TE OGH 2000/12/21 2Ob269/00y

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Paul B*****, vertreten durch Dr. Heinrich Keller, Dr. Rainer Cuscoleca, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Juda F*****, vertreten durch Ploil Krepp & Partner, Rechtsanwälte in Wien, 2. Österreichische Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen S 210.211,-- samt Anhang und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. August 2000, GZ 11 R 89/00i-78, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. Jänner 2000, GZ 22 Cg 133/97h-61, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Hinsichtlich des gegen die zweitbeklagte Partei gerichteten Zahlungsbegehrens wird die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes als Teilurteil wiederhergestellt wird. Die Entscheidung über die diesbezüglichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die diesbezüglichen Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Der 1915 geborene Kläger und der 1919 geborene Erstbeklagte befanden sich am 11. Oktober 1996 als Fahrgäste des Reisezuges "Wiener Walzer" auf der Fahrt von Wien nach Genf bzw Zürich. Der Kläger schlief im Wagenabteil 8 auf dem untersten Liegeplatz, welcher sich links neben der Abteiltüre befindet. Der Erstbeklagte benützte den obersten linken Liegeplatz. Die beiden mittleren Liegeplätze waren nicht belegt und für eine Benützung nicht vorbereitet. Gegen 2,50 Uhr versuchte der Erstbeklagte seinen Liegeplatz über die im Abteil fensterseitig angebrachte Leiter zu verlassen. Er stürzte von der Leiter und fiel auf den Kläger, welcher dadurch verletzt wurde.

Der Kläger begehrte Zahlung eines Schmerzengeldes in Höhe von S 200.000,-- und den der Höhe nach unstrittigen Betrag von S 10.211,-- (Ersatzbrille und Taxifahrten) sowie die Feststellung, dass die Beklagten dem Kläger zur ungeteilten Hand für alle künftigen Folgen aus dem Unfall vom 11. Oktober 1996 haften. Er brachte zusammengefasst vor, die Zweitbeklagte habe dem Erstbeklagten trotz dessen Bitte keine untere Liege zugewiesen. Der Erstbeklagte hafte für die Unfallfolgen aus den allgemeinen Haftungsgrundsätzen der §§ 1294, 1295 ABGB wegen Fahrlässigkeit. Er habe in Kenntnis seiner körperlichen Disposition weder beim Buchen des Liegewagenplatzes noch vor dessen Inanspruchnahme auf einem unteren Platz beharrt. Beim Hinabsteigen über die Leiter habe er es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen. Die Zweitbeklagte hafte, weil sie dem Erstbeklagten trotz dessen Ersuchen keine untere Liege zugewiesen habe. Die Gebrechlichkeit des Erstbeklagten habe dem Schaffner bereits beim Betreten des Zuges auffallen müssen. Um ein unabwendbare Ereignis im Sinne des § 9 EKHG handle es sich nicht. Der Kläger habe eine Jochbein- und Orbitabodenfraktur links erlitten, die operativ versorgt worden sei. Eine progrediente, hochgradige konzentrische Gesichtsfeldeinengung mit einer Nervus opticus-Atrophie links sei als Dauerfolge verblieben. Insbesondere ein seelisches Schmerzengeld sei zu berücksichtigen. Der Kläger werde in Hinkunft weder seiner literarischen noch seiner Vortrags- und Reisetätigkeit nachgehen können. Er sei dauernd auf fremde Hilfe angewiesen. Auch im privaten Bereich könne der Kläger nicht mehr lesen, fernsehen oder Erholungsreisen genießen. In seinem hohen Alter sei ihm dadurch die Lebensfreude genommen worden. Der lebenslang engagierte Kläger - der nach seiner Pensionierung mit durchschnittlichen Jahreseinkünften für publizistische und vortragende Tätigkeit von ca S 40.000,-- habe rechnen können - habe in erster Linie diese seine Tätigkeit als Überzeugungsarbeit auf dem Gebiet der ihm nahestehenden politischen Richtung betrachtet und aus diesem Grund neben honorierter auch unhonorierte Vortrags- und schriftstellerische Tätigkeit entfaltet. Mit der Einschränkung des Gesichsfeldes sei eine vollständige Einstellung dieser Tätigkeiten verbunden. Der Kläger habe damit nicht nur auf eine weitere berufliche Tätigkeit verzichten müssen, sondern es sei diese Tätigkeit auch als sein einziges Freizeitvergnügen während der Pensionszeit anzusehen. Das rechtfertige einen Aufschlag von 100 % zu den rein körperlich bemessenen Schmerzen. Wegen der Dauerfolgen sei eine Verschlechterung des Zustandes des Klägers nicht auszuschließen, sondern wegen seines Alters zu erwarten. Das Schwergewicht liege auf den künftigen, nicht wiedergutzumachenden Folgen der Verletzung. Die Zweitbeklagte habe nicht nur für das Fehlverhalten ihres angestellten Schaffners einzustehen, sondern auch dafür, dass sie aus Gründen der "Arbeitserleichterung" eine Dienstanweisung (betreffend die Adjustierung der Liegewagenabteile) erlassen habe, die dem Genehmigungsbescheid widerspreche. Eine beleuchtete Schaltereinrichtung und ein aufgespanntes Sicherheitsnetz hätten den Unfall verhindert bzw die Unfallfolgen gemindert. Bei aufgespanntem Netz wäre der Erstbeklagte in das Netz und nicht direkt auf den Körper des Klägers gefallen.Der Kläger begehrte Zahlung eines Schmerzengeldes in Höhe von S 200.000,-- und den der Höhe nach unstrittigen Betrag von S 10.211,-- (Ersatzbrille und Taxifahrten) sowie die Feststellung, dass die Beklagten dem Kläger zur ungeteilten Hand für alle künftigen Folgen aus dem Unfall vom 11. Oktober 1996 haften. Er brachte zusammengefasst vor, die Zweitbeklagte habe dem Erstbeklagten trotz dessen Bitte keine untere Liege zugewiesen. Der Erstbeklagte hafte für die Unfallfolgen aus den allgemeinen Haftungsgrundsätzen der Paragraphen 1294,, 1295 ABGB wegen Fahrlässigkeit. Er habe in Kenntnis seiner körperlichen Disposition weder beim Buchen des Liegewagenplatzes noch vor dessen Inanspruchnahme auf einem unteren Platz beharrt. Beim Hinabsteigen über die Leiter habe er es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen. Die Zweitbeklagte hafte, weil sie dem Erstbeklagten trotz dessen Ersuchen keine untere Liege zugewiesen habe. Die Gebrechlichkeit des Erstbeklagten habe dem Schaffner bereits beim Betreten des Zuges auffallen müssen. Um ein unabwendbare Ereignis im Sinne des Paragraph 9, EKHG handle es sich nicht. Der Kläger habe eine Jochbein- und Orbitabodenfraktur links erlitten, die operativ versorgt worden sei. Eine progrediente, hochgradige konzentrische Gesichtsfeldeinengung mit einer Nervus opticus-Atrophie links sei als Dauerfolge verblieben. Insbesondere ein seelisches Schmerzengeld sei zu berücksichtigen. Der Kläger werde in Hinkunft weder seiner literarischen noch seiner Vortrags- und Reisetätigkeit nachgehen können. Er sei dauernd auf fremde Hilfe angewiesen. Auch im privaten Bereich könne der Kläger nicht mehr lesen, fernsehen oder Erholungsreisen genießen. In seinem hohen Alter sei ihm dadurch die Lebensfreude genommen worden. Der lebenslang engagierte Kläger - der nach seiner Pensionierung mit durchschnittlichen Jahreseinkünften für publizistische und vortragende Tätigkeit von ca S 40.000,-- habe rechnen können - habe in erster Linie diese seine Tätigkeit als Überzeugungsarbeit auf dem Gebiet der ihm nahestehenden politischen Richtung betrachtet und aus diesem Grund neben honorierter auch unhonorierte Vortrags- und schriftstellerische Tätigkeit entfaltet. Mit der Einschränkung des Gesichsfeldes sei eine vollständige Einstellung dieser Tätigkeiten verbunden. Der Kläger habe damit nicht nur auf eine weitere berufliche Tätigkeit verzichten müssen, sondern es sei diese Tätigkeit auch als sein einziges Freizeitvergnügen während der Pensionszeit anzusehen. Das rechtfertige einen Aufschlag von 100 % zu den rein körperlich bemessenen Schmerzen. Wegen der Dauerfolgen sei eine Verschlechterung des Zustandes des Klägers nicht auszuschließen, sondern wegen seines Alters zu erwarten. Das Schwergewicht liege auf den künftigen, nicht wiedergutzumachenden Folgen der Verletzung. Die Zweitbeklagte habe nicht nur für das Fehlverhalten ihres angestellten Schaffners einzustehen, sondern auch dafür, dass sie aus Gründen der "Arbeitserleichterung" eine Dienstanweisung (betreffend die Adjustierung der Liegewagenabteile) erlassen habe, die dem Genehmigungsbescheid widerspreche. Eine beleuchtete Schaltereinrichtung und ein aufgespanntes Sicherheitsnetz hätten den Unfall verhindert bzw die Unfallfolgen gemindert. Bei aufgespanntem Netz wäre der Erstbeklagte in das Netz und nicht direkt auf den Körper des Klägers gefallen.

Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und beantragten die Abweisung der Klage. Der Erstbeklagte wendete ein, die Verletzungen des Klägers nicht verschuldet zu haben. Ursache für den Sturz des Erstbeklagten sei gewesen, dass die zu seinem Bett führende Leiter vom Kläger beiseite geschoben worden sei. Die behaupteten Verletzungen und Dauerfolgen stünden in keinem kausalen Zusammenhang mit dem Sturz des Erstbeklagten. Dem Bewilligungsbescheid für den verfahrensgegenständlichen Eisenbahnwaggon liege eine technische Beschreibung aufgrund eines Typenplanes zu Grunde. In dieser technischen Beschreibung sei die dem Bewilligungsbescheid zugrunde liegende Anordnung für Viererbelegung festgelegt. Der Unfall wäre mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden worden, wenn das vom Kläger und dem Erstbeklagten benützte Abteil in eine dem Genehmigungsbescheid entsprechende "korrekten 4-Bett-Adjustierung" versetzt worden wäre.

Die Zweitbeklagte wendete ein, dass sich der Unfall nicht im Zuge eines der Zweitbeklagten zuzurechnenden Betriebsvorganges ereignet habe. Die Leiter im Abteil sei mit beiden Haken in der dafür vorgesehenen Halterung eingehängt gewesen und habe über einen festen Stand verfügt. Weder durch einen Fehler in der Beschaffenheit noch durch ein Versagen der Verrichtungen der Eisenbahn sei es zum Unfall gekommen. Der Erstbeklagte habe beim Lösen seiner Fahrkarte weder auf seine Gebrechlichkeit hingewiesen noch die Buchung eines bestimmten Liegewagenplatzes begehrt. Es würde eine Überspannung der sich allenfalls aus dem Beförderungsvertrag ergebenden Sorgfaltspflichten bedeuten, müssten sich die Vertreter der Zweitbeklagten vor Ausstellung eines Fahrtickets jeweils vom Gesundheitszustand des zu befördernden Fahrgastes überzeugen. Der Liegewagenbegleiter habe nach längerem Bemühen einen Reisenden gefunden, der zum Tausch mit dem Erstbeklagten bereit gewesen wäre, wodurch der Erstbeklagte einen unteren Liegewagenplatz hätte benützen können. Zu diesem Zeitpunkt habe der Erstbeklagte jedoch bereits geschlafen. Daraus habe der Liegewagenbegleiter den Schluss ziehen müssen, dass der Erstbeklagte seinen Wunsch auf Benützung eines unteren Liegewagenplatzes aufgegeben habe. Es liege ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 9 EKHG vor, weil die Zweitbeklagte alle nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet habe. Die Adjustierung des Liegewagens sei ordnungsgemäß vorgenommen worden. Aufgrund von Kundenbeschwerden sei die in den Liegewagen angebrachte Bedienungsanleitung für Liegewagenabteile 1993 mit einer Dienstanweisung in dem Sinn geändert worden, dass bei Viererbelegung die untersten und obersten Liegen zu benützen seien. Nur über Verlangen eines Reisenden wäre eine Umstellung auf das Mittelbett vorzunehmen gewesen.Die Zweitbeklagte wendete ein, dass sich der Unfall nicht im Zuge eines der Zweitbeklagten zuzurechnenden Betriebsvorganges ereignet habe. Die Leiter im Abteil sei mit beiden Haken in der dafür vorgesehenen Halterung eingehängt gewesen und habe über einen festen Stand verfügt. Weder durch einen Fehler in der Beschaffenheit noch durch ein Versagen der Verrichtungen der Eisenbahn sei es zum Unfall gekommen. Der Erstbeklagte habe beim Lösen seiner Fahrkarte weder auf seine Gebrechlichkeit hingewiesen noch die Buchung eines bestimmten Liegewagenplatzes begehrt. Es würde eine Überspannung der sich allenfalls aus dem Beförderungsvertrag ergebenden Sorgfaltspflichten bedeuten, müssten sich die Vertreter der Zweitbeklagten vor Ausstellung eines Fahrtickets jeweils vom Gesundheitszustand des zu befördernden Fahrgastes überzeugen. Der Liegewagenbegleiter habe nach längerem Bemühen einen Reisenden gefunden, der zum Tausch mit dem Erstbeklagten bereit gewesen wäre, wodurch der Erstbeklagte einen unteren Liegewagenplatz hätte benützen können. Zu diesem Zeitpunkt habe der Erstbeklagte jedoch bereits geschlafen. Daraus habe der Liegewagenbegleiter den Schluss ziehen müssen, dass der Erstbeklagte seinen Wunsch auf Benützung eines unteren Liegewagenplatzes aufgegeben habe. Es liege ein unabwendbares Ereignis im Sinne des Paragraph 9, EKHG vor, weil die Zweitbeklagte alle nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet habe. Die Adjustierung des Liegewagens sei ordnungsgemäß vorgenommen worden. Aufgrund von Kundenbeschwerden sei die in den Liegewagen angebrachte Bedienungsanleitung für Liegewagenabteile 1993 mit einer Dienstanweisung in dem Sinn geändert worden, dass bei Viererbelegung die untersten und obersten Liegen zu benützen seien. Nur über Verlangen eines Reisenden wäre eine Umstellung auf das Mittelbett vorzunehmen gewesen.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung von S 150.211,-- samt Anhang und wies das Mehrbegehren von S 60.000 samt Anhang sowie das Feststellungsbegehren ab. Es ging hiebei im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Der gegenständliche Unfall ereignete sich in einem Abteil des Reisezuges "Wiener Walzer", in welchem die Sitzplatzflächen zu vier Liegeplätzen umgestaltet waren. Das Abteil war in folgendem Zustand: In der Abteilungstür ist ein Fenster eingelassen. Das Abteil verfügt über ein Außenfenster. Beide Fenster waren durch Rollos verdunkelt. Wird dieses Abteil nicht als Liegewagen eingesetzt, so stehen sechs Sitzplätze zur Verfügung und zwar je drei, die einander zugewandt sind. Das Abteil kann so umgestaltet werden, dass entweder vier oder sechs Liegeplätze zur Verfügung stehen. In beiden Fällen unterliegt die Umrüstung bestimmten Dienstvorschriften. Diese sind im Dienstabteil des Wagens als Aufkleber vorhanden, so auch im gegenständlichen Zug. Ist vorgesehen, - wie im gegenständlichen Fall - das Abteil mit vier Liegeplätzen auszustatten, so dienen die Sitzplatzflächen als untere Liegen, während die oberen Liegen sich etwa in Höhe der Mitte des Außenfensters befinden. Ist jedoch vorgesehen, das Abteil mit sechs Liegen auszustatten, so dienen die Sitzflächen als untere Liegen, die mittleren Liegen sind etwa in Höhe der Mitte des Außenfensters, während die obersten Liegen sich bereits über dem oberen Außenfensterrahmen befinden. An der Unterseite der obersten Liegefläche befindet sich in einem kleinen Netz ein großes, sehr stabiles Sicherheitsnetz, welches von einer obersten Liegefläche zur anderen gespannt werden kann und so reißfest ist, dass es einen Fahrgast, der von der obersten Liege fällt, auffangen kann. Die mittlere bzw obere Liegefläche kann man mit einer Aluminiumleiter erreichen, welche je nach Bedarf vor dem Außenfenster oder aber vor der Abteiltüre adjustiert werden kann. Die Leiter im gegenständlichen Abteil befand sich in einer Entfernung von circa 50 cm vor dem Abteilfenster leicht schräg fixiert, die Fixierung und der Leitersitz waren ordnungsgemäß. Über der Türe befindet sich ein Schaltpaneel. Die normale Beleuchtung wird durch zwei Leuchtstoffröhren mit je 40 Watt-Leistung erreicht, die Nachtbeleuchtung durch zwei blau strahlende Glühbirnen mit je 5 Watt-Leistung. Die Abteilbeleuchtung war ordnungsgemäß ausgestattet. Zum Unfallszeitpunkt war die Nachtbeleuchtung (2 blau strahlende Glühbirnen mit je 5 Watt-Leistung) eingeschaltet.

Die Adjustierung der Liegeplätze ist jedoch vom Personal nicht der Dienstanweisung entsprechend vorgenommen worden: Bei vier vorgesehenen Liegeplätzen darf es eine Liegefläche über dem Fensterniveau nicht geben. Im gegenständlichen Fall waren die oberen zwei Liegeplätze so adjustiert, dass sich die Liegeflächen über dem Fensterniveau befanden.

Vor der gegenständlichen Reise hat sich der Erstbeklagte an ein Reisebüro gewandt und hat dort eine Bahnfahrt 2. Klasse mit Liegewagen bestellt, da die Plätze im Schlafwagen bereits ausverkauft waren Bei der Bestellung wollte er einen unteren Liegewagenplatz, die unteren Liegewagenplätze waren aber ebenfalls bereits ausverkauft; deshalb ließ sich der Erstbeklagte einen oberen Liegewagenplatz zuweisen. Etwa 45 Minuten vor Zugabfahrt war der Erstbeklagte schon am Bahnhof beim Zug. Er wandte sich an den Liegewagenschaffner und fragte ihn, ob es möglich wäre, ihn auf einem unteren Liegewagenplatz unterzubringen. Der Schaffner teilte dem Erstbeklagten mit, dass alle Plätze besetzt seien. Der Erstbeklagte ging dann in das reservierte Abteil und wartete, bis das Ehepaar B***** erschien. Der Erstbeklagte fragte Frau B*****, ob es möglich wäre, mit ihrem Mann den Platz zu tauschen, was sie unter Hinweis auf sein Alter ablehnte. Bereits circa 20 Minuten vor der Abfahrt begab sich der Erstbeklagte dann über die Leiter auf die linksseitig ihm zugewiesene obere Liege. Diese erreichte er dadurch, dass er über die Leiter, die im Fensterbereich schräg aufgestellt war, hinaufkletterte und nach links auf den Liegeplatz stieg. Der Erstbeklagte hatte Schlafpulver eingenommen und schlief bereits vor der Abfahrt ein. Nach 2,00 Uhr erwachte der Erstbeklagte, im Abteil war es mit Ausnahme der Nachtbeleuchtung finster. In der Finsternis schaute der Erstbeklagte herunter und suchte einen Lichtschalter. Vor der Abfahrt hat sich der Erstbeklagte nicht darum gekümmert, ob im Bereich seines Liegebettes eine Beleuchtungsmöglichkeit einzuschalten ist. Er suchte in der Finsternis einen Schalter, fand aber nichts. Der Erstbeklagte setzte sich auf, drehte seinen Körper im Uhrzeigersinn um 90 Grad, die Füße hingen über die Bettkante hinunter. In dieser Position schob sich der Erstbeklagte sukzessive mit dem Gesäß nach links in Richtung Fenster, wo die Leiter stand, und suchte mit den Füßen die Leitersprossen, verspürte dann unter einem Fuß eine Leitersprosse und stieg mit dem Körper auf die Leiter. Mit dem rechten Fuß wollte der Erstbeklagte dann die nächste Sprosse erreichen. Er fand diese zweite Sprosse aber nicht, wobei der Erstbeklagte glaubte, dass die Leiter schräg steht, die Leiter stand offensichtlich aber senkrecht. Ob sich der Erstbeklagte noch mit den Händen irgendwo angehalten hat, konnte nicht festgestellt werden. Nachdem der Erstbeklagte mit dem rechten Fuß die zweite Leitersprosse nicht fand, stieg er ins Leere und stürzte rücklings in den Gang hinunter zwischen den untern Betten bis zum Boden. Hiebei fiel der Erstbeklagte nach links seitlich rückwärts auf den schlafenden Kläger und verletzte ihn im Gesicht.

Der Unfall wäre mit sehr großer Wahrscheinlichkeit unterblieben, wenn die Liegeplätze korrekt adjustiert worden wären. (Die Frage eines zu spannenden Sicherheitsnetzes erübrigt sich, da dieses bei einer korrekten 4-Bett-Adjustierung nicht verfügbar ist.) Mit einiger Wahrscheinlichkeit wäre der Unfall auch dann unterblieben, wenn alle sechs Betten adjustiert worden wären, da sich in diesem Fall der Erstbeklagte beim Hinuntersteigen auf den beiden unbelegten mittleren Liegeflächen hätte abstützen können. Als der Erstbeklagte versuchte, seinen Liegeplatz über die im Abteil fensterseitig angebrachte Leiter zu verlassen, hat er die Deckenbeleuchtung (80 Watt) nicht eingeschaltet. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre der Unfall auch dann vermieden worden, wenn der Erstbeklagte die Deckenbeleuchtung eingeschaltet hätte. Der dafür vorgesehene Schalter ist von einem Fahrgast auf der obersten Liege leicht erreichbar.

Eine medizinische Weiter- oder Dauerbehandlung der Sehnervenschädigung, die der Kläger durch den Unfall erhielt, ist nicht erforderlich. Eine Verschlechterungstendenz besteht nicht. Auch aus nervenärztlicher Sicht ist eine medizinische Weiterbehandlung der Dauerfolgen (schmerzähnliche Missempfindung im Versorgungsgebiet des ersten und zweiten Astes des 5. Hirnnerves links) nicht erforderlich. Das gilt auch für die chirurgisch-unfallkausalen Folgen (geringe Paraparese des mittleren Facialisastes links).

Der Kläger war immer publizistisch und schriftstellerisch-sozialpolitisch tätig. Seine publizistische Tätigkeit für in- und ausländische Zeitschriften und Zeitungen hat er auch nach seiner Pensionierung fortgesetzt, diese Tätigkeit hat gleichzeitig auch seine Freizeittätigkeit und Freizeitgestaltung dargestellt. Der Unfall vom 11. 10. 1996 hat einen schweren Einschnitt in das Leben des Klägers gebracht. Seither haben seine Gedächtnisleistung und Konzentrationsfähigkeit stark nachgelassen. Er fühlt sich im täglichen Leben sehr unsicher, klagt immer über Schwindelgefühle, benützt seither immer einen Gehstock, den er vor dem Unfall nicht benötigte. Vor allem sein Sehvermögen ist seither eingeschränkt und sein rechtes Gesichtsfeld beeinträchtigt. Wenn ihm seine Gattin etwas rechts von ihm hinlegt, reagiert der Kläger nicht, weil er dies offensichtlich nicht sieht. Unfallbedingt befindet sich der Kläger seither immer wieder in ärztlicher Behandlung sowohl beim Augenarzt als auch beim praktischen Arzt.

In seiner rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht eine Verschuldenshaftung des Erstbeklagten und eine Gefährdungshaftung der Zweitbeklagten. Die Abweisung des Feststellungsbegehrens begründete es damit, dass mit künftigen Schäden nicht zu rechnen sei; der Zustand des Klägers stelle sich als Dauerfolge dar, der sich nicht verändern werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers in der Hauptsache und der Berufung des Erstbeklagten nicht Folge, der Berufung der Zweitbeklagten und der Berufung des Klägers im Kostenpunkt hingegen Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, dass auch das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Zahlungsbegehren zur Gänze abgewiesen wurde. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt jeweils S 260.000 übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zur Rechtsrüge der Zweitbeklagten Folgendes aus:

Ob die Zweitbeklagte nach den Bestimmungen des EKHG hafte, hänge davon ab, ob sich der Unfall beim Betrieb der Eisenbahn erreignete habe. Ein Unfall beim Betrieb liege dann vor, wenn ein unmittelbarer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder mit bestimmten Betriebseinrichtungen bestehe. Mit den spezifischen Betriebsgefahren müsse der Unfall nur dann im Zusammenhang stehen, wenn er nicht auf die Beförderungstätigkeit, die Beschaffenheit der Betriebsmittel und deren Funktion zurückgeführt werde. Im konkreten Fall sei nun der Unfall zwar nicht mit den spezifischen Betriebsgefahren im Zusammenhang gestanden - die rasche Fortbewegung der Eisenbahn sei für die Verletzung nicht mitursächlich gewesen -, er sei jedoch auf die Beförderungstätigkeit zurückzuführen: Ebenso wie die Benützung der Sitzflächen gehöre auch die Benützung der Liegeflächen in einem Liegewagenabteil zur typischen Beförderungstätigkeit der Bahn. Die Eisenbahn sei daher nicht "nur zufälliger Schauplatz" des Unfalls gewesen: Es hätte zwar auch in einem stehenden Zug zu derselben Verletzung kommen können, es sei allerdings eine "sonstige Betriebsgefahr" für die Verletzung ursächlich gewesen (nämlich die Benützung der für die Beförderungstätigkeit in der Nacht vorgesehenen Liegen). Gemäß § 5 Abs 1 EKHG wäre daher grundsätzlich die Haftung der Zweitbeklagten zu bejahen. Gemäß § 9 EKHG sei aber eine Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden sei, wobei ein solches insbesondere dann vorliege, wenn es auf das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten zurückzuführen sei. Im vorliegenden Fall sei der Kläger dadurch verletzt worden, dass ein nicht beim Betrieb tätiger anderer Fahrgast (der Erstbeklagte) beim Abstieg von seiner Liegenfläche die zweite Leitersprosse nicht gefunden habe, nach links seitlich rückwärts auf den schlafenden Kläger gefallen sei und ihn dadurch im Gesicht verletzt habe. Es sei daher von einem unabwendbaren Ereignis im Sinne des § 9 Abs 2 EKHG auszugehen. Die Haftungsbefreiung nach § 9 EKHG setze aber ferner voraus, dass Betriebsunternehmer, Halter und die mit ihrem Willen beim Betrieb tätigen Personen die äußerste, nach den Umständen des Falles mögliche und zumutbare Sorgfalt eingehalten hätten. Die erhöhte Sorgfaltspflicht dürfe aber nicht überspannt werden, solle eine vom Gesetzgeber nicht gewollte reine Erfolgshaftung vermieden werden. Dem Liegewagenschaffner könne nun im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden: Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Erstbeklagte um einen Tausch ersucht habe, hätte auch ein besonders sorgfältiger Liegewagenschaffner keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen getroffen: Wenn der Erstbeklagte zwar die Benützung einer unteren Liegewagenfläche angestrebt habe, sich aber schließlich - gemäß seiner eigenen Liegewagenbuchung - damit zufrieden gegeben habe, die obere Liegefläche zu benützen, habe vom Liegewagenschaffner nicht erwartet werden können, dass er den Erstbeklagten an der Benützung der oberen Liegefläche zu hindern versuche. Es komme daher auch nicht darauf an, ob der Schaffner letztlich jemanden gefunden habe, der zu einem Tausch mit dem (mittlerweile schlafenden) Erstbeklagten bereit gewesen wäre. Durch das Verhalten des Erstbeklagten sei auch keine außergewöhnliche Betriebsgefahr ausgelöst worden, auf die der Unfall zurückzuführen gewesen sei: Der Unfall hätte sich ebenso im stehenden Zug ereignen können.Ob die Zweitbeklagte nach den Bestimmungen des EKHG hafte, hänge davon ab, ob sich der Unfall beim Betrieb der Eisenbahn erreignete habe. Ein Unfall beim Betrieb liege dann vor, wenn ein unmittelbarer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder mit bestimmten Betriebseinrichtungen bestehe. Mit den spezifischen Betriebsgefahren müsse der Unfall nur dann im Zusammenhang stehen, wenn er nicht auf die Beförderungstätigkeit, die Beschaffenheit der Betriebsmittel und deren Funktion zurückgeführt werde. Im konkreten Fall sei nun der Unfall zwar nicht mit den spezifischen Betriebsgefahren im Zusammenhang gestanden - die rasche Fortbewegung der Eisenbahn sei für die Verletzung nicht mitursächlich gewesen -, er sei jedoch auf die Beförderungstätigkeit zurückzuführen: Ebenso wie die Benützung der Sitzflächen gehöre auch die Benützung der Liegeflächen in einem Liegewagenabteil zur typischen Beförderungstätigkeit der Bahn. Die Eisenbahn sei daher nicht "nur zufälliger Schauplatz" des Unfalls gewesen: Es hätte zwar auch in einem stehenden Zug zu derselben Verletzung kommen können, es sei allerdings eine "sonstige Betriebsgefahr" für die Verletzung ursächlich gewesen (nämlich die Benützung der für die Beförderungstätigkeit in der Nacht vorgesehenen Liegen). Gemäß Paragraph 5, Absatz eins, EKHG wäre daher grundsätzlich die Haftung der Zweitbeklagten zu bejahen. Gemäß Paragraph 9, EKHG sei aber eine Ersatzpflicht ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht worden sei, wobei ein solches insbesondere dann vorliege, wenn es auf das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten zurückzuführen sei. Im vorliegenden Fall sei der Kläger dadurch verletzt worden, dass ein nicht beim Betrieb tätiger anderer Fahrgast (der Erstbeklagte) beim Abstieg von seiner Liegenfläche die zweite Leitersprosse nicht gefunden habe, nach links seitlich rückwärts auf den schlafenden Kläger gefallen sei und ihn dadurch im Gesicht verletzt habe. Es sei daher von einem unabwendbaren Ereignis im Sinne des Paragraph 9, Absatz 2, EKHG auszugehen. Die Haftungsbefreiung nach Paragraph 9, EKHG setze aber ferner voraus, dass Betriebsunternehmer, Halter und die mit ihrem Willen beim Betrieb tätigen Personen die äußerste, nach den Umständen des Falles mögliche und zumutbare Sorgfalt eingehalten hätten. Die erhöhte Sorgfaltspflicht dürfe aber nicht überspannt werden, solle eine vom Gesetzgeber nicht gewollte reine Erfolgshaftung vermieden werden. Dem Liegewagenschaffner könne nun im vorliegenden Fall kein Vorwurf gemacht werden: Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Erstbeklagte um einen Tausch ersucht habe, hätte auch ein besonders sorgfältiger Liegewagenschaffner keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen getroffen: Wenn der Erstbeklagte zwar die Benützung einer unteren Liegewagenfläche angestrebt habe, sich aber schließlich - gemäß seiner eigenen Liegewagenbuchung - damit zufrieden gegeben habe, die obere Liegefläche zu benützen, habe vom Liegewagenschaffner nicht erwartet werden können, dass er den Erstbeklagten an der Benützung der oberen Liegefläche zu hindern versuche. Es komme daher auch nicht darauf an, ob der Schaffner letztlich jemanden gefunden habe, der zu einem Tausch mit dem (mittlerweile schlafenden) Erstbeklagten bereit gewesen wäre. Durch das Verhalten des Erstbeklagten sei auch keine außergewöhnliche Betriebsgefahr ausgelöst worden, auf die der Unfall zurückzuführen gewesen sei: Der Unfall hätte sich ebenso im stehenden Zug ereignen können.

Schließlich sei aber auch nicht von einem Fehler in der Beschaffenheit oder einem Versagen der Verrichtungen der Eisenbahn auszugehen: Der Kläger berufe sich in diesem Zusammenhang auf die "nicht korrekte" Adjustierung des Liegewagenabteils. Dazu habe das Erstgericht festgestellt, dass der Unfall mit großer Wahrscheinlichkeit unterblieben wäre, wenn die Liegeplätze "korrekt" adjustiert worden wären. Diese hypothetische Feststellung beruhe auf der Annahme, dass der Erstbeklagte bei Benützung der mittleren Liegefläche (statt der obersten) möglicherweise davon Abstand genommen hätte, einen Abstieg mittels der dafür vorgesehenen Leiter zu versuchen, sondern direkt von der mittleren Liege auf den Boden gestiegen wäre. Damit sei aber für den Standpunkt des Klägers nichts gewonnen: Ohne dass geprüft werden müsse, ob und welchen normativen Gehalt die "Dienstanweisung" der Zweitbeklagten überhaupt gehabt habe, bestehe jedenfalls kein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der nicht entsprechend der Dienstanweisung vorgenommenen Adjustierung und den Unfallsfolgen. Eine gefahrlose Benützung der obersten Liegefläche müsse auch dann gewährleistet sein, wenn der konkrete Liegewagenwaggon als 6-Bett-Abteil zu adjustieren sei. Die die "korrekte" Adjustierung der Liegeplätze enthaltende Dienstanweisung der Zweitbeklagten könne wohl nicht den Zweck haben, Unfälle wie den gegenständlichen zu vermeiden: Diesfalls müsste nämlich unterstellt werden, dass trotz der vorliegenden Genehmigung die Benützung der oberen Liegeflächen nicht gefahrlos möglich sei. Darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, dass zum Abstieg von den Liegeflächen grundsätzlich eine Leiter vorgesehen sei. Wenn sich durch die Verwendung der oberen Liegeflächen überhaupt eine erhöhte Gefahr verwirkliche, so jene, dass ein Fahrgast während seines Schlafes "theoretisch" von der obersten Liegefläche herunterfallen könnte und naturgemäß die Verletzungsgefahr größer sei, wenn man von der oberen Liegefläche abstürze als bei einem Absturz von der mittleren Liegefläche. Genau deshalb bestehe auch die Möglichkeit der Spannung eines Sicherheitsnetzes bei 6-Bett-Adjustierung für die oberste Liegefläche. Jedenfalls könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Dienstanweisung der Zweitbeklagten dem Zweck diene, Verletzungsfolgen zu mindern, die dadurch entstünden, dass ein eine obere Liege benützender Fahrgast einem anderen Fahrgast in das Gesicht steige. Die Dienstanweisung könne - wenn überhaupt - nur den Sinn haben, bei bloßer 4-Bett-Adjustierung jene Gefahren zu mindern, die durch Herabfallen eines schlafenden Fahrgastes von der obersten Liege entstehen könnten. Für den Abstieg von den mittleren und oberen Liegeflächen sei aber eine Leiter vorgesehen, die nach den erstgerichtlichen Feststellungen keinen Mangel aufgewiesen habe. Dass der Erstbeklagte - ohne vorher die Deckenbeleuchtung einzuschalten - die Leiter benutzt oder die zweite Sprosse nicht gefunden hab, weshalb er auf den Kläger gefallen sei und diesen verletzt habe, könne jedenfalls nicht auf einen Fehler in der Beschaffenheit der Betriebseinrichtungen der Zweitbeklagten zurückgeführt werden. Der Zweitbeklagten sei daher der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs 2 EKHG gelungen, ohne dass es darauf ankäme, ob und gegebenenfalls von wem die Leiter verschoben worden sei.Schließlich sei aber auch nicht von einem Fehler in der Beschaffenheit oder einem Versagen der Verrichtungen der Eisenbahn auszugehen: Der Kläger berufe sich in diesem Zusammenhang auf die "nicht korrekte" Adjustierung des Liegewagenabteils. Dazu habe das Erstgericht festgestellt, dass der Unfall mit großer Wahrscheinlichkeit unterblieben wäre, wenn die Liegeplätze "korrekt" adjustiert worden wären. Diese hypothetische Feststellung beruhe auf der Annahme, dass der Erstbeklagte bei Benützung der mittleren Liegefläche (statt der obersten) möglicherweise davon Abstand genommen hätte, einen Abstieg mittels der dafür vorgesehenen Leiter zu versuchen, sondern direkt von der mittleren Liege auf den Boden gestiegen wäre. Damit sei aber für den Standpunkt des Klägers nichts gewonnen: Ohne dass geprüft werden müsse, ob und welchen normativen Gehalt die "Dienstanweisung" der Zweitbeklagten überhaupt gehabt habe, bestehe jedenfalls kein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der nicht entsprechend der Dienstanweisung vorgenommenen Adjustierung und den Unfallsfolgen. Eine gefahrlose Benützung der obersten Liegefläche müsse auch dann gewährleistet sein, wenn der konkrete Liegewagenwaggon als 6-Bett-Abteil zu adjustieren sei. Die die "korrekte" Adjustierung der Liegeplätze enthaltende Dienstanweisung der Zweitbeklagten könne wohl nicht den Zweck haben, Unfälle wie den gegenständlichen zu vermeiden: Diesfalls müsste nämlich unterstellt werden, dass trotz der vorliegenden Genehmigung die Benützung der oberen Liegeflächen nicht gefahrlos möglich sei. Darüber hinaus dürfe nicht übersehen werden, dass zum Abstieg von den Liegeflächen grundsätzlich eine Leiter vorgesehen sei. Wenn sich durch die Verwendung der oberen Liegeflächen überhaupt eine erhöhte Gefahr verwirkliche, so jene, dass ein Fahrgast während seines Schlafes "theoretisch" von der obersten Liegefläche herunterfallen könnte und naturgemäß die Verletzungsgefahr größer sei, wenn man von der oberen Liegefläche abstürze als bei einem Absturz von der mittleren Liegefläche. Genau deshalb bestehe auch die Möglichkeit der Spannung eines Sicherheitsnetzes bei 6-Bett-Adjustierung für die oberste Liegefläche. Jedenfalls könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Dienstanweisung der Zweitbeklagten dem Zweck diene, Verletzungsfolgen zu mindern, die dadurch entstünden, dass ein eine obere Liege benützender Fahrgast einem anderen Fahrgast in das Gesicht steige. Die Dienstanweisung könne - wenn überhaupt - nur den Sinn haben, bei bloßer 4-Bett-Adjustierung jene Gefahren zu mindern, die durch Herabfallen eines schlafenden Fahrgastes von der obersten Liege entstehen könnten. Für den Abstieg von den mittleren und oberen Liegeflächen sei aber eine Leiter vorgesehen, die nach den erstgerichtlichen Feststellungen keinen Mangel aufgewiesen habe. Dass der Erstbeklagte - ohne vorher die Deckenbeleuchtung einzuschalten - die Leiter benutzt oder die zweite Sprosse nicht gefunden hab, weshalb er auf den Kläger gefallen sei und diesen verletzt habe, könne jedenfalls nicht auf einen Fehler in der Beschaffenheit der Betriebseinrichtungen der Zweitbeklagten zurückgeführt werden. Der Zweitbeklagten sei daher der Entlastungsbeweis nach Paragraph 9, Absatz 2, EKHG gelungen, ohne dass es darauf ankäme, ob und gegebenenfalls von wem die Leiter verschoben worden sei.

Die die Abweisung des Feststellungsbegehrens betreffende Rechtsrüge des Klägers verwarf das Berufungsgericht mit folgender Begründung:

Nach ständiger Rechtsprechung sei ein Feststellungsinteresse dann zu bejahen, wenn die Möglichkeit offenbleibe, dass das schädigende Ereignis den Eintritt eines künftigen Schadens verursacht habe. Es genüge, dass sich ein Vorfall, durch den ein konkreter Schaden hätte eintreten können, bereits ereignet habe oder in Zukunft ein Schaden ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten könne, weil die Feststellungsklage nicht nur dem Ausschluss der Verjährung, sondern der Vermeidung späterer Beweisschwierigkeiten unter Klarstellung der Haftungsfrage dem Grunde nach diene. Dabei sei auf die objektive Vorhersehbarkeit abzustellen. Daraus folge umgekehrt, dass ein Feststellungsinteresse dann zu verneinen sei, wenn eine objektive Vorhersehbarkeit des Eintrittes künftiger Schäden nicht gegeben sei. Genau das sei hier im Zusammenhang mit den Verletzungsfolgen des Klägers zu bejahen: Das Erstgericht habe dazu unbekämpft festgestellt, dass als Dauerfolge der Narbenzustand des Sehnerves ohne Besserungs- aber auch ohne Verschlechterungstendenz verbleibe, dass eine medizinische Weiterbehandlung der Dauerfolgen aus nervenärztlicher Sicht nicht erforderlich sei, dass eine medizinische Weiterbehandlung der Dauerfolgen aus chirurgischer Sicht nicht erforderlich sei und eine weitere Verschlechterung des Zustandes nicht zu erwarten sei. Auch der Kläger vermöge keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, woraus sich der Eintritt künftiger Schäden ergeben solle. Wenn er nunmehr zur Berechtigung des Feststellungsbegehrens allfällige Vedienstentgangsansprüche anführe, die ihm in Zukunft entstehen könnten, sei er darauf zu verweisen, dass er sich darauf zur Begründung des Feststellungsbegehrens in erster Instanz niemals berufen habe. Er habe vielmehr die Erhebung des Feststellungsbegehrens ausdrücklich damit begründet, dass eine Verschlechterung seines Zustandes wegen seines Alters zu erwarten sei und das Schwergewicht auf den künftigen, nicht wieder gutzumachenden Folgen der Verletzung liege.

Den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht folgendermaßen:

Ob der Zweitbeklagten im konkreten Fall die Haftungsbefreiung nach § 9 Abs 2 EKHG zugute komme, stelle eine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgehende Beurteilung dar. Das gelte auch für die Höhe des dem Kläger zugesprochenen Schmerzengeldes oder für die Beurteilung, dass dem Erstbeklagten eine Sorgfaltswidrigkeit anzulasten sei. Dass ein Feststellungsinteresse voraussetze, dass nach objektiver Vorhersehbarkeit der Eintritt künftiger Schäden möglich sei, entspreche der oberstgerichtlichen Judikatur. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung sei daher nicht zu lösen gewesen.Ob der Zweitbeklagten im konkreten Fall die Haftungsbefreiung nach Paragraph 9, Absatz 2, EKHG zugute komme, stelle eine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinausgehende Beurteilung dar. Das gelte auch für die Höhe des dem Kläger zugesprochenen Schmerzengeldes oder für die Beurteilung, dass dem Erstbeklagten eine Sorgfaltswidrigkeit anzulasten sei. Dass ein Feststellungsinteresse voraussetze, dass nach objektiver Vorhersehbarkeit der Eintritt künftiger Schäden möglich sei, entspreche der oberstgerichtlichen Judikatur. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung sei daher nicht zu lösen gewesen.

Gegen diese Berufungsentscheidung - soweit damit das gegen beide Beklagte gerichtete Feststellungsbegehren und das gegen die Zweitbeklagte gerichtete Zahlungsbegehren mit einem Betrag von S 150.211,-- abgewiesen wurde - richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren im Umfang der Anfechtung stattgegeben werde.

Den Beklagten wurde die Beantwortung der Revision freigestellt.

Der Erstbeklagte hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Zweitbeklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Umfang der gemäß § 9 Abs 2 EKHG gebotenen Sorgfalt zwar regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängt (RIS-Justiz RS00111708), das Berufungsgericht hier aber die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes überschritten hat. Die Revision ist auch berechtigt, hinsichtlich des Feststellungsbegehrens lediglich im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages.Die Revision ist zulässig, weil der Umfang der gemäß Paragraph 9, Absatz 2, EKHG gebotenen Sorgfalt zwar regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalles abhängt (RIS-Justiz RS00111708), das Berufungsgericht hier aber die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes überschritten hat. Die Revision ist auch berechtigt, hinsichtlich des Feststellungsbegehrens lediglich im Sinne des im Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages.

Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, die Zweitbeklagte habe die nach § 9 Abs 2 EKHG gebotene äußerste Sorgfalt nicht eingehalten. Er habe die Erhebung des Feststellungsbegehrens zwar mit einer möglichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begründet; das Erstgericht hätte aber - ebenso wie bei der Berücksichtigung seelischer Schmerzen - auf die Beeinträchtigung seiner Vortrags- und journalistischen Tätigkeit Bedacht nehmen müssen.Der Rechtsmittelwerber macht im Wesentlichen geltend, die Zweitbeklagte habe die nach Paragraph 9, Absatz 2, EKHG gebotene äußerste Sorgfalt nicht eingehalten. Er habe die Erhebung des Feststellungsbegehrens zwar mit einer möglichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begründet; das Erstgericht hätte aber - ebenso wie bei der Berücksichtigung seelischer Schmerzen - auf die Beeinträchtigung seiner Vortrags- und journalistischen Tätigkeit Bedacht nehmen müssen.

Hiezu wurde erwogen:

Dass sich der Unfall "beim Betrieb" der Eisenbahn (§ 1 EKHG) ereignete, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0058156). Richtig hat das Berufungsgericht auch erkannt, dass die Haftungsbefreiung nach § 9 EKHG die Einhaltung der äußersten, nach den Umständen des Falles möglichen und zumutbaren Sorgfalt voraussetzt (vgl RIS-Justiz RS0058206, RS0058326). Abgesehen von der festgestellten Dienstanweisung, bei Vier-Bett-Anordnung die oberen Liegen etwa in Höhe der Mitte des Außenfensters anzubringen, hätte aber ein besonders sorgfältiger Liegewagenschaffner für den Erstbeklagten, der offensichtlich altersbedingt eine untere Liegefläche suchte, mangels einer solchen zumindest die obere Liege tiefer gestellt (oder eine mittlere Liegefläche adjustiert). Dies hätte - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - die Gefahr des Absturzes nicht nur während des Schlafes, sondern auch beim Erreichen und Verlassen des Liegeplatzes verringert. Der Unfall wäre dann nach den Feststellungen des Erstgerichts mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unterblieben.Dass sich der Unfall "beim Betrieb" der Eisenbahn (Paragraph eins, EKHG) ereignete, hat bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt vergleiche RIS-Justiz RS0058156). Richtig hat das Berufungsgericht auch erkannt, dass die Haftungsbefreiung nach Paragraph 9, EKHG die Einhaltung der äußersten, nach den Umständen des Falles möglichen und zumutbaren Sorgfalt voraussetzt vergleiche RIS-Justiz RS0058206, RS0058326). Abgesehen von der festgestellten Dienstanweisung, bei Vier-Bett-Anordnung die oberen Liegen etwa in Höhe der Mitte des Außenfensters anzubringen, hätte aber ein besonders sorgfältiger Liegewagenschaffner für den Erstbeklagten, der offensichtlich altersbedingt eine untere Liegefläche suchte, mangels einer solchen zumindest die obere Liege tiefer gestellt (oder eine mittlere Liegefläche adjustiert). Dies hätte - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - die Gefahr des Absturzes nicht nur während des Schlafes, sondern auch beim Erreichen und Verlassen des Liegeplatzes verringert. Der Unfall wäre dann nach den Feststellungen des Erstgerichts mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unterblieben.

Unter diesen Umständen kann der Zweitbeklagten die Haftungsbefreiung gemäß § 9 EKHG nicht zugute kommen. Zu Recht hat das Erstgericht daher eine Gefährdungshaftung der Zweitbeklagten bejaht. Sein Urteil war demnach insoweit als Teilurteil wiederherzustellen.Unter diesen Umständen kann der Zweitbeklagten die Haftungsbefreiung gemäß Paragraph 9, EKHG nicht zugute kommen. Zu Recht hat das Erstgericht daher eine Gefährdungshaftung der Zweitbeklagten bejaht. Sein Urteil war demnach insoweit als Teilurteil wiederherzustellen.

Was das Feststellungsbegehren anlangt, so hat der Kläger einen möglichen künftigen Verdienstentgang wegen der Einstellung seiner publizistischen Tätigkeit behauptet (AS 270), dies allerdings nicht in Zusammenhang mit der Begründung des Feststellungsinteresses, sondern seelischer Schmerzen. Ausreichende Feststellungen wurden zu diesem Aspekt der "Freizeitgestaltung" des Klägers nicht getroffen (vgl AS 329). Nach Auffassung des erkennenden Senates hätte das vorhandene, wenn auch in anderem Zusammenhang erstattete Vorbringen des Klägers zum Verdienstentgang vor der Verneinung eines Feststellungsinteresses insoweit zumindest einer Erörterung bedurft.Was das Feststellungsbegehren anlangt, so hat der Kläger einen möglichen künftigen Verdienstentgang wegen der Einstellung seiner publizistischen Tätigkeit behauptet (AS 270), dies allerdings nicht in Zusammenhang mit der Begründung des Feststellungsinteresses, sondern seelischer Schmerzen. Ausreichende Feststellungen wurden zu diesem Aspekt der "Freizeitgestaltung" des Klägers nicht getroffen vergleiche AS 329). Nach Auffassung des erkennenden Senates hätte das vorhandene, wenn auch in anderem Zusammenhang erstattete Vorbringen des Klägers zum Verdienstentgang vor der Verneinung eines Feststellungsinteresses insoweit zumindest einer Erörterung bedurft.

Da das Feststellungsinteresse des Klägers (vgl hiezu etwa RIS-Justiz RS0039018, RS0038976) anhand der getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend werden kann, war die Rechtssache hinsichtlich des Feststellungsbegehrens unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen.Da das Feststellungsinteresse des Klägers vergleiche hiezu etwa RIS-Justiz RS0039018, RS0038976) anhand der getroffenen Feststellungen noch nicht abschließend werden kann, war die Rechtssache hinsichtlich des Feststellungsbegehrens unter Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 52 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 52, ZPO.

Textnummer

E60666

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0020OB00269.00Y.1221.000

Im RIS seit

20.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2015
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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