TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/24 2005/13/0024

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Veröffentlicht am 24.01.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §196 Abs4;
BAO §78 Abs2 litb;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
KommStG 1993 §10 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil LL.M., über die Beschwerde der Stadtgemeinde Salzburg, vertreten durch den Bürgermeister Dr. H, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 5. Jänner 2005, GZ. RV/2499-W/02, betreffend Zerlegung und Zuteilung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage für 1994 und 1995 (mitbeteiligte Partei: V AG in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Die Gemeinden Brandberg, Finkenberg, Gerlos und Tux brachten im April 1995 beim FA Salzburg-Stadt Anträge "gem. § 10 (4) KommStG ab 01.01.1994" hinsichtlich der Tauernkraftwerke AG (im Folgenden: T-AG) ein. Das Unternehmen habe den Gemeinden Unterlagen zur Verfügung gestellt, aus denen sich ergebe, dass die derzeitige Aufteilung der Kommunalsteuer auf Basis der Lohnsummen zu einem überaus unbilligen Ergebnis führe. Insbesondere begünstige dieser Aufteilungsschlüssel die Stadtgemeinde Salzburg, in deren Gebiet sich die personalintensive Unternehmensleitung befinde, während die eigentlichen Belastungen durch das Unternehmen die "Kraftwerksgemeinden" träfen.

Auf Grund dieser Anträge erließ das Finanzamt für Körperschaften, an das die Anträge weitergeleitet worden waren, am 12. Dezember 1996 Bescheide über die Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der von der T-AG unterhaltenen mehrgemeindlichen Betriebsstätte für die Jahre 1994 und 1995. Der Bescheid erging an die steuerpflichtige AG sowie an 21 beteiligte Gemeinden.

Mit Berufungsentscheidung vom 27. Dezember 1999 wurden die Zerlegungsbescheide vom 12. Dezember 1996 infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes für Körperschaften aufgehoben.

Die sodann vom Finanzamt Salzburg-Stadt erlassenen Zerlegungsbescheide wurden neuerlich wegen Unzuständigkeit auch dieses Finanzamtes mittels Berufungsvorentscheidung vom 24. Oktober 2000 aufgehoben.

In der Folge erließ das Finanzamt für den 23. Bezirk in Wien Bescheide über die Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlagen der T-AG für die Jahre 1994 und 1995. Die mit 8. Jänner 2001 datierten Bescheide ergingen an die Gemeinden Kaprun und Salzburg (die nunmehrige Beschwerdeführerin) sowie an die mitbeteiligte Partei als Rechtsnachfolgerin der T-AG. In der korrigierten Fassung dieser Bescheide sprach das Finanzamt aus, dass die erklärten Bemessungsgrundlagen zu 26,61% (1994) bzw. 26,16% (1995) auf die Gemeinde Kaprun und zu 19,33% (1994) bzw. 19,78% (1995) auf die Stadtgemeinde Salzburg entfielen. Begründend wurde ausgeführt, der Unternehmensbereich der ehemaligen T-AG erstrecke sich über insgesamt 19 Gemeinden. Im Juni 1998 stattgefundene Betriebsbesichtigungen hätten ergeben, dass die technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Belange von der in Salzburg gelegenen Unternehmenszentrale aus gesteuert würden. Die Kraftwerksgruppen für sich alleine könnten nicht als "eigenständige mehrgemeindliche Betriebsstätten" angesehen werden, weil sie durch gemeindeübergreifende Stollen und Bachein- und - überleitungen miteinander verbunden seien. Weitere Kraftwerke seien aus näher dargestellten Gründen hingegen nicht der mehrgemeindlichen Betriebsstätte zuordenbar. Bei der Zerlegung der Bemessungsgrundlage seien die Faktoren Lohnsumme, Anlagewerte und Regelarbeitsvermögen berücksichtigt und zu jeweils 50%, 20% und 30% gewichtet worden.

Gegen diese Bescheide erhoben die Gemeinden Kaprun und Salzburg Berufung. Die Stadtgemeinde Salzburg erachtete die Bescheide u.a. deshalb als rechtswidrig, weil die in ihrem Gemeindegebiet gelegene Betriebsstätte der T-AG als Teil einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte angesehen worden sei. Weiters wurde auf das Ergebnis einer Abgabenprüfung hingewiesen, wonach die T-AG an sechs weitere nicht im Zerlegungsverfahren berücksichtigte Gemeinden Kommunalsteuer entrichtet habe. Bei der seinerzeitigen Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages sei stets von selbständigen Betriebsstätten ausgegangen worden, zudem sei auch die in Wien bestehende Verwaltung der T-AG, welche mit der in Salzburg gelegenen Verwaltung vergleichbar sei, als selbständige Betriebsstätte eingestuft worden. Geänderte Verhältnisse gegenüber dem Jahr 1993 lägen nicht vor. Darüber hinaus sei es unterlassen worden, die angestellten Ermittlungen gemeindeweise darzustellen und bezugnehmend auf diese Ermittlungen zu erläutern, weshalb die im Einzelnen zitierten Gemeinden zu jenen gezählt worden seien, in denen die T-AG eine mehrgemeindliche Betriebsstätte unterhalte. Die Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, weil das Finanzamt nicht die Kommunalsteuerbemessungsgrundlagen, sondern die Kommunalsteuer zerlegt habe. Dieses Recht komme gemäß § 10 Abs. 6 und § 11 Abs. 3 KommStG 1993 ausschließlich den Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich zu. Weiters wurde eingewendet, dass die Bescheide weder die antragstellenden Gemeinden nennen würden, noch jene berechtigten Interessen an der Zerlegung, die diese Gemeinde dargetan hätten. Davon abgesehen stelle der seinerzeit für die Gewerbesteuerzerlegung vereinbarte Zerlegungsmaßstab aus näher dargestellten Gründen keine taugliche Grundlage für die Zerlegung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage dar. Schließlich sei es auch als Mangel der bekämpften Zerlegungsbescheide anzusehen, dass darin nicht begründet werde, auf Grund welcher Ermittlungen und rechtlichen Erwägungen einzelne Gemeinden vom Zerlegungsverfahren ausgeklammert blieben, andere Gemeinde hingegen einbezogen würden.

Das Finanzamt wies die Berufungen der beiden Gemeinden mit Berufungsvorentscheidungen vom 19. April 2001 als unbegründet ab, wobei eine Abänderung gegenüber den bisherigen Bescheiden insoweit erfolgte, als einer Gemeinde erstmals ein Anteil an der Bemessungsgrundlage zugewiesen wurde und drei andere Gemeinden aus näher dargelegten Gründen nicht mehr in das Zerlegungsverfahren einbezogen wurden.

In ihren Anträgen auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wiederholten die Gemeinden Kaprun und Salzburg im Wesentlichen ihre bisherigen Einwände.

Mit dem an die beschwerdeführende Stadtgemeinde gerichteten angefochtenen Bescheid wurden die Zerlegungsbescheide des Finanzamtes abgeändert. Der Anteil der Beschwerdeführerin an der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage der T-AG betrage im Jahr 1994 6,148.481,56 EUR und im Jahr 1995 5,976.537,30 EUR (jeweils 18,98% der Gesamtlohnsumme). Der Anteil der Gemeinde Kaprun betrage im Jahr 1994 8,529.479,41 EUR und im Jahr 1995 8,183.888,54 EUR (26,33% der Gesamtlohnsumme des Jahres 1994 bzw. 25,99% der Gesamtlohnsumme des Jahres 1995). Nach den in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Rückscheinen erging der angefochtene Bescheid auch an die Gemeinde Kaprun.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, aus welchen Gründen vom Vorliegen einer mehrgemeindlichen - insgesamt 19 Gemeinden umfassenden - Betriebsstätte der ehemaligen T-AG auszugehen sei. Der Antrag auf Durchführung einer Zerlegung gemäß § 10 Abs. 4 KommStG 1993 sei von den Gemeinden Brandberg, Finkenberg, Gerlos und Tux gestellt und damit begründet worden, dass der derzeit vom Unternehmen angewandte Zerlegungsmodus nach Lohnsummen zu einem für die Gemeinden unbilligen Ergebnis führe. Damit sei ein berechtigtes Interesse der Gemeinden an der Zerlegung dargetan worden. Beim Ansatz der einzelnen Zerlegungskriterien seien in Abweichung von den Finanzamtsbescheiden auch jene Gemeindelasten zu berücksichtigen, die mit dem Wohnen der Dienstnehmer in einer Gemeinde zusammenhingen. Gleichermaßen sei das Tätigwerden der Dienstnehmer in den einzelnen Gemeinden zu berücksichtigen. Das dabei gewählte prozentuelle Ausmaß von jeweils 30% berücksichtige beide Faktoren im gleichen Ausmaß und führe zu einer Gesamtberücksichtigung des Faktors "Dienstnehmer" im Ausmaß von 60%. Der für das Zerlegungskriterium "Anlagewerte" gewählte Ansatz von 20% bewege sich in einem Bereich, der von Lehre und Judikatur regelmäßig als für dieses Kriterium angemessen beurteilt worden sei. Der Zerlegungsfaktor "Regelarbeitsvermögen" sei zu berücksichtigen, weil Kraftwerksanlagen erhebliche Einschnitte in die Landschaft bedeuteten, welche geeignet seien, den Fremdenverkehr erkennbar zu beeinträchtigen. Von einer Berücksichtigung des Faktors "Flächenverhältnisse", wie von der Gemeinde Kaprun beantragt, sei abzusehen, weil mit dem hohen Grundstücksanteil der Gemeinde Kaprun keine besonderen Gemeindelasten verbunden seien. Zudem würden die Grundstücksflächen im Rahmen der mehrgemeindlichen Betriebsstätte mit stark unterschiedlicher Intensität genutzt und hätten weder das Unternehmen noch die Gemeinde Kaprun mitteilen können, welche Grundstücksflächen auf die beteiligten Gemeinden entfielen.

Durch den angefochtenen Bescheid erachtet sich die beschwerdeführende Stadtgemeinde insoweit in Rechten verletzt, als die in ihrem Gemeindegebiet gelegene Geschäftsleitung der ehemaligen T-AG als Teil einer mehrgemeindlichen "Großbetriebsstätte" qualifiziert wurde. Auf Grund der Einbeziehung der auf die Zentrale entfallenden Arbeitslöhne in die Aufteilung der Bemessungsgrundlage entstehe der Beschwerdeführerin ein jährlicher Steuerausfall von zumindest 180.000 EUR. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu erheben. Auf Grund des "bisher festgestellten Sachverhaltes" könne nicht vom Vorliegen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte unter Einbeziehung der in Salzburg gelegenen Zentrale ausgegangen werden. Vielmehr sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die in Salzburg gelegene Zentrale nicht in das Zerlegungsverfahren hätte eingebunden werden dürfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführerin, wiewohl ihr Beschwerdebegehren darauf gerichtet ist, nicht als beteiligte Gemeinde behandelt zu werden und somit keinen Anteil an der Bemessungsgrundlage zu erhalten, durch den angefochtenen Bescheid insoweit in Rechten verletzt sein kann, als die Zerlegung mit der rechtskraftfähigen Festsetzung der Bemessungsgrundlage verbunden ist und somit auch die Feststellung enthält, dass von der Beschwerdeführerin zur Gänze beanspruchte Arbeitslöhne anteilig auf andere Gemeinden zu verteilen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2001, 2000/13/0001, 0002, Slg. Nr. 7.585/F).

Den Steuergegenstand der Kommunalsteuer bilden nach § 1 KommStG 1993 die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalenderjahr an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte gewährt worden sind.

Erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden (mehrgemeindliche Betriebsstätte), ist die Bemessungsgrundlage gemäß § 10 Abs. 1 leg.cit. vom Unternehmer auf die beteiligten Gemeinden zu zerlegen. Dabei sind die örtlichen Verhältnisse und die durch das Vorhandensein der Betriebsstätte erwachsenden Gemeindelasten zu berücksichtigen.

Einigen sich die Gemeinden mit dem Steuerschuldner über die Zerlegung, ist die Kommunalsteuer nach Maßgabe der Einigung zu erheben (§ 10 Abs. 3 leg.cit.).

Gemäß § 10 Abs. 4 KommStG 1993 hat das Finanzamt auf Antrag einer beteiligten Gemeinde die Zerlegung mit Zerlegungsbescheid durchzuführen, wenn ein berechtigtes Interesse an der Zerlegung dargetan wird. § 196 Abs. 2 bis Abs. 4 und § 297 Abs. 2 erster Satz der Bundesabgabenordnung sind sinngemäß anzuwenden.

Nach Abs. 4 des § 196 der Bundesabgabenordnung hat der Zerlegungsbescheid an den Abgabepflichtigen und an die beteiligten Körperschaften (§ 78 Abs. 2 lit. b) zu ergehen.

"Beteiligt" sind die Gemeinden, in denen sich Teile einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte befinden (vgl. Taucher, Kommunalsteuer, Tz. 5 zu § 10) oder befinden sollen.

Sowohl das Finanzamt für den 23. Bezirk als auch die belangte Behörde sind in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon ausgegangen, dass sich die mehrgemeindliche Betriebsstätte der T-AG auf eine Vielzahl in der Bescheidbegründung im Einzelnen angeführter Gemeinden und insbesondere auch auf jene Gemeinden erstreckt, die den Antrag gemäß § 10 Abs. 4 KommStG 1993 gestellt haben. Anders als die später wegen Unzuständigkeit des Finanzamtes für Körperschaften aufgehobenen Zerlegungsbescheide vom 12. Dezember 1996 sind die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Zerlegungsbescheide vom 8. Jänner 2001 dennoch ausschließlich an den Abgabenpflichtigen und die beschwerdeführende Stadtgemeinde sowie an die Gemeinde Kaprun ergangen.

Damit lag bereits kein der Rechtslage entsprechender Zerlegungsbescheid im Sinne des § 10 Abs. 4 KommStG 1993 vor, sodass ihn die belangte Behörde schon deshalb hätte beheben müssen und es dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde - wie die Beschwerdeführerin vorbringt - nicht ohne weitere ergänzende Erhebungen vom Vorliegen einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte unter Einschluss der in Salzburg gelegenen Unternehmenszentrale hätte ausgehen dürfen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Im fortzusetzenden Verfahren wird zu beachten sein, dass auch eine Berufungsentscheidung betreffend die Zerlegung der kommunalsteuerlichen Bemessungsgrundlage - unabhängig von der Frage, welche Gemeinden Berufung erhoben haben - gemäß § 196 Abs. 4 BAO an den Steuerschuldner und alle beteiligten Gemeinden zu ergehen hat.

Wien, am 24. Jänner 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005130024.X00

Im RIS seit

23.02.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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