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21/01 Handelsrecht;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde der F GmbH & Co KG in F, vertreten durch die Bertl - Fattinger & Partner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in 8010 Graz, Schubertstraße 62, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 8. Juli 2004, GZ. RV/0010- G/04, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die F GmbH wurde mit Stichtag 31. Dezember 2002 gemäß Art. II UmgrStG in die beschwerdeführende GmbH & Co KG (in der Folge: Beschwerdeführerin) umgewandelt.
Bei der Verteilung des Bilanzgewinnes des Jahres 1998 wurde beschlossen, eine Ausschüttung vorzunehmen, mit der sämtliche in der Bilanz per 31. Dezember 1998 ausgewiesenen "Gewinnvorträge und unversteuerte Rücklagen" abgedeckt werden sollten. Mit Umlaufbeschluss vom 24. Februar 2000 wurde für diese Gewinnausschüttung an die Gesellschafter eine Darlehensaufnahme in Höhe von S 14 Mio. einstimmig beschlossen. Die damit zusammenhängenden Zinsaufwendungen wurden im Rechenwerk als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung gebucht und bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinnes berücksichtigt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit dieser Kreditaufnahme nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Die belangte Behörde führte dazu im Erwägungsteil aus, nach § 8 Abs. 2 KStG 1988 sei es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet werde. Dies bedeute, dass Maßnahmen der Einkommensverwendung, wie die Gewinnverteilung, das Einkommen von Körperschaften nicht mindern dürften. Ebenso wie im Einkommensteuerrecht gelte also auch im Körperschaftsteuerrecht das Prinzip der Unbeachtlichkeit der Einkommensverwendung. § 8 KStG 1988 diene der allgemeinen Abgrenzung zwischen der steuerrelevanten Sphäre einer Körperschaft von der steuerlich nicht relevanten Sphäre. Wie das Einkommen der Körperschaft zu ermitteln sei, bestimme sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und dem Körperschaftsteuergesetz 1988. Nach § 4 Abs. 4 EStG 1988 seien Betriebsausgaben Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst seien. Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung von Gewinnausschüttungen stünden nicht mit Betriebsausgaben im Zusammenhang und seien daher nicht abzugsfähig. Sie seien als Kosten zu werten, die mit der Einkommensverwendung und damit der steuerlich nicht relevanten Sphäre der Gesellschaft im Zusammenhang stehen und als solche durch die Bestimmung des § 8 Abs. 2 KStG 1988 ausdrücklich von der Ermittlung des Einkommens ausgenommen worden seien.
Den Hinweis der Beschwerdeführerin, dass § 11 Abs. 1 Z. 1 KStG 1988 für Fälle der Kapitalbeschaffung ausdrücklich den Betriebsausgabencharakter von damit zusammenhängenden Ausgaben normiere und es nicht einzusehen sei, dass bei der offenen Gewinnausschüttung die Abzugsfähigkeit von Fremdfinanzierungskosten verneint werde, sei entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber durch die Nichteinbeziehung dieser Kosten in eine gesetzliche Ausnahmeregelung die Abzugsfähigkeit derselben nicht beabsichtigte.
Mit dem Hinweis der Beschwerdeführerin, dass sie die freie Wahl habe, den Betrieb mit Eigen- oder Fremdmitteln zu finanzieren, übersehe die Beschwerdeführerin, dass die Rechtsprechung die Zuordnungsindifferenz von Verbindlichkeiten ausdrücklich ablehne. Im Beschwerdefall sei mit dem Darlehen erst die Gewinnausschüttung möglich geworden. Das Darlehen habe sich zum Zeitpunkt der Aufnahme also nicht als Ersatz von abgegangenem Eigenkapital dargestellt. Das Darlehen sei auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise für nichts anderes als für die Finanzierung der Gewinnausschüttung aufgenommen worden und stehe somit mit der Einkommensverwendung in ursächlichem Zusammenhang.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Nach § 7 Abs. 2 KStG 1988 (in der im Streitjahr geltenden Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 EStG 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4) und des Freibetrages für begünstigte Zwecke (§ 23). Wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und diesem Bundesgesetz.
Durch § 7 Abs. 2 KStG 1988 werden u.a. die einkommensteuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung in den Bereich der Körperschaftsteuer übernommen.
§ 8 KStG 1988 ordnet im Abs. 2 an, dass es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung ist, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt, entnommen oder in anderer Weise verwendet wird. Der mit "Abzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben" übertitelte § 11 KStG 1988 sieht im Abs. 1 Z. 1 vor, dass bei der Gewinnermittlung auch Aufwendungen als Betriebsausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 gelten, und zwar bei unter § 7 Abs. 3 fallenden Steuerpflichtigen die von ihnen zu tragenden Aufwendungen, soweit sie mit Einlagen und Beiträgen (§ 8 Abs. 1) in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Dem gegenüber sieht der mit "Nicht abzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben" überschriebene § 12 leg. cit. vor, dass bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen die Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflichtigen, die durch Stiftung, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind (Z. 1).
Eine Fremdmittelaufnahme ist dann i.S.d. § 4 Abs. 1 und 4 EStG 1988 betrieblich veranlasst - und führt damit zu abzugsfähigen Fremdmittelkosten - wenn die aufgenommenen Mittel für betriebliche Zwecke Verwendung finden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. September 1999, 99/15/0106, 0107, und vom 23. April 2001, 2001/14/0044). Fremdmittel, die der Finanzierung einkommensteuerlicher Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG 1988 dienen, sind nicht betrieblich veranlasst. Eine Fremdmittelschuld gehört dann zum Betriebsvermögen, wenn Fremdmittel betrieblichen Einsatz gefunden haben.
Dem Beschwerdefall liegt die im Jahr 2000 getätigte Ausschüttung des Bilanzgewinnes 1998 einer GmbH zu Grunde. Diese Gewinnausschüttung ist mit einem Darlehen in Höhe von S 14 Mio. finanziert worden. Strittig ist, ob (bzw. in welchem Ausmaß) die Darlehenszinsen zu Betriebsausgaben führen.
Nach § 82 Abs. 1 GmbHG können die Gesellschafter ihre Stammeinlagen nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist.
Jeder Gesellschafter hat sohin grundsätzlich das Recht auf Ausschüttung des Gewinnes (vgl. Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 433).
Gewinnausschüttungen von Körperschaften beeinflussen gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 das Einkommen der Körperschaft nicht. Dies ergibt sich schon aus dem System der Einkommensbesteuerung von Körperschaften, würde doch im Falle eines Abzuges des Gewinnes grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlage verbleiben. Für offene Ausschüttungen folgt aus § 82 Abs. 1 GmbHG der Anspruch der Gesellschafter auf den Bilanzgewinn. Die Gewinnausschüttung stellt zwar eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar; ihr kommt allerdings eine Sonderstellung zu: ohne den Anspruch auf Gewinnausschüttung würde auch die Kapitalzufuhr für den betrieblichen Bereich der Körperschaft unterbleiben. Sie steht damit in Zusammenhang mit der Kapitalüberlassung durch die von der den Betrieb führenden Körperschaft zu unterscheidenden Gesellschafter.
Die Gewinnausschüttung steht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb, gilt sie doch die durch die Gesellschafter erbrachte Kapitalüberlassung ab. Zwar bedingt es das System einer Körperschaftsbesteuerung, die Ausschüttung des Gewinnes an sich von jeder Auswirkung auf das Einkommen der Körperschaft auszuschließen, solches gilt aber nur für den Gewinn bzw. die Gewinnausschüttung an sich, nicht aber für die Aufwendungen der Fremdfinanzierung der Gewinnausschüttung. Die Fremdfinanzierung steht in Zusammenhang mit dem Anspruch der das Kapital überlassenden Gesellschafter auf Auszahlung des Gewinnes. Es spricht daher nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nichts dagegen, die Finanzierungsentscheidung zur Befriedigung des Anspruches auf Gewinnausschüttung (Finanzierung der Zahlung durch Eigen- oder Fremdmittel) im betrieblichen Bereich zu belassen. Im Falle einer Fremdfinanzierung stellen die Zinsen Betriebsausgaben dar.
Zu einem anderen Ergebnis führt die Fremdfinanzierung der Zurücknahme der überlassenen Mittel, nämlich die fremdfinanzierte Einlagenrückzahlung i.S.d. § 4 Abs. 12 EStG 1988 an den Gesellschafter als contrarius actus zur Einlagengewährung:
Wird Stammkapital einer Kapitalgesellschaft herabgesetzt und zurückgewährt, liegt der Fall einer Einlagenrückzahlung vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1984, 83/14/0130). Im Erkenntnis vom 19. Februar 1991, 87/14/0136, hat der Verwaltungsgerichtshof trotz des Fehlens eines Kapitalherabsetzungsbeschlusses eine handelsrechtliche Gewinnausschüttung als Einlagenrückzahlung gewertet, weil die Gesellschaft Gewinne noch niemals erwirtschaftet hatte. Im Erkenntnis vom 11. August 1993, 91/13/0005, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, einer Kapitalherabsetzung komme nur im Rahmen der Beweiswürdigung Bedeutung zu, weil sie in qualifizierte Weise die Vermutung rechtfertige, dass im Einzelfall tatsächlich Einlagen und nicht erwirtschaftete Gewinne ausgeschüttet werden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1993, 91/13/0011).
Den eben zitierten Erkenntnissen liegt die Auffassung zu Grunde, dass auch unabhängig von einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalherabsetzung eine Rückzahlung von eingelegtem Kapital erfolgen könne, dass aber im Einzelfall entsprechende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen seien. Die für die Sachverhaltsfeststellung maßgebliche Beweislage hat sich seit dem Inkrafttreten des Rechnungslegungsgesetzes geändert, weil dieses in der Handelsbilanz den Ausweis der Einlagen als Kapitalrücklagen vorsieht (§ 229 Abs. 2 HGB). Seither kann im Einzelfall der Nachweis geführt werden, ob erwirtschaftete Gewinne oder eingezahltes Kapital zur Ausschüttung gelangt (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz. 1 zu § 4 Abs. 12 EStG 1988). Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 hat der Gesetzgeber in § 4 Abs. 12 EStG 1988 Regelungen über die Einlagenrückzahlung getroffen.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes führt die Fremdfinanzierung einer Einlagenrückzahlung nicht zu Betriebsausgaben. Während mit der Ausschüttung des erwirtschafteten Gewinnes die Überlassung von Kapital durch einen Gesellschafter abgegolten wird und insofern ein betrieblicher Zusammenhang angenommen werden kann, stellt die Rückgewährung des überlassenen Kapital eine reine gesellschaftsrechtliche Maßnahme dar, deren Fremdfinanzierung, wie die Fremdfinanzierung einer Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG 1988, nicht zu Betriebsausgaben führt.
Die belangte Behörde hat in Verkennung der Rechtslage den Betriebsausgabenabzug für die Fremdfinanzierung der Ausschüttung von vornherein abgelehnt. Auf der Grundlage ihrer unrichtigen Rechtsauffassung hat sie nicht geprüft, ob allenfalls ein Teil der Gewinnausschüttung auf Einlagenrückzahlungen zurückzuführen ist und in welchem Ausmaß Fremdkapitalzinsen eben diesem Teil zuzuordnen sind.
Die belangte Behörde hat damit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004150122.X00Im RIS seit
07.02.2007Zuletzt aktualisiert am
20.07.2016