TE OGH 2000/9/20 3Ob29/00m

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2000
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Heinz Kosesnik-Wehrle, Rechtsanwalt in Wien, gegen die verpflichtete Partei E*****, vertreten durch Dr. Harald Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 16. November 1999, GZ 46 R 1257/99i bis 1260/99f-31, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 31. März 1999, GZ 12 E 5528/97h-10, und vom 27. April 1999, GZ 12 E 5528/97h-16, abgeändert wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichtes wird in seinen Punkten

1. und 2. dahin abgeändert, dass die erstinstanzlichen Strafbeschlüsse wiederhergestelt werden.

Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 19.845 (darin enthalten S 3.307,50 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten der betreibenden Partei bestimmt.

Text

Begründung:

Mit einstweiliger Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 25. 7. 1997, 24 Cg 48/97k-3, wurde der verpflichteten Partei zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs der klagenden Partei ua verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Gewinnspiele oder ähnliche Aktionen anzukündigen und/oder durchzuführen, wenn den Adressaten der Eindruck des tatsächlichen Gewinnes eines erheblichen Geldbetrages, insbesondere eines Geldbetrages von S 175.000, vermittelt wird, obwohl der in Aussicht gestellte Geldbetrag gleichmäßig unter allen Einsendern von Geldanforderungsscheinen mit der gezogenen Nummer aufgeteilt wird, wobei Anteile unter einer gewissen Grenze nicht zur Auszahlung gelangen.

Zur Durchsetzung dieses Unterlassungsanspruchs wurde mit Beschluss des Erstgerichtes vom 15. 12. 1997 die Unterlassungsexekution bewilligt.

Die Parteien schlossen im Hauptverfahren vor dem Handelsgericht Wien in der Tagsatzung vom 8. 5. 1998 einen Vergleich, in dem sich die verpflichtete Partei verpflichtete, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen, Gewinnspiele oder ähnliche Aktionen anzukündigen, wobei den Adressaten der Eindruck des tatsächlichen Gewinnes eines erheblichen Geldbetrages, insbesondere eines Geldbetrages von S 175.000, vermittelt wird, obwohl der in Aussicht gestellte Geldbetrag unter allen Einsendern (von Geldanforderungsscheinen der gezogenen Gewinn-Nummer) gleichmäßig aufgeteilt wird.

Die betreibende Partei beantragte hierauf, "die Exekutionsbewilligung vom 15. 12. 1997 dahingehend einzuschränken, dass der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei die Exekution zur Erzwingung der Unterlassung jenes Verhaltens, wie es im Text des ... Vergleichs beschrieben wird, bewilligt wird (die Exekutionsbewilligung also dem nunmehr aufrechten Exekutionstitel anzupassen)". Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. 10. 1998 in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo (ON 6).Die betreibende Partei beantragte hierauf, "die Exekutionsbewilligung vom 15. 12. 1997 dahingehend einzuschränken, dass der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei die Exekution zur Erzwingung der Unterlassung jenes Verhaltens, wie es im Text des ... Vergleichs beschrieben wird, bewilligt wird (die Exekutionsbewilligung also dem nunmehr aufrechten Exekutionstitel anzupassen)". Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag mit rechtskräftigem Beschluss vom 19. 10. 1998 in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß Paragraph 112, Absatz eins, Geo (ON 6).

In dem am 13. 1. 1999 beim Erstgericht eingelangten Strafantrag ON 10 behauptete die betreibende Partei ein Zuwiderhandeln gegen den Vergleich vom 8. 5. 1998 durch Versendung von dem Strafantrag angeschlossenen Gewinnspielunterlagen um den 10. 10. 1998, ua an eine namentlich angeführte Person.

Das Erstgericht verhängte mit Beschluss vom 31. 3. 1999 eine Geldstrafe von S 70.000.

Mit dem weiteren beim Erstgericht am 23. 4. 1999 eingelangten Strafantrag ON 16 behauptete die betreibende Partei ein weiteres Zuwiderhandeln gegen den Vergleich durch Versendung von Werbe- und Gewinnspielunterlagen am und um den 10. 2. 1999; diese Unterlagen waren ebenfalls dem Exekutionsantrag angeschlossen.

Das Erstgericht verhängte mit Beschluss vom 27. 4. 1999 eine Geldstrafe von S 80.000.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen diese beiden Beschlüsse Folge und wies die Strafanträge ab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil einer der in § 528 Abs 1 ZPO aufgezählten Tatbestände im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege. Zur Begründung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung, aufgrund der die Exekution bewilligt wurde, sei bisher nicht erfolgt. Da diese Zuwiderhandlungen jedoch nach Abschluss des Vergleiches im Hauptverfahren, somit nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens, erfolgt seien, bilde die einstweilige Verfügung für diese Zuwiderhandlungen und somit für die Bewilligung eines Strafantrags keinen tauglichen Exekutionstitel mehr. Als solcher komme nur der zwischen den Parteien abgeschlossene, weitgehend inhaltsgleiche Vergleich in Betracht. Tatsächlich habe die betreibende Partei ihre Strafanträge auf Zuwiderhandlungen gegen diesen Unterlassungsvergleich gestützt, was aber im gegenständlichen Verfahren unzulässig sei, weil die aufgrund der einstweiligen Verfügung bewilligte Exekution nicht aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs weitergeführt werden könne (EvBl 1972/176). Vielmehr hätte die betreibende Partei aufgrund des vollstreckbaren Vergleichs die Exekutionsbewilligung wegen der behaupteten Verstöße beantragen müssen, weil nur aufgrund dieses Vergleichs der Unterlassungsanspruch der betreibenden Partei bestehe, nicht mehr aufgrund der einstweiligen Verfügung. Eine Umdeutung des Strafantrags in einem Exekutionsantrag komme nicht in Betracht, weil das Gericht nach der auch im Exekutionsverfahren gemäß § 78 EO anzuwendenden Bestimmung des § 405 ZPO an das Begehren der Partei gebunden sei. Das Rekursgericht sei daher nicht befugt, der betreibenden Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde. Mit der bewilligten Einschränkung der Exekutionsbewilligung sei diese nicht dem Vergleich angepasst bzw auf diesen eingeschränkt worden.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der verpflichteten Partei gegen diese beiden Beschlüsse Folge und wies die Strafanträge ab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 260.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil einer der in Paragraph 528, Absatz eins, ZPO aufgezählten Tatbestände im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vorliege. Zur Begründung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, eine Aufhebung der einstweiligen Verfügung, aufgrund der die Exekution bewilligt wurde, sei bisher nicht erfolgt. Da diese Zuwiderhandlungen jedoch nach Abschluss des Vergleiches im Hauptverfahren, somit nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptverfahrens, erfolgt seien, bilde die einstweilige Verfügung für diese Zuwiderhandlungen und somit für die Bewilligung eines Strafantrags keinen tauglichen Exekutionstitel mehr. Als solcher komme nur der zwischen den Parteien abgeschlossene, weitgehend inhaltsgleiche Vergleich in Betracht. Tatsächlich habe die betreibende Partei ihre Strafanträge auf Zuwiderhandlungen gegen diesen Unterlassungsvergleich gestützt, was aber im gegenständlichen Verfahren unzulässig sei, weil die aufgrund der einstweiligen Verfügung bewilligte Exekution nicht aufgrund des rechtswirksamen Vergleichs weitergeführt werden könne (EvBl 1972/176). Vielmehr hätte die betreibende Partei aufgrund des vollstreckbaren Vergleichs die Exekutionsbewilligung wegen der behaupteten Verstöße beantragen müssen, weil nur aufgrund dieses Vergleichs der Unterlassungsanspruch der betreibenden Partei bestehe, nicht mehr aufgrund der einstweiligen Verfügung. Eine Umdeutung des Strafantrags in einem Exekutionsantrag komme nicht in Betracht, weil das Gericht nach der auch im Exekutionsverfahren gemäß Paragraph 78, EO anzuwendenden Bestimmung des Paragraph 405, ZPO an das Begehren der Partei gebunden sei. Das Rekursgericht sei daher nicht befugt, der betreibenden Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt wurde. Mit der bewilligten Einschränkung der Exekutionsbewilligung sei diese nicht dem Vergleich angepasst bzw auf diesen eingeschränkt worden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, weil das Rekursgericht bei seiner Entscheidung den rechtskräftigen Beschluss vom 19. 10. 1998 nicht beachtet hat und dadurch die Rechtssicherheit gefährdet wurde; er ist daher auch berechtigt.

Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichtes an die Stelle des früheren Exekutionstitels, einer einstweiligen Verfügung, der im Hauptverfahren geschlossene Vergleich gesetzt wurde. Dieser Beschluss, auf dessen Zulässigkeit infolge der eingetretenen Rechtskraft nicht eingegangen werden kann, hat die Wirkung, dass nunmehr als Exekutionstitel dieser Vergleich maßgeblich ist; bei weiteren Strafanträgen ist zu prüfen, ob in ihnen ein Zuwiderhandeln gegen diesen neuen Exekutionstitel behauptet wird. Der Beschluss hat somit die gleiche Wirkung wie eine in einem gesonderten Verfahren erfolgte Exekutionsbewilligung. Dies ergibt sich eindeutig aus seinem Wortlaut, heißt es doch, dass die Exekution zur Erzwingung der Unterlassung bewilligt werde. Dass zugleich die "Einschränkung" der ersten Exekutionsbewilligung beantragt wird, ändert daran nichts. Die gegenteilige Rechtsansicht des Rekursgerichtes beachtet nicht den klaren Wortlaut des von ihm bereits früher bestätigten Beschlusses des Erstgerichtes. Irrelevant ist bei dieser Sachlage, dass einstweilige Verfügung und Vergleich nicht gleich lauten und sich die verpflichtete Partei nunmehr zur Unterlassung der Ankündigung der Gewinnspiele auch dann verpflichtet hat, wenn zwar alle Anteile zur Auszahlung gelangen, jedoch ein unrichtiger Eindruck des tatsächlichen Gewinnes eines erheblichen Geldbetrages erweckt wird. In den Strafanträgen ON 10 und ON 16 wird nicht behauptet, dass Anteile überhaupt nicht zur Auszahlung gelangen; inhaltlich wird damit ein Verstoß gegen den Vergleich behauptet.

Die Frage, ob eine Unterlassungsexekution dann weitergeführt werden kann, wenn die einstweilige Verfügung, die den Exekutionstitel darstellt, durch einen inhaltsgleichen Vergleich ersetzt wird, stellt sich hier nicht; eine Auseinandersetzung mit der Entscheidung EvBl 1972/176 hat daher nicht zu erfolgen.

Im Übrigen hat das Erstgericht zutreffend erkannt, dass das behauptete Zuwiderhandeln auch unter Berücksichtigung der in den Strafanträgen vorgelegten Urkunden einen Verstoß gegen den nunmehr als Exekutionstitel maßgeblichen gerichtlichen Vergleich darstellt.

Bei dieser Sachlage waren die erstgerichtlichen Strafbeschlüsse, die auch hinsichtlich der Strafhöhe durchaus angemessen sind, wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 74 EO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 74, EO.

Anmerkung

E59452 03A00290

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0030OB00029.00M.0920.000

Dokumentnummer

JJT_20000920_OGH0002_0030OB00029_00M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten