Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes R***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00 (GZ 2 U 37/00x-13 des Bezirksgerichtes Mattighofen), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2001 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Mann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johannes R***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00 (GZ 2 U 37/00x-13 des Bezirksgerichtes Mattighofen), nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:
Spruch
Der Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00 (GZ 2 U 37/00x-13 des Bezirksgerichtes Mattighofen), verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 481 StPO.Der Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00 (GZ 2 U 37/00x-13 des Bezirksgerichtes Mattighofen), verletzt das Gesetz in der Bestimmung des Paragraph 481, StPO.
Text
Gründe:
In der Strafsache AZ 2 U 37/00x des Bezirksgerichtes Mattighofen beantragte der Bezirksanwalt am 2. Mai 2000 auf Grund eines Verkehrsunfalles die Bestrafung des Johannes R***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB (ON 3). Mit Schreiben seines Verteidigers vom 27. Juni 2000 gab der Beschuldigte bekannt, dass er sein Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles nicht bestreiten und ein umfassendes Geständnis in der Hauptverhandlung ablegen werde (ON 4). Dem Protokoll über die am 4. Juli 2000 durchgeführte Hauptverhandlung ist zu entnehmen, dass sich der Beschuldigte nicht schuldig bekannte und auf seine Angaben vor der Gendarmerie verwies, die er zu seiner Beschuldigtenverantwortung erhob; nach Eröffnung des Beweisverfahrens wurden der wesentliche Akteninhalt, die Anzeige und die Strafregisterauskunft dargetan, jedoch auf eine wörtliche Verlesung verzichtet. Mit Urteil vom 4. Juli 2000, GZ 2 U 37/00x-6, wurde Johannes R***** im Sinne des Strafantrages schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe verhängt. Dagegen erhob der Beschuldigte Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe (S 45, ON 7 und 12). Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2000 brachte Johann R***** einen Protokollberichtigungsantrag ein, mit dem er rügte, dass eine Vernehmung seiner Person in der Hauptverhandlung nicht stattgefunden habe und auch ein Beweisverfahren nicht durchgeführt worden sei. Es habe lediglich der Verteidiger zum Bestrafungsantrag Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass sich der Beschuldigte schuldig bekennen werde. Danach sei sofort - ohne Vernehmung des Beschuldigten und ohne Durchführung eines Beweisverfahrens - das Urteil verkündet worden (ON 8).In der Strafsache AZ 2 U 37/00x des Bezirksgerichtes Mattighofen beantragte der Bezirksanwalt am 2. Mai 2000 auf Grund eines Verkehrsunfalles die Bestrafung des Johannes R***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB (ON 3). Mit Schreiben seines Verteidigers vom 27. Juni 2000 gab der Beschuldigte bekannt, dass er sein Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalles nicht bestreiten und ein umfassendes Geständnis in der Hauptverhandlung ablegen werde (ON 4). Dem Protokoll über die am 4. Juli 2000 durchgeführte Hauptverhandlung ist zu entnehmen, dass sich der Beschuldigte nicht schuldig bekannte und auf seine Angaben vor der Gendarmerie verwies, die er zu seiner Beschuldigtenverantwortung erhob; nach Eröffnung des Beweisverfahrens wurden der wesentliche Akteninhalt, die Anzeige und die Strafregisterauskunft dargetan, jedoch auf eine wörtliche Verlesung verzichtet. Mit Urteil vom 4. Juli 2000, GZ 2 U 37/00x-6, wurde Johannes R***** im Sinne des Strafantrages schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe verhängt. Dagegen erhob der Beschuldigte Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe (S 45, ON 7 und 12). Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2000 brachte Johann R***** einen Protokollberichtigungsantrag ein, mit dem er rügte, dass eine Vernehmung seiner Person in der Hauptverhandlung nicht stattgefunden habe und auch ein Beweisverfahren nicht durchgeführt worden sei. Es habe lediglich der Verteidiger zum Bestrafungsantrag Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass sich der Beschuldigte schuldig bekennen werde. Danach sei sofort - ohne Vernehmung des Beschuldigten und ohne Durchführung eines Beweisverfahrens - das Urteil verkündet worden (ON 8).
Mit Beschluss vom 31. August 2000 (ON 9) wurde der Berichtigungsantrag abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dass der vom Schriftführer im Protokoll festgehaltene Verlauf der Verhandlung auch vollständig der Erinnerung des Richters entspreche. Die dagegen von Johannes R***** erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Beschwerdegericht vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00 (ON 13), zurückgewiesen, da gegen einen derartigen Beschluss nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Rechtsmittel nicht zulässig sei und auch die herrschende Lehre die Entscheidung über einen Berichtigungsantrag uneingeschränkt für unanfechtbar halte.
Mit Urteil vom 13. November 2000, AZ 10 Bl 119/00 (ON 17), hat das Landesgericht Ried im Innkreis als Rechtsmittelgericht der Berufung des Johannes R***** wegen Nichtigkeit nach dessen Vernehmung teilweise (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) Folge gegeben, den erstgerichtlichen Strafausspruch aufgehoben und den Genannten zu einer gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. Seiner weiteren Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld wurde nicht Folge gegeben, mit seiner Berufung wegen Strafe wurde der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.Mit Urteil vom 13. November 2000, AZ 10 Bl 119/00 (ON 17), hat das Landesgericht Ried im Innkreis als Rechtsmittelgericht der Berufung des Johannes R***** wegen Nichtigkeit nach dessen Vernehmung teilweise (Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 11, StPO) Folge gegeben, den erstgerichtlichen Strafausspruch aufgehoben und den Genannten zu einer gemäß Paragraph 43, Absatz eins, StGB bedingt nachgesehenen Geldstrafe verurteilt. Seiner weiteren Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld wurde nicht Folge gegeben, mit seiner Berufung wegen Strafe wurde der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Rechtliche Beurteilung
Der erwähnte Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Beschwerdegericht vom 18. September 2000, AZ 10 Bl 101/00, steht - wie der Generalprokurator in der erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Es trifft zwar zu, dass sowohl Rechtsprechung als auch herrschende Lehre eine Beschwerde gegen Entscheidungen über Protokollberichtigungsanträge für nicht zulässig erachten (vgl 15 Os 59/96 und die dort zitierten Entscheidungen; Mayerhofer StPO4 § 271 E 41 ff; Foregger/Fabrizy StPO8 § 271 Rz 8; Platzgummer Strafverfahren8, 88; Bertel Strafprozessrecht5 Rz 687), doch beziehen sich sämtliche Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die auch die Grundlage für die in den Kommentaren und von der Lehre vertretene Rechtsansicht bilden, nur auf Beschlüsse, die im Verfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz ergangen sind. Im Gerichtshofverfahren ist aber eine Beschwerde immer nur dann zulässig, wenn sie das Gesetz ausdrücklich einräumt (Mayerhofer StPO4 § 481 E 2; JBl 1992, 469). Eine besondere Vorschrift, welche die Beschwerde gegen einen Beschluss über einen Protokollberichtigungsantrag in einem solchen Verfahren zuließe, fehlt in der Strafprozessordnung (insbesondere im § 271), sodass eine Anfechtungsmöglichkeit aus diesem Grund nicht gegeben ist (EvBl 1948/243).Es trifft zwar zu, dass sowohl Rechtsprechung als auch herrschende Lehre eine Beschwerde gegen Entscheidungen über Protokollberichtigungsanträge für nicht zulässig erachten vergleiche 15 Os 59/96 und die dort zitierten Entscheidungen; Mayerhofer StPO4 Paragraph 271, E 41 ff; Foregger/Fabrizy StPO8 Paragraph 271, Rz 8; Platzgummer Strafverfahren8, 88; Bertel Strafprozessrecht5 Rz 687), doch beziehen sich sämtliche Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, die auch die Grundlage für die in den Kommentaren und von der Lehre vertretene Rechtsansicht bilden, nur auf Beschlüsse, die im Verfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz ergangen sind. Im Gerichtshofverfahren ist aber eine Beschwerde immer nur dann zulässig, wenn sie das Gesetz ausdrücklich einräumt (Mayerhofer StPO4 Paragraph 481, E 2; JBl 1992, 469). Eine besondere Vorschrift, welche die Beschwerde gegen einen Beschluss über einen Protokollberichtigungsantrag in einem solchen Verfahren zuließe, fehlt in der Strafprozessordnung (insbesondere im Paragraph 271,), sodass eine Anfechtungsmöglichkeit aus diesem Grund nicht gegeben ist (EvBl 1948/243).
Im Gegensatz hiezu steht aber gegen nicht der Berufung unterliegende bezirksgerichtliche Entscheidungen gemäß § 481 StPO allen am Strafverfahren Beteiligten die Beschwerde zu; allerdings nur sofern sie nicht im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen ist oder bloß eine prozessleitende Verfügung betrifft (JBl 1992, 469; SSt 60/59; Mayerhofer StPO4 § 481 E 2 ff).Im Gegensatz hiezu steht aber gegen nicht der Berufung unterliegende bezirksgerichtliche Entscheidungen gemäß Paragraph 481, StPO allen am Strafverfahren Beteiligten die Beschwerde zu; allerdings nur sofern sie nicht im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen ist oder bloß eine prozessleitende Verfügung betrifft (JBl 1992, 469; SSt 60/59; Mayerhofer StPO4 Paragraph 481, E 2 ff).
Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor: Weder handelt es sich bei der Entscheidung über einen Prokollberichtigungs- oder -ergänzungsantrag um eine prozessleitende Verfügung, noch ist im Gesetz eine Beschwerde gegen einen derartigen Beschluss des Bezirksgerichtes ausdrücklich ausgeschlossen. Die Zurückweisung der Beschwerde des Johannes R***** durch das Landesgericht Ried im Innkreis widerspricht daher der Bestimmung des § 481 StPO (vgl auch Kümmel, Die Ergänzung und Berichtigung des Hv-Protokolls, RZ 1988, 150).Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor: Weder handelt es sich bei der Entscheidung über einen Prokollberichtigungs- oder -ergänzungsantrag um eine prozessleitende Verfügung, noch ist im Gesetz eine Beschwerde gegen einen derartigen Beschluss des Bezirksgerichtes ausdrücklich ausgeschlossen. Die Zurückweisung der Beschwerde des Johannes R***** durch das Landesgericht Ried im Innkreis widerspricht daher der Bestimmung des Paragraph 481, StPO vergleiche auch Kümmel, Die Ergänzung und Berichtigung des Hv-Protokolls, RZ 1988, 150).
Es wird nicht verkannt, dass den Entscheidungsmöglichkeiten des Beschwerdegerichtes mangels eigener Kenntnis vom Gang der Hauptverhandlung enge Grenzen gezogen sind; doch können Mängel des Berichtigungsverfahrens oder auf falscher Rechtsansicht beruhende Ablehnungen einer Protokollberichtigung oder -ergänzung durch das Rechtsmittelgericht durchaus korrigiert werden.
Da der Angeklagte in der Berufungsverhandlung vom 13. November 2000 ausreichend Gelegenheit erhalten hat, seine Verantwortung zur Darstellung zu bringen, und dabei auch sein Alleinverschulden am Zustandekommen des Unfalles zugegeben hat, ist ihm durch die aufgezeigte Gesetzesverletzung ein Nachteil nicht entstanden, zumal das Berufungsgericht das umfassende und schuldeinsichtige Geständnis ausdrücklich als mildernd berücksichtigt hat.
Anmerkung
E6114313d00221Schlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inJus-Extra OGH-St 3055 = ÖJZ-LSK 2001/189 = EvBl 2001/161 S 692 - EvBl2001,692 = AnwBl 2002,565 = SSt 63/129XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0130OS00022.01.0328.000Zuletzt aktualisiert am
06.11.2009