Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Maria Sand (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Monika G*****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Wolf-Dieter Arnold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. September 2000, GZ 7 Rs 259/97b-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 20. Februar 1997, GZ 7 Cgs 242/96w-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid der beklagten Partei vom 10. 10. 1996 wurde der Antrag der am 14. 6. 1958 geborenen Klägerin auf Zuerkennung der Invaliditätspension mit der Begründung abgelehnt, dass die Wartezeit nicht erfüllt sei.
Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Zahlung der Invaliditätspension ab dem Stichtag 1. Oktober 1996 gerichtete Klagebegehren mangels Erfüllung der Wartezeit ab. Die Klägerin weise in ihrem Versicherungsverlauf zum Stichtag nur 46 Versicherungsmonate, davon 38 Beitragsmonate auf. Die Zeiten einer Beschäftigungstherapie beim Verein "Jugend am Werk" (1985 - Jänner 1995) sei nicht als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, sondern als Therapieform.
Das Berufungsgericht hat vorerst mit Beschluss vom 6. 10. 1997 das Verfahren unterbrochen und beim Versicherungsträger die Einleitung des Verfahrens zur Prüfung der Versicherungspflicht der Tätigkeit der Klägerin bei "Jugend am Werk" im Zeitraum von Jänner 1985 bis Ende Jänner 1995 angeregt.
Nachdem die Wiener Gebietskrankenkasse mit dem von der Klägerin nicht angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 2000 festgestellt hatte, dass die Klägerin auf Grund ihrer Beschäftigung bei "Jugend am Werk" in der Zeit von 25. 10. 1977 bis 31. 1. 1995 in keinem die Vollversicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnis gestanden ist, bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil. Durch den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse sei bindend festgestellt worden, dass die von der Klägerin behaupteten Beschäftigungszeiten aus dem Zeitraum Jänner 1985 bis Jänner 1995 nicht als Versicherungszeiten zu qualifizieren seien; damit habe die Klägerin die Wartezeit nicht erfüllt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist nicht berechtigt.
Zentrales Argument der Revision ist, dass der Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom Gericht auf seine Richtigkeit zu überprüfen gewesen wäre und jedenfalls keine Bindungswirkung für das Gerichtsverfahren entfalte.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Ist in einer Rechtsstreitigkeit über den Bestand eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen (§ 65 Abs 1 Z 1 ASGG) die Versicherungspflicht als Vorfrage strittig, ist das sozialgerichtliche Verfahren zwingend bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über diese Vorfrage im Verfahren in Verwaltungssachen zu unterbrechen (§ 74 Abs 1 ASGG). An die im Verwaltungsverfahren ergehende Entscheidung, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht der Versicherungspflicht unterlag, ist das Gericht gebunden. Gerade diese Bindung der Gerichte an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden (und nicht ihr Fehlen, wie die klagende Partei vermeint) ist eine Rechtsfolge der von Art 94 B-VG verfügten Gewaltentrennung (10 ObS 63/89 = SVSlg 36.492 = SSV-NF 3/31 mwN). Sie kann von der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Partei- oder Beteiligtenstellung im Verwaltungsverfahren in Zweifel gezogen werden (siehe dazu Fucik in Rechberger, ZPO2, § 190 Rz 5). Der Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse wurde ihr nämlich samt Rechtsmittelbelehrung zugestellt (ON 20), doch sie hat keinen Einspruch erhoben.Ist in einer Rechtsstreitigkeit über den Bestand eines Anspruchs auf Versicherungsleistungen (Paragraph 65, Absatz eins, Ziffer eins, ASGG) die Versicherungspflicht als Vorfrage strittig, ist das sozialgerichtliche Verfahren zwingend bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über diese Vorfrage im Verfahren in Verwaltungssachen zu unterbrechen (Paragraph 74, Absatz eins, ASGG). An die im Verwaltungsverfahren ergehende Entscheidung, dass ein Beschäftigungsverhältnis nicht der Versicherungspflicht unterlag, ist das Gericht gebunden. Gerade diese Bindung der Gerichte an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden (und nicht ihr Fehlen, wie die klagende Partei vermeint) ist eine Rechtsfolge der von Artikel 94, B-VG verfügten Gewaltentrennung (10 ObS 63/89 = SVSlg 36.492 = SSV-NF 3/31 mwN). Sie kann von der Klägerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt fehlender Partei- oder Beteiligtenstellung im Verwaltungsverfahren in Zweifel gezogen werden (siehe dazu Fucik in Rechberger, ZPO2, Paragraph 190, Rz 5). Der Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse wurde ihr nämlich samt Rechtsmittelbelehrung zugestellt (ON 20), doch sie hat keinen Einspruch erhoben.
Auf Grund der Bindungswirkung hat keine inhaltliche Nachprüfung des Verwaltungsbescheides durch das Gericht stattzufinden.
Da die Vorinstanzen somit zutreffend die Erfüllung der Wartezeit verneint haben, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.
Anmerkung
E61435 10C00521European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:010OBS00052.01X.0306.000Dokumentnummer
JJT_20010306_OGH0002_010OBS00052_01X0000_000