenen Ehemannes die Wartezeit für die begehrte Witwenpension nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, bestehen seit 1. 10. 1996 zwischen der Republik Österreich einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits im Bereich der sozialen Sicherheit keine vertraglichen Beziehungen mehr (Kündigung des alten Abkommens zum 30. 9. 1996: BGBl 1996/347; dazu RV 120 BlgNR 20. GP und AB 183 BlgNR 20. GP; vgl auch Linka, SozSi 1996, 763; Linka/Siedl, SozSi 1998, 430 ff). Das unterfertigte neue Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit vom 12. 2. 1999 (RV 1719 BlgNR 20. GP) ist mangels Ratifizierung noch nicht in Kraft getreten: Nach Art 37 Abs 2 dieses Abkommens tritt es am ersten Tag des Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden. Der für den Leistungsanspruch maßgebliche Stichtag liegt bereits nach dem Außerkrafttreten des alten Abkommens, weshalb sich die Klägerin auch nicht auf dieses Abkommen berufen kann (10 ObS 20/00i mwN; zuletzt 10 ObS 244/00f; RIS-Justiz RS0110568, RS0076166).Wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, bestehen seit 1. 10. 1996 zwischen der Republik Österreich einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits im Bereich der sozialen Sicherheit keine vertraglichen Beziehungen mehr (Kündigung des alten Abkommens zum 30. 9. 1996: BGBl 1996/347; dazu RV 120 BlgNR 20. GP und AB 183 BlgNR 20. GP; vergleiche auch Linka, SozSi 1996, 763; Linka/Siedl, SozSi 1998, 430 ff). Das unterfertigte neue Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit vom 12. 2. 1999 (RV 1719 BlgNR 20. GP) ist mangels Ratifizierung noch nicht in Kraft getreten: Nach Artikel 37, Absatz 2, dieses Abkommens tritt es am ersten Tag des Monats nach Ablauf des Monats in Kraft, in dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden. Der für den Leistungsanspruch maßgebliche Stichtag liegt bereits nach dem Außerkrafttreten des alten Abkommens, weshalb sich die Klägerin auch nicht auf dieses Abkommen berufen kann (10 ObS 20/00i mwN; zuletzt 10 ObS 244/00f; RIS-Justiz RS0110568, RS0076166).

Die Revisionswerberin steht zu Unrecht auf dem Standpunkt, die vom Versicherten erworbenen bosnischen Versicherungszeiten seien trotz Kündigung des alten Abkommmens auch nach dem 30. 6. 1996 weiterhin anzurechnen. Ihrem Argument, die Kündigung des Abkommens sei nur wegen der Familienbeihilfen für Kinder im Ausland erfolgt, habe aber bestehende Pensionsansprüche nicht berühren sollen, muss entgegengehalten werden, dass mit 30. 6. 1996 nicht nur der die Familienbeihilfen betreffende Teil, sondern das gesamte Abkommen gekündigt wurde und die Klägerin damals keinen Pensionsanspruch hatte. Wenngleich das inzwischen mit Bosnien und Herzegowina geschlossene neue Abkommen im Art 37 Abs 3 in gewissen Belangen seine auf den 1. 10. 1996 rückwirkende Anwendung vorsieht, so ist dieses Abkommen mangels Ratifizierung eben noch nicht in Kraft getreten und daher von den Gerichten nicht anwendbar. Die dadurch für die Klägerin eingetretene Benachteiligung ist nicht zu leugnen, doch kann ihr auch mit den Mitteln verfassungskonformer Auslegung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes nicht begegnet werden.Die Revisionswerberin steht zu Unrecht auf dem Standpunkt, die vom Versicherten erworbenen bosnischen Versicherungszeiten seien trotz Kündigung des alten Abkommmens auch nach dem 30. 6. 1996 weiterhin anzurechnen. Ihrem Argument, die Kündigung des Abkommens sei nur wegen der Familienbeihilfen für Kinder im Ausland erfolgt, habe aber bestehende Pensionsansprüche nicht berühren sollen, muss entgegengehalten werden, dass mit 30. 6. 1996 nicht nur der die Familienbeihilfen betreffende Teil, sondern das gesamte Abkommen gekündigt wurde und die Klägerin damals keinen Pensionsanspruch hatte. Wenngleich das inzwischen mit Bosnien und Herzegowina geschlossene neue Abkommen im Artikel 37, Absatz 3, in gewissen Belangen seine auf den 1. 10. 1996 rückwirkende Anwendung vorsieht, so ist dieses Abkommen mangels Ratifizierung eben noch nicht in Kraft getreten und daher von den Gerichten nicht anwendbar. Die dadurch für die Klägerin eingetretene Benachteiligung ist nicht zu leugnen, doch kann ihr auch mit den Mitteln verfassungskonformer Auslegung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes nicht begegnet werden.

Den Gerichten steht mangels einer positiven Rechtsgrundlage auch nicht zu Befugnis zu, der Klägerin unter "praktischer Weiteranwendung" des bisherigen Abkommens (vgl Linka/Siedl aaO 431) bzw im Hinblick auf die zu erwartende Ratifizierung des neuen Abkommens und dessen rückwirkendes Inkrafttreten mit 1. 10. 1996 bereits jetzt eine vorläufige Leistung zu erbringen (vgl 10 ObS 20/00i; 10 ObS 244/00f).Den Gerichten steht mangels einer positiven Rechtsgrundlage auch nicht zu Befugnis zu, der Klägerin unter "praktischer Weiteranwendung" des bisherigen Abkommens vergleiche Linka/Siedl aaO 431) bzw im Hinblick auf die zu erwartende Ratifizierung des neuen Abkommens und dessen rückwirkendes Inkrafttreten mit 1. 10. 1996 bereits jetzt eine vorläufige Leistung zu erbringen vergleiche 10 ObS 20/00i; 10 ObS 244/00f).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E59237 10C02680

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00268.00K.0919.000

Dokumentnummer

JJT_20000919_OGH0002_010OBS00268_00K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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