Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. B*****gesellschaft mbH, 2. Franz N*****, beide vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz (Streitwert im Provisorialverfahren 650.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. Jänner 2001, GZ 2 R 252/00v-12, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten wird gemäß Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Text
Begründung:
Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die Rechtsprechung zur Frage, welches Verhalten beim Inverkehrbringen eines Verzehrprodukts als Arzneimittel untersagt werden könne, uneinheitlich sei. Während der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 311/98h (ern 1999, 229 [Hütthaler-Brandauer]) das Inverkehrbringen in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben untersagt und das Begehren, das Inverkehrbringen schlechthin zu untersagen, abgewiesen habe, werde in anderen Entscheidungen (4 Ob 211/99d, 4 Ob 212/99a, 4 Ob 20/00w) die Auffassung vertreten, dass die Wirkungsankündigungen allein nicht untersagt werden könnten, weil es dem Beklagten freistehe, ein Produkt als Arzneimittel oder als Verzehrprodukt in Verkehr zu bringen.
Der behauptete Widerspruch liegt in Wahrheit nicht vor:
Rechtliche Beurteilung
Mit der Entscheidung 4 Ob 311/98h hat der Oberste Gerichtshof das Inverkehrbringen und Bewerben von "Knoblauch nur 1 Dragee täglich" ... in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben ... verboten. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass das Inverkehrbringen in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben, nicht aber das Inverkehrbringen schlechthin zu untersagen sei, weil die Beklagte das Produkt als Verzehrprodukt angemeldet habe und der Inhalt der Verkaufsverpackung der Annahme eines Verzehrprodukts nicht entgegenstehe. Auch die zu 4 Ob 211/99d und 4 Ob 212/99a ergangenen Zurückweisungsbeschlüsse wurden darauf gestützt, dass dem Beklagten nicht - wie vom Kläger in diesen Verfahren begehrt - gesundheitsbezogene Angaben, sondern nur das Inverkehrbringen des Produkts (in beiden Fällen: Teebaumöl-Kapseln) in Verbindung mit gesundheitsbezogenen Angaben untersagt werden könne. Die Hinweise auf arzneiliche Wirkungen könnten nicht verboten werden, weil es dem Hersteller freistehe, ob er sein Produkt als Arzneimittel oder als Verzehrprodukt in Verkehr bringt.
Die Entscheidung 4 Ob 20/00w betrifft das Produkt "Kräuterdestillat Ginkgo biloba", das der beklagte Hersteller über Drogeriemärkte vertrieben hatte. Dem Hersteller wurde verboten, das Kräuterdestillat "Ginkgo biloba" oder ähnliche Tropfen, die dazu bestimmt sind, als Arzneimittel verwendet zu werden und/oder rezeptpflichtige Bestandteile enthalten, abzugeben, wenn für diese Tropfen keine Zulassung als Arzneimittel vorliegt. Begründet wurde das Verbot einerseits damit, dass der Hersteller in einer Informationsbroschüre arzneiliche Wirkungen des Produkts behaupte und es damit als Arzneimittel in Verkehr bringe, andererseits wurde das Verbot darauf gestützt, dass der Hersteller auch gegen die Rezeptpflichtverordnung verstoße, in deren Anlage 3 (Pflanzen und Pflanzenteile) Ginkgo biloba als rezeptpflichtig ausgewiesen werde.
In all diesen Entscheidungen wurde demnach darauf abgestellt, ob der Beklagte das Produkt mit arzneilichen Angaben in den Verkehr bringt und/oder ob das Produkt auch davon unabhängig als Arzneimittel zu werten ist. In keinem Fall - auch nicht in dem der Entscheidung 4 Ob 311/98h zugrundeliegenden Fall - wurden dem Beklagten nur die Angaben über arzneiliche Wirkungen verboten; das Verbot richtete sich immer gegen das Inverkehrbringen in Verbindung mit Angaben über arzneiliche Wirkungen und damit gegen das Inverkehrbringen als Arzneimittel. Ein derartiges Unterlassungsgebot lässt das Inverkehrbringen als Verzehrprodukt unberührt.
Ein weitergehendes Verbot, das - wie im vorliegenden Fall - auch das Inverkehrbringen als Verzehrprodukt erfasst, kann nur erlassen werden, wenn der Beklagte mit dem Inverkehrbringen des Produkts auch unabhängig davon, ob er arzneiliche Wirkungen behauptet, gegen das Gesetz verstößt. Das trifft im vorliegenden Fall zu: Das von der Beklagten vertriebene Produkt enthält Ginkgo biloba und damit ein in der Anlage zur Rezeptpflichtverordnung angeführtes Arzneimittel. Derartige Arzneimittel und deren Zubereitung dürfen gemäß § 1 Abs 1 Rezeptpflichtgesetz in Apotheken nur auf Grund ärztlicher Verschreibung abgegeben werden. Als Betreiberin von Drogeriemärkten wäre die Beklagte daher auch dann nicht berechtigt, das Produkt zu vertreiben, wenn keine arzneilichen Wirkungen behauptet würden.Ein weitergehendes Verbot, das - wie im vorliegenden Fall - auch das Inverkehrbringen als Verzehrprodukt erfasst, kann nur erlassen werden, wenn der Beklagte mit dem Inverkehrbringen des Produkts auch unabhängig davon, ob er arzneiliche Wirkungen behauptet, gegen das Gesetz verstößt. Das trifft im vorliegenden Fall zu: Das von der Beklagten vertriebene Produkt enthält Ginkgo biloba und damit ein in der Anlage zur Rezeptpflichtverordnung angeführtes Arzneimittel. Derartige Arzneimittel und deren Zubereitung dürfen gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Rezeptpflichtgesetz in Apotheken nur auf Grund ärztlicher Verschreibung abgegeben werden. Als Betreiberin von Drogeriemärkten wäre die Beklagte daher auch dann nicht berechtigt, das Produkt zu vertreiben, wenn keine arzneilichen Wirkungen behauptet würden.
Die Entscheidung 4 Ob 5/00i steht dieser Auffassung nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurde den beklagten Herstellern verboten, das Inverkehrbringen des Produkts "Kräuterdestillat Ginkgo biloba" im Inland als Arzneimittel zu unterlassen, solange er nicht über eine Zulassung nach § 11 Abs 1 AMG verfügt; das Mehrbegehren, das Inverkehrbringen von "Ginkgo" bis zur Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz schlechthin zu verbieten, wurde abgewiesen, weil sich die Klägerin im gesamten Rechtsmittelverfahren nicht mehr darauf berufen hatte, dass das Produkt der Beklagten aus dem Stoff einer in der Anlage zur RezeptpflichtVO eingeführten Pflanze gewonnen werde und damit auch nach einer objektiven Zweckbestimmung Arzneimittel sei (S 5/6 der Entscheidung).Die Entscheidung 4 Ob 5/00i steht dieser Auffassung nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall wurde den beklagten Herstellern verboten, das Inverkehrbringen des Produkts "Kräuterdestillat Ginkgo biloba" im Inland als Arzneimittel zu unterlassen, solange er nicht über eine Zulassung nach Paragraph 11, Absatz eins, AMG verfügt; das Mehrbegehren, das Inverkehrbringen von "Ginkgo" bis zur Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz schlechthin zu verbieten, wurde abgewiesen, weil sich die Klägerin im gesamten Rechtsmittelverfahren nicht mehr darauf berufen hatte, dass das Produkt der Beklagten aus dem Stoff einer in der Anlage zur RezeptpflichtVO eingeführten Pflanze gewonnen werde und damit auch nach einer objektiven Zweckbestimmung Arzneimittel sei (S 5/6 der Entscheidung).
Anmerkung
E61485 04A00511European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00051.01F.0322.000Dokumentnummer
JJT_20010322_OGH0002_0040OB00051_01F0000_000