Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Zawodsky und Dr. Manfred Dafert als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Marija G*****, Pflegehelferin, ***** vertreten durch Dr. Helene Klaar und Mag. Norbert Marschall Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien (MA 2 - Personalamt), Rathaus, 1082 Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Heufler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 184.437 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Juni 2000, GZ 7 Ra 50/00z-19, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Oktober 1999, GZ 22 Cga 1/99y-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.249,40 (darin enthalten S 1.374,90 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gemäß § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO). Ob die anlässlich der Beweiswiederholung angestellten Überlegungen des Berufungsgerichtes richtig sind, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung. Die Richtigkeit der Feststellungen des Berufungsgerichtes kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 503). Mit der Rechtsrüge können tatsächliche Feststellungen nur insoweit angefochten werden, als sie auf Schlussfolgerungen beruhen, die mit den Gesetzen der Logik und Erfahrung unvereinbar sind (EFSlg 44.122 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Überlegungen des Berufungsgerichtes zu "abstammungsbedingten und nativen Verhaltensformen" (S 18 der Berufungsentscheidung) stellen eine bloße, die Entscheidung nicht tragende und sohin irrelevante Hilfsbegründung dar.Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gemäß Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf keiner Begründung (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 3 ZPO). Ob die anlässlich der Beweiswiederholung angestellten Überlegungen des Berufungsgerichtes richtig sind, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung. Die Richtigkeit der Feststellungen des Berufungsgerichtes kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu Paragraph 503,). Mit der Rechtsrüge können tatsächliche Feststellungen nur insoweit angefochten werden, als sie auf Schlussfolgerungen beruhen, die mit den Gesetzen der Logik und Erfahrung unvereinbar sind (EFSlg 44.122 mwN). Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Überlegungen des Berufungsgerichtes zu "abstammungsbedingten und nativen Verhaltensformen" (S 18 der Berufungsentscheidung) stellen eine bloße, die Entscheidung nicht tragende und sohin irrelevante Hilfsbegründung dar.
In rechtlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Klägerin an ihrer Kündigung ein Verschulden traf, sodass sie den Abfertigungsanspruch verliert, zutreffend bejaht, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der Berufungsentscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:In rechtlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht die Frage, ob die Klägerin an ihrer Kündigung ein Verschulden traf, sodass sie den Abfertigungsanspruch verliert, zutreffend bejaht, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der Berufungsentscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes verließ die in einem Spital der Beklagten als Pflegehelferin beschäftigte Klägerin in der Nacht vom 28. 2. zum 1. 3. 1997 während ihres Nachtdienstes zweimal eigenmächtig ihre Station, die 25 Betten einschließlich einer Intensivstation mit Herzüberwachung beherbergte. Das Verlassen des Arbeitsplatzes erfolgte nicht nur ohne dienstlichen Auftrag, um private Dolmetscherdienste für eine Angehörige auf anderen Stationen zu verrichten, wofür es ohnehin organisatorische Vorkehrungen im Spital gegeben hätte, sondern auch gegen den ausdrücklich erklärten Willen der mit der Klägerin Dienst habenden diplomierten Krankenschwester, der während dieses Nachtdienstes die Vorgesetztenrolle zukam. Dabei blieb die Klägerin mit einer Unterbrechung für private Telefonate insgesamt mindestens eineinhalb Stunden weg. Wenn auch die Intensivbetten damals gerade nicht belegt waren, so war doch jederzeit die Einlieferung eines Intensivpatienten möglich. Die Abwesenheit der Klägerin führte dazu, dass ihre Kollegin in der Zwischenzeit alle anfallenden Arbeiten allein verrichten musste.
Das Verhalten des Dienstnehmers ist danach zu beurteilen, ob es in seiner Gesamtheit bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nach der Verkehrsauffassung mit den Interessen des Dienstes vereinbar war (RIS-Justiz RS0081891). Es liegt auf der Hand, dass es bei einem nicht auszuschließenden medizinischen Notfall infolge der eigenmächtigen Abwesenheit eines von zwei Nachtdienst verrichtenden nichtärztlichen Mitarbeitern auf einer Station mit 25 Betten zu Engpässen und einer Verzögerung der Hilfeleistung mit erheblichen Folgen kommen kann (vgl DRdA 2000/3 [Kalb]; Kuhn in ASoK 1999, 178). Daran ändert auch der Einwand der Revisionswerberin nichts, dass der zuständige Oberarzt im Notfall Personal aus einer anderen Station hätte beiziehen können (bzw müssen), macht er doch erst recht deutlich, dass die Abwesenheit der Klägerin keineswegs belanglos war. Das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten der Klägerin war mit den Interessen des Spitalsdienstes (Patienten, Mitarbeitern, Dienstgeber) nicht vereinbar und stellte eine gröbliche Verletzung der Dienstpflichten dar. Soweit die Revisionswerberin versucht, ihrem Fernbleiben einen dienstlichen Charakter zu verleihen, geht die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (Kodek aaO Rz 9 zu § 471). Ob durch das Verhalten des Dienstnehmers ein konkreter Schaden verursacht wurde, ist nicht Tatbestandsmerkmal der Kündigung wegen gröblicher Verletzung der Dienstpflichten gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VBO 1995 (vgl RIS-Justiz RS0029833/T 18). Sachverhalte, welche eine Kündigung nach dieser Bestimmung rechtfertigen, müssen die strengeren Voraussetzungen einer Entlassung nicht erfüllen. Sie müssen vor allem kein wichtiger Grund sein, der, wie bei der Entlassung, es dem Dienstgeber unzumutbar erscheinen lässt, den Vertragsbediensteten weiter zu beschäftigen (vgl RIS-Justiz RS0081870). Die Beklagte war daher berechtigt, das Dienstverhältnis der Klägerin durch Kündigung gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VBO 1995 zu beenden.Das Verhalten des Dienstnehmers ist danach zu beurteilen, ob es in seiner Gesamtheit bei Anlegung eines objektiven Maßstabes nach der Verkehrsauffassung mit den Interessen des Dienstes vereinbar war (RIS-Justiz RS0081891). Es liegt auf der Hand, dass es bei einem nicht auszuschließenden medizinischen Notfall infolge der eigenmächtigen Abwesenheit eines von zwei Nachtdienst verrichtenden nichtärztlichen Mitarbeitern auf einer Station mit 25 Betten zu Engpässen und einer Verzögerung der Hilfeleistung mit erheblichen Folgen kommen kann vergleiche DRdA 2000/3 [Kalb]; Kuhn in ASoK 1999, 178). Daran ändert auch der Einwand der Revisionswerberin nichts, dass der zuständige Oberarzt im Notfall Personal aus einer anderen Station hätte beiziehen können (bzw müssen), macht er doch erst recht deutlich, dass die Abwesenheit der Klägerin keineswegs belanglos war. Das vom Berufungsgericht festgestellte Verhalten der Klägerin war mit den Interessen des Spitalsdienstes (Patienten, Mitarbeitern, Dienstgeber) nicht vereinbar und stellte eine gröbliche Verletzung der Dienstpflichten dar. Soweit die Revisionswerberin versucht, ihrem Fernbleiben einen dienstlichen Charakter zu verleihen, geht die Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt (Kodek aaO Rz 9 zu Paragraph 471,). Ob durch das Verhalten des Dienstnehmers ein konkreter Schaden verursacht wurde, ist nicht Tatbestandsmerkmal der Kündigung wegen gröblicher Verletzung der Dienstpflichten gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VBO 1995 vergleiche RIS-Justiz RS0029833/T 18). Sachverhalte, welche eine Kündigung nach dieser Bestimmung rechtfertigen, müssen die strengeren Voraussetzungen einer Entlassung nicht erfüllen. Sie müssen vor allem kein wichtiger Grund sein, der, wie bei der Entlassung, es dem Dienstgeber unzumutbar erscheinen lässt, den Vertragsbediensteten weiter zu beschäftigen vergleiche RIS-Justiz RS0081870). Die Beklagte war daher berechtigt, das Dienstverhältnis der Klägerin durch Kündigung gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VBO 1995 zu beenden.
Die Klägerin wendet sich auch nicht gegen die Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung. Sie macht lediglich geltend, dass diese Kündigung noch nicht automatisch den Verlust des Abfertigungsanspruchs bewirkt habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Abfertigung ua dann nicht gebührt, wenn den Vertragsbediensteten ein Verschulden an der Kündigung trifft (§ 48 Abs 2 Z 5 VBO 1995). Die gröbliche Verletzung der Dienstpflichten muss auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen (Kuderna, Entlassungsrecht2 207 mwN). Es ist daher nicht notwendig, dass der Dienstnehmer den betreffenden Kündigungstatbestand oder dessen Merkmale gekannt oder dass er gewusst hat, dass sein Verhalten mit Kündigung bedroht ist. Er muss aber wissen, dass er gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt (Kuderna aaO 72 mwN). Davon ist hier auszugehen, da die Klägerin während ihres Nachtdienstes trotz ausdrücklichen Verbotes ihrer Vorgesetzten eigenmächtig den Arbeitsplatz verließ.Die Klägerin wendet sich auch nicht gegen die Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung. Sie macht lediglich geltend, dass diese Kündigung noch nicht automatisch den Verlust des Abfertigungsanspruchs bewirkt habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Abfertigung ua dann nicht gebührt, wenn den Vertragsbediensteten ein Verschulden an der Kündigung trifft (Paragraph 48, Absatz 2, Ziffer 5, VBO 1995). Die gröbliche Verletzung der Dienstpflichten muss auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit beruhen (Kuderna, Entlassungsrecht2 207 mwN). Es ist daher nicht notwendig, dass der Dienstnehmer den betreffenden Kündigungstatbestand oder dessen Merkmale gekannt oder dass er gewusst hat, dass sein Verhalten mit Kündigung bedroht ist. Er muss aber wissen, dass er gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt (Kuderna aaO 72 mwN). Davon ist hier auszugehen, da die Klägerin während ihres Nachtdienstes trotz ausdrücklichen Verbotes ihrer Vorgesetzten eigenmächtig den Arbeitsplatz verließ.
Die Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens indiziert im Allgemeinen auch das Verschulden. Der Mangel des Bewusstseins der Pflichtwidrigkeit ist ebenso wie die mangelnde Zurechnungsfähigkeit oder ein Irrtum vom Dienstnehmer zu behaupten und zu beweisen (Kuderna aaO 72 mwN; RdW 2000/673). Das ist hier nicht geschehen. Ein Verschulden der Klägerin an der Kündigung ist daher bei dem vom Berufungsgericht bindend festgestellten Sachverhalt zu bejahen. Auf die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin kommt es bei einer Kündigung nicht an; es ist daher auch nicht entscheidend, ob die Klägerin nach dem Vorfall nur mehr für Tagdienste herangezogen werden sollte. Die diesbezüglichen Überlegungen der Revisionswerberin vermögen daher ihr Verschulden an der Kündigung nicht aufzuheben. Gleiches hat für den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zu gelten, zumal die Klägerin die Rechtzeitigkeit der Kündigung nie anzweifelte, sondern ausdrücklich erklärte, die Auflösung des Dienstverhältnisses hinzunehmen und lediglich die Abfertigung zu begehren (ON 1). Das Verschulden der Klägerin an der Kündigung schließt aber gemäß § 48 Abs 2 Z 5 VBO 1995 einen Abfertigungsanspruch aus.Die Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens indiziert im Allgemeinen auch das Verschulden. Der Mangel des Bewusstseins der Pflichtwidrigkeit ist ebenso wie die mangelnde Zurechnungsfähigkeit oder ein Irrtum vom Dienstnehmer zu behaupten und zu beweisen (Kuderna aaO 72 mwN; RdW 2000/673). Das ist hier nicht geschehen. Ein Verschulden der Klägerin an der Kündigung ist daher bei dem vom Berufungsgericht bindend festgestellten Sachverhalt zu bejahen. Auf die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Klägerin kommt es bei einer Kündigung nicht an; es ist daher auch nicht entscheidend, ob die Klägerin nach dem Vorfall nur mehr für Tagdienste herangezogen werden sollte. Die diesbezüglichen Überlegungen der Revisionswerberin vermögen daher ihr Verschulden an der Kündigung nicht aufzuheben. Gleiches hat für den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung zu gelten, zumal die Klägerin die Rechtzeitigkeit der Kündigung nie anzweifelte, sondern ausdrücklich erklärte, die Auflösung des Dienstverhältnisses hinzunehmen und lediglich die Abfertigung zu begehren (ON 1). Das Verschulden der Klägerin an der Kündigung schließt aber gemäß Paragraph 48, Absatz 2, Ziffer 5, VBO 1995 einen Abfertigungsanspruch aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E60734 09B02640European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00264.00I.1220.000Dokumentnummer
JJT_20001220_OGH0002_009OBA00264_00I0000_000