TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/24 2006/04/0134

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Veröffentlicht am 24.01.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
23/01 Konkursordnung;
36 Wirtschaftstreuhänder;

Norm

KO §147;
KO §156 Abs1;
KO §181;
KO §182;
KO §193 Abs1;
KO §199 Abs1;
KO §199 Abs2;
KO §200 Abs1;
KO §200 Abs2;
KO §200 Abs3;
KO §200 Abs4;
KO §213;
VwRallg;
WTBG 1999 §10 Z1;
WTBG 1999 §104 Abs1 Z1;
WTBG 1999 §8 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde des T W in R, vertreten durch Mag. Andreas German, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Vorarlberg vom 26. Juni 2006, Zl. Vlb-601.00, betreffend Widerruf der Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 26. Juni 2006 hat der Landeshauptmann von Vorarlberg die durch öffentliche Bestellung erteilte Berechtigung des Beschwerdeführers zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater gemäß § 104 Abs. 1 Z. 1 iVm § 8 Abs. 1 Z. 3 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999 (WTBG), widerrufen.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass mit Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 5. April 2005 das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels Kostendeckung nicht eröffnet worden sei. In der Folge sei das Schuldenregulierungsverfahren mit Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 20. Juni 2005 eröffnet worden. In diesem Verfahren habe der Beschwerdeführer einen Zahlungsplan angeboten, der jedoch von den Gläubigern bei der Tagsatzung vom 4. April 2006 nicht angenommen worden sei. Auf Antrag des Beschwerdeführers sei das Abschöpfungsverfahren eingeleitet worden.

Auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers beim Finanzamt hafte per 15. Februar 2006 ein Rückstand in der Höhe von EUR 105.667,07 aus. Eine Zahlungsvereinbarung sei diesbezüglich nicht getroffen worden. Auf dem Beitragskonto bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse hafte per 16. Februar 2006 ein Beitragsrückstand in der Höhe von EUR 21.242,14 aus. Auch diesbezüglich bestehe keine Zahlungsvereinbarung. Auf dem Beitragskonto der W. SteuerberatungsgesmbH & Co KEG, deren persönlich haftender Gesellschafter die W. SteuerberatungsgmbH sei, hafte ein Beitragsrückstand in der Höhe von EUR 12.890,23 aus. Auch dazu bestehe keine Zahlungsvereinbarung. Der Beschwerdeführer vertrete als handelsrechtlicher Geschäftsführer die W. SteuerberatungsgmbH. Im Konkursverfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirch hätten insgesamt 19 Gläubiger Forderungen geltend gemacht.

Gemäß § 10 Z. 1 WTBG seien bei Personen, über deren Vermögen der Konkurs anhängig oder innerhalb der letzten zehn Jahre rechtskräftig eröffnet worden sei, keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse gegeben, sofern nicht der Konkurs nach einem Zwangsausgleich aufgehoben worden sei. Der Ansicht des Beschwerdeführers, wonach das Abschöpfungsverfahren einem Zwangsausgleich gleichzuhalten wäre, könne nicht beigepflichtet werden. Das Abschöpfungsverfahren stelle vielmehr ein "Auffangnetz" für die Fälle dar, in denen ein Zwangsausgleich oder ein Zahlungsplan nicht zustande gekommen sei. Auf Grund des klaren Wortlautes des § 10 Z. 1 WTBG lägen beim Beschwerdeführer keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Die Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater sei daher gemäß § 104 Abs. 1 Z. 1 iVm § 8 Abs. 1 Z. 3 WTBG zu widerrufen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass durch das Abschöpfungsverfahren das Konkursverfahren abgeschlossen und eine anteilige Befriedigung der Gläubiger gewährleistet werde. Nach sieben Jahren werde er als redlicher Schuldner die "Restschuldbefreiung" erhalten. Die durch das Abschöpfungsverfahren getroffene Regelung zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Gläubigern sei sohin einem Zwangsausgleich gleichzuhalten. Auf Grund der somit vorliegenden geordneten Verhältnisse sei ein Widerruf der Berufsberechtigung nicht gerechtfertigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 104 Abs. 1 WTBG hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder eine durch öffentliche Bestellung erteilte Berechtigung zur selbständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufes zu widerrufen, wenn (Z. 1) eine der allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung nicht mehr gegeben ist. Die allgemeinen Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung sind in § 8 Abs. 1 leg. cit. geregelt; dazu zählen (Z. 3) "geordnete wirtschaftliche Verhältnisse". Dazu normiert § 10 leg. cit., dass geordnete wirtschaftliche Verhältnisse dann nicht vorliegen, wenn (Z. 1) über das Vermögen des Berufswerbers der Konkurs anhängig ist, oder innerhalb der letzten zehn Jahre rechtskräftig eröffnet worden ist, sofern nicht der Konkurs nach einem Zwangsausgleich aufgehoben worden ist.

Unstrittig steht fest, dass am 20. Juni 2005 über das Vermögen des Beschwerdeführers rechtskräftig das Schuldenregulierungsverfahren eingeleitet worden ist. Dabei handelt es sich um eine Sonderform des Konkursverfahrens für natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben (siehe §§ 181 und 182 Konkursordnung (KO(). Da somit innerhalb der letzten zehn Jahre rechtskräftig der Konkurs eröffnet worden ist, würden "geordnete wirtschaftliche Verhältnisse" des Beschwerdeführers gemäß § 10 Z. 1 WTBG nur vorliegen, wenn "der Konkurs nach einem Zwangsausgleich aufgehoben worden ist".

Unstrittig wurde ein vom Beschwerdeführer angebotener Zahlungsplan von den Gläubigern nicht angenommen und daher auf Antrag des Beschwerdeführers das Abschöpfungsverfahren eingeleitet.

Vorliegend ist daher die Frage zu beantworten, ob bei dieser Situation ebenso "geordnete wirtschaftliche Verhältnisse" wie bei der Aufhebung des Konkurses nach einem Zwangsausgleich gegeben sind.

Gemäß § 193 Abs. 1 KO kann der Schuldner im Lauf des Konkursverfahrens den Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans stellen. Soweit nichts anderes angeordnet ist, gelten hiefür die Bestimmungen über den Zwangsausgleich. Ebenso wie ein Zwangsausgleichsantrag bedarf der Zahlungsplan der Annahme durch die (qualifizierte) Mehrheit der Konkursgläubiger (siehe § 193 Abs. 1 iVm § 147 KO). Wird der Zahlungsplan angenommen und gerichtlich bestätigt, so wird bereits damit der Gemeinschuldner - ebenso wie bei der Bestätigung des Zwangsausgleichs - von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen (siehe § 193 Abs. 1 iVm § 156 Abs. 1 KO).

Bei Bestätigung eines Zwangsausgleichs oder Annahme eines Zahlungsplanes liegen daher insofern "geordnete wirtschaftliche Verhältnisse" vor, als nur mehr eine bestimmte Quote der Schulden offen ist, hinsichtlich der ein von der Mehrheit der Gläubiger akzeptiertes Zahlungsziel besteht.

Die Durchführung eines Abschöpfungsverfahrens setzt gemäß § 200 Abs. 1 KO voraus, dass einem zulässigen Zahlungsplan die Bestätigung versagt worden ist. Dieser Tatbestand ist auch erfüllt, wenn der Zahlungsplan von den Gläubigern nicht angenommen worden ist (vgl. die bei Mohr, KO10 E 1 zu § 200 wiedergegebene Judikatur des Obersten Gerichtshofes). Das Verfahren wird über Antrag des Schuldners (§ 199 Abs. 1 KO) durch Gerichtsbeschluss (§ 200 Abs. 2 bis 4) eingeleitet. Eine Zustimmung der Konkursgläubiger ist dazu nicht erforderlich (vgl. die bei Mohr, a. a.O., Anm. 5 zu § 200 zitierten Gesetzesmaterialien). Die Befreiung des Schuldners von der Verbindlichkeit zum Ersatz des Ausfalls der Gläubiger tritt nicht bereits mit der Einleitung des Abschöpfungsverfahrens ex lege ein, sondern erst durch einen bei erfolgreicher Beendigung des Abschöpfungsverfahrens - in der Regel sieben Jahre nach dessen Einleitung (vgl § 199 Abs. 2 KO) - zu fassenden Gerichtsbeschluss gemäß § 213 KO.

Bei dieser Situation kann vor Erlassung des zuletzt genannten Gerichtsbeschlusses vom Vorliegen "geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse" im dargestellten Sinn nicht gesprochen werden.

Dem Tatbestand des § 10 Z. 1 zweiter Halbsatz WTBG, dass der Konkurs nach einem Zwangsausgleich aufgehoben worden ist, kann daher im Schuldenregulierungsverfahren die Annahme eines Zahlungsplanes gleichgesetzt werden, nicht jedoch die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens nach Scheitern eines Zahlungsplanes.

Auf Grund des am 20. Juni 2005 eröffneten Schuldenregulierungsverfahrens liegen daher beim Beschwerdeführer gemäß § 10 Z. 1 erster Halbsatz WTBG keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Der auf § 104 Abs. 1 Z. 1 iVm § 8 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. gestützte Widerruf der Berechtigung zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater begegnet daher keinen Bedenken.

Da somit bereit der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Jänner 2007

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006040134.X00

Im RIS seit

16.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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