TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/23 2005/06/0020

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Veröffentlicht am 23.01.2007
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

ABGB §178a;
NÄG 1988 §2 Abs1 Z9 idF 1995/025;
NÄG 1988 §3 Abs1 Z6 idF 1995/025;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des Dr. V M in V, vertreten durch Dr. Peter Ouschan, Rechtsanwalt in 9100 Völkermarkt, Hauptplatz 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 21. Jänner 2003, Zl. 1W-PERS-5985/3-2003, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. P L, vertreten durch die Mutter S L in K, diese vertreten durch Mag. Heimo Fresacher, Rechtsanwalt in 9400 Wolfsberg, Herrengasse 1/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 2000 geborene Mitbeteiligte ist eheliches Kind aus der mittlerweile geschiedenen Ehe seiner Mutter, der die Obsorge für ihn zukommt, und des Beschwerdeführers. Mit der am 28. Mai 2002 bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt eingelangten Eingabe beantragte der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin, die Änderung seines Familiennamens von M. auf L. im Wesentlichen mit der Begründung, es sei für das Kindeswohl jedenfalls förderlich, wenn das Kind den Namen des Familienverbandes, in dem es aufwachse, trage und durch die Namensidentität auch die interfamiliäre Beziehung gefördert werde.

Der Beschwerdeführer sprach sich in seiner am 5. Juli 2002 eingelangten Stellungnahme gegen die Namensänderung aus, weil (zusammengefasst) für den Mitbeteiligten "die Ausgangssituation, welche ihm sein Vater mit seinem Namen eröffnet, eine für seine Zukunft positive und gesicherte Lebensbasis, in welcher auf Grund des landwirtschaftlichen Anerbenbetriebes eine Namenskontinuität auch nach objektiven Kriterien ein nicht zu vernachlässigender Faktor ist, (eröffnet), während die Kindesmutter an Zukunftsperspektiven lediglich die übergroße Wahrscheinlichkeit einer in ihrer Person wiedereintretenden Namensänderung eröffnet, welche letztendlich das Ziel der lediglich vordergründig behaupteten Namensidentität des Familienverbandes objektiv ins Leere laufen lässt". Im vorliegenden Fall sei die Namenstradition eines landwirtschaftlichen Betriebes im Verhältnis zur ziellosen Namensänderung der Kindesmutter abzuwägen. Für den Mitbeteiligten sei es günstiger, seinen bisherigen Namen beizubehalten, als eine Namensänderung mit ungewisser Zukunft zugeschrieben zu erhalten.

Dazu erstattete der Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, eine weitere Äußerung.

Mit Bescheid vom 13. August 2002 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt antragsgemäß die Änderung des Familiennamens des Kindes von M. in L., was (zusammengefasst) damit begründet wurde, dass gemäß § 2 Abs. 1 Z. 9 des Namensänderungsgesetzes (NÄG) die Namensänderung zu bewilligen sei, wenn der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten solle, der die Obsorge für ihn zukomme. Die Einwände des Beschwerdeführers seien einer Prüfung unterzogen und es sei festgestellt worden, dass diese einerseits vermutete zukünftige Familiennamensänderungen beträfen, die nicht in diesem Verfahren zu beurteilen seien, und andererseits weitere Vermutungen und Beurteilungen enthielten, die objektiv betrachtet nicht erkennen ließen, dass die beantragte Familiennamensänderung dem Wohl des Kindes abträglich wäre.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Jänner 2003 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, schloss sie sich der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an, und legte dar, dass ein - vom Beschwerdeführer beantragtes - psychologisches oder psychiatrisches Gutachten auf Basis der durch nichts bewiesenen These, die Mutter werde in Zukunft wiederholt ihren Familiennamen ändern, auf die vorliegende Entscheidung keine Auswirkungen hätte haben können. Der Beschwerdeführer habe es in seinen umfangreichen Schriftsätzen auch unterlassen auszuführen, auf Grund welcher Umstände die Behörde sich seiner Vermutung, die Kindesmutter und in weiterer Folge auch das Kind würden in Zukunft den Familiennamen noch des Öfteren ändern, anschließen hätte sollen. Die diesbezüglichen Ausführungen müssten daher als reine Spekulation angesehen werden. Soweit sich der Beschwerdeführer mit den Zukunftsperspektiven des Kindes sowie mit Fragen der grundsätzlichen Bedeutung des Familiennamens und der Namenstradition auseinander setze, sei zu bemerken, dass eine Namensänderung das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu seinem Vater nicht berühre und diese daher nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen des Familien- und Erbrechtes zu keinen rechtlichen Nachteilen für das Kind führen könne. Wollte man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen, wäre bei Minderjährigen eine Namensänderung überhaupt nicht möglich. Der österreichische Gesetzgeber gehe jedoch von anderen Ordnungsvorstellungen aus, was die Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes zeigten.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Mitbeteiligte (vertreten durch seine Mutter) hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. Nr. 195/1988, in der mit 1. Mai 1995 in Kraft getretenen Fassung des Namensrechtsänderungsgesetzes (NamRÄG), BGBl. Nr. 25/1995, lauten:

"§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

...

(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

...

9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

...

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn

...

6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;"

§ 178a ABGB lautet:

"Berücksichtigung des Kindeswohls

§ 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen."

Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst wie bereits im Verwaltungsverfahren geltend, die Beibehaltung des Familiennamens M. sei dem Wohl des Kindes zuträglicher als die Änderung in L. Trotz gesellschaftspolitischer Grundtendenzen in eine gegenteilige Richtung sei es nach wie vor in der Praxis Faktum, dass Familien- und Gesellschaftszugehörigkeit und die damit verbundene Positionierung im täglichen Leben über Familiennamen definiert werde. Objektiv betrachtet sei die Ansicht der belangten Behörde, es bleibe dem Beschwerdeführer unbenommen, seinem Sohn sämtliche aus der gegebenen Familientradition abgeleiteten Vorteile angedeihen zu lassen, richtig, die Überlegung beraube jedoch den Mitbeteiligten seiner Möglichkeit, sich eines Tages darüber bewusst sein zu können, im Rahmen eines über Generationen hinweg bestehenden Familienbetriebes geboren worden zu sein, ein namensgleicher Bestandteil dieses Verbandes zu sein und seinerseits diesen Namen weitergeben zu können. Die Mutter könne dem Minderjährigen selbstverständlich ihre Liebe und Zuwendung, nicht jedoch die Fortsetzung vermögensrechtlicher Werte über Generationen hinweg anbieten. Die Abwägung der persönlichen Verhältnisse der Kindeseltern wäre daher klar mit dem Ergebnis vorzunehmen gewesen, dass die Argumentation des Beschwerdeführers zutreffend sei. Die belangte Behörde habe auch den Umstand übersehen, dass auf Seiten der Mutter weder namens- noch vermögensrechtliche, über Generationen hinweg gegebene Traditionen geübt werden könnten. Aus der Position der Mutter könne es kein Nachteil sein, wenn dem Sohn die Möglichkeit eröffnet bleibe, ohne wiederholte Namensänderung die Namenstradition des Vaters fortzusetzen. Auf Grund des konkreten Alters der Kindesmutter müsse eine objektive Betrachtung zum Ergebnis gelangen, dass neuerliche Namensänderungen auf ihrer Seite wesentlich wahrscheinlicher seien als im umgekehrten Fall. Im Übrigen habe die Mutter bereits zum aktuellen Zeitpunkt ihren ursprünglichen Wohnsitz verlegt und sei bereits eine Lebensgemeinschaft eingegangen, was bis zur Entscheidung der belangten Behörde nicht habe bekannt gegeben werden können.

Unbestritten ist, dass die Obsorge für den Mitbeteiligten ausschließlich seiner Mutter zukommt. Da diese nach der Scheidung vom Beschwerdeführer wieder ihren früheren Namen angenommen hat und der Mitbeteiligte anstrebt, auch selbst diesen Namen zu erhalten, sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Z. 9 NÄG erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2005, Zl. 2005/06/0022, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung bereits vor dem Namensänderungsgesetz judiziert, dass im Allgemeinen dem Wohl des Kindes die Herstellung der Gleichheit seines Familiennamens mit dem derjenigen Familie, in der es aufwächst, in höherem Maße entspricht als die Beibehaltung seines bisherigen (anders lautenden) Familiennamens. Das Namensrechtsänderungsgesetz hat die Möglichkeit der Angleichung des Familiennamens eines Minderjährigen an den des Obsorgeberechtigten erleichtert, wodurch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zusätzlich Bestätigung erfahren hat. Auch der Oberste Gerichtshof hat sich vor dem Hintergrund der seit 1. Mai 1995 geltenden Fassung des NÄG der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen und zusammenfassend wie dieser ausgesprochen, dass im Allgemeinen dem Wohl des Kindes die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens des Kindes mit dem der Familie, in der es aufwächst, in höherem Maße entspricht als die Beibehaltung seines bisherigen (anders lautenden) Familiennamens; nur in Ausnahmefällen könne eine davon abweichende Betrachtungsweise geboten sein. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entschieden hat, der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug zu geben, so hat er damit zum Ausdruck gebracht, dass allfällige Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren seien, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis vom 30. März 2005).

Unter dem Gesichtspunkt des gegenständlich allein in Frage kommenden Versagungsgrundes nach § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, mit dem Wechsel vom Familiennamen des leiblichen Vaters zum Familiennamen der leiblichen Mutter sei keine Erhöhung des Kindeswohles verbunden.

Diese Überlegungen übersehen jedoch grundsätzlich, dass es im gegebenen Zusammenhang nur darauf ankommt, ob die Änderung des Namens dem Kindeswohl abträglich wäre. Elterninteressen wie die Interessen des Beschwerdeführers, insbesondere seine - wie dargestellt - auf Familien- und Gesellschaftszugehörigkeit und eine über Familiennamen und Tradition definierte Positionierung im täglichen Leben fußende Lebensanschauung spielen keine Rolle. Soweit der Beschwerdeführer durch die bewilligte Namensänderung für den Mitbeteiligten entstehende Nachteile anspricht, bleibt er - abgesehen von den nicht relevanten "dynastischen" Überlegungen - jegliche Konkretisierung schuldig. Dass die Mutter des Mitbeteiligten nunmehr eine Lebensgemeinschaft eingegangen sei und die Vermutung nahe liege, es werde in Zukunft zu einer weiteren Namensänderung kommen, ist eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005060020.X00

Im RIS seit

20.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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