TE OGH 2001/3/27 1Ob65/01t

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Veröffentlicht am 27.03.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinde R*****, vertreten durch Dr. Friedrich Hohenauer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 171.487,40 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Dezember 2000, GZ 14 R 154/00w-13, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 5. Mai 2000, GZ 31 Cg 1/00w-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 7.612,50 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrte den Ersatz eines ihr in einem Zivilrechtsstreit auf Grund einer unvertretbar rechtswidrigen Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck entstandenen Kostenschadens von S 171.487,40.

Die beklagte Partei wendete ein, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck richtig sei, zumindest aber auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte das Vorliegen eines adäquat ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem unrichtigen Rat eines Mitarbeiters der im Anlassverfahren beklagten Partei und dem eingetretenen Schaden; vielmehr seien Handlungen einer dritten Person hinzugetreten, mit denen nach der Lebenserfahrung nicht habe gerechnet werden müssen. Die "geradezu abwegige" Vorgangsweise der dritten Person habe so bestimmend in den Verlauf der Kausalkette eingegriffen, dass nicht mehr von einem juristisch-adäquaten Kausalzusammenhang gesprochen werden könne. Demnach sei die Entscheidung des Oberlandesgerichts Innsbruck im Anlassverfahren nicht unvertretbar.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Wenngleich der von einem Mitarbeiter der im Anlassverfahren beklagten Partei erteilte Ratschlag nicht sachgerecht gewesen sei, habe sich dieser nicht als schadensverursachend herausgestellt. Schadensursache sei lediglich die Vorgangsweise einer anderen Person gewesen, mit der - weil absurd - nicht zu rechnen gewesen sei. Die im Anlassverfahren beklagte Partei habe demnach keine Gefahrenlage geschaffen; diese sei vielmehr erst von einer dritten Person herbeigeführt worden, deren schadensverursachendes Verhalten die im Anlassverfahren beklagte Partei nicht zu verantworten habe.

Die Revision der klagenden Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die auch im Anlassverfahren klagende Partei hatte einen Unternehmer mit der Reparatur und Umänderung einer Ölanschlussleitung beauftragt; der Auftragnehmer zog einen Servicetechniker der im Anlassverfahren beklagten Partei zur Beratung darüber, wie die Reparaturen vorzunehmen seien, bei. Unter anderem empfahl dieser der im Anlassverfahren beklagten Partei das Anbringen von Kugelhähnen. Der Auftragnehmer hielt sich an die Vorgaben des Servicetechnikers der im Anlassverfahren beklagten Partei, dessen Angaben aus technischer Sicht "absolut unvertretbar" waren. Die von der im Anlassverfahren beklagten Partei angeregte Durchführung der Reparatur führte aber nur deshalb zu einem Ölaustritt und damit zu dem der klagenden Partei entstandenen Schaden, weil die neu installierte Rücklaufleitung irrtümlich an die nach wie vor verlegt gebliebene alte Rücklaufleitung angeschlossen und diese vom Auftragnehmer im Bereich des Domschachts abgetrennt wurde, sodass sie offen in den freien Domschacht mündete. Die Verbindung der alten unverschlossenen Rücklaufleitung über einen Kugelhahn zu einem neuen System war eine durch nichts zu rechtfertigende Fehlinstallation des Auftragnehmers; die alte Leitung wäre abzustopseln oder zu demontieren gewesen. Der Installationsfehler war so abwegig, dass er selbst bei Druckproben nicht festgestellt werden konnte. Das Abtrennen der verbliebenen alten Rücklaufleitung war vom Servicetechniker der im Anlassverfahren beklagten Partei nicht vorgegeben worden. Der Einbau des Kugelventils war technisch zwar nicht vertretbar, diese Vorgangsweise hätte aber bei einem geschlossenen System (ohne Abschneiden des alten Rohrs) zu keinem Ölaustritt geführt. Dass der Auftragnehmer die Rücklaufleitung im Domschacht abschneiden und nicht verschließen werde, war geradezu abwegig und vernünftigerweise bei der beim Auftragnehmer vorauszusetzenden Sachkunde nicht zu erwarten.

Ausgehend von diesem Sachverhalt ist der Schlussfolgerung des Oberlandesgerichts Innsbruck im Anlassverfahren, es mangle dem Verhalten der dort beklagten Partei am juristisch-adäquaten Kausalzusammenhang für den Schadenseintritt, beizupflichten.

Durch Handlungen, die auf dem freien Willen Dritter beruhen, wird die Adäquität nicht notwendigerweise ausgeschlossen, sondern es kommt allein darauf an, ob dieses Verhalten der dritten Person nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag. Ein Schaden ist inadäquat, wenn seine Ursache nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung wurde. Es besteht keine Haftung, wenn als weitere Ursache für einen Schaden ein freies menschliches Handeln hinzukam, mit der der Schädiger nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen brauchte (2 Ob 79/98a; 2 Ob 275/97y; JBl 1997, 531; ZVR 1995/73; JBl 1992, 255; JBl 1988, 248; RdW 1987, 227; JBl 1986, 103 uva). Soweit die Vorinstanzen unterstellten, dass die im Anlassverfahren beklagte Partei mit dem Abschneiden der alten Rohrleitung nicht habe rechnen müssen, weil diese Vorgangsweise geradezu absurd gewesen sei, ist die daraus gezogene Schlussfolgerung, die Adäquität der von der im Anlassverfahren beklagten Partei zu vertretenden Handlung sei im Hinblick auf den Schadenseintritt zu verneinen, nicht zu beanstanden; zumindest aber liegt darin keine gravierende Fehlbeurteilung. Die Vorinstanzen haben den durch die Grundsatzrechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eröffneten Spielraum bei der Beurteilung von Adäquitätsfragen nicht überschritten (vgl 1 Ob 102/00g). Damit stellt sich aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO; sämtliche andere Verhaltensweisen von Mitarbeitern der im Anlassverfahren beklagten Partei würden nach dem Vorbringen der klagenden Partei nur dann eine Schadenersatzverpflichtung begründen, wenn man die Adäquität der vom Servicetechniker der im Anlassverfahren beklagten Partei erteilen Ratschläge bejahte.Durch Handlungen, die auf dem freien Willen Dritter beruhen, wird die Adäquität nicht notwendigerweise ausgeschlossen, sondern es kommt allein darauf an, ob dieses Verhalten der dritten Person nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag. Ein Schaden ist inadäquat, wenn seine Ursache nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung wurde. Es besteht keine Haftung, wenn als weitere Ursache für einen Schaden ein freies menschliches Handeln hinzukam, mit der der Schädiger nach der Lebenserfahrung nicht zu rechnen brauchte (2 Ob 79/98a; 2 Ob 275/97y; JBl 1997, 531; ZVR 1995/73; JBl 1992, 255; JBl 1988, 248; RdW 1987, 227; JBl 1986, 103 uva). Soweit die Vorinstanzen unterstellten, dass die im Anlassverfahren beklagte Partei mit dem Abschneiden der alten Rohrleitung nicht habe rechnen müssen, weil diese Vorgangsweise geradezu absurd gewesen sei, ist die daraus gezogene Schlussfolgerung, die Adäquität der von der im Anlassverfahren beklagten Partei zu vertretenden Handlung sei im Hinblick auf den Schadenseintritt zu verneinen, nicht zu beanstanden; zumindest aber liegt darin keine gravierende Fehlbeurteilung. Die Vorinstanzen haben den durch die Grundsatzrechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eröffneten Spielraum bei der Beurteilung von Adäquitätsfragen nicht überschritten vergleiche 1 Ob 102/00g). Damit stellt sich aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO; sämtliche andere Verhaltensweisen von Mitarbeitern der im Anlassverfahren beklagten Partei würden nach dem Vorbringen der klagenden Partei nur dann eine Schadenersatzverpflichtung begründen, wenn man die Adäquität der vom Servicetechniker der im Anlassverfahren beklagten Partei erteilen Ratschläge bejahte.

Es trifft nicht zu, dass der von der im Anlassverfahren beklagten Partei erstattete Rekurs (ON 25 im Anlassverfahren) nur Feststellungen und nicht die rechtliche Beurteilung des dort erkennenden Erstgerichts bekämpft hätte. Die dort beklagte Partei hat die rechtliche Beurteilung angefochten und ausgeführt, die Interpretation eines schuldhaften Verhaltens ihres Servicetechnikers sei weder nachvollziehbar noch verständlich. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass dieser in die Verlegung der Rohrleitungsbereiche überhaupt eingegriffen oder die fehlerhafte Leitungsinstallation erkannt hätte. Durch die Erklärungen des Servicetechnikers sei keinesfalls eine Mithaftung am Zustandekommen des Gesamtschadens eingetreten. Angesichts dieser Ausführungen im Rekurs musste das Oberlandesgericht Innsbruck die rechtliche Beurteilung auch dahin überprüfen, ob die Handlungsweise der im Anlassverfahren beklagten Partei für den Schadenseintritt adäquat kausal war.

Die klagende Partei hat sohin keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung (gemäß § 502 Abs 1 ZPO) aufgezeigt, weshalb die Revision zurückzuweisen ist. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a ZPO nicht gebunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E61250

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00065.01T.0327.000

Im RIS seit

26.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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