TE OGH 2001/1/11 8ObA172/00b

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Veröffentlicht am 11.01.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Franz Gansch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmgard R*****, wider die beklagte Partei G*****-Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht und Dr. Werner Piplits, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 93.890,-- sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. April 2000, GZ 9 Ra 2/00f-11, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das rund 29 Jahre bestehende Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten endete am 13. 9. 1996 durch Entlassung, welche in einem nachfolgenden Arbeitsgerichtsprozess als ungerechtfertigt erkannt wurde. Der Klägerin wurden in diesem Verfahren mit am 14. 1. 1999 in Rechtskraft erwachsenem Urteil die Kündigungsentschädigung und die gesetzliche Abfertigung zugesprochen.

Die Schlichtungsstelle beim Arbeits- und Sozialgericht Wien erließ am 30. 4. 1997 einen Bescheid über eine Betriebsvereinbarung nach § 97 Abs 1 Z 4 iVm § 109 Abs 1 Z 1 ArbVG, auf Grund derer alle Arbeitnehmer des Kaufhauses, in welchem die Klägerin gearbeitet hatte, die sich am 31. 12. 1996 in einem Dienstverhältnis zur Beklagten befunden haben, anspruchsberechtigt waren. Gemäß § 2 dieser Betriebsvereinbarung ("Geldleistungen") sollten unter anderem alle Abfertigungsberechtigten neben der gesetzlichen eine freiwillige Abfertigung in der Höhe von 20 % der gesetzlichen Abfertigung (Abs 1) sowie einen vom Lebensalter abhängigen Alterszuschlag (Abs 2) erhalten.Die Schlichtungsstelle beim Arbeits- und Sozialgericht Wien erließ am 30. 4. 1997 einen Bescheid über eine Betriebsvereinbarung nach Paragraph 97, Absatz eins, Ziffer 4, in Verbindung mit Paragraph 109, Absatz eins, Ziffer eins, ArbVG, auf Grund derer alle Arbeitnehmer des Kaufhauses, in welchem die Klägerin gearbeitet hatte, die sich am 31. 12. 1996 in einem Dienstverhältnis zur Beklagten befunden haben, anspruchsberechtigt waren. Gemäß Paragraph 2, dieser Betriebsvereinbarung ("Geldleistungen") sollten unter anderem alle Abfertigungsberechtigten neben der gesetzlichen eine freiwillige Abfertigung in der Höhe von 20 % der gesetzlichen Abfertigung (Absatz eins,) sowie einen vom Lebensalter abhängigen Alterszuschlag (Absatz 2,) erhalten.

Der die dagegen erhobene Beschwerde der Beklagten zurückweisende Bescheid des Verwaltungsgerichtshofs wurde den Parteien am 16. 6. 1998 zugestellt.

Die Vorinstanzen gaben dem auf Leistung entsprechend dem Sozialplan gerichteten Klagebegehren Folge. Die außerordentliche Revision der Beklagten stellt nicht mehr in Frage, dass die Klägerin auf Grund der am 31. 3. 1997 endenden Kündigungsfrist zum Stichtag 31. 12. 1996 zur Beklagten fiktiv in einem Dienstverhältnis stand. Sie hält nur mehr den Einwand aufrecht, die am 21. 7. 1999 beim Erstgericht eingelangte Klage sei gemäß § 34 Abs 1 AngG verfristet. Damit macht sie aber keine erhebliche Rechtsfrage geltend, wie darzustellen ist:Die Vorinstanzen gaben dem auf Leistung entsprechend dem Sozialplan gerichteten Klagebegehren Folge. Die außerordentliche Revision der Beklagten stellt nicht mehr in Frage, dass die Klägerin auf Grund der am 31. 3. 1997 endenden Kündigungsfrist zum Stichtag 31. 12. 1996 zur Beklagten fiktiv in einem Dienstverhältnis stand. Sie hält nur mehr den Einwand aufrecht, die am 21. 7. 1999 beim Erstgericht eingelangte Klage sei gemäß Paragraph 34, Absatz eins, AngG verfristet. Damit macht sie aber keine erhebliche Rechtsfrage geltend, wie darzustellen ist:

Gegenstand der Betriebsvereinbarung können gemäß § 97 Abs 1 Z 4 ArbVG auch "Sozialpläne", also Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Minderung der Folgen einer Betriebsänderung im Sinn des § 109 Abs 1 Z 1 bis 6 ArbVG sein, soferne diese wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt. Sozialpläne dienen somit dem Schutz der wirtschaftlich Schwachen und verfolgen das Ziel, dem Arbeitnehmer bisher zugestandene Rechtspositionen so lange wie möglich zu erhalten bzw deren Verlust auszugleichen (SZ 70/53; RdW 1998, 95; 8 ObS 13/00w ua). Wenngleich die Abfertigung auch Elemente einer "Treueprämie" enthält, liegt ihr doch auch der Versorgungsgedanke zu Grunde, dass nach Lösung des Arbeitsverhältnisses die Existenz des Angestellten zumindest für einige Zeit gesichert werden soll (RdW 1988, 139; RdW 1990, 163; 9 ObA 184/98v ua; Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7, 439). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, auf die hier strittigen Leistungen sei die Rechtsprechung zur gesetzlichen Abfertigung anzuwenden, wonach diese kein Entgelt gemäß § 29 AngG zum Gegenstand habe (ArbSlg 10.407; RdW 2000, 112 ua) und daher nicht der Fallfrist des § 34 Abs 1 AngG unterliege (ArbSlg 10.072; ArbSlg 11.456) ist schon in Anbetracht der dargestellten Zielsetzungen nicht offenkundig unrichtig.Gegenstand der Betriebsvereinbarung können gemäß Paragraph 97, Absatz eins, Ziffer 4, ArbVG auch "Sozialpläne", also Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Minderung der Folgen einer Betriebsänderung im Sinn des Paragraph 109, Absatz eins, Ziffer eins bis 6 ArbVG sein, soferne diese wesentliche Nachteile für alle oder erhebliche Teile der Arbeitnehmerschaft mit sich bringt. Sozialpläne dienen somit dem Schutz der wirtschaftlich Schwachen und verfolgen das Ziel, dem Arbeitnehmer bisher zugestandene Rechtspositionen so lange wie möglich zu erhalten bzw deren Verlust auszugleichen (SZ 70/53; RdW 1998, 95; 8 ObS 13/00w ua). Wenngleich die Abfertigung auch Elemente einer "Treueprämie" enthält, liegt ihr doch auch der Versorgungsgedanke zu Grunde, dass nach Lösung des Arbeitsverhältnisses die Existenz des Angestellten zumindest für einige Zeit gesichert werden soll (RdW 1988, 139; RdW 1990, 163; 9 ObA 184/98v ua; Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7, 439). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, auf die hier strittigen Leistungen sei die Rechtsprechung zur gesetzlichen Abfertigung anzuwenden, wonach diese kein Entgelt gemäß Paragraph 29, AngG zum Gegenstand habe (ArbSlg 10.407; RdW 2000, 112 ua) und daher nicht der Fallfrist des Paragraph 34, Absatz eins, AngG unterliege (ArbSlg 10.072; ArbSlg 11.456) ist schon in Anbetracht der dargestellten Zielsetzungen nicht offenkundig unrichtig.

Allerdings verweist die Revisionswerberin zutreffend darauf, dass der zur Abfertigung geprägte Rechtssatz uneingeschränkt nur für die Zeit vor Beendigung des Dienstverhältnisses gilt, nicht jedoch für den Fall, dass der Anspruch zwischen dem tatsächlichen und dem rechtlichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf entsteht oder sich erhöht. Während die ältere Rechtsprechung (ArbSlg 9938) einen innerhalb der fiktiven Kündigungsfrist entstandenen oder erhöhten Abfertigungsanspruch nur bei Berechnung des Ersatzanspruchs nach § 29 AngG berücksichtigte, postulierte die Entscheidung ArbSlg 10.407 die Einheitlichkeit des Abfertigungsanspruchs, weshalb die Abfertigung auf der Basis der §§ 23, 23a AngG unter Zugrundelegung des fiktiven Endzeitpunkts zu berechnen sei und § 29 AngG insgesamt nicht zur Anwendung gelange. ArbSlg 11.365 nahm obiter (Entscheidungsgegenstand war ein in der fiktiven Kündigungsfrist neu entstandener Urlaubsanspruch) offenkundig auf die ältere Rechtsprechung Bezug, ohne die ausführlich begründete Vorentscheidung zu erwähnen.Allerdings verweist die Revisionswerberin zutreffend darauf, dass der zur Abfertigung geprägte Rechtssatz uneingeschränkt nur für die Zeit vor Beendigung des Dienstverhältnisses gilt, nicht jedoch für den Fall, dass der Anspruch zwischen dem tatsächlichen und dem rechtlichen Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf entsteht oder sich erhöht. Während die ältere Rechtsprechung (ArbSlg 9938) einen innerhalb der fiktiven Kündigungsfrist entstandenen oder erhöhten Abfertigungsanspruch nur bei Berechnung des Ersatzanspruchs nach Paragraph 29, AngG berücksichtigte, postulierte die Entscheidung ArbSlg 10.407 die Einheitlichkeit des Abfertigungsanspruchs, weshalb die Abfertigung auf der Basis der Paragraphen 23,, 23a AngG unter Zugrundelegung des fiktiven Endzeitpunkts zu berechnen sei und Paragraph 29, AngG insgesamt nicht zur Anwendung gelange. ArbSlg 11.365 nahm obiter (Entscheidungsgegenstand war ein in der fiktiven Kündigungsfrist neu entstandener Urlaubsanspruch) offenkundig auf die ältere Rechtsprechung Bezug, ohne die ausführlich begründete Vorentscheidung zu erwähnen.

Diese Judikaturdivergenz, auf die in RdW 2000, 112 lediglich verwiesen wurde, ist jedoch für den hier zu beurteilenden Fall nicht bedeutsam, weil nicht ein vertraglich bereits eingeräumter Anspruch durch Zeitablauf entstand oder sich erhöhte, sondern erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitnehmeransprüche neu geschaffen wurden. Derartige Ansprüche fallen aber schon nach dem klaren Wortlaut des § 29 AngG (ebenso des § 1162b ABGB) nicht unter diese Gesetzesstelle, weil danach der Angestellte im Falle vorzeitiger Entlassung seine vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt behält, diese somit bereits im Zeitpunkt der Entlassung vorliegen müssen.Diese Judikaturdivergenz, auf die in RdW 2000, 112 lediglich verwiesen wurde, ist jedoch für den hier zu beurteilenden Fall nicht bedeutsam, weil nicht ein vertraglich bereits eingeräumter Anspruch durch Zeitablauf entstand oder sich erhöhte, sondern erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Arbeitnehmeransprüche neu geschaffen wurden. Derartige Ansprüche fallen aber schon nach dem klaren Wortlaut des Paragraph 29, AngG (ebenso des Paragraph 1162 b, ABGB) nicht unter diese Gesetzesstelle, weil danach der Angestellte im Falle vorzeitiger Entlassung seine vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt behält, diese somit bereits im Zeitpunkt der Entlassung vorliegen müssen.

Anmerkung

E60602 08B01720

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:008OBA00172.00B.0111.000

Dokumentnummer

JJT_20010111_OGH0002_008OBA00172_00B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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