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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §27;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Beschwerdesache des Ing. M in W, vertreten durch Dr. Reinhard Neureiter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 15, gegen das "Amt der Wiener Landesregierung MA 65 - Rechtliche Verkehrsangelegenheiten" (gemeint: gegen den Landeshauptmann von Wien) sowie den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend eine Fahrschulbewilligung und Fahrschullehrerberechtigung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
In der vorliegenden Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, "das Amt der Wiener Landesregierung" habe dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 22. Jänner 2001 unter anderem die Fahrschulbewilligung sowie gemäß § 116 Abs. 5 KFG 1967 die Fahrschullehrerberechtigung entzogen, weil er nicht mehr vertrauenswürdig sei. Es sei zwar richtig, dass er am 15. Dezember 2000 wegen Diebstahls, Nötigung, Körperverletzung und Verleumdung rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt worden sei, sodass die Vorgangsweise der Behörde "in einem rechtlichen Einklang" gestanden sei. Der Beschwerdeführer habe jedoch in der Folge hinsichtlich des Strafverfahrens einen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt, welchem stattgegeben worden sei. Am 14. Oktober 2003 habe sodann vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien die Hauptverhandlung stattgefunden, welche mit der Verkündung des Urteiles im Sinne eines Freispruches geendet habe. Der Freispruch sei in Rechtskraft erwachsen, wovon auch die Magistratsabteilung 65 verständigt worden sei. Bereits davor habe der Beschwerdeführer am 24. Juni 2003 den Antrag auf Wiedererteilung der entzogenen Berechtigungen gestellt. Da die Behörde nicht reagiert habe, habe er am 17. Mai 2005 einen Devolutionsantrag gestellt, aber auch der UVS habe darüber nicht entschieden, der Beschwerdeführer sei lediglich aufgefordert worden, sich einer erneuten Prüfung des Nachweises der Eignung als Fahrschullehrer zu stellen.
Auf Grund der Anträge und Berufungen sei klar, dass bereits die Erstbehörde MA 65 von sich aus hätte tätig werden können und sollen, nämlich den seinerzeitigen Bescheid ex tunc aufzuheben und im Sinne der Wiederaufnahme des Verfahrens aussprechen müssen, dass dem Beschwerdeführer die entzogenen Berechtigungen und Bewilligungen wieder erteilt werden "bzw. hier keine Hindernisse der Ausübung des Berufes vorläge". Der Beschwerdeführer stelle daher an den Verwaltungsgerichtshof den Antrag
"....a) Über meinen Antrag auf Wiedereintragung - gemeint Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG - vom 24.06.2003 selbst in der Sache erkennen und aussprechen, dass meinem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Folge gegeben wird und in der Folge in der Sache selbst aussprechen, dass sämtliche Voraussetzungen des KFG für die Erteilung bzw. Weiterführung meiner Konzession vorliegen, ..."
(die Anträge zu b) und c) betreffen den Aufwandersatz).
Die Säumnisbeschwerde erweist sich aus nachfolgenden Gründen als nicht zulässig:
Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.
Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien des Antrages vom 24. Juni 2003 sowie des Devolutionsantrages vom 17. Mai 2005 ist ersichtlich, dass der erstgenannte Antrag ausdrücklich darauf gerichtet war, dem Beschwerdeführer die Fahrschulbewilligung für die näher genannte Fahrschule hinsichtlich näher benannter Klassen "wiederum zu erteilen", welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass das Strafverfahren wiederaufgenommen und eine Hauptverhandlung anberaumt worden sei und er als "unbescholten und vertrauenswürdig" anzusehen sei. Im Devolutionsantrag vom 17. Mai 2005 machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, dass er nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens freigesprochen worden sei. Trotz des Umstandes, dass der Behörde alle Verfahrensschritte bekannt gegeben worden seien und der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit seiner Entscheidung vom 22. September 2004 den Bescheid der "Magistratsabteilung 65" vom 11. März 2004 betreffend Nichterteilung einer Fahrschuldbewilligung aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverwiesen habe, sei die Behörde auch nach Zustellung des Bescheides vom 22. September 2004 am 14. Oktober 2004 durch mehr als sechs Monate säumig geblieben und es sei die Fahrschul"lenker"berechtigung sowie die Berechtigung zur Führung der Fahrschule nicht "zurückgestellt bzw. wieder erteilt" worden.
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer mit seinen Anträgen nicht die nunmehr in der Säumnisbeschwerde begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat, sondern den Antrag auf (Wieder-)Erteilung der ihm seinerzeit rechtskräftig entzogenen Berechtigungen gestellt und auch im Devolutionsweg nicht die Säumigkeit der Behörde mit der Entscheidung über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sondern die Verletzung der Entscheidungspflicht über den Antrag auf Erteilung der in Rede stehenden Berechtigungen geltend gemacht hat. Für die Umdeutung seiner Anträge in dem nunmehr mit der Säumnisbeschwerde beantragten Sinn besteht keine Grundlage.
Es ist unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. b iVm 132 B-VG, dass jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteienbegehren) zu entscheiden. Aus dem oben Gesagten folgt, dass den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine Verpflichtung, über einen Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu entscheiden, mangels eines diesbezüglich eingebrachten Antrages nicht getroffen hat, und somit von dieser Behörde eine derartige Verpflichtung auch nicht verletzt wurde. Schließlich ist dem Beschwerdeführer, soweit er rügt, die Behörde sei nicht "von sich aus", also von Amts wegen, tätig geworden, zu entgegnen, dass ein Parteienantrag an die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde auch dann die Voraussetzung einer Säumnisbeschwerde ist, wenn die Behörde zu einer amtswegigen Maßnahme verpflichtet ist (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Aufl., auf S. 195 zitierte Rsp. des VwGH).
Die erhobene Säumnisbeschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung - in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 23. Jänner 2007
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006110271.X00Im RIS seit
29.03.2007