TE OGH 2000/10/24 4Ob245/00h

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Veröffentlicht am 24.10.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Albert N*****, 2. Helene N*****, beide vertreten durch Univ.-Doz Dr. Hubertus Schumacher, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Rainer M*****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 100.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 10. Mai 2000, GZ 2 R 641/99z-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 29. September 1999, GZ 26 C 459/99y-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Berufungsverfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Kläger sind jeweils ideelle Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB E***** (in der Folge: herrschendes Grundstück). Der Beklagte ist Eigentümer eines ideellen Drittelanteils an der Liegenschaft EZ ***** GB E***** (in der Folge: dienendes Grundstück).

Die Kläger bringen vor, Berechtigte einer ihren Rechtsvorgängern im Eigentum am herrschenden Grundstück 1963 eingeräumten Realservitut des Gehens und Fahrens über einen Teil des dienenden Grundstücks zu sein. Der Beklagte habe im August 1998 Miteigentum am dienenden Grundstück erworben und versuche seit damals, ein Vollrecht als Eigentümer am erworbenen Grundstück in Anspruch zu nehmen. Er beeinträchtige das Servitutsrecht der Kläger, indem er mit der Dienstbarkeit belastete Teile der Liegenschaft als ständigen Parkplatz für eigene Fahrzeuge benutze und auch Dritten gegen Entgelt gestatte, ihre Fahrzeuge dort abzustellen. Der Beklagte sei daher schuldig, auf dem belasteten Grundstück das Parken mit Fahrzeugen zu unterlassen, in eventu, alles zu unterlassen, was die Kläger in der Ausübung ihres Geh- und Fahrrechts beeinträchtige, insbesondere eigene Fahrzeuge dort zu parken und Dritten das Abstellen von Fahrzeugen dort zu gestatten, gleichgültig ob entgeltlich oder unentgeltlich, bzw an der Erlaubnis an Dritte, Fahrzeuge zu parken, mitzuwirken.

Der Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Servitut der Kläger beziehe sich nicht auf den gesamten, in der Klage näher bezeichneten Bereich, sondern nur auf den asphaltierten Weg, auf dem die behaupteten Störungshandlungen des Beklagten nicht stattfänden. Bereits seit Jahrzehnten werde jener Teil des belasteten Grundstücks, auf den sich das Klagebegehren beziehe, zum Abstellen von Fahrzeugen benutzt, ohne dass dies von den Berechtigten beanstandet worden wäre; der Beklagte hätte sich daher in diesem Umfang die Freiheit von der Dienstbarkeit ersessen. Der Beklagte sei nicht passiv legitimiert, weil eine Servitutsklage gegen sämtliche Miteigentümer der belasteten Liegenschaft zu richten sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf umfangreiche Feststellungen und vertrat die Rechtsansicht, die Kläger hätten zwischen 1988 und 1998 hingenommen, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten den strittigen Wiesenstreifen an Dritte für Parkzwecke vermietet habe, welche Nutzung ein ungehindertes Gehen und Fahren über diesen Teil der dienenden Liegenschaft unmöglich gemacht habe; dies sei als aktive Widersetzlichkeit iSd § 1488 ABGB zu beurteilen und führe zur Abweisung des Klagebegehrens.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf umfangreiche Feststellungen und vertrat die Rechtsansicht, die Kläger hätten zwischen 1988 und 1998 hingenommen, dass der Rechtsvorgänger der Beklagten den strittigen Wiesenstreifen an Dritte für Parkzwecke vermietet habe, welche Nutzung ein ungehindertes Gehen und Fahren über diesen Teil der dienenden Liegenschaft unmöglich gemacht habe; dies sei als aktive Widersetzlichkeit iSd Paragraph 1488, ABGB zu beurteilen und führe zur Abweisung des Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil widersprüchliche Rechtsprechung zur Frage einer nicht gegen sämtliche Miteigentümer gerichteten Eigentumsfreiheitsklage bestehe. Ohne sich mit der Mängel- und Beweisrüge in der Berufung auseinanderzusetzen, vertrat das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht den Standpunkt, wegen der notwendigen Einheitlichkeit der Entscheidung könnten Miteigentümer auf Feststellung des Bestands einer Dienstbarkeit nur gemeinsam geklagt werden. Hier könne erst nach Festlegung des Ausmaßes der behaupteten Servitut entschieden werden, ob der Beklagte in Rechte der Kläger eingegriffen habe, weshalb auch in diesem Fall notwendige Streitgenossenschaft zwischen sämtlichen Miteigentümern der belasteten Liegenschaft anzunehmen sei. Die nur gegen einen Miteigentümer erhobene Klage sei deshalb verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von einhelliger höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage der passiven Klagelegitimation bei Störung einer Grunddienstbarkeit abgewichen ist; das Rchtsmittel ist auch im Sinne seines Aufhebungsantrags berechtigt.

Die Kläger machen geltend, nicht eine Feststellungsklage über den Umfang der ihnen zustehenden Dienstbarkeit, sondern ein Unterlassungsbegehren erhoben zu haben; nur in ersterem Fall müsse die Klage gegen sämtliche Miteigentümer der dienenden Liegenschaft erhoben werden, während es im Fall einer einfachen Unterlassungsklage dem Gestörten freistehe, ob er den Störenden allein oder auch dessen Miteigentümer in Anspruch nehme. Dem ist zuzustimmen.

In Ansehung der Servituten findet ein doppeltes Klagerecht statt. Man kann gegen den Eigentümer das Recht der Servitut behaupten, oder der Eigentümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muss der Kläger die Erwerbung der Servitut oder wenigstens deren Besitz als eines dinglichen Rechts, im zweiten Falle muss er die Anmaßung der Servitut beweisen (§ 523 ABGB).In Ansehung der Servituten findet ein doppeltes Klagerecht statt. Man kann gegen den Eigentümer das Recht der Servitut behaupten, oder der Eigentümer kann sich über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muss der Kläger die Erwerbung der Servitut oder wenigstens deren Besitz als eines dinglichen Rechts, im zweiten Falle muss er die Anmaßung der Servitut beweisen (Paragraph 523, ABGB).

Das Klagebegehren der Servitutenklage (actio confessoria) geht, je nach den Verhältnissen des Falles, a) auf Feststellung der Dienstbarkeit, ohne dass die sonst bei Feststellungsklagen erforderlichen Voraussetzungen vorhanden sein müssen (Klang in Klang II**2 601; Petrasch in Rummel, ABGB**2 § 523 Rz 8 mwN), b) auf Wiederherstellung, besonders durch Beseitigung der vom Beklagten verursachten Beeinträchtigung, c) auf Unterlassung künftiger Störungen, d) auf Einverleibung des noch nicht eingetragenen Rechts, etwa nach Ersitzung, sowie e) allenfalls auf Ersatz des verursachten Schadens nach allgemeinen Grundsätzen (Petrasch aaO; 1 Ob 2003/96g). Als Feststellungsklage sowie als Klage auf Einverleibung kann die konfessorische Klage nur gegen den Eigentümer des angeblich dienstbaren Grundstücks, als Leistungsklage hingegen (mit den - wahlweise oder kumulativ gestellten - Begehren auf Beseitigung der Beeinträchtigung, Unterlassung künftiger Störungen und Ersatz des verursachten Schadens) auch gegen dritte Störer erhoben werden (Petrasch aaO; Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB**2 § 523 Rz 4; JBl 1948, 62; SZ 39/21 = EvBl 1966/298; MietSlg 33.050; 1 Ob 2003/96g).Das Klagebegehren der Servitutenklage (actio confessoria) geht, je nach den Verhältnissen des Falles, a) auf Feststellung der Dienstbarkeit, ohne dass die sonst bei Feststellungsklagen erforderlichen Voraussetzungen vorhanden sein müssen (Klang in Klang II**2 601; Petrasch in Rummel, ABGB**2 Paragraph 523, Rz 8 mwN), b) auf Wiederherstellung, besonders durch Beseitigung der vom Beklagten verursachten Beeinträchtigung, c) auf Unterlassung künftiger Störungen, d) auf Einverleibung des noch nicht eingetragenen Rechts, etwa nach Ersitzung, sowie e) allenfalls auf Ersatz des verursachten Schadens nach allgemeinen Grundsätzen (Petrasch aaO; 1 Ob 2003/96g). Als Feststellungsklage sowie als Klage auf Einverleibung kann die konfessorische Klage nur gegen den Eigentümer des angeblich dienstbaren Grundstücks, als Leistungsklage hingegen (mit den - wahlweise oder kumulativ gestellten - Begehren auf Beseitigung der Beeinträchtigung, Unterlassung künftiger Störungen und Ersatz des verursachten Schadens) auch gegen dritte Störer erhoben werden (Petrasch aaO; Kiendl-Wendner in Schwimann, ABGB**2 Paragraph 523, Rz 4; JBl 1948, 62; SZ 39/21 = EvBl 1966/298; MietSlg 33.050; 1 Ob 2003/96g).

Nach dem Inhalt des Klagebegehrens und des dazu vorgetragenen Sachverhalts verlangen die Kläger unter Berufung auf eine ihnen angeblich zustehende Wegeservitut von einem Miteigentümer der dienenden Liegenschaft als Störer die Unterlassung künftiger Störungen ihrer Grunddienstbarkeit. Die Klage ist daher als Servitutenklage (actio confessoria), gerichtet auf Unterlassung künftiger Störungen, zu beurteilen. In solchen Fällen ist aber - wie aufgezeigt - nach einhelliger Lehre und Rechtsprechung jeder Störer für sich allein passiv klagelegitimiert. Im vorliegenden Fall kann nichts Anderes gelten: Nach den Behauptungen in der Klage geht die Störung von einem einzigen Miteigentümer der dienenden Liegenschaft (bzw von diesem ermächtigten Dritten) aus; es ist kein Grund ersichtlich, diesen Störer in der Frage der passiven Klagelegitimation anders zu behandeln als einen beliebigen dritten Störer, der nicht Miteigentümer der dienenden Liegenschaft ist. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Kläger hätten ihre Klage gegen sämtliche Miteigentümer zu richten gehabt, ist daher - bei dem hier allein geltend gemachten Unterlassungsanspruch - verfehlt.

Die vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung betrifft andere Sachverhalte, nämlich einerseits die Eigentumsfreiheitsklage (action negatoria), andererseits die Servitutenklage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Dienstbarkeit. Jeder (Mit-)Eigentümer einer Liegenschaft kann die von einem einzelnen Miteigentümer einer anderen Liegenschaft ausgehende Störung seines Eigentumsrechts gegen den Störer gem § 362 ABGB mit schlichter Unterlassungsklage geltend machen oder aber im Sinn des § 523 ABGB auch das Bestehen eines vom Beklagten etwa beanspruchten Rechts zum Gegenstand der Eigentumsfreiheitsklage machen (EvBl 1989/26; 5 Ob 2036/96; 1 Ob 2003/96; MietSlg 47.581; 4 Ob 236/99f). Bei einer gegen sie gerichteten Eigentumsfreiheitsklage bilden sämtliche Miteigentümer wegen der Unteilbarkeit der Grunddienstbarkeit (§ 485 ABGB) eine notwendige Streitgenossenschaft (SZ 27/101; SZ 56/60; MietSlg 38.745; MietSlg 39.731; EvBl 1989/26 = MietSlg 40.035; SZ 69/110); ebenso kann auch die Feststellung des Bestehens einer Grunddienstbarkeit nur einheitlich von allen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks und gegen alle Miteigentümer des dienenden Grundstücks gemeinsam verlangt werden (SZ 69/110 mwN). Anderes gilt hingegen auch in solchen Fällen, wenn gegen nur einen Miteigentümer als Störer wegen Beeinträchtigung des Eigentumsrechts mit schlichter Unterlassungsklage vorgegangen wird (Gamerith in Rummel ABGB2 § 828 Rz 2).Die vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung betrifft andere Sachverhalte, nämlich einerseits die Eigentumsfreiheitsklage (action negatoria), andererseits die Servitutenklage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Dienstbarkeit. Jeder (Mit-)Eigentümer einer Liegenschaft kann die von einem einzelnen Miteigentümer einer anderen Liegenschaft ausgehende Störung seines Eigentumsrechts gegen den Störer gem Paragraph 362, ABGB mit schlichter Unterlassungsklage geltend machen oder aber im Sinn des Paragraph 523, ABGB auch das Bestehen eines vom Beklagten etwa beanspruchten Rechts zum Gegenstand der Eigentumsfreiheitsklage machen (EvBl 1989/26; 5 Ob 2036/96; 1 Ob 2003/96; MietSlg 47.581; 4 Ob 236/99f). Bei einer gegen sie gerichteten Eigentumsfreiheitsklage bilden sämtliche Miteigentümer wegen der Unteilbarkeit der Grunddienstbarkeit (Paragraph 485, ABGB) eine notwendige Streitgenossenschaft (SZ 27/101; SZ 56/60; MietSlg 38.745; MietSlg 39.731; EvBl 1989/26 = MietSlg 40.035; SZ 69/110); ebenso kann auch die Feststellung des Bestehens einer Grunddienstbarkeit nur einheitlich von allen Miteigentümern des herrschenden Grundstücks und gegen alle Miteigentümer des dienenden Grundstücks gemeinsam verlangt werden (SZ 69/110 mwN). Anderes gilt hingegen auch in solchen Fällen, wenn gegen nur einen Miteigentümer als Störer wegen Beeinträchtigung des Eigentumsrechts mit schlichter Unterlassungsklage vorgegangen wird (Gamerith in Rummel ABGB2 Paragraph 828, Rz 2).

Da das Berufungsgericht auf Grund seiner unrichtigen Rechtsansicht das Rechtsmittel der Kläger nicht vollständig behandelt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen und diesem aufzutragen, neuerlich über das Rechtsmittel zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraphen 50, Absatz eins,, 52 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E59715 04A02450

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0040OB00245.00H.1024.000

Dokumentnummer

JJT_20001024_OGH0002_0040OB00245_00H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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