Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei und widerbeklagten Partei Heinrich F*****, vertreten durch Dr. Martin Prohaska, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Susanne F*****, vertreten durch Dr. Otto Kern, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung infolge außerordentlicher Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18. Oktober 2000, GZ 44 R 358/00y-65, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
In dem seit 1993 anhängigen Scheidungsverfahren machten beide Parteien als Kläger bzw als Widerklägerin zahlreiche Scheidungsgründe geltend. In der Tagsatzung vom 26. Jänner 1994 vereinbarten sie Ruhen des Verfahrens, um am 26. November 1998 bzw. 22. Jänner 1999 die Fortsetzung des Verfahrens zu beantragen. Die Vorinstanzen schieden daraufhin die Ehe aus gleichteiligem Verschulden.
Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO werden in den außerordentlichen Revisionen beider Parteien nicht zur Darstellung gebracht:
Rechtliche Beurteilung
a) Die Prüfung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung zum Verschulden der Eheleute an der Zerrüttung der Ehe hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich deshalb grundsätzlich einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (1 Ob 302/99i uva). Eine auffallende Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz in der Frage, ob das Verschulden eines der beiden Streitteile an der Zerrüttung deren 1964 geschlossenen Ehe fast völlig in den Hintergrund trete - was beide Parteien für sich reklamieren -, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, liegt nicht vor.
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten und Widerklägerin fehlt es auch nicht an Rsp dazu, ob ein rund fünf Jahre lang ruhendes Scheidungsverfahren unter Geltendmachung der ursprünglichen Scheidungsgründe fortgesetzt werden könne.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (EFSlg 8.629; 1 Ob 726/76= EFSlg 27.450; 2 Ob 592/89 = EFSlg 60.236, 60.238 ua; RIS-Justiz RS0036722), ist dem Ehegesetz kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass eine Eheverfehlung auch dann verfristet sein könnte, wenn sie zwar - wie hier - fristgerecht mit Klage geltend gemacht wurde, dann aber das Verfahren längere Zeit ruhte (EFSlg 8.629; 2 Ob 592/89 u.a.; RIS-Justiz RS0036722; Gruber in Schwimann2, § 57 EheG Rz 2, 11 mwN). Nach stRsp handelt es sich bei der Frist des § 57 EheG nicht um eine Verjährungsfrist, sondern um eine materiellrechtliche Ausschlussfrist (EFSlg 27.450, 48.809, 60.236; Gruber aaO Rz 2). Die Anwendung des § 1497 ABGB kommt hier auf Grund der Fassung der §§ 57, 59 EheG, die nur auf die Klageerhebung abstellen, nicht in Betracht (EFSlg 27.450; 7 Ob 629/88 = EFSlg 57.203; EFSlg 60.238 u.a.). Davon abzugehen besteht kein Anlass.
Unter Umständen kann das Ruhen des Verfahrens bedeuten, dass die mit der Klage geltend gemachten Eheverfehlungen verziehen wurden (1 Ob 726/76). Dazu fehlt indes hier nicht nur jedes Vorbringen der Beklagten in erster Instanz, sondern auch ihre Revision enthält dazu keine konkreten Ausführungen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Textnummer
E61058European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00301.00X.0227.000Im RIS seit
29.03.2001Zuletzt aktualisiert am
03.03.2011