TE OGH 2000/10/24 10ObS286/00g

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Veröffentlicht am 24.10.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dipl.Ing. Gustav Poinstingl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Winfried Kmenta (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bojan M*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Werner Steinwender und Dr. Christian Mahringer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Mai 2000, GZ 11 Rs 107/00k-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Oktober 1999, GZ 17 Cgs 50/98y-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab dem 1. 12. 1997 die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren; weiters trug es der beklagten Partei bis zur Erlassung eines Bescheides über die Höhe der Pension die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von S 7.000,-- monatlich auf. Es ging davon aus, dass der Kläger eine Mischtätigkeit ausgeübt habe und Berufsschutz im angelernten Mischberuf Steinmetz einerseits und Platten- und Fliesenleger andererseits genieße, diesen oder einen verwandten Beruf aber nicht mehr ausüben könne und daher invalid nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG sei.Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab dem 1. 12. 1997 die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren; weiters trug es der beklagten Partei bis zur Erlassung eines Bescheides über die Höhe der Pension die Erbringung einer vorläufigen Zahlung von S 7.000,-- monatlich auf. Es ging davon aus, dass der Kläger eine Mischtätigkeit ausgeübt habe und Berufsschutz im angelernten Mischberuf Steinmetz einerseits und Platten- und Fliesenleger andererseits genieße, diesen oder einen verwandten Beruf aber nicht mehr ausüben könne und daher invalid nach Paragraph 255, Absatz eins und 2 ASVG sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge. Es teilte in seinen ausführlichen Entscheidungsgründen die Ansicht des Erstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ist nicht berechtigt.

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen in Kürze entgegen zu halten:Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Ergänzend ist den Revisionsausführungen in Kürze entgegen zu halten:

Die beklagte Partei steht auf dem Standpunkt, dass nach den erstgerichtlichen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen nicht davon auszugehen sei, der Kläger könne einen Berufsschutz geltend machen, und zwar weder als Steinmetz noch als Platten- und Fliesenleger. Er habe nur in noch dazu einander überschreitenden Teilbereichen der beiden Lehrberufe gearbeitet und hauptsächlich nur Verlege- und Montagearbeiten durchgeführt.

Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Ein angelernter Beruf iS des § 255 Abs 2 SAVG liegt vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten müssen nicht die eines bestimmten geregelten Lehrberufes sein, allerdings den in einem Lehrberuf erworbenen besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten an Umfang und Qualität entsprechen. Dabei ist nicht der Nachweis des Vorliegens aller Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich, die nach den Ausbildungsvorschriften zum Berufsbild eines Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass ein angelernter Arbeiter über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppen) unter Berücksichtigung einer betriebsüblichen Einschulungszeit verlangt werden. Hingegen reicht es nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein oder mehrere Teilgebiete eines Berufes erstrecken, der von ausgelernten Facharbeitern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 3/70, 4/80, 6/69, 7/108 ua). Dabei ist es durchaus denkbar, dass sich die Tätigkeit eines Versicherten als Mischtätigkeit von Teiltätigkeiten mehrerer Lehrberufe darstellt und der Versicherte aus jedem Lehrberuf zwar nur einzelne Teiltätigkeiten beherrscht, die Summe dieser Teiltätigkeiten jedoch ein Maß erreicht, das die Annahme des Vorliegens von - einem Lehrberuf vergleichbaren - Kenntnissen und Fähigkeiten rechtfertigt (SSV-NF 5/76; 10 ObS 221/96m; 10 ObS 372/98y). Dabei gehört die Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten, über die der Versicherte verfügt, zur Tatfrage, die Beurteilung, ob er in einem angelernten Beruf tätig war, zur rechtlichen Beurteilung (SSV-NF 6/69 ua).Dieser Ansicht kann nicht beigepflichtet werden. Ein angelernter Beruf iS des Paragraph 255, Absatz 2, SAVG liegt vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Diese Kenntnisse und Fähigkeiten müssen nicht die eines bestimmten geregelten Lehrberufes sein, allerdings den in einem Lehrberuf erworbenen besonderen Kenntnissen und Fähigkeiten an Umfang und Qualität entsprechen. Dabei ist nicht der Nachweis des Vorliegens aller Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich, die nach den Ausbildungsvorschriften zum Berufsbild eines Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass ein angelernter Arbeiter über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von ausgelernten Facharbeitern des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppen) unter Berücksichtigung einer betriebsüblichen Einschulungszeit verlangt werden. Hingegen reicht es nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten auf ein oder mehrere Teilgebiete eines Berufes erstrecken, der von ausgelernten Facharbeitern allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (SSV-NF 3/70, 4/80, 6/69, 7/108 ua). Dabei ist es durchaus denkbar, dass sich die Tätigkeit eines Versicherten als Mischtätigkeit von Teiltätigkeiten mehrerer Lehrberufe darstellt und der Versicherte aus jedem Lehrberuf zwar nur einzelne Teiltätigkeiten beherrscht, die Summe dieser Teiltätigkeiten jedoch ein Maß erreicht, das die Annahme des Vorliegens von - einem Lehrberuf vergleichbaren - Kenntnissen und Fähigkeiten rechtfertigt (SSV-NF 5/76; 10 ObS 221/96m; 10 ObS 372/98y). Dabei gehört die Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten, über die der Versicherte verfügt, zur Tatfrage, die Beurteilung, ob er in einem angelernten Beruf tätig war, zur rechtlichen Beurteilung (SSV-NF 6/69 ua).

Wie das Berufungsgericht überzeugend dargelegt hat, liegen im Fall des Klägers solche qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten in Teilbereichen der beiden genannten Lehrberufe vor, die insgesamt die Qualifikation eines gelernten Arbeiters erreichen, weshalb es (anders als in dem vom Sachverhalt her nicht vergleichbaren Fall der Entscheidung 10 ObS 73/00h) auch nicht schadet, dass der Kläger etwa im Bereich des Lehrberufes Steinmetz selbst keine Grabsteine und Grabeinfassungen hergestellt hat oder im Bereich des Lehrberufes Platten- und Fliesenleger die Erzeugung von Kunststein nicht beherrscht; dem Fehlen solcher Kenntnisse kann hier keine entscheidende Bedeutung zukommen (vgl SSV-NF 7/108; 10 ObS 260/00h).Wie das Berufungsgericht überzeugend dargelegt hat, liegen im Fall des Klägers solche qualifizierten Kenntnisse und Fähigkeiten in Teilbereichen der beiden genannten Lehrberufe vor, die insgesamt die Qualifikation eines gelernten Arbeiters erreichen, weshalb es (anders als in dem vom Sachverhalt her nicht vergleichbaren Fall der Entscheidung 10 ObS 73/00h) auch nicht schadet, dass der Kläger etwa im Bereich des Lehrberufes Steinmetz selbst keine Grabsteine und Grabeinfassungen hergestellt hat oder im Bereich des Lehrberufes Platten- und Fliesenleger die Erzeugung von Kunststein nicht beherrscht; dem Fehlen solcher Kenntnisse kann hier keine entscheidende Bedeutung zukommen vergleiche SSV-NF 7/108; 10 ObS 260/00h).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, ASGG.

Anmerkung

E59950 10C02860

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00286.00G.1024.000

Dokumentnummer

JJT_20001024_OGH0002_010OBS00286_00G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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