Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. Josef M*****, 2. Irene M*****, beide ***** und 3. Waltraud G*****, alle vertreten durch Dr. Heinrich Giglmayr, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. ***** S*****gesellschaft mbH & Co KG, und 2. ***** S*****gesellschaft mbH, beide ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Lamprecht, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, wegen Herstellung des vertraglich vereinbarten Zustands (Streitwert S 150.000) und Unterlassung (Streitwert S 150.000) infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2000, GZ 2 R 121/00b-20, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis vom 4. April 2000, GZ 2 Cg 250/99s-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit S 16.470 (darin S 2.745 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu bezahlen.
Text
Begründung:
In den Jahren 1996 und 1997 errichteten die beklagten Parteien eine aus acht Häusern bestehende Reihenhausanlage. Der Erstkläger und die Zweitklägerin erwarben gemeinsam von der erstbeklagten Partei mit Kaufvertrag vom 29. 5. 1996 eine Liegenschaft samt darauf zu errichtendem (Reihen-)Wohnhaus. Die Drittklägerin kaufte am 15. 5. 1996 eine andere Liegenschaft samt dem noch herzustellenden Wohnobjekt. Weitere sechs Liegenschaften samt Reihenhäusern wurden von Ehegatten bzw Einzelpersonen erworben. Auf einer dieser Liegenschaften sollte eine den acht Reihenhäusern gemeinschaftliche Heizungsanlage ("Blockheizung") errichtet werden, was den Klägern ebenso bekannt war wie der Umstand, dass auf einem Grundstück neben der Reihenhausanlage ein Wohnblock errichtet werden sollte. Tatsächlich wurden die acht Reihenhäuser an die auf einem der Grundstücke hergestellte gemeinschaftliche Heizungsanlage (samt Heizöltank) angeschlossen. Auf dieser Liegenschaft wurde die Dienstbarkeit des Leitungsrechts und der Duldung der Heizungsanlage für die übrigen Liegenschaften mit Reihenhäusern einverleibt und bei den herrschenden Grundstücken jeweils ersichtlich gemacht. In jedem Reihenhaus wurde ein separater Wärmezähler installiert, um so den Heizölverbrauch der einzelnen Objekte feststellen zu können. Anfang September 1997 wurden die Reihenhäuser an die Kläger übergeben. Die Befüllung der Heizanlage erfolgte für die Heizperiode 1997/98 durch die beklagten Parteien, denen die Reihenhauseigentümer einen entsprechenden Auftrag erteilt hatten. In der Hausversammlung vom 10. 6. 1998 wurde den beklagten Parteien auch die Hausverwaltung für die Reihenhausanlage übertragen. Die erste Heizkostenvorschreibung erfolgte 1998 entsprechend dem Verbrauch für das jeweilige Reihenhaus. Im Sommer 1998 schlossen die beklagten Parteien den von ihnen mittlerweile auf einem Nachbargrundstück errichteten Wohnblock 2 (mit 10 Eigentumswohnungen) sowie im Dezember 1999 auch noch den auf einem anderen Grundstück erbauten Wohnblock 1 (mit ebenfalls 10 Eigentumswohnungen) an die Heizungsanlage der Reihenhäuser an. Auf der Liegenschaft, auf der die Heizungsanlage errichtet war, wurde die Dienstbarkeit des Leitungsrechts auch zu Gunsten der beiden Liegenschaften, auf denen sich die Wohnblöcke befinden, einverleibt. In der Hausversammlung vom 17. 5. 1999 fassten die Reihenhauseigentümer zwei - jedoch nicht einstimmige - Beschlüsse. Einer davon hatte zum Inhalt, dass der von der erstbeklagten Partei vorgenommene Anschluss des Wohnblocks 2 an die Heizungsanlage der Reihenhäuser wieder demontiert werden sollte. Diesen Beschluss "unterschrieben" nur 10 der anwesenden Reihenhauseigentümer, ein Ehepaar und ein Einzeleigentümer enthielten sich der Stimme. Der zweite Beschluss, mit dem die mit den beklagten Parteien geschlossene Verwaltungsvereinbarung aufgelöst werden sollte, wurde von 11 Reihenhauseigentümern unterfertigt; ein Ehepaar enthielt sich der Stimme.
Die Kläger begehrten die Abtrennung der ihrer Ansicht nach vereinbarungswidrig an die gemeinschaftliche Heizungsanlage der Kläger angeschlossenen Wohnblöcke 1 und 2 und die Beseitigung der hiezu verlegten Verbindungsrohre binnen einer Frist von zwei Monaten (Punkte 1 und 2 des Urteilsbegehrens); weiters begehrten sie die Unterlassung des "vereinbarungswidrigen" Anschlusses anderer wie immer gearteter Wohn- bzw Betriebsobjekte an die gemeinschaftliche Heizungsanlage der Kläger bzw die Unterlassung ähnlicher Anmaßungs-, Erweiterungs- bzw Störungshandlungen. Allen Reihenhauseigentümern sei vor Abschluss der Kaufverträge ausdrücklich zugesagt worden, dass für die Reihenhausanlage eine gemeinschaftliche Heizungsanlage errichtet werde; andere Häuser oder Wohnblöcke würden nicht an diese Heizung angeschlossen werden. Ohne diese Zusage hätten die Kläger den Kaufvertrag nicht geschlossen. Vereinbarungswidrig seien dennoch die beiden benachbarten Wohnblöcke an die gemeinschaftliche Heizungsanlage der Reihenhäuser angeschlossen worden. Dies bedeute einen gravierenden und unerlaubten Eingriff in das Eigentumsrecht der Kläger. Der Schaden für diese bestehe darin, dass der Heizölverbrauch durch den Anschluss der Wohnblöcke stark erhöht werde; an diesem müssten sie sich zum Teil verbrauchsunabhängig beteiligen. Durch die stärkere Beanspruchung der Heizungsanlage erhöhe sich deren Reparatur- und Verschleißanfälligkeit und werde ihre Lebensdauer vermindert.
Die beklagten Parteien wendeten ein, die Heizungsanlage sei von Anfang an auch für die zwei Wohnblöcke gedacht gewesen, und die Käufer der Reihenhäuser hätten dies auch gewusst. Eine anderslautende Zusage sei nicht erteilt worden. Erstmals im Frühjahr 1999 hätten einige der Reihenhauseigentümer behauptet, die Heizungsanlage stehe in ihrem Eigentum und der Anschluss an die Wohnblöcke sei unerwünscht. Die Reihenhauseigentümer und die Eigentümer der Wohnungen der angrenzenden Wohnblöcke seien ideelle Miteigentümer der Heizungsanlage samt Öltank. Ein darüber hinausgehender Rechtsanspruch der Kläger bestehe nicht. Eine Abtrennung der Heizungsanlage sei nicht möglich, weil dadurch die berechtigten Interessen der Wohnungseigentümer in den beiden Wohnblöcken beeinträchtigt würden. Da die Heizungsanlage auf Grund der größeren Anzahl der zu beheizenden Wohneinheiten kostengünstiger betrieben und erhalten werden könne, seien die Kläger auch nicht geschädigt, zumal die Anzahl der Anschlüsse die Lebensdauer der Anlage nicht verringere. Schließlich könne die Klage auch deshalb nicht erfolgreich sein, weil die Eigentümer der acht Reihenhäuser in Bezug auf die Heizungsanlage eine einheitliche Streitpartei bildeten. Von einem klagsstattgebenden Urteil wären die Rechte Dritter - der anderen Reihenhauseigentümer - betroffen, die mit der Klagsführung nicht einverstanden seien. Ein gemeinschaftlicher Beschluss aller Reihenhauseigentümer im Sinne einer Genehmigung der Klagsführung liege nämlich nicht vor.
Die Kläger replizierten, dass die Klagsführung angesichts des bei der Hausversammlung vom 17. 5. 1999 gefassten Beschlusses rechtmäßig sei und zumindest eine mündliche Zustimmung der anderen Eigentümer der Reihenhäuser nach entsprechender rechtlicher Beratung durch den Klagevertreter vorliege.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Eheleute, auf deren Liegenschaft die Heizungsanlage errichtet worden sei, seien deren Eigentümer. Auf Grund der zu Gunsten der anderen Reihenhauseigentümer einverleibten Grunddienstbarkeiten der Leitung und der Duldung der Heizungsanlage sei eine schlichte Rechtsgemeinschaft nach § 825 ABGB ähnlich der Gemeinschaft von Miteigentümern zustande gekommen. Die Eigentümer der Reihenhäuser seien als einheitliche Streitpartei gemäß § 14 ZPO anzusehen, weil sich die Wirkung eines zu fällenden Urteils auf alle Streitgenossen erstrecke. Im Falle einer Demontage der zu den Wohnblöcken führenden Leitungen nehme man den Reihenhauseigentümern, die nicht mit Klage vorgegangen seien, die Möglichkeit einer eventuellen Heizkostenersparnis. Es drohten unlösbare Verwicklungen, gäbe man dem Begehren einzelner Reihenhauseigentümer statt. Mangels Aktivlegitimation der Kläger sei die Klage abzuweisen und erübrige sich die Beantwortung der Frage, ob der Anschluss der Wohnblöcke 1 und 2 an die Heizungsanlage vereinbarungswidrig stattgefunden habe.
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil auf und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 52.000 übersteige; es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof als zulässig. Den Klägern stehe weder Miteigentum noch ein anderes dingliches Recht an der Heizungsanlage zu. Ihr Recht zum Bezug von Wärme bzw Heizenergie aus der gemeinschaftlichen Heizungsanlage sei bloß obligatorischer Natur; die §§ 825 ff ABGB seien aber analog anzuwenden, weshalb sich im Ergebnis kein Unterschied zu der Konstellation ergebe, dass Miteigentum an der Heizungsanlage begründet worden wäre. Die Heizungsanlage habe anfangs nur der Versorgung der acht Reihenhäuser gedient. Der nachträgliche Anschluss der benachbarten Wohnblöcke stelle sich als wichtige Veränderung dar, die der Zustimmung aller Reihenhauseigentümer bedurft habe. Sollte keine Zustimmung der Kläger zum Anschluss weiterer Objekte an die Heizungsanlage vorliegen, so seien sie unabhängig davon, ob auch die anderen Reihenhauseigentümer eine Beseitigung des Anschlusses der beiden Wohnblöcke und damit die Wiederherstellung und künftige Aufrechterhaltung des früheren Zustands wünschten, zur Klagsführung befugt. Das Erstgericht werde daher die Frage zu klären haben, ob die Kläger entsprechende Zustimmungserklärungen abgegeben hätten bzw ob ihnen von den beklagten Parteien das Unterbleiben des Anschlusses weiterer Objekte zugesagt worden sei. Das von den Klägern erhobene Urteilsbegehren sei jedenfalls in einigen Punkten "adaptierungsbedürftig".
Der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Aufhebungsbeschluss ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Eigentümer der auf acht Liegenschaften errichteten Reihenhäuser stehen zueinander in Ansehung der Heizungsanlage in einer Gemeinschaft, auf die die Bestimmungen der §§ 825 ff ABGB analog anzuwenden sind (SZ 68/164 uva; Gamerith in Rummel ABGB3 Rz 9 zu § 825). Die Rechtsstellung des Teilhabers einer solchen Anlage ist daher mit der eines Miteigentümers vergleichbar. Nach ständiger Rechtsprechung ist jeder Teilhaber befugt, rechtswidrige Eingriffe Dritter in das gemeinschaftliche Recht abzuwehren und sich dazu der zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu bedienen. Wahrung des Gesamtrechts liegt insbesondere vor, wenn wegen eines tatsächlichen Eingriffs in das Recht die Feststellung der Störung, die Beseitigung der Beeinträchtigung, die Wiederherstellung des vorigen Zustands und die Unterlassung künftiger Störungen begehrt wird (MietSlg 47.033; WoBl 1994, 26; MietSlg 39.008; SZ 51/115; EvBl 1974/275 ua; Gamerith aaO Rz 6 zu § 828; Kiendl-Wendner in Schwimann ABGB2 Rz 15 zu § 523).
Die beklagten Parteien übersehen, dass nach dem Klagsvorbringen keine Rechtsbegründung zu Gunsten der Gemeinschaft der Reihenhauseigentümer angestrebt wird, was die Ausübung eines nur allen Teilhabern gemeinsam zustehenden Gestaltungsrechts darstellte und in welchem Fall die Reihenhauseigentümer eine einheitliche Streitpartei bildeten (SZ 69/110; RdW 1995, 344; NZ 1994, 15; SZ 53/2 ua), vielmehr ist die Klage auf Wiederherstellung und Sicherung eines den Klägern und den übrigen Reihenhauseigentümern gemeinsamen Rechts und die Abwehr des behaupteten rechtswidrigen Angriffs dritter Personen auf das gemeinsame Recht gerichtet. Ein solches Klagerecht kann auch vom einzelnen Teilhaber wahrgenommen werden (SZ 60/122; vgl SZ 69/110; SZ 54/43; SZ 53/2; Gamerith aaO; Kiendl-Wendner aaO).Die beklagten Parteien übersehen, dass nach dem Klagsvorbringen keine Rechtsbegründung zu Gunsten der Gemeinschaft der Reihenhauseigentümer angestrebt wird, was die Ausübung eines nur allen Teilhabern gemeinsam zustehenden Gestaltungsrechts darstellte und in welchem Fall die Reihenhauseigentümer eine einheitliche Streitpartei bildeten (SZ 69/110; RdW 1995, 344; NZ 1994, 15; SZ 53/2 ua), vielmehr ist die Klage auf Wiederherstellung und Sicherung eines den Klägern und den übrigen Reihenhauseigentümern gemeinsamen Rechts und die Abwehr des behaupteten rechtswidrigen Angriffs dritter Personen auf das gemeinsame Recht gerichtet. Ein solches Klagerecht kann auch vom einzelnen Teilhaber wahrgenommen werden (SZ 60/122; vergleiche SZ 69/110; SZ 54/43; SZ 53/2; Gamerith aaO; Kiendl-Wendner aaO).
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob die beklagten Parteien im Wege der Verwaltung der Reihenhäuser und damit auch der hiefür errichteten Heizungsanlage eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB herbeigeführt haben, die - wie von den Klägern behauptet - von der Zustimmung der Eigentümer der Reihenhäuser nicht gedeckt sei (vgl WoBl 1999, 350; WoBl 1998, 116; SZ 59/203; MietSlg 33.071; SZ 51/115).Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu klären haben, ob die beklagten Parteien im Wege der Verwaltung der Reihenhäuser und damit auch der hiefür errichteten Heizungsanlage eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB herbeigeführt haben, die - wie von den Klägern behauptet - von der Zustimmung der Eigentümer der Reihenhäuser nicht gedeckt sei vergleiche WoBl 1999, 350; WoBl 1998, 116; SZ 59/203; MietSlg 33.071; SZ 51/115).
Die Legitimation der Kläger zur Klagsführung - und nur dies ist im derzeitigen Verfahrensstadium bedeutsam - ist demnach im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung zu bejahen.
Da zu den in diesem Rechtsgang bedeutsamen Rechtsfragen ausreichende und übereinstimmende Judikatur des Obersten Gerichtshof besteht, steht keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zur Beurteilung an; eine solche wurde von den beklagten Parteien auch nicht aufgezeigt. Ihr Rekurs ist demnach unzulässig und zurückzuweisen. An den gegenteiligen Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 526 Abs 2 ZPO nicht gebunden.
Den Klägern sind die Kosten ihrer Rekursbeantwortung zuzusprechen, weil sie auf die Unzulässigkeit des Rekurses der beklagten Parteien hingewiesen haben.
Textnummer
E61243European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0010OB00005.01V.0327.000Im RIS seit
26.04.2001Zuletzt aktualisiert am
18.02.2011