Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Paco C***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 3 StGB, AZ 6 Ur 314/00 des Landesgerichtes Eisenstadt, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Adamovic, Dr. Holzweber und Dr. Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schmidt als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Paco C***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach Paragraph 164, Absatz eins und Absatz 3, StGB, AZ 6 Ur 314/00 des Landesgerichtes Eisenstadt, über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Beschuldigten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, verletzt in seiner Begründung das Gesetz im § 113 Abs 1 erster Satz StPO.Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, verletzt in seiner Begründung das Gesetz im Paragraph 113, Absatz eins, erster Satz StPO.
Text
Gründe:
In der Strafsache gegen Paco C***** wegen § 164 StGB, AZ 6 Ur 314/00, des Landesgerichtes Eisenstadt, beschloss der Untersuchungsrichter am 25. Oktober 2000 die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach § 41 Abs 2 StPO und eines Pflichtverteidigers nach § 42 Abs 2 StPO. Mit Bescheid vom 3. November 2000, Zl Vs 367/00, bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland gemäß § 45 RAO Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Steflitsch zum Verteidiger im Rahmen der Beigebung.In der Strafsache gegen Paco C***** wegen Paragraph 164, StGB, AZ 6 Ur 314/00, des Landesgerichtes Eisenstadt, beschloss der Untersuchungsrichter am 25. Oktober 2000 die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO und eines Pflichtverteidigers nach Paragraph 42, Absatz 2, StPO. Mit Bescheid vom 3. November 2000, Zl römisch fünf s 367/00, bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland gemäß Paragraph 45, RAO Rechtsanwalt Mag. Wolfgang Steflitsch zum Verteidiger im Rahmen der Beigebung.
Einer gegen die Bestellung nach § 41 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde des Verteidigers gab die Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt mit Beschluss vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, im wesentlichen mit der Begründung keine Folge, dass es das Einkommen des Beschuldigten ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes nicht gestatte, die Kosten seiner Verteidigung zu tragen. Weiters führte die Ratskammer aus:Einer gegen die Bestellung nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO erhobenen Beschwerde des Verteidigers gab die Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt mit Beschluss vom 13. November 2000, AZ 6 Ur 314/00, im wesentlichen mit der Begründung keine Folge, dass es das Einkommen des Beschuldigten ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes nicht gestatte, die Kosten seiner Verteidigung zu tragen. Weiters führte die Ratskammer aus:
"Darüber hinaus scheint es - wenngleich im vorliegenden Fall mangels Berechtigung nicht relevant - zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechtsmittellegitimation besteht. Zwar räumt § 113 Abs 1 StPO der Ratskammer eine umfassende Beschwerdekompetenz gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters ein. Diese Kompetenz findet aber dort ihre Grenze, wo der Gesetzgeber ausdrücklich einen anderen oder keinen Rechtsmittelweg eröffnet (arg. "soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt...."). Auf die Verteidigerbestellung gemäß § 41 Abs 2 StPO trifft das nicht zu. Die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses ist entsprechend § 41 Abs 7 StPO auf die Fälle der Abweisung eines Antrages nach Abs 2 oder die Bestellung eines Verteidigers nach Abs 3 leg cit beschränkt."Darüber hinaus scheint es - wenngleich im vorliegenden Fall mangels Berechtigung nicht relevant - zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechtsmittellegitimation besteht. Zwar räumt Paragraph 113, Absatz eins, StPO der Ratskammer eine umfassende Beschwerdekompetenz gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters ein. Diese Kompetenz findet aber dort ihre Grenze, wo der Gesetzgeber ausdrücklich einen anderen oder keinen Rechtsmittelweg eröffnet (arg. "soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt...."). Auf die Verteidigerbestellung gemäß Paragraph 41, Absatz 2, StPO trifft das nicht zu. Die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses ist entsprechend Paragraph 41, Absatz 7, StPO auf die Fälle der Abweisung eines Antrages nach Absatz 2, oder die Bestellung eines Verteidigers nach Absatz 3, leg cit beschränkt.
An dieser Auffassung hält die Ratskammer trotz der gegenteiligen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. August 2000 (15 Os 87/00) fest. Wenngleich die Materialien (RV 924 BlgNR 18.GP, 18 f Punkt V.) nahelegen könnten, dass die mit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des § 41 Abs 7 StPO die umfassende Beschwerdekompetenz des § 113 StPO nicht einschränken wollte und die Subsidiaritätsklausel in § 113 Abs 1 lediglich wegen des Haftrechtes aufgenommen wurde, so ist diese Schlussfolgerung keinesfalls zwingend (siehe dazu die Erläuterung von Tippolt, Die Zuständigkeit von Beschwerden nach § 41 Abs 7 StPO, in RZ 1996, 106 f).An dieser Auffassung hält die Ratskammer trotz der gegenteiligen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. August 2000 (15 Os 87/00) fest. Wenngleich die Materialien (RV 924 BlgNR 18.GP, 18 f Punkt römisch fünf.) nahelegen könnten, dass die mit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 7, StPO die umfassende Beschwerdekompetenz des Paragraph 113, StPO nicht einschränken wollte und die Subsidiaritätsklausel in Paragraph 113, Absatz eins, lediglich wegen des Haftrechtes aufgenommen wurde, so ist diese Schlussfolgerung keinesfalls zwingend (siehe dazu die Erläuterung von Tippolt, Die Zuständigkeit von Beschwerden nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO, in RZ 1996, 106 f).
Für diese Auffassung spricht auch die Entscheidung (insbesondere dessen Rechtssatz) des Obersten Gerichtshofes vom 13. Juli 1994, 15 Os 102/94, wenngleich dort die Verteidigerbeigabe nicht vom Untersuchungsrichter angeordnet wurde (eine Differenzierung, auf welche aber in der Begründung der Entscheidung nicht Bezug genommen wurde)."
Diese Rechtsauffassung steht im Sinne der deshalb von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde mit dem Gesetz nicht im Einklang.Diese Rechtsauffassung steht im Sinne der deshalb von der Generalprokuratur gemäß Paragraph 33, Absatz 2, StPO erhobenen Beschwerde mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Auf Grund einer in einem ähnlich gelagerten Fall gegen einen Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes hat der Oberste Gerichtshof zu 15 Os 87/00 erkannt, dass das umfassende Beschwerderecht gemäß § 113 Abs 1 StPO durch die im Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des § 41 Abs 7 StPO keineswegs eingeschränkt wurde. Zweck dieser Gesetzesänderung war vielmehr, gegen die Verweigerung der BeigebungAuf Grund einer in einem ähnlich gelagerten Fall gegen einen Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes hat der Oberste Gerichtshof zu 15 Os 87/00 erkannt, dass das umfassende Beschwerderecht gemäß Paragraph 113, Absatz eins, StPO durch die im Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 7, StPO keineswegs eingeschränkt wurde. Zweck dieser Gesetzesänderung war vielmehr, gegen die Verweigerung der Beigebung
eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO und gegen die Bestellungeines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO und gegen die Bestellung
eines Verteidigers nach § 41 Abs 3 StPO generell und neben der Beschwerde an die Ratskammer nach § 113 Abs 1 StPO auch die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu eröffnen (RV 924 BlgNR 18.GP, 18 f Punkt V.).eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 3, StPO generell und neben der Beschwerde an die Ratskammer nach Paragraph 113, Absatz eins, StPO auch die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu eröffnen (RV 924 BlgNR 18.GP, 18 f Punkt römisch fünf.).
Nur diese Gesetzesauslegung kann bei der wegen zweifelhaften Wortsinns hier gebotenen Bedachtnahme auf die Gesetzesmaterialien (Leukauf/Steininger Komm3 § 1 RN 15) die von der Ratskammer vermisste argumentative Stringenz für sich beanspruchen. Sollte sich nämlich im Sinne der kritisierten Entscheidungsbegründung die Subsidiaritätsklausel des § 113 Abs 1 StPO auch auf die Anfechtung von Entscheidungen nach § 41 Abs 2 oder 3 StPO erstrecken, spräche der Gesetzeswortlaut angesichts der dafür vorgesehenen Spezialnorm des § 41 Abs 7 StPO insoweit für ein generelles Anfechtungsverbot nach § 113 Abs 1 StPO. Dass gerade dies nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, wird allerdings in den Gesetzesmaterialien durch die Zielvorgabe eines Nebeneinander von Beschwerden nach § 113 Abs 1 StPO und § 41 Abs 7 StPO ausdrücklich klargestellt und damit auch der entscheidende Interpretationshinweis dafür gegeben, dass die Teleologie der vorgenommenen Gesetzesänderung ausschließlich in der Erweiterung der Anfechtungsrechte des Beschuldigten, nicht aber in der Abschaffung bereits bestehender Rechtsmittelbefugnisse, sei es des Beschuldigten oder anderer Personen, gelegen ist. Es geht aber auch der Hinweis der Ratskammer auf Tipolt (Die Zuständigkeit für Beschwerden nach § 41 Abs 7 StPO, RZ 1996, 106) fehl, weil dieser seiner Untersuchung nur die neue Rechtsmittelmöglichkeit nach § 41 Abs 7 StPO gegen die Abweisung eines Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und gegen die Bestellung eines Amtsverteidigers zugrunde legte, die Anfechtbarkeit anderer Beschlüsse über die Verfahrenshilfe - etwa des vorliegenden auf Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO - nach den schon bisher eine Anfechtung zulassenden Bestimmungen der §§ 113 bzw 481 StPO sowie § 32 Abs 5 (nunmehr Abs 3) JGG aber keineswegs ausschloss.Nur diese Gesetzesauslegung kann bei der wegen zweifelhaften Wortsinns hier gebotenen Bedachtnahme auf die Gesetzesmaterialien (Leukauf/Steininger Komm3 Paragraph eins, RN 15) die von der Ratskammer vermisste argumentative Stringenz für sich beanspruchen. Sollte sich nämlich im Sinne der kritisierten Entscheidungsbegründung die Subsidiaritätsklausel des Paragraph 113, Absatz eins, StPO auch auf die Anfechtung von Entscheidungen nach Paragraph 41, Absatz 2, oder 3 StPO erstrecken, spräche der Gesetzeswortlaut angesichts der dafür vorgesehenen Spezialnorm des Paragraph 41, Absatz 7, StPO insoweit für ein generelles Anfechtungsverbot nach Paragraph 113, Absatz eins, StPO. Dass gerade dies nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, wird allerdings in den Gesetzesmaterialien durch die Zielvorgabe eines Nebeneinander von Beschwerden nach Paragraph 113, Absatz eins, StPO und Paragraph 41, Absatz 7, StPO ausdrücklich klargestellt und damit auch der entscheidende Interpretationshinweis dafür gegeben, dass die Teleologie der vorgenommenen Gesetzesänderung ausschließlich in der Erweiterung der Anfechtungsrechte des Beschuldigten, nicht aber in der Abschaffung bereits bestehender Rechtsmittelbefugnisse, sei es des Beschuldigten oder anderer Personen, gelegen ist. Es geht aber auch der Hinweis der Ratskammer auf Tipolt (Die Zuständigkeit für Beschwerden nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO, RZ 1996, 106) fehl, weil dieser seiner Untersuchung nur die neue Rechtsmittelmöglichkeit nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO gegen die Abweisung eines Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und gegen die Bestellung eines Amtsverteidigers zugrunde legte, die Anfechtbarkeit anderer Beschlüsse über die Verfahrenshilfe - etwa des vorliegenden auf Beigebung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO - nach den schon bisher eine Anfechtung zulassenden Bestimmungen der Paragraphen 113, bzw 481 StPO sowie Paragraph 32, Absatz 5, (nunmehr Absatz 3,) JGG aber keineswegs ausschloss.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 15 Os 102/94 bezog sich auf die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO durch den Vorsitzenden eines Schöffengerichtes und traf zur Bekämpfbarkeit eines gleichartigen vom Untersuchungsrichter gefassten Beschlusses überhaupt keine Aussage. Der Oberste Gerichtshof sprach vielmehr - unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien - bloß aus, dass § 41 Abs 7 StPO keine Erweiterung des Beschwerderechtes auch auf andere Fälle gebracht habe, wogegen er eine Einschränkung der Beschwerdelegitimation gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht einmal andeutete.Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 15 Os 102/94 bezog sich auf die Beigebung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO durch den Vorsitzenden eines Schöffengerichtes und traf zur Bekämpfbarkeit eines gleichartigen vom Untersuchungsrichter gefassten Beschlusses überhaupt keine Aussage. Der Oberste Gerichtshof sprach vielmehr - unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien - bloß aus, dass Paragraph 41, Absatz 7, StPO keine Erweiterung des Beschwerderechtes auch auf andere Fälle gebracht habe, wogegen er eine Einschränkung der Beschwerdelegitimation gegenüber der bisherigen Rechtslage nicht einmal andeutete.
Die ohne nachteilige Wirkung gebliebene Gesetzesverletzung war daher spruchgemäß festzustellen.
Anmerkung
E6029912d01510Schlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJus-Extra OGH-St 2998 = RZ 2002/1 S 21 - RZ 2002,21 = SSt 63/116XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0120OS00151..1214.000Zuletzt aktualisiert am
02.06.2009