TE OGH 2000/12/6 9ObA275/00g

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Veröffentlicht am 06.12.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Norbert Riedl und Univ. Prof. Dr. Walter Schrammel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann F*****, Angestellter, *****, vertreten durch Gruber & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei H*****GmbH, *****, vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen S 219.595,16 brutto sA (Revisionsinteresse S 167.177,98 brutto), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 2000, GZ 10 Ra 72/00g-27, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. Oktober 1999, GZ 23 Cga 246/98h-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Zuspruch von S 52.300,-

und in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 4.764,38 als unangefochten von dieser Entscheidung unberührt bleiben, werden im übrigen dahin abgeändert, dass sie unter Einschluss der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt wie folgt zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 84.948,-

brutto samt 8,5 % Zinsen seit 23. 6. 1998 aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere S 134.647,16 brutto sA zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.389,- bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 2.057,50 Umsatzsteuer und S 44,- Barauslagen) sowie die mit S 16.092,20 bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz (darin S 1.268,70 Umsatzsteuer und S 8.480 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.081,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 913,50 Umsatzsteuer und S 10.600,- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. 3. 1989 bis zum 23. 6. 1998 als Angestellter im EDV-Bereich tätig.

Er begehrte in erster Instanz letztlich den Zuspruch von S 219.595,16 brutto sA (S 14.168,- offener Lohn; S 58.747,87 Kündigungsentschädigung; S 18.480 aliquotes Urlaubs- und Weihnachtsgeld; S 67.996,92 Urlaubsentschädigung; S 55.440,-

Abfertigung und S 4.764,38 als Abgeltung für Überstunden). Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn beschimpft und habe in diesem Verhalten verharrt, obwohl der Kläger angedroht habe, im Falle weiterer Beschimpfungen die Firma zu verlassen. Der Kläger sei daher am 23. 6. 1998 berechtigt ausgetreten.

Die Beklagte anerkannte das Klagebegehren im Umfang von S 52.300,-

(aus dem Titel der Urlaubsabfindung) und beantragte im Übrigen dessen Abweisung. Das Arbeitsverhältnis sei durch berechtigte Entlassung beendet worden. Der Kläger habe schon in früheren Jahren zahlreiche Entlassungsgründe gesetzt (Erstellung falscher Umsatzsteuervoranmeldungen; Unterlassung der Abmeldung von 18 Arbeitnehmern; Veranlassung der doppelten Auszahlung der Familienbeihilfe; Verbuchung privater Rechnungen bei der Beklagten; siehe im Detail das Vorbringen ON 3). Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis nur deswegen nicht schon früher beendet, weil sie auf die vom Kläger erstellten Computerprogramme angewiesen gewesen sei. Zur Entlassung sei es schließlich gekommen, weil der Kläger zweimal durch von ihm nicht eingehaltene Zusagen über Fehlerbehebungen die Buchhalterin der Beklagten veranlasst habe, während ihres Urlaubes in den Betrieb zu kommen, um dringende Buchhaltungsarbeiten durchzuführen. Nachdem die Buchhalterin zweimal vergeblich in den Betrieb gekommen sei, sei es zu einem Wortwechsel zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten gekommen, in dessen Verlauf die Entlassung ausgesprochen worden sei. Nach der Entlassung habe der Geschäftsführer überdies festgestellt, dass der Kläger während des aufrechten Arbeitsverhältnisses ohne Zustimmung der Beklagten deren Buchhaltungsprogramme für eigene unternehmerische Zwecke - nämlich zur Durchführung von Bilanzbuchhaltungen für Dritte - verwendet habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von S 214.830,78 brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von S 4.764,38 brutto sA (Abgeltung für Überstunden) ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

1994 hatte der Kläger etliche Arbeitnehmer der Beklagten verspätet bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet, sodass die Beklagte Beiträge nachzahlen musste. Im März 1995 stellte sich heraus, dass der Kläger seit März 1994 die Familienbeihilfe doppelt bezogen hatte. Ebenfalls im Jahr 1995 erfuhr der Geschäftsführer, dass der Kläger auf den Namen der Beklagten private Bestellungen vornahm und die Rechnungen von der Beklagten bezahlen ließ. Obwohl der Geschäftsführer wegen dieser Vorfälle das Vertrauen in den Kläger verloren hatte, beendete er das Arbeitsverhältnis nicht, weil er der Meinung war, dass er das EDV-Programm, mit dem nur der Kläger umgehen konnte, nicht einen Tag aufrecht erhalten könne. Dennoch unternahm der Geschäftsführer nichts gegen diese Abhängigkeit vom Kläger. Als dieser 1996 ein eigenes Büro eröffnete, kam der Geschäftsführer seinem Wunsch nach, das Arbeitsverhältnis im Sinne einer Halbtagsbeschäftigung zu ändern. Gleichzeitig schloss die Beklagte mit dem Kläger einen Werkvertrag ab, in dessen Rahmen der Kläger neue Programme entwickeln sollte.

Im Juni 1998 war die Buchhalterin der Beklagten vor ihrem Urlaub nicht mehr mit Fakturierungsarbeiten fertig geworden, weil ihr infolge von Problemen mit der Standleitung erforderliche Daten nicht zur Verfügung standen. Sie erklärte sich bereit, aus ihrem Urlaub zur Durchführung dieser Arbeiten in den Betrieb zu kommen und hielt schriftlich fest, welche Daten sie noch vom für die EDV zuständigen Kläger benötige. Der Kläger startete ein entsprechendes Fehlerprogramm und teilte dies dem Geschäftsführer mit. In der Folge wurde der Buchhalterin - von wem ist nicht feststellbar - mitgeteilt, dass sie die Fakturierungsarbeiten durchführen könne. Als sie daraufhin in den Betrieb kam, waren die erforderlichen Daten noch immer nicht lückenlos vorhanden.

Am folgenden Tag, dem 23. 6. 1998, kam der Kläger wegen eines Verkehrsunfalles verspätet ins Büro. Er wurde vom Geschäftsführer in rüdem Ton auf die Fehlerliste angesprochen. Es kam zu einem Wortwechsel, in dessen Verlauf der Geschäftsführer dem Kläger gegenüber ua folgende Äußerungen machte: "...weil Sie so idiotisch arbeiten ...., schauen Sie nicht so blöd ....; Sie sind ein Idiot."

Der Kläger erwiderte darauf, dass er - wenn der Geschäftsführer seinen Ton nicht ändere und die wüsten Beschimpfungen nicht aufhörten - aufstehen und gehen werde. Der Geschäftsführer entgegnete ihm, "dann gehen Sie halt". Daraufhin packte der Kläger seine Sachen und ging.

Noch am selben Tag teilte der Kläger der Beklagten per Telefax mit, dass er die Erklärungen des Geschäftsführers als Kündigung mit gleichzeitiger Dienstfreistellung werte. Obwohl der Geschäftsführer der Beklagten mit den Worten "dann gehen Sie" zum Ausdruck bringen wollte und auch zum Ausdruck gebracht hat, dass der Kläger zusammenpacken und seine Arbeit für die Beklagte beenden solle (was der Kläger auch so verstanden hat), beantwortete die Beklagte die Mitteilung des Klägers mit dem Hinweis, dass keine Kündigung ausgesprochen worden sei und der Kläger zum Dienstantritt aufgefordert werde. Mit Schreiben vom 25. 6. 1998 erklärte die Beklagte, die fristlose Entlassung des Klägers auszusprechen.

Ebenfalls am 25. 6. 1998 stellte sich der Kläger in einem Schreiben auf den Standpunkt, am 23. 6. 1998 - wenngleich in Unkenntnis der juristischen Terminologie - berechtigt vorzeitig ausgetreten zu sein.

Nachdem der Kläger seinen Arbeitsplatz geräumt hatte, fand der Geschäftsführer Unterlagen, aus denen hervorging, dass der Kläger am 19. 6. 1998 ohne Wissen und Zustimmung der Beklagten ein in deren Eigentum stehendes EDV-Programm dazu verwendet hatte, für einen Dritten ein Controlling - Programm zu erstellen. Trotzdem ließ der Geschäftsführer den Kläger noch einen Monat lang auf Werkvertragsbasis weiterarbeiten und Service-Arbeiten am EDV-Programm durchführen.

Ob der Kläger Überstunden geleistet hat, ist nicht feststellbar.

Ausgehend von diesem Sachverhalt vertrat das Erstgericht folgende Rechtsauffassung:

Das Verhalten des Geschäftsführers sei als Entlassung des Klägers zu qualifizieren. Die als Entlassungsgrund geltend gemachten Vorfälle aus früheren Jahren rechtfertigten diese Entlassung nicht, weil die Beklagte durch ihr Verhalten gezeigt habe, dass sie die Weiterbeschäftigung des Klägers nicht als unzumutbar empfunden habe. Im Übrigen seien außer dem nachträglich hervorgekommenen Umstand, dass der Kläger ein EDV-Programm der Beklagten für Dritte verwendet habe, keine Entlassungsgründe erwiesen worden. Auf diesen zuletzt genannten Grund habe die Beklagte zumindest konkludent verzichtet, weil sie den Kläger - obwohl sie von diesem Verhalten Kenntnis erlangt habe - noch einen Monat lang auf Werkvertragsbasis für Service-Arbeiten am EDV-Programm verwendet habe. Damit habe sie zu erkennen gegeben, dass sie den Kläger dennoch weiterhin als für Service-Arbeiten vertrauenswürdig erachtet habe.

Das Berufungsgericht bestätigte diese (von der Beklagten im Umfang von S 167.177,98 brutto sA angefochtene) Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte dessen rechtliche Beurteilung. Dass es sich bei der Verwendung des Programmes der Beklagten für Dritte um einen (in zulässiger Weise) "nachgeschobenen" Entlassungsgrund handle, ändere nichts daran, dass die Beklagte durch die Weiterbeschäftigung des Klägers auf Werkvertragsbasis zu erkennen gegeben habe, dass sie seine Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar empfinde. Damit fehle es an einer Grundvoraussetzung für die Berechtigung der Entlassung.

Gegen dieses Urteil - und zwar erkennbar nur gegen den den anerkannten Betrag von S 52.300,- übersteigenden Zuspruch - richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, es (im Umfang der Anfechtung) im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Der Kläger beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Im Revisionsverfahren stellen die Parteien die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, das Arbeitsverhältnis sei am 23. 6. 1998 durch Entlassung beendet worden, nicht mehr in Frage. Diese Rechtsauffassung der Vorinstanzen ist zutreffend:

Rechtliche Beurteilung

Die (letzte) Erklärung des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten enthielt die Ankündigung, im Falle weiterer Beschimpfungen zu gehen. Zu weiteren Beschimpfungen ist es aber nach den Feststellungen nicht gekommen. Anlass dafür, dass der Kläger seine Sachen packte und ging, war vielmehr die Erklärung des Geschäftsführers, "dann gehen Sie halt". Diese Erklärung war nach den Feststellungen als Beendigungserklärung gedacht und wurde auch als solche verstanden. Sie - und nicht etwa eine Austrittserklärung des Klägers - hat daher zur Beendigung des Arbeitsverhältnis geführt.

Ebenso zutreffend haben die Vorinstanzen diese Erklärung des Geschäftsführers als Entlassungserklärung qualifiziert: Eine solche Erklärung ist an keinen bestimmten Wortlaut gebunden und muss nicht das Wort "Entlassung" enthalten. Sie kann auch konkludent abgegeben werden, doch muss sie vom objektiven Empfängerhorizont gesehen die ernsthafte und zweifelsfreie Absicht, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung (ohne Einhaltung einer Frist) zu beenden, erkennbar zum Ausdruck bringen (RIS-Justiz RS0029120; zuletzt RdW 1998, 25; Kuderna, Entlassungsrecht**2 7 f). Da feststeht, dass der Geschäftsführer mit seiner Erklärung im Zuge seiner Vorhaltungen über den Vorfall des vergangenen Tages den Kläger zum Zusammenpacken seiner Sachen und zum sofortigen Beenden der Arbeit auffordern wollte, sind daher die Voraussetzungen für eine Entlassungserklärung gegeben.

Der der Entlassung unmittelbar vorangegangene Vorfall hat - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - keinen Entlassungsgrund verwirklicht. Nach den Feststellungen ist nicht einmal klar, dass die nicht vollständige Beseitigung von Fehlern in der Datenübertragung vom Kläger verschuldet wurde. Ebensowenig steht fest, dass er es war, der die Buchhalterin aufgefordert hat, im Betrieb zu erscheinen.

Auch die als Entlassungsgrund geltend gemachten früheren Vorfälle können die Entlassung nicht rechtfertigen, weil sie zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassungserklärung Jahre zurücklagen. Die Beklagte hat - da sie auf diese Vorfälle nicht unverzüglich reagiert hat - das Recht, aus diesen Gründen die Entlassung auszusprechen, verloren (RIS-Justiz RS0031799; zuletzt 9 ObA 185/00x).

Die Beklagte ist aber berechtigt, sich auf das erst nach dem Ausspruch der Entlassung hervorgekommene Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Verwendung ihres Computerprogramms für eigene Geschäftszwecke des Klägers zu stützen. Der Arbeitgeber ist nämlich berechtigt, auch beim Ausspruch der Entlassung nicht genannte Gründe im Prozess über die Rechtfertigung der Entlassung geltend zu machen ("nachzuschieben"). Wird ein derartiger "nachgeschobener" Entlassungsgrund erwiesen, ist die Entlassung berechtigt, selbst wenn sie durch die bei ihrem Ausspruch genannten Gründe nicht gerechtfertigt werden kann (SZ 60/194; RIS-Justiz RS0029131; RS0029139).

Die Verwendung eines im Eigentum des Arbeitgebers stehenden und für dessen Zwecke lizenzierten Computerprogrammes für im Rahmen eines eigenen Geschäftsbetriebes des Arbeitnehmers durchgeführte EDV-Arbeiten für Dritte ohne Wissen und Zustimmung des Arbeitgebers verwirklicht den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Abs 1 3. Tatbestand AngG, weil ein derartiges Verhalten in objektiv nachvollziehbarer Weise bewirkt, dass der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (dazu Kuderna, aaO 86 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).Die Verwendung eines im Eigentum des Arbeitgebers stehenden und für dessen Zwecke lizenzierten Computerprogrammes für im Rahmen eines eigenen Geschäftsbetriebes des Arbeitnehmers durchgeführte EDV-Arbeiten für Dritte ohne Wissen und Zustimmung des Arbeitgebers verwirklicht den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit nach Paragraph 27, Absatz eins, 3. Tatbestand AngG, weil ein derartiges Verhalten in objektiv nachvollziehbarer Weise bewirkt, dass der Arbeitgeber befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (dazu Kuderna, aaO 86 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Dessenungeachtet haben die Vorinstanzen die Berechtigung der Entlassung verneint, weil sie der Auffassung waren, dass die Beklagte durch die Weiterbeschäftigung des Klägers auf Werkvertragsbasis zu erkennen gegeben habe, dass sie auch in Kenntnis des Entlassungsgrundes seine Weiterbeschäftigung nicht als unzumutbar erachtet habe. Diese Auffassung wird jedoch vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt:

Richtig ist, dass Voraussetzung für die Berechtigung zur Entlassung ist, dass dem Arbeitgeber infolge des Verhaltens des Arbeitnehmers die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (SZ 59/26; RIS-Justiz RS0028475; RS0029020). Diese Voraussetzung ist aber hier aufgrund des vom Kläger verschuldeten nachhaltigen Vertrauensverlustes verwirklicht. Die Meinung des Berufungsgerichtes, die Weiterbeschäftigung des Klägers auf Werkvertragsbasis stehe dieser Annahme entgegen, verkennt die grundlegenden Unterschiede zwischen der Beschäftigung aufgrund eines Arbeitsvertrages und der Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages. Im hier interessierenden Zusammenhang ist dazu vor allem zu erwähnen, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist und keinen bestimmten Erfolg schuldet, während beim Werkvertrag diese Eingliederung in den betrieblichen Ordnungsbereich fehlt und ein bestimmtes Werk oder ein bestimmter Erfolg geschuldet wird. Während beim Arbeitsvertrag die Dienstleistung an sich entlohnt wird, ist im Rahmen des Werkvertrages nur das ordnungsgemäß fertiggestellte Werk zu honorieren. Das Unternehmerrisiko trägt daher im Falle des Werkvertrages der die Arbeit Leistende, während es beim Arbeitsverhältnis den Arbeitgeber trifft (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht8 144 f). Es liegt daher auf der Hand, dass für die Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in aller Regel ein ausgeprägteres (jedenfalls aber anders geartetes) Vertrauensverhältnis erforderlich ist, als für die Beschäftigung im Rahmen eines Werkvertrages. Es ist daher keineswegs ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber das für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers erforderliche Vertrauen verliert und die Weiterbeschäftigung im Arbeitsverhältnis daher als unzumutbar erachtet, aber mit einer - für ihn risikoloseren und die nicht mehr erwünschte Eingliederung in den Betrieb vermeidenden - Beschäftigung des bisherigen Arbeitnehmers auf Werkvertragsbasis einverstanden ist. Dass sich die Arbeitsbereiche der vorher und nachher ausgeübten Tätigkeit überschneiden, steht dieser Annahme nicht entgegen.

Unter den hier gegebenen Umständen besteht daher angesichts des festgestellten Verhaltens des Klägers kein Anlass, die Unzumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung in Zweifel zu ziehen, sodass auf den in der Revision hervorgehobenen Umstand, dass die Vorinstanzen diese Unzumutbarkeit mit einem Umstand begründet haben, der erst nach Ausspruch der Entlassung eingetreten ist, gar nicht mehr einzugehen ist.

Da somit die Entlassung berechtigt erfolgt ist, besteht für das Begehren des Klägers auf Abfertigung und Kündigungsentschädigung sowie auf Zuspruch einer über die anerkannte Urlaubsabfindung hinausgehende Urlaubsentschädigung kein rechtfertigender Grund. Zusätzlich zur bereits rechtskräftig zuerkannten Urlaubsabfindung war hingegen trotz der Berechtigung der Entlassung den davon unabhängigen Begehren auf restlichen Lohn sowie auf aliquote Sonderzahlungen für die Zeit bis zur Beendiung des Arbeitsverhältnisses stattzugeben. Nach der Systematik der Klageangaben ist davon auszugehen, dass der Kläger die für die Dauer der Kündigungsfrist errechneten Ansprüche unter dieser Bezeichnung zusammenfasste. Dass auch im Begehren auf Zuspruch aliquoter Sonderzahlungen Beträge enthalten sind, die die (fiktive) Kündigungsfrist betreffen, ist nach dieser Systematik nicht anzunehmen und wurde von der Beklagten, die das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit stellte, auch mit keinem Wort eingewendet.

In diesem Sinne waren die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller Instanzen gründet sich auf die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Im Verfahren erster Instanz waren im Hinblick auf die Einschränkung des Klagebegehrens mit dem Schriftsatz ON 8 zwei Abschnitte zu bilden. Im ersten Abschnitt ist der Kläger mit etwa 35 % seines Begehrens durchgedrungen, im zweiten mit etwa 40 %. Der Kläger hat daher der Beklagten für den ersten Abschnitt 30 % und für den zweiten Abschnitt 20 % ihrer Verfahrenskosten zu ersetzen. Hingegen war ihm die Pauschalgebühr, die dem 1. Verfahrensabschnitt zuzurechnen ist, gemäß § 43 Abs 1 letzter Satz ZPO im Umfang von 35 % zuzusprechen. Nach Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche ergibt sich daher der im Spruch ersichtliche Kostenzuspruch.Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller Instanzen gründet sich auf die Paragraphen 43, Absatz eins,, 50 ZPO. Im Verfahren erster Instanz waren im Hinblick auf die Einschränkung des Klagebegehrens mit dem Schriftsatz ON 8 zwei Abschnitte zu bilden. Im ersten Abschnitt ist der Kläger mit etwa 35 % seines Begehrens durchgedrungen, im zweiten mit etwa 40 %. Der Kläger hat daher der Beklagten für den ersten Abschnitt 30 % und für den zweiten Abschnitt 20 % ihrer Verfahrenskosten zu ersetzen. Hingegen war ihm die Pauschalgebühr, die dem 1. Verfahrensabschnitt zuzurechnen ist, gemäß Paragraph 43, Absatz eins, letzter Satz ZPO im Umfang von 35 % zuzusprechen. Nach Aufrechnung der wechselseitigen Ansprüche ergibt sich daher der im Spruch ersichtliche Kostenzuspruch.

Im Verfahren zweiter und dritter Instanz betrug der Streitwert nur mehr S 167.177,98. Der Kläger ist mit seinem im Rechtsmittelverfahren noch offenen Begehren mit S 32.648- - und damit mit etwa 20 % - durchgedrungen. Er hat daher der Beklagten 60 % ihrer Vertretungskosten und 80 % der Pauschalgebühren (§ 43 Abs 1 letzter Satz ZPO) zu ersetzen. Für den in der Revision verzeichneten Zuspruch des doppelten Einheitssatzes fehlt ein rechtfertigender Grund.Im Verfahren zweiter und dritter Instanz betrug der Streitwert nur mehr S 167.177,98. Der Kläger ist mit seinem im Rechtsmittelverfahren noch offenen Begehren mit S 32.648- - und damit mit etwa 20 % - durchgedrungen. Er hat daher der Beklagten 60 % ihrer Vertretungskosten und 80 % der Pauschalgebühren (Paragraph 43, Absatz eins, letzter Satz ZPO) zu ersetzen. Für den in der Revision verzeichneten Zuspruch des doppelten Einheitssatzes fehlt ein rechtfertigender Grund.

Anmerkung

E60506 09B02750

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00275.00G.1206.000

Dokumentnummer

JJT_20001206_OGH0002_009OBA00275_00G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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