Index
L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Vlbg 2001 §18 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des N R in B, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 8. September 2006, Zl. BHBR-I-3300.00-2006/0009, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. V G W GmbH in D, vertreten durch Dr. Karl Rümmele und Dr. Birgitt Breinbauer, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Marktstraße 18a, 2. L-Stadt B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als damit der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben wurde.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer (Wohnungseigentümer) einer Liegenschaft in Bregenz, auf der sich eine Wohnanlage befindet. Die erstmitbeteiligte Partei ist Verwalterin der Liegenschaft.
Mit dem am 10. Mai 2006 bei der Baubehörde eingelangten Baugesuch vom 6. Juni 2006 kam die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerberin) um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung für die "Sanierung und Fassadenerneuerung" eines Gebäudes dieser Wohnanlage ein. In der Rubrik "Eigentümer des Baugrundstückes" (es handelt sich beim Bauantrag um ein Formular) heißt es "Eigentümer lt. beigelegten Grundbuchsauszug (Zustimmungserklärung lt. WEG)". Beigelegt ist weiters die Ablichtung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Bregenz vom 2. Dezember 2004 mit Rechtskraftbestätigung vom 26. Jänner 2006 (worauf noch zurückzukommen sein wird). Gemäß der Baubeschreibung vom 7. Juni 2006 (Eingangsvermerk vom selben Tag) soll das Gebäude eine "hinterlüftete ETERNIT-Fassade (Großtafeln Farbe wie Bestand - Eternit Tektura Selekt Line DIAMANT C3) mit 4 cm Hinterlüftung" sowie einer näher umschriebenen Aluunterkonstruktion erhalten. Die Loggien sollen "aus Platzgründen" einen näher bezeichneten Vollwärmeschutz erhalten, "Farbe: wie Bestand". Die Loggienbrüstungen sollen einen Farbanstrich, der Sockel einen neuen Anstrich, jeweils "wie Bestand" erhalten (aus einer angeschlossenen Baubeschreibung vom 14. Jänner 1971 ist ersichtlich, dass für die "Außenverkleidung" "Naturputz" vorgesehen war).
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. Juni 2006 wurde der Bauwerberin die angestrebte Bewilligung (einschließlich der hiefür erforderlichen Abstandsnachsicht) mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Sachverhaltsmäßig ging die erstinstanzliche Behörde unter anderem davon aus, dass hinsichtlich der bescheidgegenständlichen Baumaßnahmen ein entsprechender Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer vorliege (Hinweis auf die Rechtskraftbestätigung vom 26. Jänner 2006).
Dagegen erhoben der Beschwerdeführer und ein weiterer Wohnungseigentümer Berufung. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass die Gestaltung der Fassade, hier im Besonderen die Farbgebung, ebenfalls "ausschlaggebend für eine Baubewilligung" sei. Die Farbgebung sei aber "immer noch nicht festgelegt, ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümer steht aus". Dadurch sei auch die Behörde "nicht in der Lage eine Baubewilligung auszustellen". Mangels Festlegung hinsichtlich der Farbgebung sei der Verwalter auch nicht berechtigt, im Auftrag der Eigentümer einen Bauantrag einzureichen.
Mit Berufungsbescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. August 2006 wurde beiden Berufungen keine Folge gegeben. Hinsichtlich des Beschwerdeführers wurde dies damit begründet, dass die Außenfassaden des Gebäudes gemäß der seinerzeitigen Baubewilligung als Naturputz ausgeführt worden seien. Die nunmehrige Anbringung der vorgesehenen Eternittafeln stelle im Hinblick auf die seinerzeitige Farbgebung der Fassaden keine erhebliche Änderung der äußeren Erscheinung des Gebäudes dar. Somit sei der Bewilligungstatbestand des § 18 Abs. 1 lit. a des Baugesetzes nicht gegeben; diesbezüglich sei somit der Baubehörde kein Nachweis der Zustimmung der Miteigentümer zu erbringen.
Der Beschwerdeführer und der weitere Miteigentümer erhoben gegen den Berufungsbescheid Vorstellungen, denen mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben wurde. In der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides heißt es unter anderem, dass die Bauwerberin auf Grund einer Eingabe vom 1. April 2005 mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Februar 2006 die Baubewilligung für die Änderung der Fassaden erhalten habe, wobei der Bescheid nicht in Rechtskraft erwachsen sei, weil mit Bescheid der Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. Mai 2006 der vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachten Berufung mit der Begründung Folge gegeben worden sei, dass die Farbgebung der neuen Fassade nicht Gegenstand eines Mehrheitsbeschlusses der Miteigentümer der Wohnanlage gewesen sei. Dieses Vorhaben (gemeint nach dem Zusammenhang: gemäß der Eingabe vom 1. April 2005) habe nämlich die Anbringung einer dunklen Eternitfassade vorgesehen, welche nach Auffassung der Berufungsbehörde vom "Mehrheitsbeschluss zur Gebäudeverbesserung" insofern nicht erfasst gewesen sei, als die Farbgebung (und damit die wesentliche farbliche Änderung zum Bestand) nicht Gegenstand des Beschlusses gewesen sei. Da die Farbgebung, so heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, für die nunmehr vorgesehene Eternitfassade gemäß einer näher bezeichneten Stellungnahme einer bautechnischen Sachverständigen der Bestandsfarbe Naturputz weitgehend entspreche und damit insofern das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes nicht im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. o BauG erheblich geändert werde, handle es sich hinsichtlich der Farbgebung der neuen Fassade um keine bewilligungspflichtige Maßnahme. Diesbezüglich bedürfe es daher, wie die Berufungsbehörde zu Recht ausgeführt habe, keiner Zustimmung der Miteigentümer.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die Bauwerberin in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Vorarlberger Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, idF LGBl. Nr. 27/2005 anzuwenden. Gemäß § 18 Abs. 1 lit. a BauG bedarf (mit einer hier nicht relevanten Ausnahme) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden einer Baubewilligung.
§ 2 BauG enthält Begriffsbestimmungen; in Abs. 1 lit. o wird der Begriff "wesentliche Änderung eines Bauwerkes oder einer sonstigen Anlage" wie folgt definiert:
"ein Zu- oder ein Umbau; eine Änderung, durch die die äußere Erscheinung des Bauwerkes oder der sonstigen Anlage erheblich geändert wird; eine Änderung, durch die die Sicherheit oder die Gesundheit von Menschen oder die Verkehrssicherheit gefährdet, die Nachbarn belästigt oder die Einhaltung der Abstandsflächen oder Mindestabstände beeinflusst werden können;"
Gemäß § 24 Abs. 3 lit. a BauG sind dem Bauantrag der Nachweis des Eigentums- oder Baurechtes am Baugrundstück oder, wenn der Antragsteller nicht selbst Eigentümer oder bauberechtigt ist, die Zustimmung des Eigentümers bzw. Bauberechtigten anzuschließen.
Richtig haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens erkannt, dass die vorgesehene Errichtung dieser hinterlüfteten Eternitfassade baubewilligungspflichtig im Grunde des § 18 Abs. 1 lit. a BauG ist. Allerdings haben solche Eternitplatten zwangsläufig eine bestimmte Farbe. Zutreffend war daher im Beschwerdefall die vorgesehene Farbgebung auch vom Bauantrag umfasst. Eine Trennbarkeit des Vorhabens in eine Eternitfassade einerseits und die Farbe dieser Eternitfassade andererseits ist nämlich nicht möglich, sodass die Überlegungen der belangten Behörde und der Berufungsbehörde, die vorgesehene Farbgebung sei nicht bewilligungspflichtig, verfehlt sind.
Die Behörden des Verwaltungsverfahrens wären daher verhalten gewesen, zu prüfen, ob die Zustimmung des Beschwerdeführers als Miteigentümer für die vorgesehene Maßnahme einschließlich der vorgesehenen Farbgebung erforderlich ist oder nicht (zum Erfordernis der Zustimmung vgl. Näheres im hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2003/06/0148, ebenfalls zu § 24 Abs. 3 lit. a BauG). Insoweit kommt dem Beschwerdeführer, wie die belangte Behörde und die Berufungsbehörde zutreffend erkannt haben, ein Mitspracherecht zu. Insbesondere wäre daher zu prüfen gewesen, ob das Baugesuch von dem in Rede stehenden Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer getragen wird (vgl. zu Bauplänen das hg. Erkenntnis vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0162). An entsprechenden Verfahrensergebnissen mangelt es aber.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 23. Jänner 2007
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4 VerfahrensbestimmungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006060268.X00Im RIS seit
13.02.2007