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41/02 Asylrecht;Norm
FrPolG 2005 §65 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des M I, geboren 1976, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. November 2006, Zl. SD 1340/06, betreffend Aufhebung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. November 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 14. September 2005 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 65 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, abgewiesen.
Dieses Aufenthaltsverbot sei gegen den Beschwerdeführer wegen mehrerer, teils erheblicher Straftaten mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 19. Jänner 2005 erlassen worden. So seien am 21. April 1999 eine Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Geldstrafe nach § 83 Abs. 1 StGB und am 21. Mai 2001 eine weitere Verurteilung zu einer Geldstrafe, ebenfalls nach § 83 Abs. 1 StGB, erfolgt, bevor über ihn mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. Jänner 2004 nach § 28 Abs. 2 und 3 erster und zweiter Fall, Abs. 4 Z. 3 Suchtmittelgesetz - SMG, § 12 dritter Fall StGB, § 27 Abs. 1 SMG und § 50 Abs. 1 Z. 3 Waffengesetz eine Freiheitsstrafe von vier Jahren rechtskräftig verhängt worden sei.
Der Beschwerdeführer sei seit etwa Anfang 2001 Suchtgiftkonsument gewesen und habe bis zu seiner Verhaftung am 10. Mai 2003 Kokain und Marihuana erworben und missbraucht. Er und ein Mitbeschuldigter seien in weiterer Folge Mitglied einer international operierenden Tätergruppe geworden, die Suchtgift in großem Umfang aus den Niederlanden nach Österreich verschafft habe bzw. habe schmuggeln lassen. Schon im November/Dezember 2001 sei der Beschwerdeführer für diese Organisation nach Holland gefahren, um dort als Dolmetscher bei der Vereinbarung von Suchtgiftlieferungen zu fungieren. Über seine Mitwirkung seien 15 kg Marihuana nach Österreich verbracht und hier in Verkehr gesetzt worden. Wenig später sei er nach Brüssel gereist, um dort DM 90.000,-- einem Suchtgifthändler als Vorauszahlung für eine Lieferung von zumindest 10 kg Marihuana zu übergeben. In weiterer Folge sei das Suchtgift tatsächlich nach Österreich gelangt und hier verkauft worden. Weiters sei der Beschwerdeführer für die Weiterverteilung des über Veranlassung des Mitbeschuldigten nach Österreich eingeführten Suchtgiftes zuständig gewesen, das heiße, er habe es an Subverteiler weitergegeben bzw. unmittelbar selbst und direkt verkauft. Von Anfang 2002 bis Mai 2003 habe er so insgesamt zumindest 150 bis 180 g Marihuana und eine nicht mehr feststellbare große Menge Haschisch und 150 g Kokain übernommen, das aus Holland gekommen sei. Dieses habe er verkauft und an einen Abnehmer zum Zweck des Weiterverkaufs in Lokalen übergeben. Ihm vom Mitbeschuldigten überlassenes Kokain (150 g) habe er teils selbst konsumiert, teils habe er es unentgeltlich an andere überlassen. Ebenso habe er in mehreren Angriffen eine nicht mehr feststellbare Menge Marihuana an namentlich bekannte und unbekannt gebliebene Personen zum Zweck des gemeinsamen Konsums überlassen. Bei seiner Festnahme sei bei ihm eine Faustfeuerwaffe samt Munition sichergestellt worden, obwohl gegen ihn ein Waffenverbot bestanden habe.
Bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien auf die privaten und familiären Lebensumstände des Beschwerdeführers vollständig Bedacht genommen worden. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 2005 sei eine dagegen eingebrachte Beschwerde als unbegründet abgewiesen worden.
Im gegenständlichen Aufhebungsantrag habe der Beschwerdeführer umfangreich unter Anführung und Beilage von Beweismitteln seinen schulischen und beruflichen Werdegang sowie sämtliche familiären Bindungen zu Eltern und Geschwistern und einer Lebensgefährtin ausgeführt. Er gestehe zu, immer noch seine Haftstrafe zu verbüßen. Auf Grund seiner familiären Stütze würde er es in Hinkunft schaffen, nicht mehr von Suchtmitteln abhängig und auch keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu sein.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass keine Rede davon sein könnte, dass sich der Beschwerdeführer seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes wohlverhalten hätte. Vielmehr sei aktenkundig, dass über ihn mit Urteil des Bezirksgerichtes Hollabrunn vom 2. März 2005 gemäß § 83 Abs. 1 StGB (erneut) eine Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verhängt worden sei.
Sämtliche, auf das private und familiäre Umfeld des Beschwerdeführers bezogene Angaben im Aufhebungsantrag hätten per se die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen können. Vielmehr unterlasse er es überhaupt gänzlich, irgendwelche eingetretenen Änderungen seit Erlassung dieser Maßnahme anzuführen, die seinen (sich an der Grenze zur Mutwilligkeit bewegenden) Antrag stützen könnten. Er habe immer noch seine Strafhaft verbüßt und könne - abgesehen von der erneuten Verurteilung - auf ein Wohlverhalten in Freiheit nicht verweisen. Solcherart könne angesichts der Vielzahl seiner Verurteilungen und des diesen zu Grunde liegenden Fehlverhaltens keine Rede davon sein, dass die in § 60 Abs. 1 FPG normierte Annahme nicht mehr gerechtfertigt wäre.
Auch in seinen privaten und familiären Lebensumständen sei keine Änderung eingetreten. Sohin sei eine Feststellung, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes nunmehr nicht mehr dringend geboten wäre, ebenso unmöglich wie eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessenabwägung im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG.
Auch seien keine besonderen Umstände aktenkundig, die eine Aufhebung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens gerechtfertigt hätten.
Die Behauptung, der Beschwerdeführer würde nach seiner Haftentlassung bei seiner Familie aufgenommen und solcherart von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abgehalten, könne angesichts der dargelegten Umstände die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes in keiner Weise rechtfertigen, ganz abgesehen davon, dass dieser "intakte Familienverband" ihn auch nicht von der Begehung seiner Straftaten habe abhalten können.
Da der Beschwerdeführer sohin nicht habe darlegen können, dass die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände nunmehr weggefallen wären, sei der Berufung keine Folge zu geben gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
I.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 65 Abs. 1 FPG ist das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
Nach der hg. Judikatur kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung der Maßnahme die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. September 2006, Zl. 2006/18/0174, mwN).
2. Zu den Gründen, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer geführt haben, und zur Zulässigkeit dieser Maßnahme wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das die Beschwerde gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 19. Jänner 2005 abweisende hg. Erkenntnis vom 8. März 2005, Zl. 2005/18/0060, verwiesen.
3. Die Beschwerde macht geltend, es sei eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes dadurch eingetreten, dass der Beschwerdeführer, wie von ihm in seinem Aufhebungsantrag vorgebracht, nicht mehr drogenabhängig sei, was die belangte Behörde hätte würdigen müssen und wozu sie ihm hätte Parteiengehör einräumen müssen. Auch habe er bereits in seinem Aufhebungsantrag vorgebracht, dass alle seine Geschwister in Österreich lebten, die meisten von ihnen bereits Österreicher wären und er in der Türkei bei weitem nicht eine so intensive Beziehung zu seiner Familie wie in Österreich habe.
4. Nach ständiger hg. Rechtsprechung kann ein allfälliger Gesinnungswandel nicht am Verhalten in der Strafhaft, sondern nur daran geprüft werden, wie lange sich der Beschwerdeführer in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2006/18/0174, mwN), wobei dies angesichts der Suchtgiftdelikten innewohnenden Wiederholungsgefahr (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0376) auch in den Fällen gilt, in denen sich der Fremde erfolgreich einer Suchtgifttherapie unterzogen hat. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, dass sich der Beschwerdeführer, der (u.a.) am 13. Jänner 2004 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren (rechtskräftig) verurteilt worden war, (bei Erlassung des angefochtenen Bescheides) noch immer in Strafhaft befand. Schon im Hinblick darauf sind die Beschwerdebehauptungen, dass der Beschwerdeführer nunmehr nicht mehr drogenabhängig sei, und die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang erhobene Rüge, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, diesbezüglich den Beschwerdeführer Parteiengehör zu gewähren, nicht zielführend.
Ferner bestreitet die Beschwerde nicht die Feststellung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, dass in der privaten und familiären Lebenssituation des Beschwerdeführers keine Änderung eingetreten sei.
5. Es bestehen somit keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Interessenlage seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Jahr 2005 zu Gunsten des Beschwerdeführers maßgeblich verschoben habe.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot weiterhin sowohl im Grund des § 60 Abs. 1 FPG als auch des § 66 leg. cit. gerechtfertigt sei, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 16. Jänner 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006180504.X00Im RIS seit
12.02.2007Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009