Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krische als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Boban M***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 3 StGB und und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. November 2000, GZ 8 E Vr 808/00-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2001 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Habl, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krische als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Boban M***** wegen des Vergehens der Hehlerei nach Paragraph 164, Absatz eins und Absatz 3, StGB und und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. November 2000, GZ 8 E römisch fünf r 808/00-36, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tiegs, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. November 2000, GZ 8 E Vr 808/00-36, verletzt in seiner Begründung das Gesetz in der Bestimmung des § 113 Abs 1 erster Satz StPO.Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt vom 15. November 2000, GZ 8 E römisch fünf r 808/00-36, verletzt in seiner Begründung das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 113, Absatz eins, erster Satz StPO.
Text
Gründe:
In der Strafsache des Landesgerichtes Eisenstadt gegen Boban M***** wegen §§ 164 Abs 1 und 3, 223 Abs 2 StGB, AZ 8 E Vr 808/00, beschloss der Untersuchungsrichter am 29. Juni 2000 die Begebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach § 41 Abs 2 StPO. Mit Bescheid vom 3. Juli 2000, Zl Vs 207/00, bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland gemäß § 45 RAO Rechtsanwalt Mag. Claus Peter Steflitsch zum Verteidiger im Rahmen der Beigebung (ON 20).In der Strafsache des Landesgerichtes Eisenstadt gegen Boban M***** wegen Paragraphen 164, Absatz eins und 3, 223 Absatz 2, StGB, AZ 8 E römisch fünf r 808/00, beschloss der Untersuchungsrichter am 29. Juni 2000 die Begebung eines Verfahrenshilfeverteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO. Mit Bescheid vom 3. Juli 2000, Zl römisch fünf s 207/00, bestellte der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Burgenland gemäß Paragraph 45, RAO Rechtsanwalt Mag. Claus Peter Steflitsch zum Verteidiger im Rahmen der Beigebung (ON 20).
Einer gegen die Beigebung nach § 41 Abs 2 StPO an die Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Beschwerde des Verteidigers gab diese mit Beschluss vom 15. November 2000, GZ 8 E Vr 808/00-36, mit der wesentlichen Begründung keine Folge, dass der Beschuldigte ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung nicht tragen könne. Weiters führte die Ratskammer aus:Einer gegen die Beigebung nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO an die Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Beschwerde des Verteidigers gab diese mit Beschluss vom 15. November 2000, GZ 8 E römisch fünf r 808/00-36, mit der wesentlichen Begründung keine Folge, dass der Beschuldigte ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung nicht tragen könne. Weiters führte die Ratskammer aus:
"Darüber hinaus scheint es - wenngleich im vorliegenden Fall mangels Berechtigung nicht relevant - zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechtsmittellegitimation besteht. Zwar räumt § 113 Abs 1 StPO der Ratskammer eine umfassende Beschwerdekompetenz gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters ein. Diese Kompetenz findet aber dort ihre Grenze, wo der Gesetzgeber ausdrücklich einen anderen oder keinen Rechtsmittelweg eröffnet (arg. "... soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, ..."). Auf die Verteidigerbestellung gemäß § 41 Abs 2 StPO trifft das nicht zu. Die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses ist entsprechend § 41 Abs 7 StPO auf die Fälle der Abweisung eines Antrages nach Abs 2 oder die Bestellung eines Verteidigers nach Abs 3 leg cit beschränkt."Darüber hinaus scheint es - wenngleich im vorliegenden Fall mangels Berechtigung nicht relevant - zweifelhaft, ob überhaupt eine Rechtsmittellegitimation besteht. Zwar räumt Paragraph 113, Absatz eins, StPO der Ratskammer eine umfassende Beschwerdekompetenz gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters ein. Diese Kompetenz findet aber dort ihre Grenze, wo der Gesetzgeber ausdrücklich einen anderen oder keinen Rechtsmittelweg eröffnet (arg. "... soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, ..."). Auf die Verteidigerbestellung gemäß Paragraph 41, Absatz 2, StPO trifft das nicht zu. Die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses ist entsprechend Paragraph 41, Absatz 7, StPO auf die Fälle der Abweisung eines Antrages nach Absatz 2, oder die Bestellung eines Verteidigers nach Absatz 3, leg cit beschränkt.
An dieser Auffassung hält die Ratskammer trotz der gegenteiligen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. August 2000 (15 Os 87/00) fest. Wenngleich die Materialien (RV 924 BlgNR 18. GP, 18 f Punkt V) nahelegen könnten, dass durch die mit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des § 41 Abs 7 StPO die umfassende Beschwerdekompetenz des § 113 StPO nicht einschränken wollte und die Subsidiaritätsklausel in § 113 Abs 1 lediglich wegen des Haftrechtes aufgenommen wurde, so ist diese Schlussfolgerung keineswegs zwingend (siehe dazu die Erläuterungen von Tippolt, Die Zuständigkeit für Beschwerden nach § 41 Abs 7 StPO, in RZ 1996, 106 f).An dieser Auffassung hält die Ratskammer trotz der gegenteiligen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 10. August 2000 (15 Os 87/00) fest. Wenngleich die Materialien (RV 924 BlgNR 18. GP, 18 f Punkt römisch fünf) nahelegen könnten, dass durch die mit dem Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 7, StPO die umfassende Beschwerdekompetenz des Paragraph 113, StPO nicht einschränken wollte und die Subsidiaritätsklausel in Paragraph 113, Absatz eins, lediglich wegen des Haftrechtes aufgenommen wurde, so ist diese Schlussfolgerung keineswegs zwingend (siehe dazu die Erläuterungen von Tippolt, Die Zuständigkeit für Beschwerden nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO, in RZ 1996, 106 f).
Für diese Auffassung spricht auch die Entscheidung (insbesondere dessen Rechtssatz) des Obersten Gerichtshofs vom 13. Juli 1994, 15 Os 102/94, wenngleich dort die Verteidigerbeigabe nicht vom Untersuchungsrichter angeordnet wurde (eine Differenzierung, auf welche aber in der Begründung der Entscheidung nicht Bezug genommen wurde)."
In dem zitierten Teil seiner Begründung steht der - im Übrigen für den Beschuldigten nicht nachteilige (§ 292 letzter Satz StPO) - Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt, wie der Generalprokurator in seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.In dem zitierten Teil seiner Begründung steht der - im Übrigen für den Beschuldigten nicht nachteilige (Paragraph 292, letzter Satz StPO) - Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt, wie der Generalprokurator in seiner deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Gemäß dem klaren Wortlaut des § 113 Abs 1 erster Satz StPO haben alle, die sich während der Vorerhebungen, der Voruntersuchung oder in dem der Einbringung der Anklageschrift nachfolgenden Verfahren durch eine Verfügung oder Verzögerung des Untersuchungsrichters beschwert erachten, das Recht, darüber, soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt, eine Entscheidung der Ratskammer zu verlangen und ihr Begehren schriftlich oder mündlich beim Untersuchungsrichter oder unmittelbar bei der Ratskammer anzubringen. Dieses Beschwerderecht stand vorliegendenfalls auch dem bestellten Verfahrenshilfe- und Pflichtverteidiger zu, ist ihm doch ein rechtliches Interesse an einer Abänderung des erwähnten Beschlusses schon deshalb zuzuerkennen, weil die Bestellung als Verteidiger nach § 41 Abs 2 StPO einen Honoraranspruch ausschließt.Gemäß dem klaren Wortlaut des Paragraph 113, Absatz eins, erster Satz StPO haben alle, die sich während der Vorerhebungen, der Voruntersuchung oder in dem der Einbringung der Anklageschrift nachfolgenden Verfahren durch eine Verfügung oder Verzögerung des Untersuchungsrichters beschwert erachten, das Recht, darüber, soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt, eine Entscheidung der Ratskammer zu verlangen und ihr Begehren schriftlich oder mündlich beim Untersuchungsrichter oder unmittelbar bei der Ratskammer anzubringen. Dieses Beschwerderecht stand vorliegendenfalls auch dem bestellten Verfahrenshilfe- und Pflichtverteidiger zu, ist ihm doch ein rechtliches Interesse an einer Abänderung des erwähnten Beschlusses schon deshalb zuzuerkennen, weil die Bestellung als Verteidiger nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO einen Honoraranspruch ausschließt.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Oberste Gerichtshof auf Grund einer in einem ähnlich gelagerten Fall gegen einen Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erkannte (15 Os 87/00), wurde das umfassende Beschwerderecht gemäß § 113 Abs 1 StPO durch die im Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des § 41 Abs 7 StPO keineswegs eingeschränkt. Zweck dieser Gesetzesänderung war vielmehr, gegen die Verweigerung der Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO und gegen die Bestellung eines Verteidigers nach § 41 Abs 3 StPO generell und neben der Beschwerde an die Ratskammer nach § 113 Abs 1 StPO auch die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu eröffnen (RV 924 BlgNR 18. GP, 18 f Punkt V), wenngleich die Zuständigkeit für die Entscheidung über solche Beschwerden im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt wurde.Wie der Oberste Gerichtshof auf Grund einer in einem ähnlich gelagerten Fall gegen einen Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes Eisenstadt erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes erkannte (15 Os 87/00), wurde das umfassende Beschwerderecht gemäß Paragraph 113, Absatz eins, StPO durch die im Strafprozessänderungsgesetz 1993 neu geschaffene Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 7, StPO keineswegs eingeschränkt. Zweck dieser Gesetzesänderung war vielmehr, gegen die Verweigerung der Beigebung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO und gegen die Bestellung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 3, StPO generell und neben der Beschwerde an die Ratskammer nach Paragraph 113, Absatz eins, StPO auch die Beschwerde an den übergeordneten Gerichtshof zu eröffnen (RV 924 BlgNR 18. GP, 18 f Punkt römisch fünf), wenngleich die Zuständigkeit für die Entscheidung über solche Beschwerden im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt wurde.
Für ihre gegenteilige Rechtsansicht vermag die Ratskammer keine neuen, geschweige denn überzeugende Argumente vorzubringen. Tipold (Die Zuständigkeit für Beschwerden nach § 41 Abs 7 StPO, RZ 1995, 106) legte seiner Untersuchung nur die neue Rechtsmittelmöglichkeit nach § 41 Abs 7 StPO gegen die Abweisung eines Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und gegen die Bestellung eines Amtsverteidigers zu Grunde, ohne die Anfechtbarkeit anderer Beschlüsse über die Verfahrenshilfe auszuschließen.Für ihre gegenteilige Rechtsansicht vermag die Ratskammer keine neuen, geschweige denn überzeugende Argumente vorzubringen. Tipold (Die Zuständigkeit für Beschwerden nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO, RZ 1995, 106) legte seiner Untersuchung nur die neue Rechtsmittelmöglichkeit nach Paragraph 41, Absatz 7, StPO gegen die Abweisung eines Antrages auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und gegen die Bestellung eines Amtsverteidigers zu Grunde, ohne die Anfechtbarkeit anderer Beschlüsse über die Verfahrenshilfe auszuschließen.
Auch nach Tipold ist der Beschluss des Untersuchungsrichters auf Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO - entgegen der zum AZ 15 Os 87/00 vertretenen Ansicht - nur mit Beschwerde an die Ratskammer anfechtbar, die allerdings durch die insoweit speziellere Bestimmung des § 41 Abs 7 StPO mit 14 Tagen befristet sei.Auch nach Tipold ist der Beschluss des Untersuchungsrichters auf Beigebung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO - entgegen der zum AZ 15 Os 87/00 vertretenen Ansicht - nur mit Beschwerde an die Ratskammer anfechtbar, die allerdings durch die insoweit speziellere Bestimmung des Paragraph 41, Absatz 7, StPO mit 14 Tagen befristet sei.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 15 Os 102/94 wiederum bezog sich auf die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO durch den Vorsitzenden eines Schöffengerichtes und traf zur Anfechtung eines solchen vom Untersuchungsrichter gefassten Beschlusses überhaupt keine Aussage. Der Oberste Gerichtshof sprach vielmehr - unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien - bloß aus, dass § 41 Abs 7 StPO keine Erweiterung des Beschwerderechts auch auf andere Fälle gebracht habe, ohne eine Einschränkung der Beschwerdelegitimation gegenüber der bisherigen Rechtslage anzudeuten.Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 15 Os 102/94 wiederum bezog sich auf die Beigebung eines Verteidigers nach Paragraph 41, Absatz 2, StPO durch den Vorsitzenden eines Schöffengerichtes und traf zur Anfechtung eines solchen vom Untersuchungsrichter gefassten Beschlusses überhaupt keine Aussage. Der Oberste Gerichtshof sprach vielmehr - unter Verweis auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesmaterialien - bloß aus, dass Paragraph 41, Absatz 7, StPO keine Erweiterung des Beschwerderechts auch auf andere Fälle gebracht habe, ohne eine Einschränkung der Beschwerdelegitimation gegenüber der bisherigen Rechtslage anzudeuten.
Die Verneinung der Beschwerdekompetenz der Ratskammer verletzt daher das Gesetz.
Anmerkung
E60365 11D01610European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0110OS00161..0116.000Dokumentnummer
JJT_20010116_OGH0002_0110OS00161_0000000_000