TE OGH 2000/10/24 1Ob140/00w

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Veröffentlicht am 24.10.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Republik Österreich (Heeresverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 239.416,97 sA und S 446.575,75 sA, infolge außerordentlicher und ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Februar 2000, GZ 1 R 269/99g-27 idF des Beschlusses gemäß § 508 Abs 1 ZPO vom 14. April 2000 und des Berichtigungsbeschlusses vom 26. April 2000, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. August 1999, GZ 27 Cg 158/98k-15 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Oktober 1999, GZ 27 Cg 158/98k-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Republik Österreich (Heeresverwaltung), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei I***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 239.416,97 sA und S 446.575,75 sA, infolge außerordentlicher und ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 17. Februar 2000, GZ 1 R 269/99g-27 in der Fassung des Beschlusses gemäß § 508 Abs 1 ZPO vom 14. April 2000 und des Berichtigungsbeschlusses vom 26. April 2000, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 25. August 1999, GZ 27 Cg 158/98k-15 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Oktober 1999, GZ 27 Cg 158/98k-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der beiden Revisionen der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 18.015 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 13. 5. 1993 erteilte das Bundesministerium für Landesverteidigung der Beklagten den Zuschlag unter anderem für die Lieferung von 148.548 Dosen Fleischschmalz, handelsüblich 1/10-Dose ohne Aufreissverschuss, Füllgewicht 85 g, handelsüblich verpackt, garantierte Haltbarkeit (empfohlene Aufbrauchsfrist) Ende 1997, gemäß den "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven". Der Einzelpreis betrug S 4,02 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Die Lieferung der von diesem Zuschlag umfassten Fleischschmalzkonserven erfolgte im September 1993.

Die "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven" enthalten unter anderem folgenden Bestimmung:

"5. Gewährleistungsfrist: 4 Jahre beginnend mit dem der Produktion folgenden 1. Jänner. Die empfohlene Aufbrauchsfrist (Kennzeichnung auf der Dose zB Ende 1997) endet demnach mit Ablauf der Gewährleistungsfrist. Werden innerhalb der Gewährleistungsfrist festgestellte Mängel vom Auftragnehmer als solche nicht anerkannt, entscheiden darüber die Bundesanstalten für Lebensmitteluntersuchung."

In einer Beilage zu den "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven" wird festgelegt, dass der Auftragnehmer ein Qualitätssicherungssystem zu unterhalten und geeignete Qualitätssicherungsmaßnahmen zu treffen habe, damit nur vertragsgemäße Leistungen zur Prüfung vorgestellt bzw geliefert werden. Das System habe sicherzustellen, dass die Qualitätsfestlegungen für alle Phasen der Herstellung einschließlich der Materialbeschaffung erfolgt seien und während dieser Phasen eingehalten werden. Das System solle die frühzeitige Feststellung von Fehlern sowie rechtzeitige und wirksame Korrekturmaßnahmen gewährleisten. Nachweise über die Durchführung der vertragsbezogenen Qualitätssicherungsmaßnahmen haben dem amtlichen Prüfer dann während der Vertragsabwicklung zur Verfügung zu stehen.

Am 28. 9. 1994 erteilte das Bundesministerium für Landesverteidigung der Beklagten den Zuschlag für die Lieferung von 150.000 Dosen Fleischschmalz, handelsüblich 1/10-Dose ohne Aufreissverschluss, Füllgewicht 80 g, garantierte Haltbarkeit (mindestens bis Ende 1998) gemäß der "Technischen Spezifikation für Fleischschmalz (Vollkonserve)". Der Stückpreis betrug S 3,97 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer. Die Lieferung der von diesem Zuschlag umfassten Fleischschmalzkonserven erfolgte am 1. 12. 1994.

Die am 16. Mai 1994 in Kraft getretene "Technische Spezifikation für Fleischschmalz (Vollkonserve)" enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

"Punkt 1.7

Der Auftragnehmer verpflichtet sich zur Einhaltung aller in Österreich geltenden gesetzlichen Bestimmungen und gewährleistet, dass das Produkt den diesbezüglichen österreichischen gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Das Produkt muss ohne weitere Genehmigung verwendet werden können, sofern nicht in dieser TS oder im Vertrag ausdrücklich eine Abweichung gewünscht wird;

Punkt 2.1.3.

Haltbarkeit:

Die Mindesthaltbarkeitsfrist beginnt mit dem der Produktion folgenden 1. Jänner und dauert 4 Jahre.

Punkt 2.1.5. Werkstoffe, Korrosionsschutz und Oberflächen:

Sämtliche mit dem Lebensmittel in Kontakt kommende Materialien dürfen die Beschaffenheit der Fleischschmalzkonserven nicht nachteilig beeinflussen (Lebensmittelechtheit). Ein Nachweis über die Tauglichkeit der Dosenmaterialien zur Herstellung von Fleischkonserven ist bei Anbotlegung zu erbringen.

Die verwendeten Dosen müssen recyclingfähig sein. Bei der Herstellung sind die gesetzlichen Umweltschutzrichtlinien des Erzeugerlandes einzuhalten.

Bei der Herstellung und Lagerung der Dosen dürfen toxische und radioaktive Substanzen nicht entstehen bzw verwendet werden. Dies gilt sinngemäß auch für verwendete Lacke und Druckfarben;

Punkt 2.3.8.1. Gewährleistung:

Die Firma garantiert die Einhaltung der in dieser technischen Spezifikation gestellten Qualitätsforderungen, sowie die Einhaltung der bei Anbotlegung geltenden gesetzlichen Bestimmungen des Bestimmungslandes über einen Zeitraum von 4 Jahren, beginnend mit dem auf die Lieferung folgenden 1. Jänner.

Die mechanischen Eigenschaften der Dose sind über einen Zeitraum von 5 Jahren, beginnend mit dem auf die Lieferung folgenden 1. Jänner, zu garantieren."

Im März 1997 wurden vom Amt der Salzburger Landesregierung, Lebensmittelpolizei, bei verschiedenen Einzelhändlern Fleischschmalzkonserven aus der Produktion der Beklagten beschlagnahmt, wobei Untersuchungen ergaben, dass der darin befindliche BADGE (Bisphenol-A-Diglycidylether)-Wert jeweils über 1 mg/kg lag. Nach dem Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung waren die gezogenen Proben nach § 8 lit d LMG 1975 als verdorben zu beurteilen und unterlagen daher dem Verbot des § 7 Abs 1 lit b erster Fall LMG. Ein gegen den Geschäftsführer der Beklagten deswegen eingeleitetes Strafverfahren wurde am 17. 11. 1997 gemäß § 90 Abs 1 StPO eingestellt. Das die Einziehung der beschlagnahmten Konserven gemäß § 26 Abs 1 StGB anordnende Urteil vom 6. 3. 1998 wurde vom Berufungsgericht aufgehoben. Am 28. 7. 1998 erklärte die Staatsanwaltschaft, sie ziehe den Einziehungsantrag zurück.

Bei der Migration von BADGE handelt es sich um eine generell bei Kunststoffen mögliche Abgabe geringer Mengen von technisch erforderlichen Additiven. Die grundsätzliche Problematik der Migration von BADGE war für Kunststoffe seit 1987 bekannt, wurde jedoch nicht auf die Innenlackierung von Dosen bezogen. Die Migration aus Innenlackierungen von Dosen wurde erstmals wissenschaftlich in einer Arbeit behandelt, die im Juni 1996 beim EU-Scientific Committee for Food eingereicht und im Oktober 1996 veröffentlicht wurde. Die Arbeit basierte auf der Dissertation eines der Mitautoren, die 1995 abgeschlossen und Ende 1995 bekannt geworden war. Die wissenschaftliche Diskussion über BADGE-Kontaminationen in Dosen mit Innenlackierung setzte mit der Veröffentlichung der erstgenannten Arbeit im Herbst 1996 ein. Es kann ausgeschlossen werden, dass vor dem Herbst 1994 bereits die Problematik von BADGE in innenlackierten Dosen bekannt war.

BADGE wird von der Wissenschaft als toxisch beurteilt. Das Kanzerogenitätsrisiko von BADGE wurde durch das Institut für Toxikologie der Eidgenössischen Technischen Hochschule und der Universität Zürich am 1. Juli 1996 unter anderem wie folgt beurteilt:

"1. Ausgangslage:

Sowohl auf Grund der Epoxidstruktur wie auch der experimentellen Resultate (zahlreiche in vitro Mutagenitätstests positiv, in vivo Tests dagegen negativ), lässt sich ein gentoxisches, kanzerogenes Potential vermuten, dessen Stärke jedoch wegen der Epoxid-Hydrolyse in vivo nur aus eigentlichen Langzeit-Kanzerogenesestudien oder allenfalls (unterstützend) aus mechanistischen Arbeiten abgeleitet werden kann. ...

3.3. Aus den Ableitungen in 3.1 und 3.2 ergibt sich, dass langzeitige, tägliche Aufnahmen von weniger als ca 5 mg/Mensch kein nennenswertes oder erhöhtes Krebsrisiko zur Folge haben."

Zur Zeit besteht in Österreich keine verbindliche Festlegung für ein spezifisches Migrationslimit von BADGE aus Lacken. Vom EU-Scientific Committee for Food wurde in seiner Verlautbarung vom 7. Juni 1996 ein spezifisches Migrationslimit für BADGE aus Innenlackierungen von 1 mg/kg - das sämtliche Hydrolyseprodukte einschließt - vorgeschlagen.

Am 21. 3. 1997 richtete die Beklagte ein Schreiben an das Bundesministerium für Landesverteidigung, in dem sie vorschlug, bis zur restlosen Klärung der BADGE-Problematik auch das von der Beklagten gelieferte Fleischschmalz, das von den einzelnen Wirtschaftsstellen regional beschafft worden war, ab sofort zu sperren und nicht auszugeben. Es werde den einzelnen Wirtschaftsstellen freigestellt, diese Ware direkt an die Beklagte zum Austausch zurückzusenden. Aus einem von der Beklagten am 20. 3. 1997 an das Amt der Salzburger Landesregierung gerichteten Schreiben ergibt sich, dass die Beklagte darüber hinaus die zuständige Stelle des Bundesministeriums für Landesverteidigung gebeten habe, die Ausgabe von Fleischschmalz mit der Mindesthaltbarkeitsdauer 1997 und 1998 mit sofortiger Wirkung einzustellen.

Noch am 21. 3. 1997 verfügte das Bundesministerium für Landesverteidigung die Sperre aller von der Beklagten gelieferten Fleischschmalzdosen. Mit Erlass des Bundeskanzleramts vom 5. 8. 1997 wurde festgelegt:

"Die mit der Problematik des BADGE-Gehaltes in Lebensmitteln befasste Codex-Unterkommission 'Schadstoffbelastung bei Lebensmitteln' hat im Juli 1997 beschlossen, dem Plenum der Codex-Kommission vorzuschlagen, den vom EU-Scientific Committee for Food auf Grund neuer toxikologischer Studien empfohlenen, vorläufigen Grenzwert für BADGE in Lebensmitteln, die in Dosen abgefüllt sind, zu übernehmen; daher wäre ein vorläufiger Grenzwert von 1 mg BADGE (einschließlich Hydrolyseprodukte) pro Kilogramm Lebensmittel festzulegen. Die Beurteilung konkreter Produkte erfolgt von den Sachverständigen an den staatlichen Lebensmitteluntersuchungsanstalten (oder von gemäß § 50 LMG 1975 autorisierten Personen)."

Nachdem die Heeresverwaltung mit Erlässen vom 31. 3. 1997 und 3. 4. 1997 die vorhandenen Bestände an Konservendosen der Beklagten gesperrt hatte, ließ sie jene Lieferchargen, die bis Ende 1997 zu verbrauchen waren, von der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und Forschung untersuchen. Dabei stellte sich heraus, dass eine erhebliche Anzahl der eingereichten Dosen den Wert von 1 mg/kg an BADGE überstieg, wobei in dieser Untersuchung die Werte der Hydrolyseprodukte noch nicht beinhaltet waren. Es ergaben sich Werte von 1,46 mg/kg, 3,07 mg/kg, 2,3 mg/kg, 3,13 mg/kg, 1,73 mg/kg, 1,91 mg/kg und 1,9 mg/kg. Aus der Lieferung auf Grund des Zuschlags vom 13. 5. 1993 mit Mindesthaltbarkeitsdauer bis Ende 1997 sind in den Beständen des Bundesheeres noch 44.917 Dosen vorhanden.

Die Lieferung auf Grund des Zuschlags vom 28. 9. 1994 mit einer Mindesthaltbarkeitsdauer bis Ende 1998 wurde im Oktober 1998 untersucht, und es stellten sich - nunmehr einschließlich der Hydrolyseprodukte - BADGE-Werte heraus, die jeweils 3,557 mg/kg nicht unterschritten und bis maximal 9,150 mg/kg reichten. Von 20 untersuchten Proben wiesen nur drei einen BADGE-Gehalt von weniger als 5 mg/kg auf. Aus dieser Lieferung befinden sich noch 89.376 Dosen in den Beständen des Heeres.

Die Beklagte tauschte Konserven, die von der Heeresverwaltung im Einzelhandel bezogen worden waren und erhöhte BADGE-Werte aufwiesen, gegen andere Lebensmittel ihrer Produktion in Höhe desselben Warenwerts um, die Rücknahme bzw den Umtausch der hier strittigen Ware lehnte sie dagegen ab.

Mit ihrer am 25. 6. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises jener noch in Heeresbeständen befindlichen Fleischschmalzkonserven, die auf Grund des Zuschlags vom 3. 5. 1993 mit einer Mindesthaltbarkeitsdauer bis Ende 1997 von der Beklagten angekauft worden waren und den Ersatz der Entsorgungs- und Untersuchungskosten im Gesamtbetrag von S 239.416,97. Mit weiterer am 18. 12. 1998 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Rückzahlung des Kaufpreises für jene noch nicht verbrauchten Konserven, die auf Grund des Zuschlags vom 28. 9. 1994 mit einer Mindesthaltbarkeitsdauer bis Ende 1998 angeschafft worden waren, zuzüglich der Entsorgungs- und Untersuchungskosten von insgesamt S 446.575,75. Die Beklagte habe die Klägerin vom Untersuchungsergebnis informiert und selbst angeregt, Fleischschmalzkonserven der Erstausstattung Verpflegung mit den Ablaufdaten 31. 12. 1997 und 31. 12. 1998 unter Verschluss zu halten. Die Beklagte habe ohne Widerstand 36.526 Dosen Fleischschmalz und 15.719 Dosen Pusztaaufstrich, die bei lokalen Händlern eingekauft worden waren, ausgetauscht, als sich herausgestellt habe, dass diese mit BADGE kontaminiert gewesen seien. Sie habe es jedoch abgelehnt, gleichermaßen auch bei den strittigen, von der Heeresverwaltung zentral angekauften Konserven vorzugehen. Die Klägerin sei berechtigt, die abgeschlossenen Rechtsgeschäfte über die nicht mehr bestimmungsgemäß verwendbaren, noch vorhandenen Konservendosen rückgängig zu machen (zu wandeln), weil die Klägerin bei Vertragssabschluss wie selbstverständlich davon ausgegangen sei, dass die erworbenen Lebensmittel zumindest bis zum garantierten Ablaufdatum einwandfrei und ohne Gesundheitsgefährdung verwendet werden könnten. Dafür habe die Beklagte Gewähr zu leisten, wobei die sechsmonatige Gewährleistungsfrist erst mit dem Ablaufdatum der garantierten Gebrauchsfähigkeit begonnen habe. Auch sei die Geschäftsgrundlage weggefallen, weil die Lebensmittel auf Grund neuer Normen und Empfehlungen nicht mehr dem Verzehr zugeführt werden dürften. Das Klagebegehren werde außerdem auf ergänzende Vertragsauslegung, Schadenersatz infolge Verletzung der Warnpflicht und Produkthaftung gestützt.

Die Beklagte wendete dagegen ein, die Richtlinien der Codex-Unterkommission "Schadstoffbelastung bei Lebensmitteln" seien keine Rechtsvorschriften und daher unverbindlich. Es sei nicht einmal nachgewiesen, dass BADGE in den vorgefundenen Konzentrationen Lebensmittel überhaupt nachteilig beeinflussen könne. Da nicht vereinbart worden sei, dass die gelieferten Konserven "BADGE-frei" sein sollten, liege keine Vertragsverletzung vor. Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage stehe nicht zur Verfügung, wenn eine Partei wegen mangelhafter Lieferung die Wandlung des Vertrags begehre. Da die BADGE-Problematik bei Vertragsabschluss nicht bekannt gewesen sei, sei auch ein Irrtum ausgeschlossen. Die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums bei Lebensmitteln sei keine Garantieerklärung. Die Gewährleistungsfrist und die Frist zur Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums seien bereits abgelaufen. Eine Vertragslücke liege nicht vor. Schadenersatz- und Produkthaftungsansprüche stünden der Klägerin ebenfalls nicht zu. Die Rücknahme von dezentral eingekauften Konserven sei ausschließlich aus Kulanzgründen erfolgt.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte in den verbundenen Verfahren schuldig, der Klägerin S 198.622,97 sA und S 390.304,99 sA Zug um Zug gegen Herausgabe von 44.917 bzw 89.376 Dosen Fleischschmalz der Beklagten zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Ersatz der Entsorgungs- und Untersuchungskosten von S 40.794 sA und S 56.270,76 sA wies es ab. Es führte aus, die Gewährleistungsfrist sei bei der ersten Lieferung am 1. 1. 1998 abgelaufen. Der Anspruch sei daher insoweit, als er sich auf Gewährleistung stütze, verfristet. Unter Gewährleistung sei das besonders bei entgeltlichen Verträgen gesetzlich angeordnete Einstehenmüssen des Schuldners für Sach- und Rechtsmängel zu verstehen, die der Leistung im Zeitpunkt ihrer Erbringung anhaften. Die Mängel müssten somit im Zeitpunkt der Erfüllung des Geschäfts durch den Veräußerer vorhanden sein. Im Zeitpunkt der Übergabe sei aber die Ware vom vertraglich Geschuldeten - Migration von BADGE aus Lacken sei damals noch nicht als schädlich bekannt gewesen - nicht abgewichen. Die Klägerin könne ihr Klagebegehren auch nicht auf Irrtum stützen, weil die Anfechtung binnen drei Jahren ab Vertragsabschluss, der jeweils mit Zuschlagserteilung anzunehmen sei, zu erfolgen habe. Die Berufung auf das PHG versage ebenso wie jene auf ein Anerkenntnis, weil in der Bereitschaft, von der Klägerin dezentral eingekaufte Konserven auszutauschen, nicht die Anerkennung der von der Beklagten stets bestrittenen, hier streitverfangenen Ansprüche erblickt werden könne. Allerdings lägen die Voraussetzungen für die Annahme des Wegfalls der Geschäftsgrundlage vor. Bei einem Kaufvertrag über Nahrungsmittel werde, insbesondere wenn diese durch eine Körperschaft öffentlichen Rechts für die Versorgung einer großen Anzahl von Personen angeschafft werden, typischerweise vorausgesetzt, dass die Nahrungsmittel keine gesundheitsschädlichen Stoffe enthielten. Die Fleischschmalzkonserven enthielten kanzerogene Stoffe, wobei sich in der Lieferung aus 1994 Mengen von BADGE befänden, die größtenteils weit über jener Menge von 5 mg/Tag liegen, bis zu der nach der zitierten wissenschaftlichen Arbeit von einem "nicht nennenswerten" Krebsrisiko gesprochen werden könne. Die BADGE-Mengen der Lieferung aus 1993 überstiegen jedenfalls den Richtwert von 1 mg/kg. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten, Lebensmittel, die kanzerogene Stoffe enthalten, zur Verpflegung von Soldaten heranzuziehen, zumal die Nahrungsmittel auch zur Verpflegung von Präsenzdienern, also sehr jungen Menschen, verwendet würden. Der Klägerin stehe daher die Möglichkeit offen, die Auflösung des Vertrags und dessen Rückabwicklung zu begehren.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Diesen Ausspruch änderte es in der Folge gemäß § 508 Abs 1 ZPO dahin ab, dass die ordentliche Revision in Ansehung der die erste Lieferung betreffenden Klage zugelassen werde. Es führte aus, der Klägerin stünden Gewährleistungsansprüche zu. Die die zweite Lieferung betreffende Klage sei am 18. 12. 1998 und somit noch innerhalb der bis 31. 12. 1998 eingeräumten Garantiefrist beim Erstgericht eingebracht worden. Sie sei daher nach allen drei von der Lehre zum Verhältnis zwischen Garantie- und gesetzlicher Gewährleistungsfrist vertretenen Ansichten rechtzeitig eingelangt, was auch die Berufungswerberin selbst nicht in Zweifel ziehe. Auch die die erste Lieferung betreffende, am 25. 6. 1998, somit nach Ablauf der bis 31. 12. 1997 währenden Garantiefrist, beim Erstgericht eingelangte Klage sei rechtzeitig. Nach den dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven" seien Gegenstand der Gewährleistung die "innerhalb der Gewährleistungsfrist festgestellten" Mängel. Würden diese vom Auftragnehmer nicht anerkannt, entscheide darüber die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung. Damit sei klargestellt, dass die Geltendmachung der bis zum Ende der Gewährleistungsfrist feststellbaren Mängel auch noch nach Fristende erfolgen könne, weil anderenfalls die Einholung einer derartigen Entscheidung sinnlos wäre. Nach dem eindeutigen Inhalt der Vertragsbedingungen sei daher ein innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf der Garantiefrist erhobener Gewährleistungsanspruch noch rechtzeitig geltend gemacht. Es komme auch nicht darauf an, ob der Fehler schon im Zeitpunkt der Leistung vorhanden gewesen sei, weil die Güte der Ware angesichts der garantierten Haltbarkeit nicht nur bei der Übergabe vorhanden gewesen sein, sondern während des gesamten Zeitraums habe andauern müssen, sodass die Beklagte auch für den bei der Übergabe noch nicht bestehenden (wesentlichen) Mangel, der in der Überschreitung der nunmehr empfohlenen BADGE-Grenzwerte zu erblicken sei, einzustehen habe. Nach § 932 ABGB könne der Übernehmer die gänzliche Aufhebung des Vertrags fordern, wenn der die Gewährleistung begründende Mangel von der Art sei, dass er das Kaufobjekt für den nach seiner Natur bestimmten Verwendungszweck weitgehend oder völlig unbrauchbar mache. Dies sei hier der Fall, weil die gelieferten Lebensmittel den empfohlenen Grenzwert an BADGE-Kontamination überschritten.

Die dagegen erhobenen Revisionen der Beklagten sind zulässig; es kommt ihnen aber keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Sämtliche Gewährleistungsfristen sind dispositiver Natur. Sie können durch Vereinbarung einer Garantiefrist verlängert werden. Diese tritt, wenn nichts Anderes vereinbart ist, an die Stelle der gesetzlichen Frist. Es ist dann ein "unechter Garantievertrag" anzunehmen, der sich im Wesentlichen auf die Zusicherung bestimmter Eigenschaften (§ 923 ABGB) und auf die Änderung der gesetzlichen Fallfrist bezieht (SZ 50/5; SZ 54/81; SZ 55/29; JBl 1991, 385; RdW 1996, 108 ua). Die Bedeutung der Vereinbarung einer Garantiefrist ist immer eine Frage der Vertragsauslegung (SZ 50/5; JBl 1991, 385) und bietet - wie mehrfach hervorgehoben wurde - zu Streitfragen Anlass (vgl die Übersicht zu den verschiedenen Lehrmeinungen bei Binder in Schwimann, ABGB2 § 933 Rz 20). Der Oberste Gerichtshof führte in seinen Entscheidungen HS 1838, RZ 1958, 74 und HS 10.912/31 unter Berufung auf Gschnitzer in Klang2 IV/1, 556 aus, der Vereinbarung einer die Dauer der gesetzlichen Frist übersteigenden Garantiefrist sei der Sinn beizulegen, dass die Mängel, die innerhalb der Garantiefrist hervorkommen, vor Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden müssten, könnten aber auch bis dahin gerügt und geltend gemacht werden, was dahin zu verstehen sei, dass für die Erhebung des Gewährleistungsanspruchs jedenfalls die volle Garantiefrist, allerdings nur diese, zur Verfügung stehe. Reischauer (in Rummel, ABGB2 § 933 Rz 12) vertritt zu dieser Frage die Ansicht, durch die Garantie der Sachqualität für eine Frist werde nicht die Gewährleistungsfrist modifiziert, sondern in der Regel der Zeitpunkt, für den nach Gewährleistungsrecht einzustehen wäre (Ablieferung), durch Garantie zu einer Zeitstrecke ausgedehnt werde. Daran schlössen die Fristen des § 933 an. Aus dem Hinweis auf SZ 50/5 und den folgenden Ausführungen, dass der Vertragssinn Gegenteiliges ergeben könne, nämlich die Geltendmachung innerhalb der Garantiefrist oder Fristenlauf nach § 933 ABGB ab Entdeckung des Mangels oder dass trotz Verwendung des Wortes Garantie nur eine Verlängerung der Gewährleistungsfristen gemeint ist, ist zu schließen, dass er offenbar der von Binder aaO genannten dritten Variante das Wort redet, nämlich, dass nach Ablauf der Garantiezeit jedenfalls noch die gesetzliche Gewährleistungsfrist zur Geltendmachung offen stehe. Diese Ansicht lässt sich allerdings aus der zitierten SZ 50/5 nicht ohne weiteres ableiten, wurde doch dort Verfristung des Anspruchs vom Beklagten nicht behauptet und hatte der Oberste Gerichtshof daher die Frage zu klären, ob und in welchem Umfang die Wahrung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von Amts wegen zu prüfen sei. Nach Darstellung des Meinungsstands und Hervorhebung des Umstands, dass jeweils im Einzelfall nach den Auslegungsregeln (§§ 914 f ABGB) ermittelt werden müsse, welche Deutungsmöglichkeit zu wählen sei, kam er unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 915 ABGB zu dem Schluss, im Zweifel müsse im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass der Kläger das Recht habe, den Anspruch noch innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf der Garantiefrist geltend zu machen.Sämtliche Gewährleistungsfristen sind dispositiver Natur. Sie können durch Vereinbarung einer Garantiefrist verlängert werden. Diese tritt, wenn nichts Anderes vereinbart ist, an die Stelle der gesetzlichen Frist. Es ist dann ein "unechter Garantievertrag" anzunehmen, der sich im Wesentlichen auf die Zusicherung bestimmter Eigenschaften (§ 923 ABGB) und auf die Änderung der gesetzlichen Fallfrist bezieht (SZ 50/5; SZ 54/81; SZ 55/29; JBl 1991, 385; RdW 1996, 108 ua). Die Bedeutung der Vereinbarung einer Garantiefrist ist immer eine Frage der Vertragsauslegung (SZ 50/5; JBl 1991, 385) und bietet - wie mehrfach hervorgehoben wurde - zu Streitfragen Anlass vergleiche die Übersicht zu den verschiedenen Lehrmeinungen bei Binder in Schwimann, ABGB2 § 933 Rz 20). Der Oberste Gerichtshof führte in seinen Entscheidungen HS 1838, RZ 1958, 74 und HS 10.912/31 unter Berufung auf Gschnitzer in Klang2 IV/1, 556 aus, der Vereinbarung einer die Dauer der gesetzlichen Frist übersteigenden Garantiefrist sei der Sinn beizulegen, dass die Mängel, die innerhalb der Garantiefrist hervorkommen, vor Ablauf dieser Frist geltend gemacht werden müssten, könnten aber auch bis dahin gerügt und geltend gemacht werden, was dahin zu verstehen sei, dass für die Erhebung des Gewährleistungsanspruchs jedenfalls die volle Garantiefrist, allerdings nur diese, zur Verfügung stehe. Reischauer (in Rummel, ABGB2 § 933 Rz 12) vertritt zu dieser Frage die Ansicht, durch die Garantie der Sachqualität für eine Frist werde nicht die Gewährleistungsfrist modifiziert, sondern in der Regel der Zeitpunkt, für den nach Gewährleistungsrecht einzustehen wäre (Ablieferung), durch Garantie zu einer Zeitstrecke ausgedehnt werde. Daran schlössen die Fristen des § 933 an. Aus dem Hinweis auf SZ 50/5 und den folgenden Ausführungen, dass der Vertragssinn Gegenteiliges ergeben könne, nämlich die Geltendmachung innerhalb der Garantiefrist oder Fristenlauf nach § 933 ABGB ab Entdeckung des Mangels oder dass trotz Verwendung des Wortes Garantie nur eine Verlängerung der Gewährleistungsfristen gemeint ist, ist zu schließen, dass er offenbar der von Binder aaO genannten dritten Variante das Wort redet, nämlich, dass nach Ablauf der Garantiezeit jedenfalls noch die gesetzliche Gewährleistungsfrist zur Geltendmachung offen stehe. Diese Ansicht lässt sich allerdings aus der zitierten SZ 50/5 nicht ohne weiteres ableiten, wurde doch dort Verfristung des Anspruchs vom Beklagten nicht behauptet und hatte der Oberste Gerichtshof daher die Frage zu klären, ob und in welchem Umfang die Wahrung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist von Amts wegen zu prüfen sei. Nach Darstellung des Meinungsstands und Hervorhebung des Umstands, dass jeweils im Einzelfall nach den Auslegungsregeln (§§ 914 f ABGB) ermittelt werden müsse, welche Deutungsmöglichkeit zu wählen sei, kam er unter Anwendung der Unklarheitenregel des § 915 ABGB zu dem Schluss, im Zweifel müsse im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, dass der Kläger das Recht habe, den Anspruch noch innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf der Garantiefrist geltend zu machen.

Zu dieser Frage wurde auch die Ansicht vertreten (vgl SZ 50/5 und Binder aaO "Variante 2"), dass der innerhalb der Garantiefrist hervorgekommene Mangel vom Erwerber ab diesem Zeitpunkt innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist geltend zu machen sei. Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher (Schuldrecht AT2 157) führen dazu beispielhaft aus, der Erwerber einer beweglichen Sache, für die ein Jahr Garantie geleistet wird, habe den nach zwei Monaten auftretenden Mangel binnen weiterer sechs Monate gerichtlich geltend zu machen. Allerdings stünde für die Geltendmachung des nach 10 Monaten auftretenden Mangels im Zweifel ebenfalls die gesetzliche sechsmonatige Frist zur Verfügung. Letzteres billigt auch Reidinger ("Rechtsprobleme der Garantieabrede" 41). Er und ihm folgend Kandut ("Gewährleistungsrecht" 61) kommen jedoch zu dem Schluss, dass unter keinen Umständen eine Verkürzung der Garantiefrist eintreten dürfe. Werde der Mangel innerhalb der letzten sechs Monate der Garantiezeit entdeckt, solle eine Verlängerung der Gesamtfrist eintreten. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist sei ab dem Zeitpunkt der sicheren Erkennbarkeit des Mangels der bisherigen Zeitspanne hinzuzurechnen.Zu dieser Frage wurde auch die Ansicht vertreten vergleiche SZ 50/5 und Binder aaO "Variante 2"), dass der innerhalb der Garantiefrist hervorgekommene Mangel vom Erwerber ab diesem Zeitpunkt innerhalb der gesetzlichen Gewährleistungsfrist geltend zu machen sei. Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher (Schuldrecht AT2 157) führen dazu beispielhaft aus, der Erwerber einer beweglichen Sache, für die ein Jahr Garantie geleistet wird, habe den nach zwei Monaten auftretenden Mangel binnen weiterer sechs Monate gerichtlich geltend zu machen. Allerdings stünde für die Geltendmachung des nach 10 Monaten auftretenden Mangels im Zweifel ebenfalls die gesetzliche sechsmonatige Frist zur Verfügung. Letzteres billigt auch Reidinger ("Rechtsprobleme der Garantieabrede" 41). Er und ihm folgend Kandut ("Gewährleistungsrecht" 61) kommen jedoch zu dem Schluss, dass unter keinen Umständen eine Verkürzung der Garantiefrist eintreten dürfe. Werde der Mangel innerhalb der letzten sechs Monate der Garantiezeit entdeckt, solle eine Verlängerung der Gesamtfrist eintreten. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist sei ab dem Zeitpunkt der sicheren Erkennbarkeit des Mangels der bisherigen Zeitspanne hinzuzurechnen.

Reidinger (aaO) ist im Einklang mit der bisherigen - bereits dargestellten - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für den hier zu beurteilenden Fall jedenfalls insoweit zu folgen, als der Klägerin nach dem Parteiwillen die vereinbarte Gewährleistungsfrist jedenfalls in voller Länge zur Geltendmachung von Mängeln zur Verfügung stehen soll, kann doch nicht unterstellt werden, die Parteien seien der Ansicht gewesen, ein Großabnehmer wie die Klägerin wäre gezwungen, bei kontinuierlichem Verbrauch der Ware während der Dauer der Gewährleistungsfrist bei jeder Kenntnis eines Mangels innerhalb von sechs Monaten Klage zu erheben (vgl dazu ZBl 1932/298). Bereits das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auf die Formulierung der "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven" ("Werden innerhalb der Gewährleistungsfrist festgestellte Mängel vom Auftragnehmer als solche nicht anerkannt, ...") verwiesen, die eine Bindung des Klagerechts an die gesetzliche Frist nicht erkennen lässt. Auch die der zweiten Lieferung zugrunde liegende "Technische Spezifikation für Fleischschmalz (Vollkonserve)" enthält eine solche Einschränkung nicht, obwohl es den Parteien bei der detaillierten Regelung ihrer Geschäftsbeziehungen wohl ein Leichtes gewesen wäre, einen entsprechenden Passus in das Vertragswerk aufzunehmen.Reidinger (aaO) ist im Einklang mit der bisherigen - bereits dargestellten - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für den hier zu beurteilenden Fall jedenfalls insoweit zu folgen, als der Klägerin nach dem Parteiwillen die vereinbarte Gewährleistungsfrist jedenfalls in voller Länge zur Geltendmachung von Mängeln zur Verfügung stehen soll, kann doch nicht unterstellt werden, die Parteien seien der Ansicht gewesen, ein Großabnehmer wie die Klägerin wäre gezwungen, bei kontinuierlichem Verbrauch der Ware während der Dauer der Gewährleistungsfrist bei jeder Kenntnis eines Mangels innerhalb von sechs Monaten Klage zu erheben vergleiche dazu ZBl 1932/298). Bereits das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang auf die Formulierung der "Besonderen Leistungsbestimmungen für Fleischkonserven" ("Werden innerhalb der Gewährleistungsfrist festgestellte Mängel vom Auftragnehmer als solche nicht anerkannt, ...") verwiesen, die eine Bindung des Klagerechts an die gesetzliche Frist nicht erkennen lässt. Auch die der zweiten Lieferung zugrunde liegende "Technische Spezifikation für Fleischschmalz (Vollkonserve)" enthält eine solche Einschränkung nicht, obwohl es den Parteien bei der detaillierten Regelung ihrer Geschäftsbeziehungen wohl ein Leichtes gewesen wäre, einen entsprechenden Passus in das Vertragswerk aufzunehmen.

Während die die zweite Lieferung betreffende Klage, die noch vor dem Ablauf der Gewährleistungsfrist am 31. 12. 1998 bei Gericht einlangte, jedenfalls rechtzeitig erhoben ist, bedarf die Frage der Fristwahrung bei der Klage aus der ersten Lieferung, die erst nach dem Ende der Gewährleistungsfrist am 31. 12. 1997, nämlich am 25. 6. 1998, beim Erstgericht einlangte, einer weiteren Prüfung. Hiebei ist vorweg darauf zu verweisen, dass die Beklagte selbst mit Schreiben vom 21. 3. 1997 an die Heeresverwaltung mit dem Vorschlag herantrat, "bis zur restlosen Klärung der BADGE-Problematik" sämtliche Fleischschmalzkonserven zu sperren und nicht auszugeben. Unbeschadet des Vorliegens zweier Untersuchungszeugnisse der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung vom 14. 3. 1997 konnte aus diesem Schreiben gerade keine sichere Kenntnis eines allfälligen Mangels gewonnen werden, wurde doch ausdrücklich auf die in der Zukunft liegende restlose Klärung des Problems hingewiesen. Dies muss umso mehr deshalb gelten, weil erst mit Erlass des Bundeskanzleramts vom 5. 8. 1997 zur Frage des Grenzwerts für BADGE-Belastungen Stellung genommen wurde. Schließlich war für die verlässliche Abklärung der im Zeitpunkt des Schreibens der Beklagten erst seit rund einem halben Jahr in der Öffentlichkeit diskutierten Problematik auch das Ergebnis des im März 1997 eingeleiteten Strafverfahrens nicht ohne Bedeutung. Angesichts dieser Umstände durfte die Klägerin daher ohne weiteres davon ausgehen, die Beklagte sei damit einverstanden, dass die Klägerin "bis zur restlosen Klärung" keine weiteren Schritte unternehmen und dass in diesem Fall die Beklagte von sich aus wegen der weiteren Vorgangsweise wieder an die Klägerin herantreten werde. Dieser muss daher für den Entschluss, eigene Untersuchungen durchzuführen, zumindest ein angemessener Zeitraum zugebilligt werden. Der in ihrer Richtigkeit von der Beklagten insoweit nicht bestrittenen Beilage H (AS 41 = S 2 des Protokolls vom 13. 1. 1999) wurden die hier strittigen Proben der ersten Lieferung im Lauf des Novembers 1997 der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung überbracht. Wann die verfügungsberechtigten Organe der Heeresverwaltung von den Untersuchungsergebnissen gesicherte Kenntnis erhielten, ist nicht festgestellt. Allerdings erliegt in Beilage Q, deren Richtigkeit insoweit unbestritten blieb (AS 63 = S 2 des Protokolls vom 17. 2. 1999), das Schreiben vom 6. 2. 1998, mit dem das Ersuchen um Umtausch der strittigen Ware in Beantwortung von Schreiben der Heeresverwaltung (Wirtschaftsabteilung) vom 23. und 28. 1. 1998 abgelehnt wurde.

Nach ständiger Rechtsprechung beginnt die Gewährleistungsfrist bei einer Verbesserung bzw bei erfolglosem Verbesserungsversuch mit Abschluss der auf die Verbesserung gerichteten Tätigkeit neu zu laufen (SZ 43/152; SZ 56/76 ua). In gleicher Weise ist der einvernehmliche Versuch einer außergerichtlichen Sachverhaltsklärung zu beurteilen, wenn sich aus dem Einvernehmen der Parteien ergibt, dass sie weitere Maßnahmen zur Behebung des Mangels nicht ausschließen wollen. Die Gewährleistungsfrist beginnt in solchen Fällen dann zu laufen, wenn endgültig klargestellt wurde, dass eine weitere Maßnahme zur Beseitigung des Mangels nicht mehr in Betracht kommt (SZ 58/208; SZ 64/15). Das bereits mehrfach zitierte Schreiben der Beklagten vom 21. 3. 1997 ist im Zusammenhalt mit dem Inhalt des ebenfalls bereits wiedergegebenen Schreiben der Beklagten an das Amt der Salzburger Landesregierung vom 20. 3. 1997 als Angebot, eine außergerichtliche Sachverhaltsklärung zu versuchen, zu verstehen, zumal gleichzeitig der Austausch der dezentral eingekauften Konserven angeboten wurde. Die Organe der Heeresverwaltung durften somit, da ein die unterschiedliche Behandlung rechtfertigender Grund nicht erkennbar ist, jedenfalls davon ausgehen, dass es nach "restloser Klärung der BADGE-Problematik" zu einer gütlichen Bereinigung auch bei den zentral eingekauften Waren kommen werde. Selbst wenn daher die Gutachten - wie aus den ebenfalls in Beilage Q erliegenden Vermerken der Wirtschaftsabteilung geschlossen werden könnte - bereits Ende November 1997 zurückgelangt sein sollten und damit der geltend gemachte Mangel mit Sicherheit erkennbar war, durfte die Klägerin vorerst in angemessener Frist das Einvernehmen mit der Beklagten suchen.

Wie bereits dargelegt, stand der Klägerin für die Klagsführung jedenfalls die gesamte vereinbarte Gewährleistungsfrist zur Verfügung. Ob nun den gewichtigen Argumenten Reidingers zu folgen ist oder ob die Garantiefrist ohnedies um die gesamte gesetzliche Gewährleistungsfrist verlängert wird, muss hier nicht abschließend erörtert werden, weil der Beginn der gesetzlichen Frist auf Grund des dargestellten Verhaltens der Parteien jedenfalls erst mit der im Februar 1998 erklärten endgültigen Ablehnung einer einvernehmlichen Bereinigung durch die Beklagte anzusetzen ist.

Beide Ansprüche der Klägerin wurden daher fristgerecht geltend gemacht.

Gemäß § 922 ABGB leistet der Verkäufer dafür Gewähr, dass der Kaufgegenstand die ausdrücklich bedungene oder gewöhnlich dabei vorausgesetzte Eigenschaft hat und dass er der Natur des Geschäfts oder der geschlossenen Verabredung gemäß benutzt und verwendet werden kann. Eine Leistung ist nur dann im Sinn des § 922 ABGB mangelhaft, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, d.h. dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (SZ 63/171; SZ 68/105; Reischauer in Rummel ABGB2 §§ 922, 923 Rz 3). Ob eine Eigenschaft im Sinne des Gesetzes als gewöhnlich vorausgesetzt anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern davon, was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung erschließen durfte und ist daher an der Verkehrsauffassung zu messen (JBl 1987, 315; SZ 68/105). Wird der Verwendungszweck geradezu zum Vertragsinhalt gemacht und die Sache dem Käufer eben zu diesem Zweck angeboten, so leistet der Verkäufer für das Vorhandensein der vom Käufer erwarteten Beschaffenheit des Leistungsgegenstands Gewähr (JBl 1987, 315; SZ 68/105; SZ 69/218).

Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin kann keine Rede davon sein, dass sich die Verkehrsauffassung nach Ablieferung der hier strittigen Fleischschmalzkonserven geändert habe. Nach dieser müssen Lebensmittel sowohl vor als auch in und nach diesem Zeitpunkt so verpackt werden, dass sie durch die mit ihnen in Kontakt kommenden Materialien nicht nachteilig beeinflusst werden (Lebensmittelechtheit), wie sich dies nicht zuletzt auch aus Punkt 2.1.5 der "Technischen Spezifikation für Fleischschmalz (Vollkonserve)" ergibt. Der Revisionswerberin ist auch darin nicht beizupflichten, der Mangel habe im Zeitpunkt der Übergabe noch nicht bestanden. Die Innenlackierung der Dosen war auch bei Ablieferung der Ware bereits so beschaffen, dass es in der Folge zur Migration der mehrfach beschriebenen Schadstoffe in das Lebensmittel kommen konnte. Gerade bei geheimen Mängeln genügt es, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent vorhanden war (HS 12.936; ecolex 1990, 543; 2 Ob 1527/92 ua), was nach den getroffenen Feststellungen hier nicht strittig sein kann. Es erübrigt sich daher, auf die bereits vom Berufungsgericht aufgezeigte Rechtsprechung näher einzugehen, bei der Einräumung einer Garantiefrist komme es nicht darauf an, ob der Fehler schon im Zeitpunkt der Leistung vorhanden war, weil eine derartige Vereinbarung als eine Verbesserung der Rechte des Käufers aus der Gewährleistung dahin zu verstehen ist, dass die vereinbarte oder wenigstens vorauszusetzende Güte der Ware nicht nur bei Übergabe der Ware vorhanden ist, sondern während der gesamten Garantiefrist erhalten bleibt (SZ 46/69; SZ 50/5; JBl 1991, 385). Da die Gewährleistung verschuldensunabhängig ist, kommt es auf die frage, ob dem Veräußerer die wahre Beschaffenheit der Sache bekannt war oder doch hätte bekannt sein müssen, gar nicht an (EvBl 1957/259; SZ 63/37; Gschnitzer aaO 511; Reischauer aaO Rz 10).

Wie der Revisionswerberin zuzugestehen ist, unterlief dem Erstgericht insoweit eine Aktenwidrigkeit, als es davon ausging, dass sich in der zweiten Lieferung "Mengen von BADGE befunden hätten, die größtenteils weit über jener Menge - 5 mg/Tag - liegen", der der Gutachter noch kein nennenswertes Krebsrisiko beimaß, weil der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten ON 11 darlegte, die vorgefundenen BADGE-Konzentrationen von 1,26 bis 6,4 mg/kg hätten zur Überschreitung der als unbedenklich festgestellten dauernden Aufnahme von weniger als 5 mg je Tag und Person die tägliche Aufnahme von 0,7 bis 3,9 kg dieses Lebensmittels erforderlich gemacht (S 4 des Gutachtens). Auf diese im Rahmen der rechtlichen Beurteilung nachgetragenen Feststellungen des Erstgerichts kommt es jedoch nicht an, weil feststeht, dass - wie eingangs aufgelistet - die BADGE-Konzentration bei den untersuchten Proben jedenfalls den Grenzwert von 1 mg/kg nicht unbeträchtlich überschritt. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen gilt dieser Grenzwert in der gesamten Europäischen Union und wird nach allgemeiner Ansicht als verbindlich angesehen. Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend vermerkten, ist gerade die öffentliche Hand verhalten, die ihr übertragene Verantwortung gewissenhaft wahrzunehmen. Selbst wenn auf Grund der beim Bundesheer üblichen Darreichung eine Gesundheitsgefährdung der Präsenzdiener durch die Fleischschmalzkonserven nicht anzunehmen oder gar auszuschließen wäre, ist doch an der Tatsache nicht zu rütteln, dass das Lebensmittel toxisch verunreinigt ist. Selbst wenn der Grenzwert von 1 mg/kg nur als Empfehlung einzustufen wäre, ist aus ihm doch deutlich abzuleiten, dass nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft bei darüberliegenden Werten Beeinträchtigungen der Konsumenten nicht ausgeschlossen werden können. Hiezu kommt das Schreiben der Beklagten vom 21. 3. 1997, das die Sperre der gelieferten Konserven für den Konsum "als Vorsichtsmaßnahme" vorschlägt. Dieser Vorschlag wurde - soweit aus dem Akt ersichtlich - bislang nicht widerrufen. Empfiehlt aber der Verkäufer selbst, das Lebensmittel aus Gründen der Vorsicht für den Konsum zu sperren, so kann vom Käufer nicht ohne weitere gegenteilige Erkenntnisse verlangt werden, dass er sich über diese Empfehlung hinwegsetze. Die schon ihrem Wesen nach ausschließlich für den Verzehr bestimmte Ware ist schon deshalb iSd § 922 ABGB als mangelhaft zu beurteilen, weil die Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung der auf die Verpflegung weitgehend angewiesenen Soldaten keineswegs ausgeschlossen werden kann und die gelieferten Lebensmittel allein schon deshalb nicht an diese ausgegeben werden dürften.

Der Revision ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E59790

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00140.00W.1024.000

Im RIS seit

23.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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