Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und DDr. Wolfgang Massl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Etelka O*****, vertreten durch Eva Oberrauch, ebendort, wider die beklagte Partei Bundespensionsamt, Barichgasse 38, 1031 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Juni 2000, GZ 25 R 70/00f-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. März 2000, GZ 47 Cgs 77/99y-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern, dass bereits das Erstgericht festgestellt hat, die Klägerin bedürfe bei der Verrichtung der großen Notdurft fremder Hilfe (S 3 unten des Ersturteils), und dass das Berufungsgericht - was den Pflegebedarf für die Reinigung nach der großen Notdurft betrifft - keine vom Ersturteil abweichenden Feststellungen getroffen, sondern die auf S 6 des Ersturteils angenommenen "10 Stunden/Monat" seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt hat.Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Obgleich diese Beurteilung nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung bedürfte, ist den Revisionsausführungen kurz zu erwidern, dass bereits das Erstgericht festgestellt hat, die Klägerin bedürfe bei der Verrichtung der großen Notdurft fremder Hilfe (S 3 unten des Ersturteils), und dass das Berufungsgericht - was den Pflegebedarf für die Reinigung nach der großen Notdurft betrifft - keine vom Ersturteil abweichenden Feststellungen getroffen, sondern die auf S 6 des Ersturteils angenommenen "10 Stunden/Monat" seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt hat.
Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass der Pflegebedarf der Klägerin in diesem Bereich zwar unter der Hälfte des normierten täglichen Mindestwertes von 4-mal 15 Minuten = monatlich 30 Stunden (für die Hilfestellung bei der Verrichtung der Notdurft [§ 1 Abs 4 EinstV]) liegt, aber dennoch der gesamte Mindestwert anzusetzen sei, weil sich der monatliche Aufwand von 10 Stunden nicht bloß auf einen kleinen Teil der angeführten Betreuungsmaßnahmen (RIS-Justiz RS0109875), sondern auf die (jeweilige Reinigung nach) Verrichtung der großen Notdurft bezieht, ist zutreffend.Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass der Pflegebedarf der Klägerin in diesem Bereich zwar unter der Hälfte des normierten täglichen Mindestwertes von 4-mal 15 Minuten = monatlich 30 Stunden (für die Hilfestellung bei der Verrichtung der Notdurft [§ 1 Absatz 4, EinstV]) liegt, aber dennoch der gesamte Mindestwert anzusetzen sei, weil sich der monatliche Aufwand von 10 Stunden nicht bloß auf einen kleinen Teil der angeführten Betreuungsmaßnahmen (RIS-Justiz RS0109875), sondern auf die (jeweilige Reinigung nach) Verrichtung der großen Notdurft bezieht, ist zutreffend.
Dem in der Revision vertretenen Standpunkt, die vorliegende Unterschreitung der Hälfte des Mindestwertes habe zur Folge, dass der pauschalierte Mindestwert überhaupt nicht zu berücksichtigen sei, ist Folgendes zu erwidern:
Bei den im § 1 Abs 4 EinstV genannten Mindestwerten ("verbindlichen Mindestwerten" iSd § 4 Abs 3 Z 2 BPGG) ist - im Unterschied zu den Richtwerten im Sinne des § 1 Abs 3 EinstV - eine Unterschreitung ausgeschlossen. Der jeweilige Mindestwert wird freilich nur dann zu berücksichtigen sein, wenn sich der tatsächliche Bedarf nicht bloß auf einen kleinen Teil der dort angeführten Betreuungsmaßnahmen bezieht: Bei erheblicher Unterschreitung des betreffenden Wertes kann die Anerkennung eines pauschalierten Mindestbedarfes nicht mehr in Betracht kommen (SSV-NF 12/63 = RIS-Justiz RS0109875).Bei den im Paragraph eins, Absatz 4, EinstV genannten Mindestwerten ("verbindlichen Mindestwerten" iSd Paragraph 4, Absatz 3, Ziffer 2, BPGG) ist - im Unterschied zu den Richtwerten im Sinne des Paragraph eins, Absatz 3, EinstV - eine Unterschreitung ausgeschlossen. Der jeweilige Mindestwert wird freilich nur dann zu berücksichtigen sein, wenn sich der tatsächliche Bedarf nicht bloß auf einen kleinen Teil der dort angeführten Betreuungsmaßnahmen bezieht: Bei erheblicher Unterschreitung des betreffenden Wertes kann die Anerkennung eines pauschalierten Mindestbedarfes nicht mehr in Betracht kommen (SSV-NF 12/63 = RIS-Justiz RS0109875).
Richtig ist, dass der erkennende Senat bereits wiederholt ausgesprochen hat, diese Voraussetzung sei dann erfüllt, wenn die einzelnen Verrichtungen lediglich einen Aufwand erfordern, der deutlich unter der Hälfte des normierten Mindestwertes liege (10 ObS 133/00g; 10 ObS 247/00x mwN). Die Judikatur hat die Annahme des tatsächlichen Zeitwertes unter Abgehen von dem in der EinstV vorgesehenen Mindestwert aber immer nur dann bejaht, wenn sich der Betreuungsaufwand nur auf einen ganz kleinen Teil der insgesamt unter diesem Titel subsumierten Betreuungsmaßnahmen beschränkte, sodass die Zugrundelegung des Mindestwertes unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt gewesen wäre (SSV-NF 8/104 - Hilfe nur beim Wannenbad; SSV-NF 9/13 - Unterstützung nur bei der nicht täglich erforderlichen Reinigung der Rückenpartie; SSV-NF 9/84 - Hilfe nur beim Abtrocknen der Zehenzwischenräume; 10 ObS 247/00x - Unterstützung beim Kartoffelschälen), wobei sich in allen Fällen der tatsächliche Betreuungsaufwand auf wenige Stunden beschränkte und damit nur einen geringen Prozentsatz des vorgesehenen Mindestwertes ausmachte.
Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht ist daher daran festzuhalten, dass eine Nichtberücksichtigung infolge erheblicher Unterschreitung des betreffenden Wertes nur dort in Frage kommt, wo ein im Verhältnis zum vorgesehenen Mindestwert geringfügiger Zeitaufwand erforderlich ist, der es rechtfertigt, die Voraussetzungen für die Annahme des Mindestwertes überhaupt zu verneinen. Davon kann im vorliegenden Fall aber keine Rede sein.
Im Übrigen wäre für den Standpunkt der beklagten Partei selbst dann nichts gewonnen, wenn man ihrem - jedoch wie oben dargestellt unrichtigen - Standpunkt folgte, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Mindestwertes nicht gegeben wären. Die von ihr vertretene Rechtsansicht, dass in diesem Fall der diesbezügliche Betreuungsaufwand gänzlich außer Betracht zu bleiben hätte, ist nämlich verfehlt. In allen oben zitierten Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn der tatsächliche Betreuungsaufwand im Bereich von in § 1 Abs 4 EinstV genannten Verrichtungen nur wenige Stunden beträgt und damit so weit unter den dort genannten Ansätzen liegt, dass die Berücksichtigung des Mindestwertes nicht gerechtfertigt wäre, zwar nicht der Mindestwert jedoch der tatsächliche Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen in Anschlag zu bringen ist. Hier ist unbestritten, dass der Betreuungsaufwand unter Ausschluss der hier in Frage stehenden Hilfe bei der Verrichtung der großen Notdurft, 120 Stunden beträgt. Würde nun der hiefür notwendige Aufwand im Ausmaß von 10 Stunden berücksichtigt, so ergäbe sich auch in diesem Fall ein 120 Stunden übersteigender Zeitaufwand, so dass auch ausgehend hievon der Zuspruch eines Pflegegeldes der Stufe 3 gerechtfertigt wäre.Im Übrigen wäre für den Standpunkt der beklagten Partei selbst dann nichts gewonnen, wenn man ihrem - jedoch wie oben dargestellt unrichtigen - Standpunkt folgte, dass die Voraussetzungen für die Annahme des Mindestwertes nicht gegeben wären. Die von ihr vertretene Rechtsansicht, dass in diesem Fall der diesbezügliche Betreuungsaufwand gänzlich außer Betracht zu bleiben hätte, ist nämlich verfehlt. In allen oben zitierten Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn der tatsächliche Betreuungsaufwand im Bereich von in Paragraph eins, Absatz 4, EinstV genannten Verrichtungen nur wenige Stunden beträgt und damit so weit unter den dort genannten Ansätzen liegt, dass die Berücksichtigung des Mindestwertes nicht gerechtfertigt wäre, zwar nicht der Mindestwert jedoch der tatsächliche Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen in Anschlag zu bringen ist. Hier ist unbestritten, dass der Betreuungsaufwand unter Ausschluss der hier in Frage stehenden Hilfe bei der Verrichtung der großen Notdurft, 120 Stunden beträgt. Würde nun der hiefür notwendige Aufwand im Ausmaß von 10 Stunden berücksichtigt, so ergäbe sich auch in diesem Fall ein 120 Stunden übersteigender Zeitaufwand, so dass auch ausgehend hievon der Zuspruch eines Pflegegeldes der Stufe 3 gerechtfertigt wäre.
Der Revision der Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer eins, ASGG.
Anmerkung
E60513 10C02890European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:010OBS00289.00Y.0116.000Dokumentnummer
JJT_20010116_OGH0002_010OBS00289_00Y0000_000