TE OGH 2001/2/28 7Ob30/01i

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Veröffentlicht am 28.02.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Berthold Martin B*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Heinrich H*****, 20 S 225/99k des Landesgerichtes Wels, gegen die beklagte Partei D*****AG, *****, vertreten durch Dr. Christoph Lassmann-Wichtl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,031.000,-- sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 10. November 2000, GZ 4 R 177/00b-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 14. Juni 2000, GZ 28 Cg 145/99p-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 22.808,70 (darin enthalten S 3.801,45 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Heinrich H***** (im Folgenden Gemeinschuldner genannt), der am 24. 6. 1999 als Beifahrer in seinem PKW tödlich verunglückt ist. Der PKW wurde vom Schwiegersohn des Gemeinschuldners, dem tunesischen Staatsangehörigen Samir T*****, gelenkt, der über eine am 7. 3. 1995 in Tunesien ausgestellte, zum Unfallszeitpunkt in Österreich nicht gültige Lenkerberechtigung verfügte. T***** war dem Ersuchen seiner Ehefrau nachgekommen, ihren stark alkoholisierten Vater, dem die Gendarmerie auf einem Autobahnrastplatz die Fahrzeugschlüssel abgenommen hatte, nach Hause zu fahren.

Der Gemeinschuldner war bei der beklagten Partei unfallversichert (Privatschutz, Einzelunfallschutz mit Service plus). Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB) 1988 idF 1994 zugrunde. (Nach Art 8 dieser Bedingungen wird im Falle des Todes auf Grund eines Unfalles die versicherte Summe gezahlt.) Nach Art 17 Z 9 dieser Bedingungen sind Unfälle von der Versicherung ausgeschlossen, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinstörung erleidet, oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente.Der Gemeinschuldner war bei der beklagten Partei unfallversichert (Privatschutz, Einzelunfallschutz mit Service plus). Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB) 1988 in der Fassung 1994 zugrunde. (Nach Artikel 8, dieser Bedingungen wird im Falle des Todes auf Grund eines Unfalles die versicherte Summe gezahlt.) Nach Artikel 17, Ziffer 9, dieser Bedingungen sind Unfälle von der Versicherung ausgeschlossen, die der Versicherte infolge einer Bewusstseinstörung erleidet, oder infolge einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol, Suchtgifte oder Medikamente.

Der Kläger, dessen aktive Klagslegitimation nun nicht mehr strittig ist, begehrt von der beklagten Partei aus der Versicherung S 1,031.000,--; dass dies der mit dem Gemeinschuldner für den Todesfall vereinbarten Versicherungsleistung entspricht, stellt im Revisionsverfahren ebenfalls keinen Streitpunkt mehr dar.

Die beklagte Partei beantragte die Klage abzuweisen. Sie sei gemäß Art 17 Z 9 AUVB leistungsfrei. Der Gemeinschuldner sei wegen seiner starken Alkoholisierung außer Stande gewesen zu erkennen, dass Samir T***** nicht berechtigt gewesen sei, das Lenken des Autos zu übernehmen. Der Gemeinschuldner sei, als er sich entschlossen habe, mit Samir T***** nach Hause zu fahren, auf Grund seiner zeitlichen und örtlichen Desorientiertheit nicht in der Lage gewesen, die Gefahren zu erkennen, die mit dem Mitfahren in einem Auto, das durch eine nicht zum Lenken berechtigte Person gesteuert wird, verbunden seien.Die beklagte Partei beantragte die Klage abzuweisen. Sie sei gemäß Artikel 17, Ziffer 9, AUVB leistungsfrei. Der Gemeinschuldner sei wegen seiner starken Alkoholisierung außer Stande gewesen zu erkennen, dass Samir T***** nicht berechtigt gewesen sei, das Lenken des Autos zu übernehmen. Der Gemeinschuldner sei, als er sich entschlossen habe, mit Samir T***** nach Hause zu fahren, auf Grund seiner zeitlichen und örtlichen Desorientiertheit nicht in der Lage gewesen, die Gefahren zu erkennen, die mit dem Mitfahren in einem Auto, das durch eine nicht zum Lenken berechtigte Person gesteuert wird, verbunden seien.

Der Kläger erwiderte, die von der beklagten Partei behauptete Bewusstseinsstörung bzw Beeinträchtigung zufolge Alkoholeinwirkung sei nicht vorgelegen, jedenfalls aber für den Unfall nicht kausal gewesen. Der Gemeinschuldner habe keine den Unfall verursachende Handlung gesetzt. Er habe davon ausgehen dürfen, dass das Fahrzeug von einer Person gelenkt werde, welche die notwendigen Fahrkenntnisse und die Berechtigung hiefür habe. Das Fehlen eines in Österreich gültigen Führerscheins sei nicht unfallskausal gewesen. Samir T***** habe die notwendigen Fahrkenntnisse und Fahrpraxis gehabt. Er habe nach seiner Einreise in Österreich sechs Monate lang mit dem tunesischen Führerschein fahren dürfen. Inzwischen habe er auch die österreichische Fahrerlaubnis ausgestellt erhalten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Leistungsfreiheit der beklagten Partei nach Art 17 Z 9 AUVB sei nicht gegeben, weil der Tod des Gemeinschuldners weder durch eine Bewusstseinsstörung noch durch eine Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit, sondern durch einen Aufmerksamkeitsfehler des Lenkers Samir T***** verursacht worden sei. Umstände auf Grund derer der Gemeinschuldner erkennen hätte können, dass T***** zum Lenken eines Fahrzeuges nicht berechtigt oder befähigt gewesen sei, habe die beklagte Partei nicht behauptet. Allein weil T***** nicht österreichischer Staatsangehöriger war, habe der Gemeinschuldner keine Zweifel an dessen Lenkerberechtigung haben müssen, zumal dieser von seiner Tochter ersucht worden sei, ihn nach Hause zu fahren.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Leistungsfreiheit der beklagten Partei nach Artikel 17, Ziffer 9, AUVB sei nicht gegeben, weil der Tod des Gemeinschuldners weder durch eine Bewusstseinsstörung noch durch eine Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit, sondern durch einen Aufmerksamkeitsfehler des Lenkers Samir T***** verursacht worden sei. Umstände auf Grund derer der Gemeinschuldner erkennen hätte können, dass T***** zum Lenken eines Fahrzeuges nicht berechtigt oder befähigt gewesen sei, habe die beklagte Partei nicht behauptet. Allein weil T***** nicht österreichischer Staatsangehöriger war, habe der Gemeinschuldner keine Zweifel an dessen Lenkerberechtigung haben müssen, zumal dieser von seiner Tochter ersucht worden sei, ihn nach Hause zu fahren.

Das Berufungsgericht gab dem von der beklagten Partei gegen das Ersturteil erhobenen Rechtsmittel nicht Folge, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Das Erstgericht habe nach einem mangelfreien Verfahren zutreffend das Vorliegen des Ausschlussgrundes des Art 17 Z 9 AUVB verneint. Der von Art 17 Z 9 AUVB verfolgte Zweck lasse sich zwanglos als Minimierung des Versicherungsrisikos dahin verstehen, nicht für Versicherungsfälle eintreten zu müssen, die durch ein besonders gefährliches Verhalten des Versicherungsnehmers willentlich herbeigeführt oder zumindest mitverursacht worden sind. Diese Ausschlussbestimmung könne aber nicht dahin ausgelegt werden, dass unverschuldete Unfälle in alkoholisiertem Zustand generell vom Versicherungsschutz ausgenommen sein sollten. Der Zweck des Risikoausschlusses spreche für die erstgerichtliche Rechtsansicht, dass Leistungspflicht der beklagten Partei bestehe, weil der Tod des Gemeinschuldners nicht durch dessen überdurchschnittliche Verantwortungslosigkeit unter bewusster Verletzung der dem klaglosen Zusammenleben der Menschen dienenden Bestimmungen, sondern durch einen Aufmerksamkeitsfehler des PKW-Lenkers T***** verursacht worden sei. Dieses Auslegungsergebnis entspreche dem, was ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer unter Art 17 Z 9 AUVB verstanden hätte. Zwar sei entgegen der Auffassung des Klägers davon auszugehen, dass beim Gemeinschuldner eine wesentliche Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol vorlag. Entgegen der Auffassung der beklagten Partei könne aber auf der Grundlage des außer Streit gestellten, festgestellten und von der beklagten Partei selbst behaupteten Sachverhalts rechtlich nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der alkoholbedingten Beeinträchtigung des Gemeinschuldners und dessen Unfalltod ein adäquater Kausalzusammenhang bestehe. Nach stRsp müsse der Versicherer - da ihn für das Vorliegen eines Risikoausschlusses die Beweislast treffe - auch den Nachweis erbringen, dass durch die Bewusstseinstörung oder die wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit der Unfall verursacht oder mitverursacht wurde. Der Oberste Gerichtshof habe zwar ausgesprochen, dass infolge einer Bewusstseinstörung auch derjenige handeln könne, der sich als Mitfahrer einem alkoholbedingt fahruntüchtigen KFZ-Lenker anvertraut habe. Dabei werde darauf abgestellt, ob der Versicherte infolge seines Alkoholgenusses außerstande gewesen sei, die Fahruntüchtigkeit des KFZ-Lenkers zu erkennen und von der Mitfahrt Abstand zu nehmen. Hiefür treffe den Versicherer die Behauptungs- und Beweislast. Der Fall des Versicherungsnehmers, der sich einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Lenker anvertraut, sei jedoch dem vorliegenden Fall nicht gleichzusetzen. Nach dem Vorbringen der beklagten Partei ergebe sich, dass der Gemeinschuldner nicht gewusst habe, dass T***** nicht berechtigt gewesen sei, das Auto zu lenken. Anhaltspunkte hiefür seien auch nicht hervorgekommen. Ein Vorbringen des Inhalts, dass der Gemeinschuldner in den Morgenstunden des 24. 6. 1999 die Lenkerberechtigung des Samir T***** überprüft und von einer gemeinsamen Fahrt Abstand genommen hätte, wenn er nicht auf Grund seiner höhergradigen Alkoholisierung zeitlich und örtlich desorientiert gewesen wäre, habe die beklagte Partei in erster Instanz nicht erstattet. Der außer Streit stehende Alkoholeinfluss und die mangelnde Orientierung des Gemeinschuldners reichten für eine solche Annahme nicht aus. Habe doch der Gemeinschuldner immerhin seine Tochter in Wien verständigt und ersucht, ihn von der Raststation abzuholen. Diese wiederum habe ihren zur Raststation mitgekommenen Freund (richtig Ehemann) gebeten, ihren Vater mit dem Auto nach Hause zu bringen. Dies, obwohl sie am ehesten noch von der fehlenden inländischen Lenkerberechtigung wissen habe können, offenbar nicht alkoholiert gewesen sei und dennoch Samir T***** ihren Vater anvertraut habe. Dazu komme, dass T***** über eine ausländische Lenkerberechtigung verfügt habe, die ihn gemäß § 23 Abs 1 FSG für sechs Monate zum Lenken eines Kraftfahrzeuges berechtigt habe. Wenngleich diese mangels Gleichartigkeit der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung in Tunesien (vgl § 9 Abs 1 FSG-DV) nicht einfach gemäß § 23 Abs 3 FSG ohne Nachweis der fachlichen Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung ungeschrieben habe werden können, sei doch zu berücksichtigen, dass für Verfahren, die am 1. 11. 1997 anhängig waren, noch volle Gegenseitigkeit gemäß § 64 Abs 6 KFG in Bezug auf Tunesien bestanden habe. Letztlich sei noch zu berücksichtigen, dass die beklagte Partei nicht substantiiert bestritten habe, dass T***** mittlerweile die Lenkerberechtigung (in Österreich) erteilt worden sei. Unter diesen Umständen wäre es Sache der beklagten Partei gewesen, konkrete Umstände darzutun, die Bedenken gegen die Eignung und Verkehrszuverlässigkeit des Samir T***** zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles hervorrufen hätten können. Samir T***** sei ein gravierender Aufmerksamkeitsfehler unterlaufen; die Aufmerksamkeit sei aber nicht primär eine Frage der im Inland gültigen Lenkberechtigung. Die beklagte Partei hätte deshalb auch behaupten müssen, dass der Aufmerksamkeitsfehler Folge der fehlenden inländischen Lenkerberechtigung gewesen sei, auf Unkenntnis der inländischen Verkehrsvorschriften beruht habe und dass Samir T***** der Aufmerksamkeitsfehler bei Vorhandensein einer in Österreich gültigen Lenkerberechtigung nicht unterlaufen wäre. Ohne solche Behauptungen sei das Erstgericht zutreffend zur Klagsstattgabe gelangt.Das Berufungsgericht gab dem von der beklagten Partei gegen das Ersturteil erhobenen Rechtsmittel nicht Folge, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig sei. Das Erstgericht habe nach einem mangelfreien Verfahren zutreffend das Vorliegen des Ausschlussgrundes des Artikel 17, Ziffer 9, AUVB verneint. Der von Artikel 17, Ziffer 9, AUVB verfolgte Zweck lasse sich zwanglos als Minimierung des Versicherungsrisikos dahin verstehen, nicht für Versicherungsfälle eintreten zu müssen, die durch ein besonders gefährliches Verhalten des Versicherungsnehmers willentlich herbeigeführt oder zumindest mitverursacht worden sind. Diese Ausschlussbestimmung könne aber nicht dahin ausgelegt werden, dass unverschuldete Unfälle in alkoholisiertem Zustand generell vom Versicherungsschutz ausgenommen sein sollten. Der Zweck des Risikoausschlusses spreche für die erstgerichtliche Rechtsansicht, dass Leistungspflicht der beklagten Partei bestehe, weil der Tod des Gemeinschuldners nicht durch dessen überdurchschnittliche Verantwortungslosigkeit unter bewusster Verletzung der dem klaglosen Zusammenleben der Menschen dienenden Bestimmungen, sondern durch einen Aufmerksamkeitsfehler des PKW-Lenkers T***** verursacht worden sei. Dieses Auslegungsergebnis entspreche dem, was ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer unter Artikel 17, Ziffer 9, AUVB verstanden hätte. Zwar sei entgegen der Auffassung des Klägers davon auszugehen, dass beim Gemeinschuldner eine wesentliche Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit durch Alkohol vorlag. Entgegen der Auffassung der beklagten Partei könne aber auf der Grundlage des außer Streit gestellten, festgestellten und von der beklagten Partei selbst behaupteten Sachverhalts rechtlich nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen der alkoholbedingten Beeinträchtigung des Gemeinschuldners und dessen Unfalltod ein adäquater Kausalzusammenhang bestehe. Nach stRsp müsse der Versicherer - da ihn für das Vorliegen eines Risikoausschlusses die Beweislast treffe - auch den Nachweis erbringen, dass durch die Bewusstseinstörung oder die wesentliche Beeinträchtigung der psychischen Leistungsfähigkeit der Unfall verursacht oder mitverursacht wurde. Der Oberste Gerichtshof habe zwar ausgesprochen, dass infolge einer Bewusstseinstörung auch derjenige handeln könne, der sich als Mitfahrer einem alkoholbedingt fahruntüchtigen KFZ-Lenker anvertraut habe. Dabei werde darauf abgestellt, ob der Versicherte infolge seines Alkoholgenusses außerstande gewesen sei, die Fahruntüchtigkeit des KFZ-Lenkers zu erkennen und von der Mitfahrt Abstand zu nehmen. Hiefür treffe den Versicherer die Behauptungs- und Beweislast. Der Fall des Versicherungsnehmers, der sich einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Lenker anvertraut, sei jedoch dem vorliegenden Fall nicht gleichzusetzen. Nach dem Vorbringen der beklagten Partei ergebe sich, dass der Gemeinschuldner nicht gewusst habe, dass T***** nicht berechtigt gewesen sei, das Auto zu lenken. Anhaltspunkte hiefür seien auch nicht hervorgekommen. Ein Vorbringen des Inhalts, dass der Gemeinschuldner in den Morgenstunden des 24. 6. 1999 die Lenkerberechtigung des Samir T***** überprüft und von einer gemeinsamen Fahrt Abstand genommen hätte, wenn er nicht auf Grund seiner höhergradigen Alkoholisierung zeitlich und örtlich desorientiert gewesen wäre, habe die beklagte Partei in erster Instanz nicht erstattet. Der außer Streit stehende Alkoholeinfluss und die mangelnde Orientierung des Gemeinschuldners reichten für eine solche Annahme nicht aus. Habe doch der Gemeinschuldner immerhin seine Tochter in Wien verständigt und ersucht, ihn von der Raststation abzuholen. Diese wiederum habe ihren zur Raststation mitgekommenen Freund (richtig Ehemann) gebeten, ihren Vater mit dem Auto nach Hause zu bringen. Dies, obwohl sie am ehesten noch von der fehlenden inländischen Lenkerberechtigung wissen habe können, offenbar nicht alkoholiert gewesen sei und dennoch Samir T***** ihren Vater anvertraut habe. Dazu komme, dass T***** über eine ausländische Lenkerberechtigung verfügt habe, die ihn gemäß Paragraph 23, Absatz eins, FSG für sechs Monate zum Lenken eines Kraftfahrzeuges berechtigt habe. Wenngleich diese mangels Gleichartigkeit der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkerberechtigung in Tunesien vergleiche Paragraph 9, Absatz eins, FSG-DV) nicht einfach gemäß Paragraph 23, Absatz 3, FSG ohne Nachweis der fachlichen Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung ungeschrieben habe werden können, sei doch zu berücksichtigen, dass für Verfahren, die am 1. 11. 1997 anhängig waren, noch volle Gegenseitigkeit gemäß Paragraph 64, Absatz 6, KFG in Bezug auf Tunesien bestanden habe. Letztlich sei noch zu berücksichtigen, dass die beklagte Partei nicht substantiiert bestritten habe, dass T***** mittlerweile die Lenkerberechtigung (in Österreich) erteilt worden sei. Unter diesen Umständen wäre es Sache der beklagten Partei gewesen, konkrete Umstände darzutun, die Bedenken gegen die Eignung und Verkehrszuverlässigkeit des Samir T***** zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles hervorrufen hätten können. Samir T***** sei ein gravierender Aufmerksamkeitsfehler unterlaufen; die Aufmerksamkeit sei aber nicht primär eine Frage der im Inland gültigen Lenkberechtigung. Die beklagte Partei hätte deshalb auch behaupten müssen, dass der Aufmerksamkeitsfehler Folge der fehlenden inländischen Lenkerberechtigung gewesen sei, auf Unkenntnis der inländischen Verkehrsvorschriften beruht habe und dass Samir T***** der Aufmerksamkeitsfehler bei Vorhandensein einer in Österreich gültigen Lenkerberechtigung nicht unterlaufen wäre. Ohne solche Behauptungen sei das Erstgericht zutreffend zur Klagsstattgabe gelangt.

Seinen Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Risikoausschlusses nach Art 17 Z 9 AUVB für den Fall fehle, dass sich der (im Sinne dieser Bestimmung durch Alkohol wesentlich beeinträchtigte) Versicherte als Beifahrer einem KFZ-Lenker ohne gültige inländische Lenkerberechtigung anvertraue.Seinen Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Risikoausschlusses nach Artikel 17, Ziffer 9, AUVB für den Fall fehle, dass sich der (im Sinne dieser Bestimmung durch Alkohol wesentlich beeinträchtigte) Versicherte als Beifahrer einem KFZ-Lenker ohne gültige inländische Lenkerberechtigung anvertraue.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die hier maßgebliche, einen

Risikoausschluss (zur Begriffsbestimmung vgl etwa Schauer, VersVG3

147 ff) enthaltende Versicherungsbedingung des Art 17 Z 9 AUVB 1988,

Fassung 1994 (Beil./2) mit Art 17 Z 8 USVB 1989 (s 7 Ob 11/95)

wortgleich und mit Art 3 III 7 der AUVB 1967 (s 7 Ob 13/81 = ZVR

1982/143 = VersR 1982, 588 = VersE 1026; 7 Ob 25/88 = SZ 61/176 =

VersRdSch 1989, 125; 7 Ob 41/88 = ZVR 1989/112 = VersRdSch 1989, 252;

7 Ob 36/90 = VersR 1991, 836 = VersRdSch 1991, 326), Art 3 II 6

U/Flug 1975 (s 7 Ob 41/88) sowie § 2 I 1 der dAUB 1988 (s Prölss/Martin VVG26 2245f) ganz vergleichbar ist, sodass die von österreichischer und deutscher Lehre und Judikatur dazu entwickelten Grundsätze auch im vorliegenden Fall anwendbar sind.U/Flug 1975 (s 7 Ob 41/88) sowie Paragraph 2, römisch eins 1 der dAUB 1988 (s Prölss/Martin VVG26 2245f) ganz vergleichbar ist, sodass die von österreichischer und deutscher Lehre und Judikatur dazu entwickelten Grundsätze auch im vorliegenden Fall anwendbar sind.

Nach diesen Grundsätzen muss die Bewusstseinstörung den Unfall verursacht haben, wobei es aber genügt, dass sie mitursächlich war (BGH VersR 1957, 509 ua). Kausalität ist auch dann gegeben, wenn der Unfall nicht unmittelbar und spezifisch durch die Bewusstseinstörung bewirkt wird. Unbewiesen ist die Ursächlichkeit nicht nur dann, wenn die betreffende Person (der Versicherungsnehmer bzw Versicherte) den Unfall möglicherweise auch nüchtern, sondern schon dann, wenn sie ihn möglicherweise auch bei geringerer (aber unterhalb der Bewusstseinstörung liegender) Alkoholisierung erlitten hätte (Knappmann in Prölss/Martin VVG26 2249). Ist der Versicherte Mitfahrer eines wegen Alkoholisierung fahruntüchtigen Lenkers, so ist entscheidend, ob er (der Mitfahrer) nüchtern oder bei geringerer Alkoholisierung die Fahruntüchtigkeit des Lenkers erkannt hätte. Dies gilt, wie Knappmann aaO betont, auch für Versicherungsnehmer, die sich - wie hier - in ihrem Auto von Dritten fahren lassen.

Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - zutreffend erkannt, dass für das Vorliegen des Risikoausschlusses des Art 17 Z 9 AUVB die beklagte Partei als Versicherer die Beweislast trifft (vgl SZ 38/71; 7 Ob 13/81). Die Beklagte hatte daher nicht nur das Vorliegen der Bewusstseinstörung des Gemeinschuldners im Unfallszeitpunkt zu beweisen, sondern auch den Nachweis zu erbringen, dass durch die Bewusstseinstörung der Unfall verursacht oder mitverursacht wurde (7 Ob 13/81 mwH). Wie der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung ausgeführt hat, kann infolge einer Bewusstseinstörung auch derjenige handeln, der sich als Mitfahrer einem fahruntüchtigen KFZ-Lenker anvertraut hat (Steffani, Der Ausschluss der Leistung aus der Unfallzusatzversicherung eines Versicherungsnehmers, der sich einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Lenker anvertraut, VersR 1967, 18; 7 Ob 13/81). In diesem Fall muss der Versicherer auch beweisen, dass der Versicherte infolge seiner alkoholbedingten Bewusstseinstörung die Fahruntüchtigkeit des KFZ-Lenkers, dem er sich anvertraut hatte, nicht erkennen konnte (Steffani aaO; 7 Ob 13/81).Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - zutreffend erkannt, dass für das Vorliegen des Risikoausschlusses des Artikel 17, Ziffer 9, AUVB die beklagte Partei als Versicherer die Beweislast trifft vergleiche SZ 38/71; 7 Ob 13/81). Die Beklagte hatte daher nicht nur das Vorliegen der Bewusstseinstörung des Gemeinschuldners im Unfallszeitpunkt zu beweisen, sondern auch den Nachweis zu erbringen, dass durch die Bewusstseinstörung der Unfall verursacht oder mitverursacht wurde (7 Ob 13/81 mwH). Wie der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung ausgeführt hat, kann infolge einer Bewusstseinstörung auch derjenige handeln, der sich als Mitfahrer einem fahruntüchtigen KFZ-Lenker anvertraut hat (Steffani, Der Ausschluss der Leistung aus der Unfallzusatzversicherung eines Versicherungsnehmers, der sich einem alkoholbedingt fahruntüchtigen Lenker anvertraut, VersR 1967, 18; 7 Ob 13/81). In diesem Fall muss der Versicherer auch beweisen, dass der Versicherte infolge seiner alkoholbedingten Bewusstseinstörung die Fahruntüchtigkeit des KFZ-Lenkers, dem er sich anvertraut hatte, nicht erkennen konnte (Steffani aaO; 7 Ob 13/81).

Die Beklagte, die im vorliegenden Fall also die Kenntnis des Gemeinschuldners von der mangelnden Lenkerberechtigung seines Schwiegersohnes zu beweisen gehabt hätte, hat dies aber gar nicht behauptet. Nach ihrem Vorbringen wusste der Gemeinschuldner vielmehr nicht, dass Samir T***** (zufolge Zeitablaufs) im Unfallszeitpunkt keine in Österreich gültige Lenkerberechtigung (mehr) besaß.

Wie nun der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (ZVR 1985/115; 7 Ob 275/97k = VersE 1759 = ZVR 1998/142) besteht keine Verpflichtung des Beifahrers sich hinsichtlich der Lenkerberechtigung zu erkundigen nach § 1304 ABGB, sofern nicht Gründe für einen konkreten Verdacht sprechen, dass dem Lenker die Berechtigung fehlt (vgl auch Reischauer in Rummel2 Rz 18 zu § 1304 ABGB). Konkrete Verdachtsmomente, die den Gemeinschuldner veranlassen hätten müssen, sich zu vergewissern, ob Samir T***** eine (in Österreich gültige) Lenkerberechtigung besaß, sind aber von der beklagten Partei nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen worden. Die beklagte Partei hat lediglich unsubstantiiert behauptet, dass der Gemeinschuldner auf Grund seiner starken Alkoholisierung nicht imstande gewesen sei, zu erkennen, dass sein Schwiegersohn keine gültige Lenkerberechtigung (mehr) gehabt habe. Ohne entsprechende Verdachtsmomente kann aber von vornherein nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Gemeinschuldner nur auf Grund seiner, eine wesentliche Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit bewirkenden Alkoholisierung keine Kenntnis von der mangelnden Lenkerberechtigung des Samir T***** verschafft hat. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die beklagte Partei schon ihrer diesbezüglichen Behauptungspflicht und demzufolge auch ihre Beweispflicht nicht genügt hat, ist daher zu billigen.Wie nun der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat (ZVR 1985/115; 7 Ob 275/97k = VersE 1759 = ZVR 1998/142) besteht keine Verpflichtung des Beifahrers sich hinsichtlich der Lenkerberechtigung zu erkundigen nach Paragraph 1304, ABGB, sofern nicht Gründe für einen konkreten Verdacht sprechen, dass dem Lenker die Berechtigung fehlt vergleiche auch Reischauer in Rummel2 Rz 18 zu Paragraph 1304, ABGB). Konkrete Verdachtsmomente, die den Gemeinschuldner veranlassen hätten müssen, sich zu vergewissern, ob Samir T***** eine (in Österreich gültige) Lenkerberechtigung besaß, sind aber von der beklagten Partei nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen worden. Die beklagte Partei hat lediglich unsubstantiiert behauptet, dass der Gemeinschuldner auf Grund seiner starken Alkoholisierung nicht imstande gewesen sei, zu erkennen, dass sein Schwiegersohn keine gültige Lenkerberechtigung (mehr) gehabt habe. Ohne entsprechende Verdachtsmomente kann aber von vornherein nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Gemeinschuldner nur auf Grund seiner, eine wesentliche Beeinträchtigung seiner psychischen Leistungsfähigkeit bewirkenden Alkoholisierung keine Kenntnis von der mangelnden Lenkerberechtigung des Samir T***** verschafft hat. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass die beklagte Partei schon ihrer diesbezüglichen Behauptungspflicht und demzufolge auch ihre Beweispflicht nicht genügt hat, ist daher zu billigen.

Da die Vorinstanzen der Klage deshalb zu Recht stattgegeben haben, muss der Revision ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Dem Kläger gebührt für seine Revisionsbeantwortung gemäß § 23 RATG nur der einfache Einheitssatz von 50 % (und nicht, wie verzeichnet, 150 %).Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41 und 50 ZPO. Dem Kläger gebührt für seine Revisionsbeantwortung gemäß Paragraph 23, RATG nur der einfache Einheitssatz von 50 % (und nicht, wie verzeichnet, 150 %).

Anmerkung

E60998 07A00301

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00030.01I.0228.000

Dokumentnummer

JJT_20010228_OGH0002_0070OB00030_01I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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