Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Derbolav als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Pöschl und Dr. Jesionek in der Rechtssache der klagenden Partei W*****, vertreten durch Dr. G*****, Rechtsanwalt in Wien, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei P*****, vertreten durch S*****, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. H*****, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 3,643.825,-- s.A., infolge des Rekurses der Nebenintervenientin gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 19.7.2000, 12 Cg 60/99i-30, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Der Revisionsrekurs ist zulässig.
Text
Begründung:
Die klagende Partei verkündete der P***** den Streit und forderte sie auf, auf Seiten der klagenden Partei als Nebenintervenientin beizutreten, da sie im Auftrag der klagenden Partei Messungen zum Zweck der Fehlereingrenzung durchgeführt habe. Sollte der von der P***** dafür in Rechnung gestellte Aufwand überhöht sein, hätte die klagende Partei nämlich entsprechende Regressansprüche gegen sie. Die P***** erklärte hierauf ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei und brachte dazu vor, die Rechnung, die von der beklagten Partei bestritten werde, sei nicht von ihr, sondern von der Ö***** für von dieser Gesellschaft erbrachte Leistungen erstellt worden. Sollten die Gerichte die Unangemessenheit der betreffenden Leistungen feststellen, was von ihr jedoch ausdrücklich bestritten werde, und den Regressanspruch gegen die Ö***** bejahen, werde auch die Haftung der P***** für Verbindlichkeiten der Ö***** bestritten. Die klagende Partei gehe offensichtlich davon aus, dass die Nebenintervenientin im Hinblick auf den Erwerb bestimmter Warenvorräte und bestimmter Ausrüstungsgegenstände sowie die Übernahme einiger Verträge von der Ö***** gemäß § 1409 ABGB oder § 25 HGB Mitschuldner dieser Gesellschaft geworden sei. Da die P***** von der Österreichischen Kabelwerke GmbH weder ein Unternehmen, noch Vermögen erworben habe und auch nicht deren Firma fortführe, liege weder eine Haftung nach § 1409 ABGB, noch nach § 25 HGB vor. Sollten jedoch die Gerichte der Rechtsauffassung der klagenden Partei folgen, wäre sie regresspflichtig, aber bereits potentiell Regresspflichtige hätten über Vorfragen der Regresspflicht ein rechtliches Interesse im Sinn des § 17 Abs.1 ZPO.Die klagende Partei verkündete der P***** den Streit und forderte sie auf, auf Seiten der klagenden Partei als Nebenintervenientin beizutreten, da sie im Auftrag der klagenden Partei Messungen zum Zweck der Fehlereingrenzung durchgeführt habe. Sollte der von der P***** dafür in Rechnung gestellte Aufwand überhöht sein, hätte die klagende Partei nämlich entsprechende Regressansprüche gegen sie. Die P***** erklärte hierauf ihren Beitritt als Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei und brachte dazu vor, die Rechnung, die von der beklagten Partei bestritten werde, sei nicht von ihr, sondern von der Ö***** für von dieser Gesellschaft erbrachte Leistungen erstellt worden. Sollten die Gerichte die Unangemessenheit der betreffenden Leistungen feststellen, was von ihr jedoch ausdrücklich bestritten werde, und den Regressanspruch gegen die Ö***** bejahen, werde auch die Haftung der P***** für Verbindlichkeiten der Ö***** bestritten. Die klagende Partei gehe offensichtlich davon aus, dass die Nebenintervenientin im Hinblick auf den Erwerb bestimmter Warenvorräte und bestimmter Ausrüstungsgegenstände sowie die Übernahme einiger Verträge von der Ö***** gemäß Paragraph 1409, ABGB oder Paragraph 25, HGB Mitschuldner dieser Gesellschaft geworden sei. Da die P***** von der Österreichischen Kabelwerke GmbH weder ein Unternehmen, noch Vermögen erworben habe und auch nicht deren Firma fortführe, liege weder eine Haftung nach Paragraph 1409, ABGB, noch nach Paragraph 25, HGB vor. Sollten jedoch die Gerichte der Rechtsauffassung der klagenden Partei folgen, wäre sie regresspflichtig, aber bereits potentiell Regresspflichtige hätten über Vorfragen der Regresspflicht ein rechtliches Interesse im Sinn des Paragraph 17, Absatz , ZPO.
In der Tagsatzung vom 19.7.2000 sprach sich die beklagte Partei gegen die Zulassung der Nebenintervenientin aus, da ihr ein rechtliches Interesse mangle. Nach eigenem Vorbringen sei sie nicht Rechtsnachfolgerin der von der klagenden Partei zur Schadensbehebung beauftragten Ö*****. Die klagende Partei erklärte, dass der Auftrag zur Schadensbehebung an die Ö***** ergangen sei, bei der Streitverkündung an die P***** sei sie davon ausgegangen, dass dieses Unternehmen für Schulden der Ö***** hafte, allfällige Regressansprüche würden sehr wohl an sie gerichtet werden müssen. Hierauf verkündete das Erstgericht den Beschluss, die Nebenintervention der P***** nicht zuzulassen.
Die Nebenintervenientin beantragte Beschlussausfertigung. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Rekurs der Nebenintervenientin.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurswerberin führt in ihrem Rekurs zwar an, dass ihr die Beschlussausfertigung am 4.9.2000 zugestellt wurde, berichtigte dies in der Folge aber dahin, dass ihr nicht eine Beschlussausfertigung, sondern nur das Verhandlungsprotokoll vom 19.7.2000, in dem dieser Beschluss protokolliert ist, zugestellt wurde. Tatsächlich ist die Zustellung einer Beschlussausfertigung an die Rekurswerberin bisher nicht erfolgt.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob der Rekurs zulässig ist. Nach Entscheidung des OGH vom 29.4.1946, SZ 21/2 könne es dem durch eine Entscheidung Beschwerten, wenn diese bereits in der mündlichen Verhandlung verkündet wurde und daher das Gericht bindet, nicht verwehrt werden, noch vor Zustellung dieser bereits vorliegenden Entscheidung ein Rechtsmittel einzubringen. Dieses Recht werde ihm auch im Gesetz nirgends abgesprochen.
Dagegen ist Folgendes einzuwenden: Gemäß § 426 Abs.1 ZPO sind alle während der Verhandlung gefassten Beschlüsse zu verkünden. Diese Beschlüsse sind den bei der Verkündung anwesenden Parteien in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen, wenn einer Partei ein Rechtsmittel gegen den Beschluss zusteht. Beschlüsse über widerstreitende Anträge und Beschlüsse, durch welche ein Antrag abgewiesen wird, müssen nach § 428 Abs.1 begründet werden. Dies bedeutet aber, dass erst nach Zustellung einer solchen schriftlichen und begründeten Ausfertigung der Beschwerte imstande ist, ein umfassendes und zielführendes Rechtsmittel auszuführen. Es ist nämlich zu bedenken, dass das Gericht in der schriftlichen Ausfertigung andere oder zusätzliche Gründe als bei der Verkündung der Entscheidung anführen kann. Es würde aber dem Grundsatz des Art.6 MRK, wonach jedermann Anspruch darauf hat, dass seine Sache in billiger Weise gehört wird (fair trial) widersprechen, wenn man dem Beschwerten Erwiderungen auf diese für ihn bisher unbekannten Argumente des Gerichtes mit der Begründung verweigern würde, dass jedes Rechtsmittel nur in einem Schriftsatz überreicht werden dürfe, dieses Recht aber durch das Rechtsmittel gegen die mündlich verkündete Entscheidung bereits konsumiert sei, wie dies den Entscheidungen vom 26.10.1960 SZ 28/34 und JBl.1961, 326 zu entnehmen ist.Dagegen ist Folgendes einzuwenden: Gemäß Paragraph 426, Absatz , ZPO sind alle während der Verhandlung gefassten Beschlüsse zu verkünden. Diese Beschlüsse sind den bei der Verkündung anwesenden Parteien in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen, wenn einer Partei ein Rechtsmittel gegen den Beschluss zusteht. Beschlüsse über widerstreitende Anträge und Beschlüsse, durch welche ein Antrag abgewiesen wird, müssen nach Paragraph 428, Absatz , begründet werden. Dies bedeutet aber, dass erst nach Zustellung einer solchen schriftlichen und begründeten Ausfertigung der Beschwerte imstande ist, ein umfassendes und zielführendes Rechtsmittel auszuführen. Es ist nämlich zu bedenken, dass das Gericht in der schriftlichen Ausfertigung andere oder zusätzliche Gründe als bei der Verkündung der Entscheidung anführen kann. Es würde aber dem Grundsatz des Artikel , MRK, wonach jedermann Anspruch darauf hat, dass seine Sache in billiger Weise gehört wird (fair trial) widersprechen, wenn man dem Beschwerten Erwiderungen auf diese für ihn bisher unbekannten Argumente des Gerichtes mit der Begründung verweigern würde, dass jedes Rechtsmittel nur in einem Schriftsatz überreicht werden dürfe, dieses Recht aber durch das Rechtsmittel gegen die mündlich verkündete Entscheidung bereits konsumiert sei, wie dies den Entscheidungen vom 26.10.1960 SZ 28/34 und JBl.1961, 326 zu entnehmen ist.
Wenn aber dem Beschwerten nach Zustellung einer Entscheidung, die ihm in schriftlicher Ausfertigung zugestellt werden muss, jedenfalls ein Rechtsmittel zusteht, fehlt es an einem rechtlichen Interesse, bereits die mündlich verkündete Entscheidung vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung anzufechten. Das Rekursgericht vermag sich daher den Entscheidungen SZ 21/2 und JBl.1961, 326 nicht anzuschließen.
Aus diesem Grund war der Rekurs mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen (SZ 7/353 u.v.a.).
Das Erstgericht wird den angefochtenen Beschluss in schriftlicher Ausfertigung zuzustellen und damit die Rechtsmittelfrist zu eröffnen haben.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof war zuzulassen, da das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00353 4R180.00wEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLGW009:2000:00400R00180.00W.1010.000Dokumentnummer
JJT_20001010_OLGW009_00400R00180_00W0000_000