TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/20 2005/08/0159

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Veröffentlicht am 20.12.2006
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §49;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Hans Schwarz, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Favoritenstraße 108/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 14. Juli 2005, Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2005-6687, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich ein Computerausdruck, aus dem als "Inserat Vollanzeige-Hauptinserat" hervorgeht, dass eine renommierte Elektrohandelskette für den Standort 1110 Wien zum sofortigen Eintritt einen Lagerangestellten für die Serviceannahmestelle sucht. An Voraussetzungen sind genannt: sehr gute Deutschkenntnisse, ein gepflegtes und kundenorientiertes Auftreten, Flexibilität, Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit. Die Aufgaben sind wie folgt beschrieben:

Reklamationen bearbeiten, Warenannahme, Serviceannahme. Geboten werde eine Vollzeitbeschäftigung im Ausmaß von 38,5 Wochenstunden, innerhalb der Öffnungszeiten (Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag von 9.00 bis 19.00 Uhr, Donnerstag von 9.00 bis 20.00 Uhr, Samstag von 9.00 bis 18.00 Uhr), ein angenehmes Betriebsklima und Entlohnung nach Absprache.

Am 2. Mai 2005 wurde mit dem Beschwerdeführer vor der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Prandaugasse eine Niederschrift zum Gegenstand "Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen einer zugewiesenen Beschäftigung" aufgenommen. Demnach sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice am 15. April 2005 eine Beschäftigung als Lagerarbeiter beim Dienstgeber C (der genannten "Kette") mit einer Entlohnung von "brutto Kollektivvertrag" und möglichem Arbeitsantritt am 2. Mai 2005 zugewiesen worden. Der Beschwerdeführer sei bei der Vorauswahl anwesend gewesen. Er habe aber einen eher desinteressierten Eindruck gemacht. Auf die Frage, ob er an dieser Stelle interessiert sei, habe er zur Antwort gegeben, dies müsse die Firma entscheiden. Aufgrund seines Auftretens komme der Beschwerdeführer daher für diese Stelle nicht in Frage, da er damit seine Unwilligkeit gezeigt habe. Der Beschwerdeführer gab niederschriftlich dazu an, er sei nicht gefragt worden, ob er an der Stelle interessiert sei, sondern ob er der geforderten Tätigkeit entspreche. Auf diese Frage habe er die Antwort gegeben, dass das die Firma entscheiden müsse. Er sei gefragt worden, ob er schon einmal im Lager gearbeitet habe, daraufhin habe er angegeben, dass er schon Kommissioniertätigkeit gemacht habe, aber keine reine Lagertätigkeit. Ferner sei er gefragt worden, ob er daran interessiert sei, was doch bitte "eine blöde Frage" sei, er werde sich nicht vorstellen gehen, wenn er kein Interesse habe. Die Dame sei sehr kurz angebunden gewesen und habe den Eindruck gemacht, dass man sie von wichtigeren Dingen abhalte. Man sei im Minutentakt abgefertigt worden. Seine Unterlagen habe der Beschwerdeführer abgegeben, er habe wissen wollen, wann sich die Firma bei ihm melden werde, diesbezüglich habe er keine konkrete Antwort erhalten.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Prandaugasse vom 4. Mai 2005 wurde der Beschwerdeführer des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum vom 2. Mai 2005 bis 12. Juni 2005 verlustig erklärt. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eine vom Arbeitsmarktservice zugewiesene Beschäftigung nicht angenommen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe sich am 28. April 2005 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Redergasse mit sämtlichen Unterlagen eingefunden, um die Vorauswahl zu durchlaufen und sich um die ausgeschriebene Stelle zu bewerben. Dort habe man ihn gefragt, ob er der geforderten Tätigkeit entspreche. Das Schreiben zur Vorauswahl habe keinerlei Angaben über Firma, Bezahlung, Standort usw. enthalten, nur die Angabe "Lagerangestellter für Serviceannahme im Elektrogroßhandel". Daher habe er die Antwort gegeben, dies müsse die Firma entscheiden (ob sie ihn für die Stelle geeignet halte). Die Stelle habe er zu keinem Zeitpunkt abgelehnt, im Gegenteil habe er sich ja darum beworben und sämtliche Unterlagen eingereicht. Seine Bewerbungsunterlagen seien vom Arbeitsmarktservice nicht an das Unternehmen weitergeleitet worden. Daher habe keine Beschäftigung zustande kommen können.

In einem weiteren Schriftsatz vom 25. Mai 2005 legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, nach Erhalt einer Zuweisung zu einer Vorauswahl für eine Anstellung habe er sich "zum Arbeitsmarktservice Redergasse" begeben. Zu diesem Zeitpunkt habe er keinerlei Informationen über Arbeitgeber, genaue Tätigkeit sowie Einkommen gehabt. Bei dem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice sei der Beschwerdeführer befragt worden, ob er dem Anforderungsprofil entspreche und sich für die Anstellung geeignet halte. Er habe zur Antwort gegeben, dass die Entscheidung, wer geeignet sei und wer nicht, dem Arbeitgeber obliege. Der Beschwerdeführer habe keine zumutbare Beschäftigung abgelehnt, zumal er kein konkretes Stellenangebot erhalten habe, sondern nur eine Aufforderung zur Teilnahme an einer Vorauswahl. Mit einem Dienstgeber habe er kein Bewerbungsgespräch geführt, sondern nur mit einer Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 2003, Zl. 98/08/0175, könne eine ausdrückliche Weigerung, eine vom Arbeitsmarktservice angebotene Beschäftigung anzunehmen, nicht bei einer Aussage eines Arbeitslosen gegenüber einem Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice erfolgen.

Nach einem Aktenvermerk vom 31. Mai 2005 hat Frau B. (offenbar die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice Redergasse) angegeben, sie erinnere sich an den Beschwerdeführer. Er sei gekommen, habe sich hingelümmelt und gemeint, wenn die Firma meine, nehme er halt die Stelle. Sein Verhalten habe gezeigt, dass er total arbeitsunwillig sei und der Firma nicht vorgeschlagen werden könne.

In einer Niederschrift vor der belangten Behörde vom 20. Juni 2005 gab der Beschwerdeführer an, er sei bei der Vorauswahl gewesen und gefragt worden, ob er sich für diese Tätigkeit für geeignet halte. Er habe geantwortet, dass das die Firma wissen müsse. Es sei eine unzulässige Interpretation, diese Antwort so zu sehen, als ob kein Interesse an einer Arbeitsaufnahme bestehe. Er habe sich nicht hingelümmelt und auch nicht gesagt, wenn die Firma meine, dann nehme er die Stelle. Auf dem Einladungsschreiben seien sehr wenige Angaben über die Stelle enthalten gewesen. Der Beschwerdeführer habe nichts abgelehnt und ausdrücklich gefragt, wann sich das Unternehmen bei ihm melden werde. Er sei auch gefragt worden, ob er so etwas schon einmal gemacht habe, und habe geantwortet, dass das in seinen Unterlagen stehe. Er habe ausgeführt, dass er im Bereich Lager schon gearbeitet habe, aber Kommissionierungstätigkeiten gemacht habe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 15. April 2005 sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice eine Beschäftigung als Lagerarbeiter bei dem Unternehmen C. mit kollektivvertraglicher Entlohnung zugewiesen worden. Da seitens des Unternehmens eine Personalvorauswahl gewünscht worden sei, sei diese von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Redergasse durchgeführt worden. Die Mitarbeiterin dieser Geschäftsstelle habe angegeben, dass der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er an der Stelle interessiert sei, geantwortet habe, dass das die Firma wissen müsse. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass dies die Antwort auf die Frage gewesen sei, ob er der angeforderten Tätigkeit entspreche. Die Frage, ob er an der Stelle interessiert sei, sei "eine blöde Frage", da er sonst nicht vorgesprochen hätte. Im Berufungsverfahren habe die Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice Redergasse bestätigt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten seinem Desinteresse Ausdruck verliehen und gemeint habe, wenn die Firma meine, würde er die Stelle nehmen. In der mit ihm aufgenommen Niederschrift habe der Beschwerdeführer vor der Berufungsbehörde bestätigt, dass er auf die Frage, ob er der Meinung sei, den Anforderungen der Stelle zu entsprechen, geantwortet habe, dass das die Firma wissen müsse. Das habe er auch in seiner Berufung ausgeführt. Die übrigen Angaben der Mitarbeiterin des Arbeitsmarktservice Redergasse habe er bestritten. Er habe ausgeführt, die Stelle nicht abgelehnt zu haben. Auf die Frage, ob er eine ähnliche Tätigkeit bereits ausgeübt habe, habe er geantwortet, dass das in seinen Unterlagen stehe. Auf Grund seines Verhaltens sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer an der Aufnahme der Beschäftigung nicht interessiert gewesen sei und dem Dienstgeber nicht habe vorgeschlagen werden können. Mit dem Einladungsschreiben habe der Beschwerdeführer ein Anforderungsprofil betreffend diese Stelle erhalten. Unter Vereitelung sei auch die mangelnde Bereitschaft zu verstehen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Unter Arbeitsvereitelung sei ein Verhalten zu verstehen, das das Nichtzustandekommen des zugewiesenen zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses herbeiführe. Teil des Stellenauftrages sei die Durchführung einer Vorauswahl gewesen. Auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers bei der Vorauswahl habe er dem Unternehmen nicht vorgeschlagen werden können, da er zu erkennen gegeben habe, an einer Arbeitsaufnahme nicht interessiert zu sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer führt in seiner Beschwerde unter anderem aus, es sei ihm ein mit 15. April 2005 datiertes Schreiben des Arbeitsmarktservice übermittelt worden, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass er zur Vorauswahl für ein näher genanntes Stellenangebot eingeladen werde. Die weiteren Angaben des Beschwerdeführers darüber entsprechen jenen, die in dem eingangs genannten, im Akt befindlichen Computerausdruck enthalten sind. Des Weiteren sei in dem Schreiben gestanden, bei Interesse an diesem Stellenangebot möge der Beschwerdeführer persönlich am 28. April 2005 zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr mit seinen Bewerbungsunterlagen (Bewerbungsschreiben, Lebenslauf, Dienstzeugnisse) in das Arbeitsmarktservice Redergasse kommen. Weiters sei in dem Einladungsschreiben darauf hingewiesen worden, dass dies ein Termin (zur Kontrollmeldung) gemäß § 49 AlVG sei. Eine Nichteinhaltung ohne Angabe von Gründen könne den Verlust des Leistungsbezuges gemäß § 10 AlVG nach sich ziehen. Diesen Kontrolltermin habe der Beschwerdeführer wahrgenommen. Die Rechtsfolgen der Versäumung eines Kontrolltermines seien in § 49 Abs. 2 AlVG geregelt. § 49 AlVG enthalte keinerlei Verweisung auf § 10 AlVG, weshalb der Inhalt der Rechtsbelehrung des Einladungsschreibens zur Vorauswahl rechtswidrig gewesen sei, da bei Nichteinhaltung des Kontrolltermins ohne Angabe von Gründen als Rechtsfolge der Leistungsverlust gemäß § 10 AlVG angekündigt worden sei. Der angefochtene Bescheid gehe sogar noch über den Inhalt des Einladungsschreibens hinaus, indem er die Leistungssperre für einen durch den Beschwerdeführer wahrgenommenen Kontrolltermin verhängt habe.

§ 9 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 77/2004 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare Wegzeit für Hin- und Rückweg soll tunlich nicht mehr als ein Viertel der durchschnittlichen täglichen Normalarbeitszeit betragen. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, wie zB wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar. Bei einer Vollzeitbeschäftigung ist aber jedenfalls eine tägliche Wegzeit von zwei Stunden und bei einer Teilzeitbeschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 20 Stunden eine tägliche Wegzeit von eineinhalb Stunden zumutbar.

..."

§ 10 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 77/2004 lautet:

"§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person

1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder

2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder

3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder

4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,

so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.

(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.

(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen."

§ 49 AlVG in der zeitraumbezogen maßgebenden Fassung

BGBl. I Nr. 142/2000 lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Gemäß §§ 38 und 58 AlVG sind die genannten Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

Im vorliegenden Fall erübrigt es sich aus folgenden Gründen, darauf einzugehen, ob das Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit einer vom Arbeitsmarktservice durchgeführten Vorauswahl für die Besetzung einer Stelle Sanktionen gemäß §§ 9 und 10 AlVG auslösen kann (vgl. zu im Wesentlichen wortgleichen Fassungen der §§ 9 und 10 AlVG vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2004 neben dem vom Beschwerdeführer zitierten hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 98/08/0175, auch das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2004/08/0237; vgl. weiters betreffend die Zuweisung zu einer "Jobbörse" das hg. Erkenntnis vom 20. September 2006, Zl. 2005/08/0106, zu den auch im hier vorliegenden Fall maßgebenden Fassungen der §§ 9 und 10 AlVG):

Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, dass im Schreiben des Arbeitsmarktservice vom 15. April 2005 der Hinweis enthalten gewesen sei, dass der Termin am 28. April 2005 ein Termin für eine Kontrollmeldung gemäß § 49 AlVG sei. Die belangte Behörde ist diesem Vorbringen in der Gegenschrift nicht entgegen getreten. Das Schreiben vom 15. April 2005 befindet sich nicht im vorgelegten Verwaltungsakt, sondern lediglich der eingangs genannte Computerausdruck.

Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit eines Kontrolltermines bei einer anderen als der nach § 49 Abs. 1 AlVG zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer angesichts des Hinweises, dass es sich bei dem Termin am 28. April 2005 um einen Kontrolltermin im Sinne des § 49 AlVG handelt, nicht wissen musste, dass sein Verhalten bei diesem Vorauswahltermin für die Erlangung einer Beschäftigung ebenso relevant im Sinne der §§ 9 und 10 AlVG ist, wie etwa sein Verhalten bei einem Vorstellungstermin beim potenziellen Dienstgeber. Eine im Bezug von Arbeitslosengeld stehende Person ist nämlich grundsätzlich berechtigt, beim Betreuungsgespräch mit einem Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice alles vorzubringen, was aus ihrer Sicht gegen eine geplante Zuweisung spricht, ohne befürchten zu müssen, dass deswegen ihr Leistungsanspruch gekürzt wird. Sie ist nur verpflichtet, nach allfälliger Belehrung über die Zumutbarkeit, einer Zuweisung zu einer offenen Arbeitsstelle auch tatsächlich nachzukommen. Soll daher mit einer arbeitslosen Person kein Beratungs-, sondern ein "Vorstellungsgespräch" geführt werden, so setzt dies voraus, dass der Unterschied deutlich gemacht wird. Die Sanktion des §§ 9 iVm 10 AlVG scheidet somit aber für ein Verhalten bei einem Termin aus, wenn dieser (auch) als "Kontrolltermin" vorgeschrieben worden ist. Die beiden Tatbestände sind folglich scharf voneinander abzugrenzen, sodass die Nichteinhaltung eines Kontrolltermines im Sinne des § 49 AlVG nicht der Vereitelung einer Beschäftigung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG gleichgestellt werden kann.

Der Beschwerdeführer konnte schon wegen des Hinweises, dass es sich um einen Kontrolltermin handelt, davon ausgehen, dass lediglich dessen Wahrnehmung zur Vermeidung von Sanktionen im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG erforderlich ist, nicht aber, dass auch noch sein Verhalten bei diesem Termin Sanktionen (und zwar nach § 10 AlVG) hervorrufen könnte. Das Verhalten eines Arbeitslosen gegenüber einem Mitarbeiter des Arbeitsmarktservice bei einem Kontrolltermin ist von § 10 AlVG auf Grund der obigen Ausführungen nicht erfasst, und zwar auch dann nicht, wenn der "Kontrolltermin" nicht (wie § 49 Abs. 1 AlVG vorsieht) bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, sondern bei einer anderen Geschäftsstelle anberaumt wurde. Angesichts des Hinweises auf § 49 AlVG im Schreiben des Arbeitsmarktservice vom 15. April 2005 kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer bei der "Kontrolle" mit bedingtem Vorsatz (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2004/08/0237, mwN) im Hinblick auf die Vereitelung des Zustandekommens eines Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG gehandelt hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da es in den Pauschalsätzen der genannten Verordnung keine Deckung findet und da die Umsatzsteuer in diesen Pauschalsätzen bereits berücksichtigt ist.

Wien, am 20. Dezember 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005080159.X00

Im RIS seit

01.03.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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