Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde 1.) des Konrad E und 2.) der Margarete E, beide in S, beide vertreten durch Hofbauer, Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte Partnerschaft in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. September 2006, Zl. WA1-W-42301/001-2006, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Marktgemeinde S, die mitbeteiligte Partei, beantragte mit Schriftsatz vom 7. Juni 2005 bei der Bezirkshauptmannschaft M (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Projekt "Abwasseranlage S - Erweiterung Regenwasserkanal N und Sanierung Mischwasserkanal - sowie Erweiterung Wasserversorgungsanlage N". Dabei sollte die bestehende Kanalisation im Ortsteil N großteils in ein Trennsystem umgewandelt werden, und zwar durch Errichtung von Regenwasserkanalsträngen und Umwandlung des bestehenden Mischwassersystems in ein qualifiziertes Mischwassersystem inklusive der bis zum Ortsende notwendigen Verlängerungen. Weiters war eine Erweiterung der bestehenden Wasserleitung in N vorgesehen, um neue Bauparzellen im Bereich näher genannter Grundstücke an die Leitung anschließen zu können.
Die Beschwerdeführer sind Eigentümer u.a. der Parzellen 988/7 und 988/8, die an die L-Straße angrenzen. Nach dem eingereichten Projekt verlaufen sowohl der Mischwasserkanal als auch die Wasserleitung im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführer über deren Grundflächen. Mit der Grundinanspruchnahme (Begründung von Leitungsservituten) hatten sich die Beschwerdeführer ausdrücklich einverstanden erklärt.
Anlässlich der über dieses Vorhaben am 30. Juni 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor der BH erklärten die Beschwerdeführer, ihr Nutz- und Trinkwasser aus einem Hausbrunnen zu beziehen, welcher ungefähr 8-9 m vom künftigen Verlauf des Abwasserbeseitigungsstranges entfernt situiert sei. Die Tiefe des Brunnens betrage ca. 11 m. Der obere Fassungsteil (ungefähr 3 m tief) sei betoniert, der restliche Brunnenstrang sei mit Steinen ausgelegt. Der Brunnen versorge 7 Personen. Ihre Landwirtschaft sei zum Großteil verpachtet, derzeit würden an Kleintieren ungefähr 10 Hühner mitversorgt. Der Wasserstand in diesem Brunnen sei unterschiedlich (zwischen 1,50 m und 2 m) und könne derzeit nicht angegeben werden, sei aber als ausreichend anzusehen; sie litten bis dato nicht unter Wasserknappheit. Vor Baubeginn, während der Bauphase und nach Beendigung der Bauarbeiten seien der Wasserstand und die Qualität des Brunnens bzw. Brunnenwassers durch den Konsenswerber beweiszusichern.
Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung wurde auch - soweit erkennbar (dies lässt sich aus der Verhandlungsschrift nur erschließen) - ein Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen erstattet, welcher gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung aus wasserbautechnischer Sicht keinen Einwand erhob, aber bestimmte Auflagen formulierte, die im Fall der Bewilligung vorzuschreiben wären.
Mit Bescheid vom 11. Juli 2005 erteilte die BH der mitbeteiligten Gemeinde die wasserrechtliche Bewilligung für die Erweiterung der Regenwasserkanalisation und für den Ersatz des bestehenden Mischwasserkanales in der L-Sstraße durch einen PVC-Strang inklusive Verlängerung bis zum Ortsende (Spruchpunkt I) sowie für die Errichtung von Wasserversorgungssträngen in DN 800 mm mit einer Gesamtlänge von 755 lfm (Spruchpunkt 2). Die Bewilligung wurde nach Maßgabe der im Abschnitt A enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B angeführten Auflagen bzw. Bedingungen erteilt.
Die Auflagen 2 und 12 haben folgenden Wortlaut.
"2. Bei Baudurchführung und Betrieb der bewilligten Anlage ist die Standsicherheit von Objekten (Dämme, Hochbauten, Brücken), Verkehrsflächen sowie Böschungen zu gewährleisten. Als Nachweis über die bautechnisch und statisch einwandfreie Ausführung sämtlicher Anlagen (Kanäle, Regenentlastungen, Pumpwerke etc.) ist spätestens im wasserrechtlichen Überprüfungsverfahren eine Bestätigung von einem hiezu befugten Fachmann der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.
12. Brunnen und Quellen, bei welchen durch Baumaßnahmen eine Beeinflussungsmöglichkeit besteht, sind festzustellen. Die erforderlichen Untersuchungen zum Zwecke der Beweissicherung sind durch unbefangene und geeignete Fachleute festlegen und durchführen zu lassen. Bei Beeinflussungen ist der Besitzer des beeinträchtigten Brunnens schadlos zu halten."
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung und brachten vor, sie hätten auf Grund ihrer langjährigen Erfahrungen mit den durch Rutschungen auf ihren Grundstücken verursachten Bauschäden die Befürchtung, dass diese Umstände auch zu Schäden an Einbauten wie Kanalrohren, Schächten etc. und in weiterer Folge zu Verunreinigungen von Wasser etc. führen könnten (im bestehenden Bereich der Kanalanlage in der L-Straße sei dies nach ihrem Informationsstand gegeben und daher auch sanierungsnotwendig). Es sei ihrerseits bei den bislang stattgefundenen Besprechungen einschließlich der mündlichen Wasserrechtsverhandlung mehrmals auf die geologischen Gegebenheiten und die damit verbundene Hangrutschung samt den damit verbundenen Gefahren einschließlich der möglichen Verunreinigung der nahe- und tieferliegenden Hausbrunnen hingewiesen worden. Weder seitens der Behörde noch durch den beauftragten Ziviltechniker der Marktgemeinde sei bislang dieser Umstand berücksichtigt und auch bei der Verhandlung nicht in die Erklärungen eingebracht worden. Durch einen Irrtum von ihrer Seite sei dies ebenfalls nicht in die Erklärungen eingebracht worden. Da bislang kein entsprechendes geologisches Begutachtungsverfahren dieser wasserrechtlichen Bewilligung zu Grunde liege, werde sie beeinsprucht und die Behörde ersucht, diese zu versagen. Ihnen sei der Schutz von jeglichem Wasservorkommen und die Aufrechterhaltung der eigenen unabhängigen Wasserversorgung sehr wichtig, auch dann, wenn diese Brunnen etc. nicht im Wasserbuch verzeichnet seien. Schließlich rügten sie noch den Umstand, dass die Verhandlungsschrift nicht verlesen worden sei.
Die belangte Behörde holte das Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 18. Juli 2006 ein. Dieser beantwortete die an ihn unter Hinweis auf § 32 WRG gerichtete Frage, ob durch die Erweiterung der Regenwasserkanalisation und den Ersatz des Mischwasserkanals der Hausbrunnen der Beschwerdeführer mehr als geringfügig beeinträchtigt werde und welche Vorkehrungen zum Schutz des Wasserrechtes fachlich zu fordern seien, dahin, dass eine Beeinträchtigung des Hausbrunnens der Beschwerdeführer durch das gegenständliche Bauvorhaben nicht ausgeschlossen werden könne. Zum Schutz des damit verbundenen Rechtes sei daher im Bewilligungsbescheid die Auflage 12 vorgeschrieben worden. Im Konkreten sei festgelegt worden, dass bei diesen Brunnen - also auch beim Hausbrunnen der Beschwerdeführer - die erforderlichen Untersuchungen zum Zwecke der Beweissicherung durch unbefangene und geeignete Fachleute festzulegen und durchzuführen seien. Üblicherweise sei damit zumindest eine Beweissicherung hinsichtlich des Wasserdargebotes gemeint, und zwar vor, während und nach der Baudurchführung. Im Einzelfall bzw. wenn der Hausbrunnenbesitzer (wie im vorliegenden Fall) dies ausdrücklich wünsche, sei natürlich auch eine qualitative Beweissicherung durchzuführen. Dies gehe eigentlich alles aus der Auflage 12 bereits hervor.
Um auf die Notwendigkeit einer qualitativen Beweissicherung beim Hausbrunnen der Beschwerdeführer speziell und ausdrücklich hinzuweisen, werde die Vorschreibung folgender zusätzlicher Auflagen vorgeschlagen:
"12a) Beim Hausbrunnen der Familie (Beschwerdeführer) ist jedenfalls auch eine qualitative Beweissicherung mit Probenahmen vor, während und nach der Bauzeit durch unbefangene und geeignete Fachleute durchführen zu lassen. Bei Beeinträchtigungen der Wasserqualität durch die gegenständliche Baumaßnahme ist die Familie (Beschwerdeführer) schadlos zu stellen."
Die an den Amtssachverständigen weiters gerichtete Frage, ob durch die Errichtung von Wasserversorgungssträngen das Wasserrecht der Beschwerdeführer (Hausbrunnen) verletzt würde und welche Vorkehrungen im Hinblick auf § 10 Abs. 2 WRG zum Schutze dieses Wasserrechtes zu treffen seien, beantwortete dieser mit einem Hinweis auf den Inhalt der zur ersten Frage gegebenen Antwort.
Weiters führte der Amtssachverständige zur Frage der Beeinträchtigung des Grundeigentums der Beschwerdeführer aus, diese befürchteten eine Beeinträchtigung durch eine Hangrutschung, hervorgerufen durch die gegenständliche Baumaßnahme. Dazu werde auf Auflage 2 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides verwiesen. Die Entscheidung, welche konkreten Maßnahmen im Einzelfall zu setzen seien, obliege der Bauleitung. Wenn vorweg konkrete Vorschreibungen von Maßnahmen gewünscht würden, so wäre dazu ein geologischer Amtssachverständiger zu befragen. Abschließend meinte der Amtssachverständige, öffentliche Interessen würden bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen nicht nachteilig berührt.
Die Beschwerdeführer erstatteten zu diesem ihnen im Rahmen des Parteiengehörs übermittelten Gutachten eine Stellungnahme vom 6. August 2006 und brachten vor, dass trotz Auflage 12 auf jeden Fall die Gefahr einer nicht auszuschließenden Beeinträchtigung des Hausbrunnens bestehe. Die Beweissicherung stelle nur vorhandene oder eingetretene Zustände fest, sichere jedoch in keiner Weise dieses Gut. Es erhebe sich die Frage, wie das Schadlosstellen der Familie und der Angehörigen bei Beeinträchtigung der Wasserqualität durch die gegenständliche Baumaßnahme erfolgen solle. Niemand sei in der Lage, dieses Hausbrunnenwasser qualitativ zu ersetzen, weder die Ortswasserleitung noch irgendwelche bisher nicht definierten finanziellen Entschädigungen oder Ersatzleistungen. Diese Maßnahmen seien daher nicht geeignet, die Wasserqualität und die fortwährende gefahrlose und unabhängige Nutzung des Wassers dieses Hausbrunnens für Mensch und Tier sicherzustellen und zu gewährleisten. Damit nehme es die Behörde in Kauf, unter Gefährdung von Grundwasser und Hausbrunnen ein einziges Neubauobjekt auf umständliche kostenintensive Art und Weise an das Kanalnetz anzuschließen. Hinsichtlich der von ihnen aufgezeigten Gefahr einer Hangrutschung wiesen die Beschwerdeführer auf den konkreten Wortlaut ihrer diesbezüglichen Berufungsausführungen hin und betonten, dass seitens der Landesbehörde vor mehr als 30 Jahren, als erstmals in der L-Straße der Abwasserkanal errichtet worden sei, auf ihrem Haus Rissspione angebracht worden seien und auf Grund der Ergebnisse die Baufortführung des Kanals eingestellt worden sei. Diese Information sei der Gemeinde im Vorjahr schriftlich mitgeteilt worden. Bisher liege ihnen keinerlei Information vor, dass diese geologische Gegebenheit in irgendeiner Form bislang berücksichtigt worden wäre. Es sei Angelegenheit des Auftraggebers und des Planers, derartige geologische Gegebenheiten vorweg in der Projektserstellung zu berücksichtigen und auszuweisen. Das Bauvorhaben werde daher weiterhin beeinsprucht.
Mit Schriftsatz vom 16. August 2006 wandte sich die belangte Behörde an die Beschwerdeführer und hielt zu deren Vorbringen betreffend Hangrutschungen fest, dass offenbar gemeint sein dürfte, dass auf Grund der mit Hangrutschungen auf dem eigenen Grundstück gemachten Erfahrungen die Befürchtung bestehe, dass diese Rutschungen auch zu Schäden an Einbauten und danach schließlich zu Verunreinigungen von Wasser führen könnten.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2006 bestätigten die Beschwerdeführer diese Interpretation ihrer Einwendungen und bekräftigten sie mit dem Hinweis darauf, dass im bereits bestehenden Kanalstrang erhebliche Schäden aufgetreten seien und es entlang dieser Trasse zu Verkeimungen gekommen sei. Des Weiteren wiederholten die Beschwerdeführer in diesem Schriftsatz ihre Stellungnahme zum Gutachten des Sachverständigen und meinten, diesem sei zu entnehmen, dass die Gefahr einer nicht auszuschließenden Beeinträchtigung des Hausbrunnens auf jeden Fall bestehe. Sie meinten weiterhin, ihrem Wissensstand nach seien nicht alle Vorkehrungen, Möglichkeiten, andere Trassenführungen etc. getroffen worden, um negative Auswirkungen auf den Grundwasserkörper zu mindern.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. September 2006 gab die belangte Behörde der Berufung insofern Folge, als eine zusätzliche Auflage 12a vorgeschrieben wurde, die dem oben wiedergegebenen Vorschlag des Amtssachverständigen entsprach. Im Übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der von der belangten Behörde eingeholten fachkundigen Stellungnahme hervor, dass der Amtssachverständige für Wasserbautechnik in seinem Gutachten vom 18. Juli 2006 zwar ausgeführt habe, dass eine Beeinträchtigung des Hausbrunnens der Beschwerdeführer durch das gegenständliche Projekt nicht ausgeschlossen werden könne, jedoch zum Schutz des damit verbundenen Rechtes die Auflage 12 vorgeschrieben worden sei. Nach Wiedergabe des Wortlautes der Auflage 12 vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass nach fachlicher Meinung des Amtssachverständigen aus dieser Auflage ein umfassender Schutz für Hausbrunnenbesitzer hervorgehe, weil vor, während und nach der Baudurchführung jedenfalls eine Beweissicherung gegeben sei und im Einzelfall auch eine qualitative Beweissicherung durchgeführt werde. Der Sachverständige habe jedoch einen ausdrücklichen Hinweis auf die Notwendigkeit einer qualitativen Beweissicherung beim Hausbrunnen der Beschwerdeführer durch eine zusätzliche Auflage vorgeschlagen, welche als Punkt 12a in den Spruch des angefochtenen Bescheides aufgenommen worden sei. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich Hangrutschung verweise der Amtssachverständige auf die Auflage 2 des erstinstanzlichen Bescheides, wonach bei der Baudurchführung und beim Betrieb der bewilligten Anlagen die Standsicherheit von Objekten, Verkehrsflächen sowie Böschungen zu gewährleisten sei. Er schlussfolgere, dass die Entscheidung über konkrete Maßnahmen im Einzelfall der Bauleitung obliege. Die belangte Behörde schließe sich diesen Ausführungen an. Den fachlichen Ausführungen eines Amtssachverständigen sei auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten. Dies sei nicht geschehen, in diesem Punkt sei daher die Berufung unbegründet. Hinsichtlich der befürchteten Verunreinigung des Brunnenwassers sei die zusätzlich vom Amtssachverständigen vorgeschlagene Auflage 12a in den Bescheid aufgenommen worden. Der Schutz jeglichen Wasservorkommens könne von den Beschwerdeführern nicht erfolgreich geltend gemacht werden, weil es sich dabei einerseits um öffentliche Interessen (Grundwasser) und andererseits auch um fremde Rechte Anderer handeln könne. Der Amtssachverständige habe in seinem Gutachten abschließend festgehalten, dass keine öffentlichen Interessen bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen nachteilig berührt würden und es seien daher keine weiteren Vorschreibungen vorzunehmen gewesen.
Dem Berufungsvorbringen hinsichtlich der Unterlassung einer vollständigen Vorlesung der Verhandlungsschrift könne nicht gefolgt werden, weil aus dieser hervorgehe, dass auf die Verlesung einvernehmlich verzichtet worden sei. Diese Verhandlungsschrift sei auch vom Erstbeschwerdeführer (in Vertretung auch für die Zweitbeschwerdeführerin) unterschrieben worden. Zur Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 6. August 2006 werde festgehalten, dass das mit dem Hausbrunnen verbundene Recht gerade das Grundwasser umfasse, zu dessen Schutz die Auflage 12 vorgeschrieben worden sei. Hinsichtlich allfällig auftretender vermögensrechtlicher Schäden sei auf § 26 WRG zu verweisen und seien derartige Ansprüche im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Die von den Beschwerdeführern schließlich angesprochene Variante der Ausführung des bewilligten Projektes sei nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens und es sei darauf nicht näher einzugehen gewesen. Die Bezugnahme auf ein anderes, vor 30 Jahren geführtes Verfahren könne nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein und es sei daraus nichts für die Beschwerdeführer zu gewinnen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer machen geltend, sie hätten nicht nur die drohende Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer Rechte sondern vielmehr die sichere Konsequenz des Eintritts dieser Beeinträchtigung aufgezeigt, sollte das gegenständliche Projekt durchgeführt werden. Demgegenüber sei im erstinstanzlichen Bescheid lediglich die Auflage erteilt worden, die Kanalbauarbeiten nur so durchzuführen, dass Beeinflussungen des Grundwassers nach Baudurchführung nicht auftreten könnten. In beiden Instanzen sei dem Faktum nicht Rechnung getragen worden, dass auf Grund der bekannten geologischen Verhältnisse laufend Hangrutschungen bzw. Bewegungen stattfänden und es sei darüber auch keine gutachterliche Prüfung durchgeführt worden. Die Beschwerdeführer hätten nachträglich darauf hingewiesen, dass bereits vor 30 Jahren ein vergleichbares Kanalbauprojekt auf Grund der eingetretenen Rutschungen während der Bauphase eingestellt worden sei. Ebenso seien die darüber unzweifelhaft vorhandenen Behördenakte in das gegenständliche Verfahren nicht einbezogen worden. Die ergänzende Auflage 12a stelle im Ergebnis eine inhaltslose Absichtserklärung dar, weil eine Beschädigung der zu errichtenden Anlage durch die geologische Verschiebung der Bodenschichten zwangsläufig eine nachhaltige Verunreinigung der wasserführenden Schichten nach sich ziehe, sohin eine Schadlosstellung durch allfällige Neuerrichtung eines Brunnens unmöglich sei. Die Ausübung des Rechtes der Beschwerdeführer auf Nutzung der wasserführenden Schichten im Wege des bestehenden Brunnens werde sohin unmöglich. Von der belangten Behörde sei trotz Hinweises der Beschwerdeführer die alternative Leitungsführung keiner Prüfung zugeführt worden, ebenso wenig sei das vom wasserbautechnischen Sachverständigen geforderte geologische Gutachten eingeholt worden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens allein das von der mitbeteiligten Partei im Juni 2005 eingereichte und von der BH bewilligte Projekt darstellt. Sowohl die Beschwerdeführer als auch die mitbeteiligte Partei nehmen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf Projektsvarianten Bezug, die während des Berufungsverfahrens offenbar diskutiert wurden (zB. eine Leitungsführung im Bereich der Straße); diese Varianten haben im angefochtenen Bescheid jedoch nicht Eingang gefunden.
Das von der mitbeteiligten Partei eingereichte Projekt der Errichtung (Erweiterung) des Kanals und der Wasserleitung bedarf einer wasserrechtlichen Bewilligung. Diesem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren waren die Beschwerdeführer als Partei beigezogen, weil sie eine Beeinträchtigung eines vom WRG geschützten Rechtes, nämlich des Rechtes auf Wasserbezug aus einem Hausbrunnen auf einem in ihrem Eigentum stehenden Grundstück, geltend machten. So brachten sie in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2005 Einwendungen vor, die sich auf die Befürchtung von qualitativen und quantitativen Beeinträchtigungen ihres Hausbrunnens beziehen und ergänzten diese Einwände in der Folge in Hinblick auf die Befürchtung der Verunreinigung des Grundwassers allgemein.
In diesem Zusammenhang wird bemerkt, dass der erst später im Verfahren erstattete Hinweis der Beschwerdeführer auf den Zusammenhang zwischen der nach ihren Angaben sensiblen geologischen Situation und der befürchteten Beeinträchtigung des Grundwassers und der Qualität ihres Brunnenwassers als nähere Ausführung dieser rechtzeitig erstatteten Einwendungen zu verstehen ist. Im Übrigen entsprach der Hinweis in der Verhandlungskundmachung auf die Folgen der Nichterstattung von Einwendungen spätestens bei der mündlichen Verhandlung nicht dem § 42 AVG.
Nach § 12 Abs. 1 WRG ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit der Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen (Abs. 2).
Den Grundeigentümern steht nach § 5 Abs. 2 WRG das Recht zu, das nach § 3 Abs. 1 lit. a leg.cit. als Privatgewässer qualifizierte Grundwasser, zB. durch einen Hausbrunnen, zu nutzen. Die Beschwerdeführer sind als Eigentümer eines solchen Hausbrunnens Inhaber eines bestehenden Rechtes im Sinn des § 12 Abs. 2 WRG. Mit der Behauptung einer Verschmutzung des Grundwassers wird sowohl eine Beeinträchtigung der Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 WRG tauglich geltend gemacht als auch eine Beeinträchtigung des Grundeigentums, weil die Verschmutzung des Grundwassers geeignet ist, das Grundstück zu beeinträchtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. August 1998, 97/07/0014).
Nun hat nach den Bestimmungen des WRG ein Konsenswerber nur dann einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung, wenn diese - und sei es auch nur unter zahlreichen erschwerenden Nebenbestimmungen - u.a. keine fremden Rechte verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2006, 2005/07/0019, mwN). Liegt eine solche Verletzung fremder Rechte, zB. eine Beeinträchtigung der Wasserqualität eines Hausbrunnens oder eine Beeinträchtigung des Grundeigentums vor, so kann - vom Sonderfall der Einräumung von Zwangsrechten abgesehen - eine wasserrechtliche Bewilligung nicht erteilt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass eine wasserrechtliche Bewilligung - die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten ausgeklammert - wegen einer mit ihrer Ausübung verbundenen Verletzung fremder Rechte daher dann nicht erteilt werden darf, wenn eine solche Verletzung fremder Rechte durch die Ausübung der begehrten wasserrechtlichen Bewilligung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten wird (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2005, 2004/07/0012, m. w.N.). Nicht die Partei muss die von ihr behauptete Beeinträchtigung ihrer Rechte beweisen, sondern die Behörde hat auf Grund solcher Einwendungen von Amts wegen den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 1996, Zl. 94/07/0041, VwSlg. 14564/A/1996).
Diese Ermittlung ist im vorliegenden Fall aber in einer nicht ausreichenden Weise erfolgt. Wie bereits dargestellt, haben die Beschwerdeführer u.a. die Beeinträchtigung des Grundwassers (und damit auch der Wasserqualität ihres Hausbrunnens) geltend gemacht und diese Beeinträchtigungen unter Anführung von konkreten Beispielen mit der sensiblen geologischen Struktur des gegenständlichen Gebietes begründet.
Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten klärt die Frage, ob bzw. mit welcher Wahrscheinlichkeit solche Beeinträchtigungen für die geschützten Rechte der Beschwerdeführer eintreten werden, aber nicht ausreichend.
Der Sachverständige beantwortete zwar die Frage nach der "Geringfügigkeit der Beeinträchtigung des Hausbrunnens" mit dem Hinweis darauf, dass eine "Beeinträchtigung des Hausbrunnens nicht ausgeschlossen werden könne" und schlug die in den Berufungsbescheid übernommene Auflage 12a, die Beweissicherungsmaßnahmen enthält, zum Schutz dieses Rechtes der Beschwerdeführer vor.
Zu dieser Fragestellung ist zu bemerken, dass das Kriterium der "Geringfügigkeit" im Sinne des § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 WRG nichts mit der (unzulässigen) Verletzung von Rechten Dritter zu tun hat. Hier gibt es keine Geringfügigkeitsgrenze. Auch eine bloß geringfügige Verletzung von Rechten Dritter (zB. einer rechtmäßig geübten Wassernutzung) in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht stellt eine maßgebliche und der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegenstehende Rechtsverletzung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, 2003/07/0131).
Nach den Ausführungen des Amtssachverständigen besteht die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Hausbrunnens der Beschwerdeführer. Die belangte Behörde hätte daher nähere Feststellungen dazu treffen müssen, ob eine solche Beeinträchtigung nicht nur möglich ist, sondern auch wahrscheinlich. In letzterem Fall hätte eine Bewilligung für die Anlage der mitbeteiligten Partei nur erteilt werden dürfen, wenn durch Auflagen sichergestellt werden konnte, dass eine solche Beeinträchtigung ausbleibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2006, 2006/07/0047). Derartige Feststellungen fehlen aber im angefochtenen Bescheid.
Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen lässt sich auch nicht entnehmen, ob dieser auf die von den Beschwerdeführern geltend gemachten sensiblen Untergrundverhältnisse im Zusammenhang mit der Verunreinigung des Grundwassers überhaupt einging.
Eine Klärung (Interpretation) der Angaben der Beschwerdeführer, wonach die von den Beschwerdeführern genannten Hangrutschungen auch ein Vorbringen in Richtung der Beeinträchtigung des Grundwassers enthielten, erfolgte erst nach der Erstellung des Gutachtens. Der Amtssachverständige hatte dieses Vorbringen zuvor allein nur der Frage nach der Beeinträchtigung des Grundeigentums (und auch dort nur der möglichen Veränderung der statischen Verhältnisse) zugeordnet, sodass unklar bleibt, ob auf die Gegebenheiten des Untergrundes und auf die von den Beschwerdeführern diesbezüglich erstatteten Hinweise bei der Beantwortung der Frage der Beeinträchtigung des Grundwassers überhaupt fachlicherseits eingegangen worden ist.
Es bleibt daher sowohl in Hinblick auf das wasserrechtlich geschützte Nutzungsrecht der Beschwerdeführer am Grundwasser (§ 5 Abs. 2) als auch in Hinblick auf die Beeinträchtigung des Grundeigentums durch Verschlechterung der Grundwasserqualität offen, ob die von den Beschwerdeführern behaupteten geologischen Veränderungen als Folge der Baumaßnahmen überhaupt eintreten und bejahendenfalls, ob dadurch ihre Rechte verletzt werden.
Die belangte Behörde hat nähere Feststellungen zu der Frage, ob eine Beeinträchtigung wasserrechtlich geschützter Rechte der Beschwerdeführer nicht nur möglich ist, sondern ob mit dem Eintritt einer solchen Beeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu rechnen ist, offenbar auch deswegen unterlassen, weil sie der Auffassung war, die im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen reichten zum Schutz der Rechte der Beschwerdeführer aus. Die im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der wasserrechtlich geschützten Rechte der Beschwerdeführer genannten Auflagen 12, 12a bzw. 2 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides sind keinesfalls geeignet, solche Beeinträchtigungen hintan zu halten. Beweissicherungsmaßnahmen, wie sie die Auflagen 12 und 12a beinhalten, mögen jedenfalls notwendig und sinnvoll sein; sie dienen aber nicht dazu - wie die Beschwerdeführer zutreffend meinen -, den Eintritt einer Beeinträchtigung ihrer Rechte zu verhindern.
Auflage 2 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides bezieht sich nun auf die Standsicherheit von Objekten, Verkehrsflächen und Böschungen, aber nicht auf die infolge der Bauführung und beim Betrieb der bewilligten Anlagen allenfalls auftretenden Veränderungen der Grundwasserqualität.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass eine vollständige fachkundige Untersuchung der Frage, ob durch das eingereichte Projekt die wasserrechtlich geschützten Rechte der Beschwerdeführer verletzt wurden, noch nicht erfolgt ist. Eine ohne Abklärung aller Einwände, insbesondere auch der geltend gemachten geologischen Umstände, erteilte wasserrechtliche Bewilligung an die mitbeteiligte Partei verletzte daher Rechte der Beschwerdeführer.
Aus den dargelegten Gründen erweist sich der ermittelte Sachverhalt als ergänzungsbedürftig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf die geltend gemachte Umsatzsteuer, die im pauschalierten Kostenersatz bereits enthalten ist.
Wien, am 25. Jänner 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteWasserrechtRechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2006070128.X00Im RIS seit
15.02.2007Zuletzt aktualisiert am
21.04.2011