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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde der W Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Reif und Partner, Rechtsanwälte OEG in 8010 Graz, Brückenkopfgasse 1/VIII, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 6. Juli 2005, GZ. 007217/2005-3, betreffend baupolizeilichen Auftrag gemäß § 41 Abs. 4 Stmk. Baugesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus Anlass einer am 16. März 2005 durchgeführten Erhebung durch den Baukontrollor J.P. des Baupolizeiamtes des Magistrates der Stadt Graz wurde festgestellt, dass im Gebäude A-Straße 44 in den ehemaligen Geschäftsräumen der "A-Bank" ein Wettcafe eingerichtet und ohne Bewilligung in Betrieb genommen worden sei. Diesem Erhebungsbericht sind ein Grundbuchsauszug und zwei Fotos angeschlossen. Die Fotos zeigen über den Fenstern der in Frage stehenden Räumlichkeiten auf der Straßenseite die mit großen Buchstaben vorgenommene Aufschrift: "CAFE J". Weiters sind dem Erhebungsbericht Pläne (in Kopie) der für den Bankbetrieb erteilten Baubewilligung angeschlossen. In einem Aktenvermerk ist weiters festgehalten, dass in den Räumlichkeiten bei einer Überprüfung am 1. Februar 2005 eine Theke und Sitzgelegenheiten sowie Spielapparate vorhanden und Gäste anwesend gewesen seien.
Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz erteilte der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 21. April 2005 gemäß § 41 Abs. 4 Stmk. Baugesetz i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003 den Auftrag, die vorschriftswidrige Nutzung im Erdgeschoß des Gebäudes A-Straße 44 auf dem näher angeführten Grundstück in der KG L. "zu anderen Zwecken als der für Geschäftsnutzung, nämlich als Gaststätte (Wettcafe) mit sofortiger Wirkung" zu unterlassen. Die erstinstanzliche Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass festgestellt worden sei, es werde die im Spruch angeführte Nutzung vorgenommen, ohne dass hiefür eine baubehördliche Bewilligung vorliege. Diese Nutzung könne nicht unter den Begriff "Geschäft" subsumiert werden. Somit stelle diese Maßnahme eine Nutzungsänderung dar, die gemäß § 19 Stmk. BauG wegen des möglichen Einflusses auf den Brandschutz und die Hygiene sowie der Berührung der Nachbarrechte und von Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes bewilligungspflichtig sei.
In der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin wurde Folgendes ausgeführt:
"Bereits bei Abschluss des Mietvertrages, bzw. Übernahme des gegenständlichen Mietobjektes war in diesem ein Gastgewerbebetrieb etabliert, sodass wir davon ausgehen konnten, dass sämtliche behördliche Bewilligungen ordnungsgemäß erteilt wurden.
Erst im Zuge Ihres Ermittlungsverfahrens wurden wir davon in Kenntnis gesetzt, dass für das gegenständliche Mietobjekt eine Nutzungsänderung im Sinne des Stmk. Baugesetzes erforderlich sei.
Obwohl wir Ihre Rechtsmeinung nicht teilen, haben wird zwischenzeitig sämtliche notwendigen Schritte eingeleitet um den Ihrer Meinung nach konsensgemäßen Zustand herzustellen.
Wir beantragen daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides ..."
Die belangte Behörde wies diese Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Es sei von der Baubehörde anlässlich einer örtlichen Erhebung am 16. März 2005 festgestellt worden, dass die Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoß des bestehenden Gebäudes A-Straße 44 als Gaststätte (Wettcafe) konsenswidrig genutzt würden. Von der Beschwerdeführerin sei eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung vorgenommen worden, die einerseits den Brandschutz und die Hygiene beeinflussen könnte, andererseits auch Nachbarrechte nach § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, nämlich § 26 Abs. 1 Z. 1 - Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden sei - und nach § 26 Abs. 1 Z. 3 - Schallschutz -, berührt würden. Da für die verfahrensgegenständliche Nutzung keine Bewilligung vorliege, sei der Auftrag zur Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung der Behörde erster Instanz zu Recht ergangen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im vorliegenden Beschwerdefall ist das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2003 (Stmk. BauG), anzuwenden.
Gemäß § 41 Abs. 4 Stmk. BauG hat die Behörde die Unterlassung der vorschriftswidrigen Nutzung aufzutragen, wenn eine bewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes von baulichen Anlagen oder Teilen der selben ohne Bewilligung vorgenommen wurde; Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.
Gemäß dem verwiesenen zweiten Satz des Abs. 3 dieser Bestimmung ist der Auftrag ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder einer Anzeige gemäß § 33 Abs. 1 zu erteilen.
Gemäß § 19 Z. 2 leg. cit. sind folgende Vorhaben bewilligungspflichtig, soferne sich aus dem § 20 und 21 nichts anderes ergibt:
"2. Nutzungsänderungen, die auf die Festigkeit, den Brandschutz, die Hygiene, die Sicherheit von baulichen Anlagen oder deren Teilen von Einfluss sein können oder die Nachbarrechte berühren oder wenn Bestimmungen des jeweils geltenden Raumordnungsgesetzes, des Flächenwidmungsplanes, des Bebauungsplanes oder der Bebauungsrichtlinien berührt werden können."
Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung die geänderte Nutzung der verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten als Gaststätte (Wettcafe) nicht bestritten hat. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr ausgeführt, dass bereits bei Abschluss des Mietvertrages bzw. bei Übernahme des vorliegenden Mietobjektes in diesem ein Gastgewerbebetrieb etabliert gewesen sei, sodass sie davon hätten ausgehen können, dass sämtliche behördlichen Bewilligungen ordnungsgemäß erteilt worden seien. Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr in der Beschwerde den Betrieb einer (öffentlichen) Gaststätte in der Form eines Wettcafes in den verfahrensgegenständlichen Räumlichkeiten überhaupt bestreitet bzw. darlegt, es handle sich um ein nicht öffentlich zugängliches Vereinslokal bzw. Wettlokal, wobei lediglich ausgewählten Vereinsmitgliedern beschränkter Zugang zu den jeweiligen Räumlichkeiten gewährt werde, sodass keine erhöhte Frequenz durch Besucher in diesen Räumlichkeiten gegeben sei, handelt es sich um ein erstmals in der Beschwerde vorgetragenes Tatsachenvorbringen, das im Lichte des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes keine Berücksichtigung mehr finden kann. Ausgehend davon, dass in diesen Räumlichkeiten ein Wettcafe betrieben wird, hat die belangte Behörde zutreffend angenommen, dass es sich dabei um eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne des § 19 Z. 2 Stmk. BauG handelt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass durch eine solche Nutzung Nachbarrechte nach § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, nämlich insbesondere § 26 Abs. 1 Z. 1 und Z. 3, berührt werden können bzw. die Änderung auch für den Brandschutz und die Hygiene von Einfluss sein kann, wobei die Frage einer möglichen konkreten Beeinträchtigung erst im Bewilligungsverfahren zu prüfen ist.
Wenn die belangte Behörde bei Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufung von einer vorgenommenen Nutzungsänderung in den vorliegenden Geschäftsräumlichkeiten, nämlich dem Betrieb eines Wettcafes (statt wie bewilligt einer Bank), ausgehen konnte, bedurfte es keiner weiteren konkreten Feststellungen mehr, weshalb durch diese Änderung der Brandschutz, die Hygiene sowie auch die Nachbarrechte des § 26 Abs. 1 Stmk. BauG berührt werden können, weil mit einem Wettcafe schon typenmäßig andere Immissionen verbunden sind, als mit einem Geschäftsbetrieb. Diese ergänzenden Ermittlungen hält auch der Beschwerdeführer nur im Hinblick auf die neue Behauptung für erforderlich, dass lediglich ein nicht öffentliches Vereinslokal vorliege.
Die Beschwerdeführerin ist nicht im Recht, wenn sie einen Begründungsmangel geltend macht. Dieser behauptete Begründungsmangel betreffend die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommenen Ermittlungen und Feststellungen in Bezug auf die Nutzungsänderung liegt nämlich angesichts des Umstandes, dass das Vorliegen eines Wettcafes in der Berufung nicht bestritten wurde, nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der Durchführung einer Verhandlung absehen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Jänner 2007
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 Sachverhalt SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005060248.X00Im RIS seit
20.02.2007