TE OGH 2000/9/28 8Ob238/00h

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Veröffentlicht am 28.09.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hoch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 18. April 1999 verstorbenen Kurt ***** L*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Einschreiterin Kommunistische Partei Österreichs, 1040 Wien, Weyringergasse 33, vertreten durch Dr. Andreas Löw und Dr. Ingo Riß, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 20. Juli 2000, GZ 4 R 206/00m-32, womit über Rekurs der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, der Beschluss des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 20. Juni 2000, GZ 11 A 191/99s-29, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er zu lauten hat:

"Der Rekurs wird zurückgewiesen."

Text

Begründung:

Der Erblasser hinterließ zwei letztwillige Verfügungen. In der ersten, die mit 8. 6. 1947 datiert ist, setzte er seine Gattin zur Alleinerbin ein. In der zweiten, als "Testament" bezeichneten Verfügung vom 18. 4. 1984 "vererbt" er eine ihm damals gehörige Liegenschaft samt Einfamilienhaus dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) und seine Bibliothek mit antifaschistischer Literatur, den Farbfernsehapparat, den Radioapparat und die Fotoausrüstung der "Purkersdorfer Parteiorganisation der KPÖ.

Die in der letztwilligen Verfügung vom 18. 4. 1984 bezeichnete Liegenschaft wurde vom Erblasser noch zu Lebzeiten an einen Dritten verkauft. Auch seine Bibliothek befindet sich nach dem Akteninhalt nicht mehr im Nachlass, wohl aber ein Farbfernsehapparat, ein Radioapparat und eine Fotoausrüstung.

Die Ehegattin des Erblassers ist bereits 1994 verstorben.

Gerichtskommissär und Erstgericht gingen im Verfahren davon aus, dass die letztwillige Anordnung vom 18. 4. 1984 keine Erbseinsetzung sondern die Anordnung von Legaten zugunsten der KPÖ und deren Purkersdorfer Parteiorganisation enthalte.

Mit Beschluss vom 31. 8. 1999 erließ das Erstgericht zur Ausforschung allenfalls unbekannter Erben das Edikt im Sinne des § 128 AußStrG.Mit Beschluss vom 31. 8. 1999 erließ das Erstgericht zur Ausforschung allenfalls unbekannter Erben das Edikt im Sinne des Paragraph 128, AußStrG.

Nach erfolglosem Ablauf der Ediktalfrist und Errichtung des Inventars (Reinnachlass S 784.442,20) erklärte die Finanzprokuratur mit Schriftsatz vom 7. 4. 2000 namens der Republik Österreichs, einen aktiven Nachlass als heimfällig in Anspruch zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 13. 4. 2000 gab die KPÖ als "einzige Legatarin" die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab. Da keine gesetzlichen Erben vorhanden seien, sei sie gemäß § 726 ABGB als Erbin zu betrachten. In einem weiteren Schriftsatz teilte die KPÖ mit, dass ihre Purkersdorfer Parteiorganisation "in der Rechtsform der juristischen Person Kommunistische Partei Österreichs mit der Anschrift Weyringergasse 33, 1040 Wien," bestehe.Mit Schriftsatz vom 13. 4. 2000 gab die KPÖ als "einzige Legatarin" die bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab. Da keine gesetzlichen Erben vorhanden seien, sei sie gemäß Paragraph 726, ABGB als Erbin zu betrachten. In einem weiteren Schriftsatz teilte die KPÖ mit, dass ihre Purkersdorfer Parteiorganisation "in der Rechtsform der juristischen Person Kommunistische Partei Österreichs mit der Anschrift Weyringergasse 33, 1040 Wien," bestehe.

Mit Beschluss vom 20. 6. 2000 nahm das Erstgericht diese Erbserklärung an. Gemäß § 726 ABGB seien im Hinblick auf das Fehlen von Erben die Legatare verhältnismäßig als Erben zu betrachten. Wenn auch das Legat zugunsten der KPÖ wegen des Verkaufs der Liegenschaft nicht mehr erfüllt werden könne, sei doch die weitere Verfügung zugunsten der Purkersdorfer Parteiorganisation als Legat zugunsten der KPÖ als deren Trägerorganisation zu werten.Mit Beschluss vom 20. 6. 2000 nahm das Erstgericht diese Erbserklärung an. Gemäß Paragraph 726, ABGB seien im Hinblick auf das Fehlen von Erben die Legatare verhältnismäßig als Erben zu betrachten. Wenn auch das Legat zugunsten der KPÖ wegen des Verkaufs der Liegenschaft nicht mehr erfüllt werden könne, sei doch die weitere Verfügung zugunsten der Purkersdorfer Parteiorganisation als Legat zugunsten der KPÖ als deren Trägerorganisation zu werten.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht einem dagegen erhobenen Rekurs der Republik Österreich statt und änderte die erstinstanzliche Entscheidung im Sinne der Zurückweisung der Erbserklärung der KPÖ ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass der Erblasser durch den Verkauf seiner Liegenschaft das zugunsten der KPÖ ausgesetzte Legat widerrufen habe, sodass die KPÖ nicht mehr als Legatarin anzusehen sei. Die sonstigen in der letztwilligen Verfügung des Erblasser genannten Vermögensgegenstände habe er nicht der KPÖ, sondern deren Purkersdorfer Parteiorganisation vermacht. Daraus sei ersichtlich, dass er zwei verschiedene Vermächtnisnehmer beteilen habe wollen. Damit könne aber - unabhängig davon, ob der Purkersdorfer Parteiorganisation Rechtspersönlichkeit zukomme - der KPÖ als Gesamtpartei nicht die Stellung als Legatarin und damit auch nicht das Subsidiarerbrecht nach § 726 ABGB zukommen.Das Rekursgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass der Erblasser durch den Verkauf seiner Liegenschaft das zugunsten der KPÖ ausgesetzte Legat widerrufen habe, sodass die KPÖ nicht mehr als Legatarin anzusehen sei. Die sonstigen in der letztwilligen Verfügung des Erblasser genannten Vermögensgegenstände habe er nicht der KPÖ, sondern deren Purkersdorfer Parteiorganisation vermacht. Daraus sei ersichtlich, dass er zwei verschiedene Vermächtnisnehmer beteilen habe wollen. Damit könne aber - unabhängig davon, ob der Purkersdorfer Parteiorganisation Rechtspersönlichkeit zukomme - der KPÖ als Gesamtpartei nicht die Stellung als Legatarin und damit auch nicht das Subsidiarerbrecht nach Paragraph 726, ABGB zukommen.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil sich Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht stellten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der KPÖ wegen Nichtigkeit, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen, in eventu, dem Erstgericht die Fortführung des Verlassenschaftsverfahrens aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die zweite Instanz mit ihrer Rechtsauffassung, die KPÖ sei im Hinblick auf das der Purkersdorfer Parteiorganisation ausgesetzte Vermächtnis auch dann nicht als Vermächtnisnehmerin anzusehen, wenn der Purkersdorfer Parteiorganisation keine Rechtspersönlichkeit zukomme, die Rechtslage verkannt hat. Wäre nämlich die KPÖ - wie sie behauptet - Rechtsträger der Purkersdorfer Parteiorganisation der KPÖ (zu den Voraussetzungen der Rechtspersönlichkeit einer Teilorganisation einer politischen Partei, die bei der Unabhängigkeitserklärung vom 27. 4. 1945, StGBl 1/1945, mitgewirkt hat, vgl SZ 62/1), so wäre sie hinsichtlich des die oben beschriebenen beweglichen Vermögensgegenstände betreffenden Vermächtnisses als Vermächtnisnehmer anzusehen. Der gegenteilige Standpunkt ist nicht vertretbar, weil er darauf hinauslaufen würde, dass das vom Erblasser ausgesetzte Vermächtnis trotz des darin klar zum Ausdruck gebrachten Zuwendungswillens des Erblassers mangels eines rechtsfähigen Begünstigten unwirksam wäre.Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil die zweite Instanz mit ihrer Rechtsauffassung, die KPÖ sei im Hinblick auf das der Purkersdorfer Parteiorganisation ausgesetzte Vermächtnis auch dann nicht als Vermächtnisnehmerin anzusehen, wenn der Purkersdorfer Parteiorganisation keine Rechtspersönlichkeit zukomme, die Rechtslage verkannt hat. Wäre nämlich die KPÖ - wie sie behauptet - Rechtsträger der Purkersdorfer Parteiorganisation der KPÖ (zu den Voraussetzungen der Rechtspersönlichkeit einer Teilorganisation einer politischen Partei, die bei der Unabhängigkeitserklärung vom 27. 4. 1945, StGBl 1/1945, mitgewirkt hat, vergleiche SZ 62/1), so wäre sie hinsichtlich des die oben beschriebenen beweglichen Vermögensgegenstände betreffenden Vermächtnisses als Vermächtnisnehmer anzusehen. Der gegenteilige Standpunkt ist nicht vertretbar, weil er darauf hinauslaufen würde, dass das vom Erblasser ausgesetzte Vermächtnis trotz des darin klar zum Ausdruck gebrachten Zuwendungswillens des Erblassers mangels eines rechtsfähigen Begünstigten unwirksam wäre.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist im Ergebnis auch berechtigt.

Aus Anlass des aus den angeführten Gründen zulässigen Rechtsmittels ist aufzugreifen, dass der Rekurs der Republik Österreich gegen den erstgerichtlichen Beschluss über die Annahme der Erbserklärung der KPÖ nicht zulässig ist.

Ab wann der Republik Österreich im Hinblick auf ihr Heimfallsrecht eine Einflussnahme auf das Verlassenschaftsverfahren möglich ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach herrschender Auffassung hat sie erst dann Parteistellung und Rechtsmittellegitimation, wenn die Voraussetzungen des Heimfalls schon klargestellt sind. Ob eine Verlassenschaft erblos ist, hat allein das Gericht zu beurteilen. Solange es - selbst nach der Durchführung des Verfahrens gemäß § 128 AußStrG - die Voraussetzung für eine Erbloserklärung nicht für gegeben erachtet, ist es der Finanzprokuratur verwehrt, in das Verfahren einzugreifen und auf eine für sie günstige Lösung dieser Frage hinzuwirken. Demgemäß wurde von der Rechtsprechung wiederholt ein Rekursrecht der Finanzprokuratur gegen Beschlüsse, mit denen eine Erbserklärung zu Gericht angenommen und ein Erbrecht als ausgewiesen erachtet wurde, verneint (SZ 55/165; SZ 46/130 uva; RIS-Justiz RS0006692, RS0006717; zuletzt SZ 62/92; Welser in Rummel, ABGB2, Rz 6 f zu § 760; Eccher in Schwimann, ABGB III2 Rz 4 zu § 760; aM lediglich Deixler-Hübner, Das Heimfallsrecht an Nachlässen, BeitrZPR III 1 ff [19 ff]).Ab wann der Republik Österreich im Hinblick auf ihr Heimfallsrecht eine Einflussnahme auf das Verlassenschaftsverfahren möglich ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Nach herrschender Auffassung hat sie erst dann Parteistellung und Rechtsmittellegitimation, wenn die Voraussetzungen des Heimfalls schon klargestellt sind. Ob eine Verlassenschaft erblos ist, hat allein das Gericht zu beurteilen. Solange es - selbst nach der Durchführung des Verfahrens gemäß Paragraph 128, AußStrG - die Voraussetzung für eine Erbloserklärung nicht für gegeben erachtet, ist es der Finanzprokuratur verwehrt, in das Verfahren einzugreifen und auf eine für sie günstige Lösung dieser Frage hinzuwirken. Demgemäß wurde von der Rechtsprechung wiederholt ein Rekursrecht der Finanzprokuratur gegen Beschlüsse, mit denen eine Erbserklärung zu Gericht angenommen und ein Erbrecht als ausgewiesen erachtet wurde, verneint (SZ 55/165; SZ 46/130 uva; RIS-Justiz RS0006692, RS0006717; zuletzt SZ 62/92; Welser in Rummel, ABGB2, Rz 6 f zu Paragraph 760 ;, Eccher in Schwimann, ABGB III2 Rz 4 zu Paragraph 760 ;, aM lediglich Deixler-Hübner, Das Heimfallsrecht an Nachlässen, BeitrZPR römisch III 1 ff [19 ff]).

In der Entscheidung EvBl 1986/12 hat der Oberste Gerichtshof die Rekurslegitimation der Finanzprokuratur gegen einen Beschluss auf Annahme einer Erbserklärung bejaht, allerdings mit der Begründung, dass aufgrund der Besonderheiten des Anlassfalles "zweifelsfrei" (und zwar aus rechtlichen Überlegungen) feststehe, dass die in erster Instanz angenommene Erbserklärung nie zu einer Einantwortung führen könne. Eine dem vergleichbare Situation liegt aber hier nicht vor. Für den hier zu beurteilenden Fall besteht daher kein Anlass, von der oben dargestellten, von der überwiegenden Lehre gebilligten Rechtsprechung abzugehen (der gegenteiligen Meinung Deixler-Hübners ist nicht zu folgen; vor allem ihre Berufung auf den Gleichheitsgrundsatz überzeugt nicht, weil nach herrschender Auffassung die Republik Österreich bei Ausübung des Heimfallsrechtes eben nicht Erbin ist [EvBl 1974/102; SZ 62/92; RIS-Justiz RS0006692] und im Übrigen der subsidiäre Charakter des Heimfallsrechtes die von Deixler-Hübner kritisierte Ungleichbehandlung rechtfertigt).

Die Finanzprokuratur war daher nicht berechtigt, den erstgerichtlichen Beschluss über die Annahme der Erbserklärung der KPÖ anzufechten, sodass in Stattgebung des Revisionsrekurses die zweitinstanzliche Entscheidung iS der Zurückweisung des Rekurses abzuändern war.

Dem Fiskus bleibt es - erforderlichenfalls - unbenommen, seine Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg mit einer der Erbschaftsklage nachgebildeten Heimfälligkeitsklage geltend zu machen (SZ 55/165 mwN; Welser, aaO, Rz 6 zu § 760; Eccher, aaO, Rz 5 zu § 760).Dem Fiskus bleibt es - erforderlichenfalls - unbenommen, seine Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg mit einer der Erbschaftsklage nachgebildeten Heimfälligkeitsklage geltend zu machen (SZ 55/165 mwN; Welser, aaO, Rz 6 zu Paragraph 760 ;, Eccher, aaO, Rz 5 zu Paragraph 760,).

Anmerkung

E59376 08A02380

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0080OB00238.00H.0928.000

Dokumentnummer

JJT_20000928_OGH0002_0080OB00238_00H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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