TE OGH 2001/4/3 4Ob70/01z

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Veröffentlicht am 03.04.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. M***** KG, 2. M***** GmbH & Co KG, beide Wien 19, Muthgasse 2, beide vertreten durch Höhne & In der Maur Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Michel Walter, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 470.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 5. Februar 2001, GZ 1 R 102/00b-34, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß Paragraphen 78,, 402 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung mangelhaft sei, weil das Rekursgericht die Unterlassung der Einvernahme von Auskunftspersonen nicht als Verfahrensmangel gewertet habe. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts lägen sekundäre Feststellungsmängel vor. Die Unterlassung der Einvernahme von Auskunftspersonen kann im Revisionsrekursverfahren nur gerügt werden, wenn und soweit sekundäre Feststellungsmängel vorliegen. Die Geltendmachung primärer Verfahrensmängel ist ausgeschlossen, wenn diese - wie hier - vom Rekursgericht verneint wurden (Kodek in Rechberger, ZPO**2 § 528 Rz 1 mwN). Sekundäre Feststellungsmängel liegen nur vor, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden.Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung mangelhaft sei, weil das Rekursgericht die Unterlassung der Einvernahme von Auskunftspersonen nicht als Verfahrensmangel gewertet habe. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts lägen sekundäre Feststellungsmängel vor. Die Unterlassung der Einvernahme von Auskunftspersonen kann im Revisionsrekursverfahren nur gerügt werden, wenn und soweit sekundäre Feststellungsmängel vorliegen. Die Geltendmachung primärer Verfahrensmängel ist ausgeschlossen, wenn diese - wie hier - vom Rekursgericht verneint wurden (Kodek in Rechberger, ZPO**2 Paragraph 528, Rz 1 mwN). Sekundäre Feststellungsmängel liegen nur vor, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen nicht festgestellt wurden.

Die Beklagte vermisst Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, sie hätte eine eigene Leistung auch dadurch erbracht, dass sie die - unter anderem auch aus Quellen der Klägerinnen übernommenen - Daten umgestaltet und in das eigene online-System eingegliedert habe. Dazu ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass sie ein entsprechendes Vorbringen in erster Instanz nicht erstattet hat (auf das im Revisionsrekurs erwähnte Rechtsmittelvorbringen ist im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht Bedacht zu nehmen), sondern sich dort - wie schon im Aufhebungsbeschluss des erkennenden Senats (ON 33 S. 9) ausgeführt - allein auf eine "Sichtung und Zusammenstellung aus den verschiedensten Quellen" (ON 15 S. 7) berufen hat, welche Handlungsweise noch nichts daran ändert, dass die Inseratentexte der Klägerinnen - von fallweisen geringfügigsten Auslassungen abgesehen - wörtlich in eine Website übernommen werden. Eine wesentliche "Umgestaltung" der Daten ist im übrigen nicht bescheinigt, und deren Eingliederung in die eigene Website kann zwar als Leistung in der Gestaltung der Website, nicht hingegen als relevante Neugestaltung der Daten selbst beurteilt werden, die der Annahme eines sittenwidrigen Schmarotzens an fremder Leistung iSd § 1 UWG entgegenstünde. Der Sicherungsantrag wäre daher auch dann berechtigt, wenn die als fehlend gerügten Feststellungen getroffen worden wären.Die Beklagte vermisst Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, sie hätte eine eigene Leistung auch dadurch erbracht, dass sie die - unter anderem auch aus Quellen der Klägerinnen übernommenen - Daten umgestaltet und in das eigene online-System eingegliedert habe. Dazu ist ihr zunächst entgegenzuhalten, dass sie ein entsprechendes Vorbringen in erster Instanz nicht erstattet hat (auf das im Revisionsrekurs erwähnte Rechtsmittelvorbringen ist im Hinblick auf das Neuerungsverbot nicht Bedacht zu nehmen), sondern sich dort - wie schon im Aufhebungsbeschluss des erkennenden Senats (ON 33 S. 9) ausgeführt - allein auf eine "Sichtung und Zusammenstellung aus den verschiedensten Quellen" (ON 15 S. 7) berufen hat, welche Handlungsweise noch nichts daran ändert, dass die Inseratentexte der Klägerinnen - von fallweisen geringfügigsten Auslassungen abgesehen - wörtlich in eine Website übernommen werden. Eine wesentliche "Umgestaltung" der Daten ist im übrigen nicht bescheinigt, und deren Eingliederung in die eigene Website kann zwar als Leistung in der Gestaltung der Website, nicht hingegen als relevante Neugestaltung der Daten selbst beurteilt werden, die der Annahme eines sittenwidrigen Schmarotzens an fremder Leistung iSd Paragraph eins, UWG entgegenstünde. Der Sicherungsantrag wäre daher auch dann berechtigt, wenn die als fehlend gerügten Feststellungen getroffen worden wären.

Rechtliche Beurteilung

Von einer zu weiten Fassung des Verbotsbegehrens kann keine Rede sein. Die Vorinstanzen haben als bescheinigt angenommen, dass die Beklagte (gemeinsam mit einem weiteren Unternehmen) die Website mit der Domain "austropersonal.com" unterhält und für deren Inhalt (mit-)verantwortlich ist; die gegenteiligen Ausführungen der Rechtsmittelwerberin gehen nicht von diesem Sachverhalt aus und sind daher unbeachtlich. Abgesehen davon, dass bei der Fassung des Unterlassungsgebots immer auf die Umstände des einzelnen Falls abzustellen ist, steht auch das vom Rekursgericht erlassene Unterlassungsgebot durchaus im Einklang mit den Grundsätzen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach sich das Gebot am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren hat (ÖBl 1980, 46 - Hol Dir Geld vom Staat; SZ 69/284 uva), es aber auch Umgehungen durch den Vepflichteten nicht allzu leicht ermöglichen soll (ÖBl 1993, 36 - Ronald Leitgeb uva). Bei Schaffung eines Unterlassungstitels kann daher die tatsächlich verübte Handlung bei ihrer Beschreibung (unter Erfassung des Kerns der Verletzungshandlung) allgemeiner gefasst und ihr so ein breiterer Rahmen gegeben werden, damit unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruches nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen (ÖBl 1991, 105 - Hundertwasser-Pickerln II; ÖBl 1991, 108 - Sport-Sonnenbrille; 4 Ob 58/98b ua).

Bescheinigt ist, dass die Beklagte auf der von ihr mitzuverantwortenden Website ein Hyperlink (zum Begriff vgl etwa Schack, Urheberrechtliche Gestaltung von Webseiten unter Einsatz von Links und Frames, MMR 2001, 9 ff, 13) auf eine Domain mit wettbewerbswidrigem Inhalt angebracht hat, das dem Nutzer erlaubt, durch Anklicken die (verpönte) Verbindung zur rechtsverletzenden Domain herzustellen. Derselbe unerwünschte Erfolg lässt sich aber auch mittels Inline-Link (zum Begriff Schack aaO; Plaß, Hyperlinks im Spannungsfeld von Urheber-, Wettbewerbs- und Haftungsrecht, WRP 2000, 599 ff, 599; Seidelberger, Wettbewerbsrecht und Internet, RdW 2000, 518 ff, 522) erreichen, bei dem der Inhaber einer Website eigenes oder fremdes Material unmittelbar in die eigene Website einbindet, ohne dass der Nutzer noch eine aktivierende Tätigkeit entfalten muss. Letztere Handlungsweise kann (im Sinne des erlassenen Unterlassungsgebots) auch als "auf ihre Website ... laden und dortBescheinigt ist, dass die Beklagte auf der von ihr mitzuverantwortenden Website ein Hyperlink (zum Begriff vergleiche etwa Schack, Urheberrechtliche Gestaltung von Webseiten unter Einsatz von Links und Frames, MMR 2001, 9 ff, 13) auf eine Domain mit wettbewerbswidrigem Inhalt angebracht hat, das dem Nutzer erlaubt, durch Anklicken die (verpönte) Verbindung zur rechtsverletzenden Domain herzustellen. Derselbe unerwünschte Erfolg lässt sich aber auch mittels Inline-Link (zum Begriff Schack aaO; Plaß, Hyperlinks im Spannungsfeld von Urheber-, Wettbewerbs- und Haftungsrecht, WRP 2000, 599 ff, 599; Seidelberger, Wettbewerbsrecht und Internet, RdW 2000, 518 ff, 522) erreichen, bei dem der Inhaber einer Website eigenes oder fremdes Material unmittelbar in die eigene Website einbindet, ohne dass der Nutzer noch eine aktivierende Tätigkeit entfalten muss. Letztere Handlungsweise kann (im Sinne des erlassenen Unterlassungsgebots) auch als "auf ihre Website ... laden und dort

zur Verfügung ... stellen" beschrieben werden. Hat aber ein Verletzer

durch Setzen eines Hyperlinks wettbewerbswidrig gehandelt, ist das Unterlassungsgebot nicht zu weit gefasst, wenn es auch das Anbringen von Inline-Links umfasst.

Weitwendig versucht die Beklagte eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens aufzuzeigen. Soweit damit die Beweiswürdigung des Rekursgerichts bekämpft wird, ist dies unzulässig. Davon, dass sich das Rekursgericht mit der Beweiswürdigungsrüge nicht oder nur so mangelhaft befasst hätte, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und in der Entscheidung festgehalten wären (RZ 1990/121; RZ 1991/5; 3 Ob 29/98f uva), kann hier keine Rede sein; der Vorwurf einer "Scheinbegründung" geht demnach ins Leere. Soweit aber eine mangelhafte Begründung in der Behandlung der Mängelrüge beanstandet wird, ist eine solche nicht zu erkennen. Dem Rekursgericht ist vielmehr darin beizupflichten, dass im Rekurs die Relevanz der unterlassenen Beweisaufnahme nicht konkret ausgeführt wird, wenn nur ganz allgemein behauptet wird, die beantragte Auskunftsperson hätte über "den Tätigkeitsbereich" der Beklagten sowie "über die - technischen, registrierungsmäßigen und internetspezifischen - Details Auskunft geben (...) und die Urkunden erläutern können" (Rekurs ON 18 S. 10).

Ob die Beklagte die Website mit der Domain "austropersonal.com" (mit-)betreibt oder auf eine andere Weise direkt oder indirekt für deren Inhalt mitverantwortlich ist, konnte nach Meinung des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang nicht abschließend beurteilt werden; eine Bindung des Rekursgerichts in dieser Frage bestand daher nicht. Beilage ./HH hat das Rekursgericht im übrigen nicht als Beleg dafür gewertet, die Beklagte betreibe die genannte Website, sondern als Beleg für einen wesentlichen Einfluss auf Inhalt und Gestaltung dieser Website; letzteres genügt aber nach der schon im Aufhebungsbeschluss vertretenen Rechtsansicht, um eine Haftung der Beklagten für Wettbewerbsverletzungen auf dieser Website zu bejahen.

Anmerkung

E61752 04A00701

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00070.01Z.0403.000

Dokumentnummer

JJT_20010403_OGH0002_0040OB00070_01Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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