Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Martin H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Fink ua Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei T*****aktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr. Johannes Jaksch ua Rechtsanwälte in Wien, wegen 240.345,49 S, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2000, GZ 2 R 6/00t-10, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 7. Oktober 1999, GZ 32 Cg 97/99b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 12.195 S (darin 2.032,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wollte im Herbst 1998 bei der beklagten Bank einen Fremdwährungskredit im Gegenwert von 1 Mio S aufnehmen, um mit dem Kapital Investmentfonds-Anteile zu kaufen. Der Kläger wollte den Ankauf selbst durchführen. Er verfügte bei einer anderen Bank über ein Wertpapierdepot. Die Beklagte war zur Gewährung des Kredits bereit, verlangte aber Sicherheiten. Mit ihrer vom Beklagten angenommenen Fremdwährungskreditzusage vom 8. 10. 1998 räumte die Beklagte dem Kläger einen Kredit in der Höhe von 117.300 sfr im Gegenwert von höchstens 1 Mio S ein. Zur Besicherung des Kredits wurden die Übergabe eines Wechsels und die Verpfändungen von Wertpapieren, einer Liegenschaft, der Gehaltsbezüge und der Ansprüche aus einer Er- und Ablebensversicherung vereinbart. Der Kläger unterschrieb am selben Tag eine Verpfändungserklärung über die Verpfändung seiner hinterlegten und künftig zu erlegenden Wertpapiere seines Depots. In der Verpfändungserklärung wurde der Kurswert der im Depot liegenden Wertpapiere per 31. Dezember 1997 mit 1,022.436,28 S angeführt. Die Beklagte verständigte am 12. 10. 1998 die Depotbank über die Verpfändung der Wertpapiere. Diese verweigerte die verlangte Bestätigung der Verpfändung mit dem Hinweis, dass die Wertpapiere bereits zu 50 % zu Gunsten eines anderen Kreditgeschäfts verpfändet seien. Über Anraten des den Kläger beratenden Angestellten der Beklagten wurde ein zweites Depot des Klägers bei der Depotbank angelegt und eine neue Verpfändungserklärung über die dort deponierten Wertpapiere vorbereitet. In der Erklärung wurde ua Folgendes angeführt:
"Der Kurswert der in oben angeführtem Depot liegenden Wertpapiere beträgt per 1. November 1998 ATS 1,000.000,00".
Die vom Kläger am 2. 11. 1998 unterfertigte Verpfändungserklärung wurde der Beklagten am 5. 11. 1998 und sodann der Depotbank übermittelt. Diese teilte am selben Tag mit, dass sie die Verpfändungserklärung abermals nicht akzeptieren könne, weil der Wert der angegebenen Wertpapiere nicht bestätigt werden könne, da die anzuschaffenden Investmentfondszertifikate noch nicht angekauft seien. Daraufhin erklärte sich der Kläger bereit, bei der Beklagten ein Depot zu eröffnen und über sie den Ankauf der Investmentfondsanteile durchzuführen. Der Ankauf erfolgte am 19. 11. 1998.
Der Kläger begehrt mit seiner am 5. 5. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage 240.345,49 S. Er habe alle Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfüllt. Durch die Unzulänglichkeiten im Bereich der Beklagten habe der Ankauf nicht in der Woche vom 16. 10. 1998, sondern erst am 24. 11. 1998 mit einem wesentlich schlechteren Ankaufskurs durchgeführt werden können. Die Beklagte habe Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt. Mit einem geringfügigen Abändern der Verpflichtungserklärung wäre eine Bestätigung der Depotbank leicht erreichbar gewesen. Im Übrigen hätten die anderen Sicherheiten durchaus ausgereicht. Auch ohne Zustimmung der Depotbank sei infolge ihrer Verständigung eine Verpfändung der Wertpapiere wirksam geworden. Die Beklagte hafte für die unzureichende Formulierung der zweiten Verpfändungserklärung. Der Kläger habe ua wegen eines günstigeren "Ausgabeaufschlages" den Ankauf über seine Depotbank durchführen wollen. Er sei schließlich wegen der Schadensminderungspflicht gezwungen gewesen, das Geschäft über die Beklagte abzuwickeln. Da dies nur unter Einschaltung einer dritten Bank möglich gewesen sei, seien Kosten entstanden.
Die Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass vereinbart gewesen sei, dass der Kredit erst nach der Begründung der Sicherheiten in Anspruch genommen werden könne. Die Beklagte habe den Kläger bereits am 6. 10. 1998 dahin informiert, dass es die Abwicklung vereinfachen würde, wenn die anzukaufenden Wertpapiere auf einem Depot bei der Beklagten hinterlegt werden würden. Der Kläger habe jedoch darauf bestanden, dass die Wertpapiere auf dem Depot seiner Depotbank hinterlegt werden. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass eine Ausnützung des Kredits erst dann möglich sei, wenn eine Bestätigung der Verpfändungserklärung durch die Depotbank vorliege.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, dass in der Kreditzusage kein Termin genannt worden sei, bis zu dem der Kredit ausgezahlt werden sollte. Eine mündliche Absprache über einen solchen Termin habe es nicht gegeben. Die Beklagte habe dem Kläger mitgeteilt, dass der Kredit nur dann gewährt werden könne, wenn die Verpfändungserklärung über die Wertpapiere von der Depotbank akzeptiert werde.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Beklagte weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt habe. Eine allfällige Verzögerung sei nicht in ihrer Ingerenz gewesen. Für die Zuzählung des Kredit sei kein Termin vereinbart worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass die Verpfändung verwahrter Wertpapiere durch den Kunden an einen Dritten neben dem Pfandbestellungsvertrag und der dinglichen Einigung als modus die Anweisung an den Verwahrer voraussetze, die Wertpapiere auch für den Pfandnehmer innezuhaben. Wenn der Angewiesene die Annahme verweigere, habe der Empfänger dies nach § 1401 Abs 2 ABGB dem Anweisenden ohne Verzug anzuzeigen. Der Kläger habe sich im Kreditvertrag vom 8. 10. 1998 unter anderem dazu verpflichtet, die Verpfändung sämtlicher auf dem Depot hinterlegten und künftig zu erlegenden Wertpapiere gemäß separater Erklärung zu bewirken. Die Depotbank habe die ihr zugekommene Anweisung verweigert, weil die Wertpapiere bereits verpfändet gewesen seien. Für die Verzögerung bis zur Einrichtung des zweiten Depots sei der Kläger verantwortlich. Zwar sei die von der Beklagten vorbereitete zweite Verpfändungserklärung des Klägers unrichtig gewesen, weil sie von einer bereits erfolgten Übergabe und Hinterlegung der Wertpapiere im neu eröffneten Depot ausgegangen sei. Der Kläger hätte aber die unrichtige Erklärung der "konzipierenden" Beklagten entweder sofort zurückzuweisen oder durch Ergänzungen berichtigt wieder zurückzusenden gehabt. Wenn er dieser Schadensminderungspflicht entsprochen hätte, wäre durch die ursprünglich fehlerhaft vorbereitete Erklärung keine Zeit verloren worden.Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich im Wesentlichen dahin, dass die Verpfändung verwahrter Wertpapiere durch den Kunden an einen Dritten neben dem Pfandbestellungsvertrag und der dinglichen Einigung als modus die Anweisung an den Verwahrer voraussetze, die Wertpapiere auch für den Pfandnehmer innezuhaben. Wenn der Angewiesene die Annahme verweigere, habe der Empfänger dies nach Paragraph 1401, Absatz 2, ABGB dem Anweisenden ohne Verzug anzuzeigen. Der Kläger habe sich im Kreditvertrag vom 8. 10. 1998 unter anderem dazu verpflichtet, die Verpfändung sämtlicher auf dem Depot hinterlegten und künftig zu erlegenden Wertpapiere gemäß separater Erklärung zu bewirken. Die Depotbank habe die ihr zugekommene Anweisung verweigert, weil die Wertpapiere bereits verpfändet gewesen seien. Für die Verzögerung bis zur Einrichtung des zweiten Depots sei der Kläger verantwortlich. Zwar sei die von der Beklagten vorbereitete zweite Verpfändungserklärung des Klägers unrichtig gewesen, weil sie von einer bereits erfolgten Übergabe und Hinterlegung der Wertpapiere im neu eröffneten Depot ausgegangen sei. Der Kläger hätte aber die unrichtige Erklärung der "konzipierenden" Beklagten entweder sofort zurückzuweisen oder durch Ergänzungen berichtigt wieder zurückzusenden gehabt. Wenn er dieser Schadensminderungspflicht entsprochen hätte, wäre durch die ursprünglich fehlerhaft vorbereitete Erklärung keine Zeit verloren worden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben wird, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Die Ansicht des Revisionswerbers, er habe schon in der ersten Phase der Geschäftsabwicklung seiner vertraglichen Verpflichtung entsprochen, sodass die Beklagte ihm die freie Verfügung über den zugesagten Kredit einräumen hätte müssen, kann nicht geteilt werden. Auch wenn eine Verpfändung der verwahrten Wertpapiere im Depot des Klägers durch Besitzanweisung an den Verwahrer, die Wertpapiere für die Pfandnehmerin innezuhaben, rechtlich möglich (7 Ob 75/98z) und eine Bestätigung der Depotbank für die Wirksamkeit des Pfandrechtserwerbs allenfalls nicht erforderlich war, ist damit für den Standpunkt des Klägers schon deshalb nichts gewonnen, weil die Wertpapiere entgegen dem Wortlaut der Verpfändungserklärung nicht im "freien Eigentum" des Klägers standen, sondern durch Vorpfandrechte belastet waren, sodass die Beklagte daraus nicht die vereinbarte, nach dem Kurswert sogar volle Sicherheit erlangte. Dass die Beklagte durch die anderen Sicherungsmittel allenfalls doch gesichert war, ändert nichts an der vertraglichen Verpflichtung des Kreditnehmers, der Beklagten die vereinbarte volle Sachhaftung zu verschaffen. Der Revisionswerber will den Text der Verpfändungserklärung dahin verstanden wissen, dass nur die mit dem Kredit anzuschaffenden Wertpapiere verpfändet werden sollten und führt dazu den Textteil "unter gleichzeitiger Übergabe und Hinterlegung der Wertpapiere" ins Treffen. Damit reißt er aber die Verpfändungserklärung aus ihrem Zusammenhang und ignoriert völlig die Anführung des Kurswertes der schon deponierten Wertpapiere per 31. 12. 1997. Dass die Beklagte auch durch die schon auf dem Depot liegenden Wertpapiere gesichert werden wollte, liegt auf der Hand. Die Urkundenauslegung der Vorinstanzen ist nach dem gebotenen Sachzusammenhang unbedenklich. Ohne die vereinbarte Sachhaftung musste die Beklagte den Kredit noch nicht freigeben.
Auch in der zweiten Phase der Abwicklung akzeptierte die Beklagte den Wunsch des Klägers, den Ankauf selbst durchzuführen und suchte einen Weg, die Sachhaftung zumindest an den anzuschaffenden Wertpapieren vor oder zumindest gleichzeitig mit der Kreditfreigabe zu erreichen. Ihrem Verhandlungsgehilfen (dazu SZ 68/77) fiel dazu aber nur die zum Scheitern verurteilte Lösung ein, in die Verpfändungserklärung einen Depotstand per 1. 11. 1998 anzuführen, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand, sodass die erhoffte Bestätigung der Depotbank natürlich nicht erreicht werden konnte. Wenn die Kreditgeberin vor der Freigabe der Kreditmittel eine Absicherung wünschte, hätte sie eine andere Konstruktion wählen müssen (beispielsweise über eine Bankgarantie zur Absicherung des Ankaufs durch die Depotbank, die als Zwischenfinanziererin und gleichzeitige Verwahrerin zu Gunsten der Pfandnehmerin hätte tätig werden müssen oder über eine Treuhandlösung). Der von der Beklagten vorgeschlagene Weg fällt ihr als Beratungsfehler zur Last, der die Grundlage für allfällige Schäden des Klägers ab 2. 11. (oder ab der Feststellung des Scheiterns des Versuchs am 5. 11.) 1998 bilden könnte. Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Berufungsgerichtes führt die Erkennbarkeit der Aussichtslosigkeit der von der Beklagten vorgeschlagenen Vorgangsweise noch nicht zu einem gänzlichen Entfall der Haftung der Bank. Die Schadensminderungspflicht des Bankkunden kann nicht so weit führen, dass die Bank völlig exculpiert wäre.
Trotz des grundsätzlich zu bejahenden Beratungsfehlers der Beklagten in der zweiten Phase der Geschäftsabwicklung ist die Abweisung des Klagebegehrens im Ergebnis wegen unzureichender Parteibehauptungen des Klägers zu bestätigen:
Der Kläger hat im Schadenersatzprozess den eingetretenen Schaden und die kausale, rechtswidrige Handlung des Beklagten zu behaupten und zu beweisen. Den Schaden erblickt er hier in der Kursdifferenz durch Verzögerung des Wertpapierankaufs seit 16. 10. 1998 auf Grund der ungünstigen Kursentwicklung im Vergleich zum tatsächlichen Ankaufstag. Da die Beklagte in der ersten Phase der Geschäftsabwicklung kein Vorwurf trifft und der Kläger zu einem Schadenseintritt ab einem späteren Zeitpunkt (etwa ab dem 2. 11. 1998) nichts vorgebracht und insbesondere nicht behauptet hat, er hätte sich bei entsprechender Aufklärung sofort entschlossen, den Ankauf - wie dann auch geschehen - über die Beklagte abzuwickeln, ist sein Klagebegehren für den möglichen Schaden infolge einer Kurssteigerung der anzukaufenden Wertpapiere ab dem genannten zweiten Zeitpunkt unschlüssig geblieben, zumal ja keineswegs feststeht, dass die ungünstige Kursentwicklung nicht schon am 2. 11. 1998 oder zu dem wohl maßgeblichen späteren Durchführungstermin (bei einer Auftragserteilung am 2. 11. 1998) abgeschlossen war. Es fiel in die Behauptungslast des Klägers, die angeführten Anspruchsgrundlagen vollständig vorzutragen. Da er den Verzögerungsschaden in seiner zeitlichen Entwicklung nicht näher aufschlüsselte, sondern auf zwei ganz bestimmte Vergleichszeitpunkte fixierte und den Schadensbeginn schon ab 16. 10. 1998 festlegte, für den weder die erste noch die zweite von der Beklagten formulierte Verpfändungserklärung kausal war, muss der Klage ein Erfolg versagt werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E60280 06A03080European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0060OB00308.00P.1214.000Dokumentnummer
JJT_20001214_OGH0002_0060OB00308_00P0000_000