TE OGH 2000/11/23 15Os149/00

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Veröffentlicht am 23.11.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Günther L***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15. September 1999, AZ 6 Bs 398/99 (= ON 41 des Vr-Aktes), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, und des Sachverständigen Ing. Mag. Dr. Hager, jedoch in Abwesenheit des Verdächtigen, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Krüger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Günther L***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach Paragraph 33, Absatz eins, FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15. September 1999, AZ 6 Bs 398/99 (= ON 41 des Vr-Aktes), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Kirchbacher, und des Sachverständigen Ing. Mag. Dr. Hager, jedoch in Abwesenheit des Verdächtigen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 15. September 1999, AZ 6 Bs 398/99 (GZ 32 Vr 525/99-41 des Landesgerichtes Innsbruck), verletzt §§ 34 Abs 2 und 35 Abs 1 GebAG.Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Beschwerdegericht vom 15. September 1999, AZ 6 Bs 398/99 (GZ 32 römisch fünf r 525/99-41 des Landesgerichtes Innsbruck), verletzt Paragraphen 34, Absatz 2 und 35 Absatz eins, GebAG.

Dieser Beschluss wird aufgehoben und dem Oberlandesgericht Innsbruck die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde des Verdächtigen Günther L***** aufgetragen.

Unabhängig von der endgültigen Gebührenfestsetzung ist die allenfalls entstehende Kostenersatzpflicht des Günther L***** insoweit mit 35.265 S begrenzt.

Text

Gründe:

Beim Landesgericht Innsbruck ist zum AZ 32 Vr 525/99 gegen Günther L***** ein Strafverfahren wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und anderer strafbarer Handlungen anhängig. In diesem erließ der Untersuchungsrichter im Rahmen von Vorerhebungen am 1. und 29. März 1999 Hausdurchsuchungsbefehle für Räumlichkeiten von drei dem Verdächtigen zugeordneten Firmen und beauftragte "Beamte des Finanzamtes Innsbruck in Zusammenarbeit mit Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck unter Beiziehung des Sachverständigen Dipl. Ing. Mag. Dr. Anton H*****" mit der Durchführung (ON 12 und 17). Dem lag ein Antrag der Staatsanwaltschaft zugrunde, bei der Hausdurchsuchung "einen EDV-Sachverständigen beizuziehen, und zwar zur Datensicherung und zur Überprüfung der Verantwortung des Verdächtigen" (S 2 des Antrags- und Verfügungsbogens).Beim Landesgericht Innsbruck ist zum AZ 32 römisch fünf r 525/99 gegen Günther L***** ein Strafverfahren wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach Paragraph 33, Absatz eins, FinStrG und anderer strafbarer Handlungen anhängig. In diesem erließ der Untersuchungsrichter im Rahmen von Vorerhebungen am 1. und 29. März 1999 Hausdurchsuchungsbefehle für Räumlichkeiten von drei dem Verdächtigen zugeordneten Firmen und beauftragte "Beamte des Finanzamtes Innsbruck in Zusammenarbeit mit Beamten der Bundespolizeidirektion Innsbruck unter Beiziehung des Sachverständigen Dipl. Ing. Mag. Dr. Anton H*****" mit der Durchführung (ON 12 und 17). Dem lag ein Antrag der Staatsanwaltschaft zugrunde, bei der Hausdurchsuchung "einen EDV-Sachverständigen beizuziehen, und zwar zur Datensicherung und zur Überprüfung der Verantwortung des Verdächtigen" (S 2 des Antrags- und Verfügungsbogens).

Bei der Hausdurchsuchung am 8. April 1999 nahmen der Sachverständige und zwei Hilfskräfte an einer EDV-Netzwerkanlage eine umfassende Datensicherung vor. Später überspielte der Experte die Daten so, dass ein direkter Zugriff möglich ist (ON 24).

Ing. Mag. Dr. Anton H***** beanspruchte für Reisekosten, Zeitversäumnis, Mühewaltung nach § 34 Abs 2 GebAG und sonstige Kosten inklusive Umsatzsteuer eine Gebühr von insgesamt 77.977 S (ON 25, 27). Diese bestimmte der Untersuchungsrichter mit Beschluss vom 28. Juni 1999 (ON 32) antragsgemäß.Ing. Mag. Dr. Anton H***** beanspruchte für Reisekosten, Zeitversäumnis, Mühewaltung nach Paragraph 34, Absatz 2, GebAG und sonstige Kosten inklusive Umsatzsteuer eine Gebühr von insgesamt 77.977 S (ON 25, 27). Diese bestimmte der Untersuchungsrichter mit Beschluss vom 28. Juni 1999 (ON 32) antragsgemäß.

Der dagegen vom Verdächtigen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Innsbruck entgegen der Rechtsmittelbeantwortung des Sachverständigen (ON 39) mit dem angefochtenen Beschluss teilweise Folge, bestimmte die Gebühr mit insgesamt 35.265 S und wies das Mehrbegehren des Experten ab (ON 41).

Zur Mühewaltung vertrat der Gerichtshof zweiter Instanz die Auffassung, bei der Tätigkeit des Sachverständigen habe es sich weder um die Aufnahme eines Befundes noch um die Erstattung eines Gutachtens, sondern um eine im Auftrag des Gerichtes durchgeführte "Ermittlung zu Beweissicherungszwecken" gehandelt, für die § 35 Abs 1 GebAG eine besondere Gebühr für Mühewaltung (nach festen Stundensätzen) vorsehe (S 8 f der Beschwerdeentscheidung).Zur Mühewaltung vertrat der Gerichtshof zweiter Instanz die Auffassung, bei der Tätigkeit des Sachverständigen habe es sich weder um die Aufnahme eines Befundes noch um die Erstattung eines Gutachtens, sondern um eine im Auftrag des Gerichtes durchgeführte "Ermittlung zu Beweissicherungszwecken" gehandelt, für die Paragraph 35, Absatz eins, GebAG eine besondere Gebühr für Mühewaltung (nach festen Stundensätzen) vorsehe (S 8 f der Beschwerdeentscheidung).

Wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, steht der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck insoweit mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichtes stellte die Datensicherung eine Befundaufnahme eines Sachverständigen dar. Sie war darauf gerichtet, auf Grund besonderen Fachwissens (so zutreffend ON 39) rechtserhebliche Tatsachen festzustellen. Diese können später vom nämlichen oder einem anderen Sachverständigen ausgewertet (weiterer ergänzender Befund) und daraus die notwendigen Schlüsse gezogen werden (Gutachten).

Für seine Tätigkeit wäre der Sachverständige, der nicht nach einem Pauschaltarif des GebAG zu entlohnen ist und (demgemäß) im Falle der Befundaufnahme während seiner Teilnahme an einer im Auftrag des Gerichtes geführten Ermittlung bei Geltendmachung der Gebühr für eine solche ein Wahlrecht zwischen der auf festen Stundensätzen beruhenden "Teilnahmegebühr" nach § 35 Abs 1 GebAG und der an den außergerichtlichen Einkünften für eine gleiche oder ähnliche Sachverständigentätigkeit orientierten Mühewaltungsgebühr (in Strafsachen) nach § 34 Abs 2 GebAG hat (vgl die RV zur Novelle des GebAG mit BGBl 1994/623, 1554 BlgNR XVIII. GP 12, und Krammer, Zur Gebührenanspruchsgesetznovelle 1994, Der Sachverständige 1995, 9 [14]), nach der von ihm herangezogenen Bestimmung des § 34 Abs 2 GebAG zu honorieren gewesen. Weil von einer bloßen Teilnahme des Sachverständigen an einer im Auftrag des Gerichtes durchgeführten Ermittlung (ohne Befundaufnahme oder Gutachtenserstattung) keine Rede sein kann, war die vom verzeichneten Ansatz des § 34 Abs 2 GebAG abweichende Gebührenbestimmung nach § 35 Abs 1 GebAG verfehlt.Für seine Tätigkeit wäre der Sachverständige, der nicht nach einem Pauschaltarif des GebAG zu entlohnen ist und (demgemäß) im Falle der Befundaufnahme während seiner Teilnahme an einer im Auftrag des Gerichtes geführten Ermittlung bei Geltendmachung der Gebühr für eine solche ein Wahlrecht zwischen der auf festen Stundensätzen beruhenden "Teilnahmegebühr" nach Paragraph 35, Absatz eins, GebAG und der an den außergerichtlichen Einkünften für eine gleiche oder ähnliche Sachverständigentätigkeit orientierten Mühewaltungsgebühr (in Strafsachen) nach Paragraph 34, Absatz 2, GebAG hat vergleiche die RV zur Novelle des GebAG mit BGBl 1994/623, 1554 BlgNR römisch XVIII. GP 12, und Krammer, Zur Gebührenanspruchsgesetznovelle 1994, Der Sachverständige 1995, 9 [14]), nach der von ihm herangezogenen Bestimmung des Paragraph 34, Absatz 2, GebAG zu honorieren gewesen. Weil von einer bloßen Teilnahme des Sachverständigen an einer im Auftrag des Gerichtes durchgeführten Ermittlung (ohne Befundaufnahme oder Gutachtenserstattung) keine Rede sein kann, war die vom verzeichneten Ansatz des Paragraph 34, Absatz 2, GebAG abweichende Gebührenbestimmung nach Paragraph 35, Absatz eins, GebAG verfehlt.

Diese Gesetzesverletzung wirkte sich zum Vorteil des Verdächtigen, jedoch zum Nachteil des Sachverständigen aus. Aus diesem Grund war ihrer Feststellung konkrete Wirkung zuzuerkennen, jedoch zugleich sicherzustellen, dass sich daraus keine nachteiligen Auswirkungen für den Verdächtigen ergeben können (vgl EvBl 1992/72, 15 Os 112, 113/99).Diese Gesetzesverletzung wirkte sich zum Vorteil des Verdächtigen, jedoch zum Nachteil des Sachverständigen aus. Aus diesem Grund war ihrer Feststellung konkrete Wirkung zuzuerkennen, jedoch zugleich sicherzustellen, dass sich daraus keine nachteiligen Auswirkungen für den Verdächtigen ergeben können vergleiche EvBl 1992/72, 15 Os 112, 113/99).

Anmerkung

E60232 15D01490

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0150OS00149..1123.000

Dokumentnummer

JJT_20001123_OGH0002_0150OS00149_0000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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