TE OGH 2001/1/10 9ObA314/00t

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Veröffentlicht am 10.01.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Scheuch und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf Sch*****, Maurer, ***** vertreten durch Dr. Gustav Teicht und andere, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Friedrich C***** GesmbH, Bauunternehmen, ***** vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 23.402,73 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. August 2000, GZ 7 Ra 148/00m-14, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 18. November 1999, GZ 18 Cga 131/99m-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.655,68 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 609,28 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 25. 9. 1967 geborene Kläger ist seit 12. 9. 1977 in der Wohnung W*****gasse ***** Wien, gemeldet. Diese Wohnung bewohnte er bereits als Schüler gemeinsam mit seinen Eltern, besuchte in Wien die Volks-, Haupt- und Berufsschule, absolvierte die Maurerlehre und hatte immer Arbeitgeber mit Arbeitsplätzen im Umfeld von Wien. Seit 1994 ist er auch in W***** im Burgenland gemeldet, wobei als weiterer Wohnsitz die in Wien befindliche Wohnung angeführt ist. Der heute 32-jährige Kläger hat sich nie vom Elternhaus gelöst, hat keinen Lebenspartner und keine Familie. Die Wiener Wohnung ist eine rund 70 m2 große Mietwohnung, deren Mieterin die Mutter des Klägers ist. Die Eltern waren ursprünglich beide in Wien berufstätig, wohnen aber seit ihrer Pensionierung in W*****. Dort haben sie ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von ca 150 m2„ in dem dem Kläger ein ca 20 m2 großes Zimmer, jedoch keine getrennte Wohnung zur Verfügung steht.

Die Wohnung in Wien benützt der Kläger während der Arbeitswoche. AmWochenende fährt er meistens in das rund 95 km entfernte W*****. Am 9. 2. 1995 unterschrieb der Kläger einen Dienstzettel, in dem als ordentlicher Wohnsitz die Wiener Adresse angeführt ist. Zustellungen amtlicher Schreiben erfolgen an die Wiener Anschrift. Bis 14. 1. 1999 hat der Kläger keinen Anspruch auf Nächtigungsgeld geltend gemacht. Nach Ausstellung einer Wohnsitzbestätigung der Gemeinde W***** forderte er vom Dienstgeber "mehr Geld", weil er Schwierigkeiten mit dem Alkohol und mit der Polizei gehabt habe. Er brachte dabei ins Spiel, dass ihm "Quartiergeld" zustehe.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage S 23.402,73 sA an Nächtigungsgeld für den Zeitraum vom 8. 10. 1998 bis zum 4. 5. 1999, zu welchem Zeitpunkt sein Arbeitsverhältnis durch Arbeitgeberkündigung geendet hatte.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Kläger über mehrere Wohnsitze verfüge, wobei seine wirtschaftliche Existenz in Wien begründet sei, soziale Beziehungen jedoch im Burgenland bestünden. Das Bestehen auf einen Wohnsitz im Burgenland stelle zwar keine Umgehungshandlung dar, hebe aber die für den Zweck des Kollektivvertrags maßgebliche Wohnsitzeigenschaft der Wiener Wohnung nicht auf, die bei einer Gesamtbetrachtung im Vordergrund stehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.

Den ständigen Wohnort habe jemand dort, wo er den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen habe. Der Klammerausdruck Familienwohnsitz solle nur klarstellen, dass der ständige Wohnort im Regelfall auch der Wohnsitz der Familie sei. Zu prüfen sei, ob der Bauarbeiter überhaupt eine Familie habe. Ein Familienwohnsitz würde daher im Sinne des Kollektivvertrages dann begründet, wenn die Ehefrau mit mindestens einem Kind tatsächlich am selben Wohnort lebe. Der Kläger sei seit September 1977 ständig und durchgehend in Wien gemeldet. Die Meldung in W***** datiere erst ab September 1994. Die Lebensführung ohne Familie sei ein Anhaltspunkt dafür, dass bei einem alleinstehenden Arbeitnehmer wie dem Kläger in Wien ein eigener Hausstand vorliege. Da von einem Wohnsitz des Klägers jedenfalls (auch) in Wien auszugehen sei, bestehe kein Anspruch auf Übernachtungs- bzw Trennungsgeld.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache und dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinne abzuändern oder es aufzuheben.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ob Anspruch auf Nächtigungsgeld besteht, hängt nicht davon ab, ob am ständigen Wohnort auch die Familie des Klägers lebt. Der Klammerausdruck besagt nur, dass der ständige Wohnort auch der des Sitzes der Familie sein kann, weil dies den Regelfall darstellt. Ob eine Familie nur dann vorliegt, wenn neben der Ehefrau mindestens auch noch ein Kind vorhanden ist, ist hier nicht entscheidend. Voraussetzung für den Anspruch ist grundsätzlich der Wohnort (Arb 10.494) und die Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr vom Arbeitsort. Ob der Arbeitnehmer verheiratet oder ledig ist, spielt dabei keine Rolle (9 ObA 173/88). Eine Haushaltsführung wird ähnlich wie beim Trennungsgeld vom Kollektivvertrag nicht gesondert verlangt (Arb 5769). Es ist ja auch die Regel, dass an jedem ständigen Wohnort ohnehin ein Haushalt in irgendeiner Form geführt wird.

Die Wohnung, die der Kläger in Wien allein benützt, steht ihm als ehemalige Familienwohnung unabhängig davon zu, wo er gerade seiner Arbeit nachgeht. Ein besonderer Aufwand während seiner Tätigkeit für die Beklagte wurde weder behauptet noch festgestellt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E60510 09B03140

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:009OBA00314.00T.0110.000

Dokumentnummer

JJT_20010110_OGH0002_009OBA00314_00T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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