Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Zemanek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Taucher und Dr.Borek in der Rechtssache der klagenden Partei Q*****, K*****, *****, vertreten durch Dr.F***** und Dr.F*****, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) P*****, Beamter, R***** und 2) H*****,*****, ***** , die zweitbeklagte Partei vertreten durch Dr.E*****, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 470.367,82, infolge Berufung der zweitbeklagten Partei gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24.2.2000, 18 Cg 203/99a-2, gemäß §§ 471 Z 5, 473 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung den BeschlussDas Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Zemanek als Vorsitzenden sowie die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Taucher und Dr.Borek in der Rechtssache der klagenden Partei Q*****, K*****, *****, vertreten durch Dr.F***** und Dr.F*****, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1) P*****, Beamter, R***** und 2) H*****,*****, ***** , die zweitbeklagte Partei vertreten durch Dr.E*****, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 470.367,82, infolge Berufung der zweitbeklagten Partei gegen das Versäumungsurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 24.2.2000, 18 Cg 203/99a-2, gemäß Paragraphen 471, Ziffer 5,, 473 Absatz eins, ZPO in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Versäumungsurteil und das diesem vorausgegangene Verfahren hinsichtlich der zweitbeklagten Partei ab Klagszustellung als nichtig aufgehoben und die Sache zur Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 17.170,20 (darin S 2.861,70 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Die klagende Partei ist verpflichtet, die der zweitbeklagten Partei im Rahmen der Verfahrenshilfe gestundeten Pauschalgebühren zu ersetzen (§ 70 ZPO).Die klagende Partei ist verpflichtet, die der zweitbeklagten Partei im Rahmen der Verfahrenshilfe gestundeten Pauschalgebühren zu ersetzen (Paragraph 70, ZPO).
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Versäumungsurteil erkannte das Erstgericht beide Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin den mit S 470.367,82 aushaftenden Kredit samt 13,9% Zinsen seit 30.11.1999 sowie die mit S 25.486,12 bestimmten Verfahrenskosten zu bezahlen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen dieses Versäumungsurteil richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO gestützte Berufung der Zweitbeklagten mit dem Antrag, dieses Versäumungsurteil sowie das ihm vorausgegangene Verfahren als nichtig aufzuheben.Gegen dieses Versäumungsurteil richtet sich die auf den Nichtigkeitsgrund des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO gestützte Berufung der Zweitbeklagten mit dem Antrag, dieses Versäumungsurteil sowie das ihm vorausgegangene Verfahren als nichtig aufzuheben.
Die Klägerin beantragt, die Berufung mangels Rechtsschutzinteresse der Zweitbeklagten abzuweisen. Denn sie habe sich anlässlich einer Vorsprache der Zweitbeklagten davon überzeugt, dass diese weder den Kreditantrag unterschrieben noch die Klage oder die Exekutionsbewilligung übernommen habe. Sie habe der Vertreterin der Zweitbeklagten gleichzeitig mitgeteilt, dass das gegen die Zweitbeklagte beim BG Hietzing zu 12 E 1283/00g laufende Exekutionsverfahren durch einen Antrag gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt worden sei. Daraus ergebe sich eindeutig, dass die Klägerin auf den Rechtsanspruch aus dem Versäumungsurteil des LGZ Wien verzichtet habe. Der Antrag der Verfahrenshelferin der Zweitbeklagten sei daher zur Rechtsverfolgung nicht notwendig. Die Berufung ist berechtigt.Die Klägerin beantragt, die Berufung mangels Rechtsschutzinteresse der Zweitbeklagten abzuweisen. Denn sie habe sich anlässlich einer Vorsprache der Zweitbeklagten davon überzeugt, dass diese weder den Kreditantrag unterschrieben noch die Klage oder die Exekutionsbewilligung übernommen habe. Sie habe der Vertreterin der Zweitbeklagten gleichzeitig mitgeteilt, dass das gegen die Zweitbeklagte beim BG Hietzing zu 12 E 1283/00g laufende Exekutionsverfahren durch einen Antrag gemäß Paragraph 39, Absatz eins, Ziffer 6, EO eingestellt worden sei. Daraus ergebe sich eindeutig, dass die Klägerin auf den Rechtsanspruch aus dem Versäumungsurteil des LGZ Wien verzichtet habe. Der Antrag der Verfahrenshelferin der Zweitbeklagten sei daher zur Rechtsverfolgung nicht notwendig. Die Berufung ist berechtigt.
Aufgrund der Vernehmung des Zustellers J***** und beider Beklagter als Auskunftspersonen sowie aufgrund der eingeholten Meldeauskunft und der im Akt erliegenden Rückscheine und Rückscheinbriefe ist folgender Sachverhalt bescheinigt:
Die Zweitbeklagte hat nie in der Dienstwohnung des Erstbeklagten in der R***** ***** gewohnt. Im Dezember 1999 war die Ehe der Streitteile bereits geschieden. Die Klage und Aufforderung zur Klagebeantwortung wurde der Zweitbeklagten am 23.12.1999 unter der Adresse R***** durch postamtliche Hinterlegung zugestellt. Das Versäumungsurteil vom 24.2.2000 wurde der Zweitbeklagten unter der gleichen Adresse am 1.3.2000 durch postamtliche Hinterlegung zugestellt.
Gemäß § 4 ZustG ist Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf, das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft. Da die Zweitbeklagte unter der Zustelladresse nicht gewohnt hat, erfolgten die Zustellungen gesetzwidrig. Mangels rechtswirksamer Zustellung der Klage und Aufforderung zu deren Beantwortung ist der Zweitbeklagten durch einen ungesetzlichen Vorgang die Möglichkeit entzogen worden, vor Gericht zu verhandeln. Das Versäumungsurteil und das vorangegangene Verfahren ist infolge der gesetzwidrigen Zustellung gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nichtig (vgl Kodek in Rechberger² Rz 9 vor § 461 ZPO). Selbst wenn man von den Behauptungen der Klägerin ausgeht, sie habe auf den Rechtsanspruch aus dem angefochtenen Versäumungsurteil hinsichtlich der Zweitbeklagten verzichtet und die gegen sie geführte Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt, führt dies nicht zum Wegfall der Beschwer. Wird nämlich das Versäumungsurteil infolge der Berufung der Zweitbeklagten aufgehoben, so führt dies zur Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 1 EO (vgl Jakusch in Angst Rz 12 zu § 39 EO). Anders als bei der Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 6 EO ist die Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 1 EO Grundlage für die Aberkennung der der Klägerin im Exekutionsverfahren zugesprochenen Kosten nach § 75 EO unabhängig von einem sie treffenden Verschulden (vgl Jakusch aaO Rz 5 ff). Da die Klägerin gegenüber der Zweitbeklagten weder auf die Geltendmachung der ihr im Exekutionsverfahren zugesprochenen Kosten verzichtet noch sich gegenüber der Zweitbeklagten dazu verpflichtet hat, mittlerweile von ihr im Exekutionsverfahren hereingebrachte Beträge zurückzuzahlen, besteht jedenfalls die Beschwer der Zweitbeklagten durch das angefochtene Versäumungsurteil trotz der behaupteten Erklärungen der Klägerin. Nur dann, wenn die Zweitbeklagte durch die eindeutigen und unmissverständlichen Erklärungen der Klägerin so wie durch die Aufhebung des Versäumungsurteiles und die von ihr in der Folge angestrebte Klagsabweisung gestellt wird, fällt die Beschwer weg. Dazu gehören aber auch die bisher aufgelaufenen Kosten der notwendigen Rechtsverteidigung (insbesondere auch vor dem Erstgericht). Denn der Rechtssatz, dass Verfahrenskosten keine Beschwer begründen, stammt aus der Rechtsprechung des OGH, der Kosten nicht mehr überprüfen durfte. Dieser Rechtssatz kann daher hier nicht angewendet werden (vgl Kodek in Rechberger² Rz 9 vor § 461 ZPO).Gemäß Paragraph 4, ZustG ist Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf, das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft. Da die Zweitbeklagte unter der Zustelladresse nicht gewohnt hat, erfolgten die Zustellungen gesetzwidrig. Mangels rechtswirksamer Zustellung der Klage und Aufforderung zu deren Beantwortung ist der Zweitbeklagten durch einen ungesetzlichen Vorgang die Möglichkeit entzogen worden, vor Gericht zu verhandeln. Das Versäumungsurteil und das vorangegangene Verfahren ist infolge der gesetzwidrigen Zustellung gemäß Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO nichtig vergleiche Kodek in Rechberger² Rz 9 vor Paragraph 461, ZPO). Selbst wenn man von den Behauptungen der Klägerin ausgeht, sie habe auf den Rechtsanspruch aus dem angefochtenen Versäumungsurteil hinsichtlich der Zweitbeklagten verzichtet und die gegen sie geführte Exekution gemäß Paragraph 39, Absatz eins, Ziffer 6, EO eingestellt, führt dies nicht zum Wegfall der Beschwer. Wird nämlich das Versäumungsurteil infolge der Berufung der Zweitbeklagten aufgehoben, so führt dies zur Einstellung der Exekution nach Paragraph 39, Absatz eins, Ziffer eins, EO vergleiche Jakusch in Angst Rz 12 zu Paragraph 39, EO). Anders als bei der Einstellung nach Paragraph 39, Absatz eins, Ziffer 6, EO ist die Einstellung nach Paragraph 39, Absatz eins, Ziffer eins, EO Grundlage für die Aberkennung der der Klägerin im Exekutionsverfahren zugesprochenen Kosten nach Paragraph 75, EO unabhängig von einem sie treffenden Verschulden vergleiche Jakusch aaO Rz 5 ff). Da die Klägerin gegenüber der Zweitbeklagten weder auf die Geltendmachung der ihr im Exekutionsverfahren zugesprochenen Kosten verzichtet noch sich gegenüber der Zweitbeklagten dazu verpflichtet hat, mittlerweile von ihr im Exekutionsverfahren hereingebrachte Beträge zurückzuzahlen, besteht jedenfalls die Beschwer der Zweitbeklagten durch das angefochtene Versäumungsurteil trotz der behaupteten Erklärungen der Klägerin. Nur dann, wenn die Zweitbeklagte durch die eindeutigen und unmissverständlichen Erklärungen der Klägerin so wie durch die Aufhebung des Versäumungsurteiles und die von ihr in der Folge angestrebte Klagsabweisung gestellt wird, fällt die Beschwer weg. Dazu gehören aber auch die bisher aufgelaufenen Kosten der notwendigen Rechtsverteidigung (insbesondere auch vor dem Erstgericht). Denn der Rechtssatz, dass Verfahrenskosten keine Beschwer begründen, stammt aus der Rechtsprechung des OGH, der Kosten nicht mehr überprüfen durfte. Dieser Rechtssatz kann daher hier nicht angewendet werden vergleiche Kodek in Rechberger² Rz 9 vor Paragraph 461, ZPO).
Der Berufung war daher Folge zu geben.
Da die Zweitbeklagte unter der von der Klägerin genannten Adresse nie gewohnt und die Klägerin auch vor Klagseinbringung keine Meldeauskunft eingeholt hat, hat sie die Folgen der gesetzwidrigen Zustellung im Sinne des § 51 Abs 1 ZPO verschuldet und der Zweitbeklagten die Kosten der Berufung samt 50% Einheitssatz und 20% USt zu ersetzen. Entgegen der Meinung der Zweitbeklagten stehen ihr aber nicht 150% Einheitssatz nach § 23 Abs 9 RAT zu. Wie sich aus der Bestimmung des § 23 Abs 10 RAT ergibt (Abs 9 ist in den Berufungsverfahren nach § 501 Abs 1 ZPO nicht anzuwenden), sollte die Bestimmung nur in jenen Berufungsverfahren zur Anwendung kommen, in denen die Parteien eine mündliche Berufungsverhandlung beantragen können. Was für Berufung und deren Beantwortung bei einem Streitwert unter S 26.000,-- gilt, muss umso mehr auch für jene Fälle gelten, in denen das Gesetz die zwingende Erledigung der Nichtigkeitsberufung in nichtöffentlicher Sitzung vorschreibt. Die Berufung war daher ohne Rücksicht auf die mit der WGN 1997 angefügten Bestimmungen des § 23 Abs 9 u 10 RAT zu honorieren. Die Gegendarstellung zu der als Äußerung bezeichneten Berufungsbeantwortung der Klägerin war zur Rechtsverteidigung nicht notwendig, weil schon die Darstellung der Klägerin für eine Zurückweisung der Berufung mangels Beschwer nicht ausreichte und eine Äußerung zur Berufungsbeantwortung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist.Da die Zweitbeklagte unter der von der Klägerin genannten Adresse nie gewohnt und die Klägerin auch vor Klagseinbringung keine Meldeauskunft eingeholt hat, hat sie die Folgen der gesetzwidrigen Zustellung im Sinne des Paragraph 51, Absatz eins, ZPO verschuldet und der Zweitbeklagten die Kosten der Berufung samt 50% Einheitssatz und 20% USt zu ersetzen. Entgegen der Meinung der Zweitbeklagten stehen ihr aber nicht 150% Einheitssatz nach Paragraph 23, Absatz 9, RAT zu. Wie sich aus der Bestimmung des Paragraph 23, Absatz 10, RAT ergibt (Absatz 9, ist in den Berufungsverfahren nach Paragraph 501, Absatz eins, ZPO nicht anzuwenden), sollte die Bestimmung nur in jenen Berufungsverfahren zur Anwendung kommen, in denen die Parteien eine mündliche Berufungsverhandlung beantragen können. Was für Berufung und deren Beantwortung bei einem Streitwert unter S 26.000,-- gilt, muss umso mehr auch für jene Fälle gelten, in denen das Gesetz die zwingende Erledigung der Nichtigkeitsberufung in nichtöffentlicher Sitzung vorschreibt. Die Berufung war daher ohne Rücksicht auf die mit der WGN 1997 angefügten Bestimmungen des Paragraph 23, Absatz 9, u 10 RAT zu honorieren. Die Gegendarstellung zu der als Äußerung bezeichneten Berufungsbeantwortung der Klägerin war zur Rechtsverteidigung nicht notwendig, weil schon die Darstellung der Klägerin für eine Zurückweisung der Berufung mangels Beschwer nicht ausreichte und eine Äußerung zur Berufungsbeantwortung im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00375 17R242-00hEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLGW009:2001:01700R00242.00H.0222.000Dokumentnummer
JJT_20010222_OLGW009_01700R00242_00H0000_000