TE OGH 2000/11/9 15Os116/00

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Veröffentlicht am 09.11.2000
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Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anton B***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Privatbeteiligten, Finanzämter Linz, Kirchdorf und Steyr als Finanzstrafbehörden erster Instanz, gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 9. Dezember 1999, GZ 12 Vr 416/99-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Dorninger zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen (A 4. des Urteilssatzes) unberührt bleibt, im Freispruch laut A 1. bis 3. und B des Urteilssatzes aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anton B***** von der gegen ihn erhobenen (ON 66) und in der Hauptverhandlung am 9. Dezember 1999 ausgedehnten (S 81 f) Anklage, er habe

(zu V. 1., 2. und VII. 2. der Anklageschrift sowie der ausgedehnten Anklage =A 1. bis 4. des Urteilssatzes) als Geschäftsführer der M*****gmbH (kurz: M*****) im Bereich des Finanzamtes Steyr(zu römisch fünf. 1., 2. und römisch VII. 2. der Anklageschrift sowie der ausgedehnten Anklage =A 1. bis 4. des Urteilssatzes) als Geschäftsführer der M*****gmbH (kurz: M*****) im Bereich des Finanzamtes Steyr

1. dazu beigetragen, dass die verantwortlichen Entscheidungsträger der Firma I*****GmbH, nämlich Günther B*****, Josef F***** und Franz W***** sowie der abgesondert verfolgte Gerhard H***** im gemeinsamen Zusammenwirken vorsätzlich

a) im Zeitraum März bis Juli 1990 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechende Voranmeldungen Umsätze aus Personalbereitstellungen an die M***** im Umfang von 970.231 S netto (A*****-Rechnungen) nicht erklärten und dadurch Umsatzsteuerverkürzungen von 194.046 S bewirkten und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielten,

b) im selben Zeitraum unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommenssteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten weder Lohnaufzeichnungen führten noch Lohnabgaben einbehielten noch abführten und dadurch Lohnsteuerverkürzungen von 104.591 S und Verkürzungen an Dienstnehmerbeiträgen von 30.562 S, somit Lohnabgabenverkürzungen von 135.153 S bewirkten und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielten,

c) unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht 1990 weder Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb der I***** GmbH erklärten und dadurch Verkürzungen von Körperschaftssteuern 1990 von 60.900 S und Gewerbesteuer 1990 von 29.860 S zu bewirken versuchten, noch kapitalerstragssteuerpflichtige Einnahmen von 426.902 S aus verdeckten Gewinnausschüttungen an die Entscheidungsträger der I***** GmbH offenlegten und dadurch Verkürzungen an Kapitalertragssteuer von 106.725 S bewirkten (Summe der Verkürzungen somit 197.485 S) und

2. dazu beigetragen, dass die oben angeführten Entscheidungsträger der Firma I***** GmbH in ihrer Eigenschaft als Abgabepflichtige die abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht vorsätzlich dadurch verletzten, dass sie ihrer für die Erhebung der Einkommenssteuer zuständigen Abgabenbehörde weder den Beginn ihrer Tätigkeit als Entscheidungsträger der I***** GmbH anzeigten, noch die ihnen 1990 aus dieser Tätigkeit zugeflossenen Einkünfte aus Kapitalvermögen von insgesamt 426.902 S offenlegten und W*****, B***** und H***** hiedurch je Einkommenssteuerverkürzungen 1990 von 43.941 S und F***** solche von 53.337 S, also Einkommenssteuerverkürzungen von insgesamt 185.160 S zu bewirken versuchten,

indem er mitveranlasste bzw zuließ, dass im steuerlichen Rechenwerk der I***** GmbH Ausgangsrechnungen der I***** an die M***** unter Bezeichnung einer tatsächlich am Leistungsaustausch unbeteiligten dritten Firma, nämlich die Firma A***** GmbH (kurz: A*****), als leistendes Unternehmen anstelle ordnungsgemäßer Rechnungen mit richtiger Bezeichnung des leistenden Unternehmens I***** zum Ansatz gebracht wurden, wodurch einerseits Schwarzerlöse sowie unversteuerte Lohnauszahlungen bei der Firma I***** GmbH ermöglicht und andererseits die zwischen I***** und M***** bestehenden Leistungsbeziehungen verschleiert bzw der finanzinternen Kontrollmöglichkeit entzogen werden sollten und die Firma M***** überdies in den Genuß von wesentlich kostengünstiger vermitteltem Leasingpersonal kommen konnte;

3. falsche oder verfälschte Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten, Rechtsverhältnissen oder Tatsachen gebraucht, und zwar im Jahr 1990 in Sierning die von Gerhard H***** gefälschten 25 Ausgangsrechnungen der I***** GmbH lautend auf A*****, sohin gefälschte Privaturkunden in das Rechenwerk der M***** aufgenommen;

4. im Zeitraum März und April 1997 in Kronstorf und Lehigh, Florida, USA, den Gerhard H***** durch ein an diesen gerichtetes Schreiben mit dem Ersuchen um Beantwortung eines Fragenkataloges im Sinne einer Auflistung mit von Anton B***** gewünschten Antworten zum gegenständlichen Strafverfahren (Beilagen ./R und./T des HV-Protokolls vom 9. 6.), welchem Ersuchen Gerhard H***** nachkommen sollte und entsprechend dem durch das österreichische Konsulat in Miami am 9. 4. 1999 bestätigten Schriftsatz (Beilage ./Q des HV-Protokolls vom 9. 6.) dem Landesgericht Steyr übermittelte, den Gerhard H***** dazu bestimmt, falsche Beweismittel herzustellen, wobei er mit dem Vorsatz gehandelt habe, dass diese im gegenständlichen gerichtlichen Verfahren gebraucht werden,

gemäß § 259 Z 3 StPO,

und er habe (zu V. 3. der Anklageschrift = B des Urteilssatzes) als Geschäftsführer der M***** im Bereich des Finanzamtes Steyr unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb der M***** in zu niedriger bzw Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen in unrichtiger Höhe erklärt, indem er 1986 drei Eingangsrechnungen für Personalbeistellung einer tatsächlich nicht existenten Personalleasingfirma "E*****" im Gesamtbetrag von 518.088S brutto unrechtmäßig als Aufwand absetzte bzw die daraus resultierende Vorsteuer ungerechtfertigt in Anspruch nahm und hiedurch 1986 Verkürzungen von USt im Betrag von 86.348 S, von Körperschaftssteuer im Betrag von 217.510 S und von Gewerbesteuer im Betrag von 43.863 S, somit Verkürzungen von insgesamt 347.721 S bewirkt,und er habe (zu römisch fünf. 3. der Anklageschrift = B des Urteilssatzes) als Geschäftsführer der M***** im Bereich des Finanzamtes Steyr unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb der M***** in zu niedriger bzw Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen in unrichtiger Höhe erklärt, indem er 1986 drei Eingangsrechnungen für Personalbeistellung einer tatsächlich nicht existenten Personalleasingfirma "E*****" im Gesamtbetrag von 518.088S brutto unrechtmäßig als Aufwand absetzte bzw die daraus resultierende Vorsteuer ungerechtfertigt in Anspruch nahm und hiedurch 1986 Verkürzungen von USt im Betrag von 86.348 S, von Körperschaftssteuer im Betrag von 217.510 S und von Gewerbesteuer im Betrag von 43.863 S, somit Verkürzungen von insgesamt 347.721 S bewirkt,

wegen Unzuständigkeit des Gerichtes gemäß § 214 FinStrG freigesprochen.

Nach den -für die Erledigung der Beschwerde- wesentlichen erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen (US 5 ff) gründete der Angeklagte Anton B***** mit Ing. Adolf M***** 1985 die M*****, welche sie in die 1988 von ihnen errichtete M***** GmbH einbrachten, an der sie je zur Hälfte beteiligt sind und - im Innenverhältnis nach Sachgebieten beschränkt - als Geschäftsführer fungieren. Gegenstand des Unternehmens ist die Objektsanierung nach Brand- und Wasserschäden sowie die Durchführung von Baumeisterarbeiten unter Inanspruchnahme von Leasingarbeitskräften. Solche wurden schon seinerzeit von der M*****GmbH des Gerhard H***** der M***** zur Verfügung gestellt, der in diesem Zusammenhang wegen Abgabenhinterziehungen am 18. April 1990 zu 11 Vr 388/89 des (damaligen) Kreisgerichtes Steyr rechtskräftig verurteilt wurde. Zu dieser Zeit gründete Gerhard H***** mit Günther B*****, Josef F***** und Franz W***** die Nachfolgefirma I***** GmbH mit dem Ziel, im Raum Linz und Steyr unangemeldet (schwarz) beschäftigte Arbeitskräfte unter Missachtung der Steuervorschriften an Firmen zu vermieten.

Anton B***** schloss zwischen März und Juli 1990 mit der I***** GmbH insgesamt 25 Personalbereitstellungsgeschäfte mit einem Auftragsvolumen von brutto 1,256.946 S (= 970.231 S netto) ab. Da der Angeklagte aber gegenüber Gerhard H***** auf den Nachweis einer ordnungsgemäßen Gewerbeberechtigung bestand, ersetzte dieser die ursprünglich schon auf die I***** GmbH ausgestellten Rechnungen nachträglich durch solche der Firma A*****. Zu diesem Zweck verfälschte der (auch deswegen) abgesondert verfolgte Gerhard H***** im Büro der I***** GmbH Original-Geschäftspapiere der in Linz ansässigen A*****, indem er auf deren Briefpapier anstelle der Linzer Originaladresse die Anschrift Ansfelden, T*****, sowie eine Kontoverbindung der I***** GmbH der Sparkasse Ansfelden kopierte. Mit dem so veränderten Briefpapier stellte er 25 Ausgangsrechnungen über vorgeblich von der A***** (tatsächlich aber von der I***** GmbH) im Jahre 1990 erbrachte und mit der M***** bereits abgerechnete Leistungen aus. Diese übergab er dem Angeklagten B*****, wobei er ihm vorspiegelte, er habe sein Geschäft in die A***** eingebracht und würde daher über die A***** abrechnen. Der Angeklagte glaubte ihm dies und entfernte daraufhin in der Meinung, dass eine ordnungsgemäße Gewerbeberechtigung, somit auch eine ordnungsgemäße Abrechnung gegeben sei, die ursprünglich auf I***** GmbH lautenden Rechnungen aus der M*****-Buchhaltung und tauschte sie gegen die A*****-Rechnungen aus. Zufolge dieser Schwarzumsätze wurden durch die I***** GmbH vorsätzlich die im Spruch A 1. und 2. näher angeführte Steuerhinterziehungen im Gesamtbetrag von 711.844 S bewirkt, wobei es bezüglich eines Betrages von 275.920 S beim Versuch blieb.

Zusammenfassend konstatiert das Erstgericht, dem Angeklagten Anton B***** sei im Zusammenhang mit diesen Personalleasingleistungen der I***** GmbH bzw Austausch der Rechnungen und Aufnahme der Rechnungen der A***** in das Rechenwerk der M***** eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung bzw -beteiligung hiezu und auch eine Urkundenfälschung nicht nachzuweisen.

Den beweiswürdigenden Erwägungen stellten die Tatrichter voran: "Im Hinblick auf das umfangreiche Beweisverfahren ist es aber müssig, sich mit jedem einzelnen Beweismittel selbst auseinanderzusetzen. Es kann nur in einer Gesamtschau unter Würdigung sämtlicher Beweismittel die Entscheidung getroffen werden" (US 9).

Im Einzelnen wird sodann ausgeführt, dass der Austausch der Rechnungen an sich gegen die Verantwortung spreche. Der Rechnungsprüfer Konrad H***** habe bestätigt, dass der Angeklagte eingestanden habe, die inkriminierten Rechnungen aus der M*****-Buchhaltung entfernt und in einem besonderen Ordner aufbewahrt zu haben; er habe sie aber anlässlich der Betriebsprüfung zur Verfügung gestellt. Die A***** sei ein doch erheblich großes Unternehmen, das als Konkurrenz zur M***** an sich bekannt sein müsste. Dennoch sei die leugnende Verantwortung des Angeklagten nicht zu widerlegen; denn nach der "äußerst dubiosen Persönlichkeit" des Gerhard H*****, seiner (den Beschwerdeführer) belastenden, "nicht absolut glaubwürdigen" Aussage sowie wegen widersprüchlicher Angaben namentlich genannter Zeugen sei es möglich und "absolut nicht unwahrscheinlich", dass H***** auch Anton B***** erfolgreich getäuscht habe. Es könne daher aus sämtlichen Beweismitteln nicht mit der erforderlichen Sicherheit geschlossen werden, der Angeklagte B***** habe gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen, dass den auf A***** ungeschriebenen 25 Ausgangsrechnungen Schwarzgeschäfte bzw nicht versteuerte Arbeiten zu Grunde lagen, weshalb er im Zweifel nicht nur vom Angeklagevorwurf der Beitragstäterschaft zur Abgabenhehlerei, sondern auch vom Vergehen der Urkundenfälschung gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen sei (US 58 ff).

Den gemäß § 214 FinStrG ergangenen Freispruch begründete das Ersgericht mit der Tatsache, dass eine Personalleasingfirma E***** nicht existent und die anklagegegenständliche Verkürzung eines Betrages von 347.721 S für sich allein nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes falle (US 12).

Gegen diese Freisprüche erhoben die Finanzämter Linz, Kirchdorf und Steyr als Finanzstrafbehörde I.Instanz durch ihre gemeinsame Vertreterin eine auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, "das angefochtene Urteil" als nichtig aufzuheben.Gegen diese Freisprüche erhoben die Finanzämter Linz, Kirchdorf und Steyr als Finanzstrafbehörde römisch eins.Instanz durch ihre gemeinsame Vertreterin eine auf § 281 Abs 1 Z5StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, "das angefochtene Urteil" als nichtig aufzuheben.

Sie ist teilweise im Recht.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend bemängelt die Beschwerde vorrangig die in den Gründen zwar gebotene, indes aber unterbliebene Auseinandersetzung mit (in der Hauptverhandlung verlesenen S 105f/IV) den Angeklagten belastenden Ergebnissen des finanzstrafrechtlichen Vorverfahrens, in welchem Anton B***** (teilweise durch seinen Verteidiger) unterschiedliche, sich widersprechende Angaben über seit 1986 bestehende Geschäftsverbindungen seines Unternehmens mit der I***** GmbH bzw zu Gerhard H***** gemacht hatte (S 36 ff, 121 bis 125 des PAST-Fahndungsaktes M***** I = ON 18 des Vr-Aktes). Auch sei unerörtert geblieben, dass B***** noch anlässlich seiner ersten Einvernahme durch die Finanzbehörde am 2. Juli 1991 geleugnet habe, Manipulationen im Belegwesen der M***** vorgenommen zu haben (S 78 des PAST-Fahndungsaktes M***** I), während er in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 23. Juli 1991 (ON 18/I) - allerdings mit der Behauptung, durch Gerhard H***** getäuscht worden zu sein - den Rechnungsaustausch zugegeben und schließlich in der Hauptverhandlung am 9. Juni 1999 behauptet habe, diesen nie bestritten zu haben (S 7/IV).

Obgleich das Gericht nach § 258 StPO bei der (im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbaren) Beweiswürdigung freie Hand hat, ist es verpflichtet, alle vorgekommenen entscheidenden Beweismittel nicht nur einzeln und in ihrem Zusammenhang zu erörtern, sondern auch nachprüfbar darzutun, aus welchen konkreten Erwägungen es über die seinen Feststellungen entgegenstehenden Beweistatsachen hinweggekommen ist und diese für belanglos oder weniger überzeugend hielt (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 E 57, 57a, 63 mit Judikaturhinweisen; 15 Os 308/96 uam).

Dies ist im angefochtenen Urteil nicht ausreichend geschehen, obwohl die Beantwortung der Frage nach der Strafbarkeit des Angeklagten wegen Beitragstäterschaft zur Abgabenhinterziehung und wegen Urkundenfälschung vorwiegend davon abhing, ob dessen leugnender Verantwortung Glauben zu schenken war oder nicht.

Dazu hätte es fallbezogen - im Gegensatz zur verfehlten Ansicht der Tatrichter (US9) - einer eingehenden und kritischen Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Inhalten der erhobenen entlastenden und belastenden bedeutsamen Sach- und Personalbeweisen bedurft (so etwa den finanzbehördlichen Anzeigen und Berichten, den Aussagen der Zeugen Günter B*****, Josef F*****, Gerhard H*****, Rainer M*****, Mag. Andreas S*****, Andrea M*****, Brigitta W***** und Sabine T*****). Gemäß den klaren Vorschriften des § 258 StPO wäre es keineswegs "müßig", sondern Pflicht des Erkenntnisgerichtes gewesen, sich mit allen entscheidungsrelevanten Verfahrensergebnissen - einschließlich der wechselnden Verantwortung des Angeklagten - einzeln und in ihrem Zusammenhang sorgfältig zu befassen und sodann auf dieser Grundlage seinen Standpunkt zureichend zu begründen.

Angesichts des Umstandes, dass im Urteil von (allerdings nicht ausreichend konkretisierten) "erheblichen Verdachtsmomenten" für eine Täterschaft des Angeklagten gesprochen wird, genügte der bloße Hinweis auf die fehlende "absolute" Glaubwürdigkeit des Gerhard H*****, dessen "äußerst dubiose Persönlichkeit" und die geradezu bedenkenlose Falschbestätigung des ihm bereits ausgefüllt übermittelten Fragenkatalogs sowie auf die "widersprüchlichen Angaben" einiger Zeugen nicht, die Verantwortung des Angeklagten als "nicht zu widerlegen" darzustellen, dabei aber gegen ihn sprechende erhebliche Beweistatsachen mit Stillschweigen zu übergehen.

Die unvollständige Auseinandersetzung mit den entscheidungsrelevanten Verfahrensergebnissen erfordert daher-ohne dass auf die weiteren Einwände der Beschwerdeführer einzugehen ist-die Kassierung des erstgerichtlichen Freispruchs laut A 1. bis 3. des Urteilssatzes und insoweit die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung in erster Instanz (§ 285e StPO). Da nicht auszuschließen ist, dass im zweiten Rechtsgang eine andere Lösung der Schuldfrage erfolgt und sich der Angeklagte der anklagegegenständlichen, in die gerichtliche Kompetenz fallenden Finanzdelikte schuldig gemacht haben könnte, war wegen des Sachzusammenhangs auch der gemäß § 214 FinStrG ergangene Freispruch (B des Urteilssatzes) aufzuheben.

Aus den dargelegten Gründen war daher-in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der dazu vom Beschwerdeführer erstatteten Äußerung und der zur Nichtigkeitsbeschwerde überreichten Gegenausführung-der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben, das angefochtene Urteil im bezeichneten Umfang aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen.

Soweit der Rechtsmittelantrag darauf gerichtet ist, "das angefochtene Urteil aufzuheben" (S 151/IV), somit uneingeschränkt auch den Freispruch des Angeklagten vom Vergehen nach § 12 erster Fall, 293 Abs 1 StGB (A 4. des Urteilssatzes) umfasst, ermangelt es den Beschwerdeführern an der Rechtsmittellegitimation. Gemäß § 200 Abs 4 FinStrG erstreckt sich die Rechtsmittelbefugnis der Finanzstrafbehörde (außer auf Finanzvergehen) nur auf solche gerichtlich strafbare Handlungen, die in Tateinheit mit Finanzvergehen zusammentreffen (Dorazil-Harbich FinStrG § 200 Anm 5 und E 5 f mit Judikaturhinweisen). Dies hat im aktuellen Fall zur Folge, dass die Anfechtungslegitimation der Finanzstrafbehörden auf den Freispruch vom Vorwurf des in Idealkonkurrenz mit den Beitragshandlungen zu den Finanzvergehen A 1. und 2.) begangenen Gebrauchs verfälschter Urkunden nach § 223 Abs 2 StGB (A 3.) beschränkt bleibt, aber in Bezug auf den weiteren Freispruch (A 4.) fehlt, weil diesem eine (mehrere Jahre später, demnach) in Realkonkurrenzbegangene Straftat nach § 12 erster Fall, 293 Abs 1 StGB zu Grunde liegt. In diesem Umfang war sonach die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Mangels Anfechtung dieses Freispruchs (A 4.) - durch den öffentlichen Ankläger - ist er in Rechtskraft erwachsen (vgl ON 73).Soweit der Rechtsmittelantrag darauf gerichtet ist, "das angefochtene Urteil aufzuheben" (S 151/IV), somit uneingeschränkt auch den Freispruch des Angeklagten vom Vergehen nach § 12 erster Fall, 293 Abs 1 StGB (A 4. des Urteilssatzes) umfasst, ermangelt es den Beschwerdeführern an der Rechtsmittellegitimation. Gemäß § 200 Abs 4 FinStrG erstreckt sich die Rechtsmittelbefugnis der Finanzstrafbehörde (außer auf Finanzvergehen) nur auf solche gerichtlich strafbare Handlungen, die in Tateinheit mit Finanzvergehen zusammentreffen (Dorazil-Harbich FinStrG § 200 Anm 5 und E 5 f mit Judikaturhinweisen). Dies hat im aktuellen Fall zur Folge, dass die Anfechtungslegitimation der Finanzstrafbehörden auf den Freispruch vom Vorwurf des in Idealkonkurrenz mit den Beitragshandlungen zu den Finanzvergehen A 1. und 2.) begangenen Gebrauchs verfälschter Urkunden nach § 223 Abs 2 StGB (A 3.) beschränkt bleibt, aber in Bezug auf den weiteren Freispruch (A 4.) fehlt, weil diesem eine (mehrere Jahre später, demnach) in Realkonkurrenzbegangene Straftat nach § 12 erster Fall, 293 Abs 1 StGB zu Grunde liegt. In diesem Umfang war sonach die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Mangels Anfechtung dieses Freispruchs (A 4.) - durch den öffentlichen Ankläger - ist er in Rechtskraft erwachsen vergleiche ON 73).

Textnummer

E59967

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0150OS00116..1109.000

Im RIS seit

09.02.2001

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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