Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred S*****, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in Schladming, gegen die beklagte Partei mj. Michael P*****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Liezen, Jugendwohlfahrtsreferat, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens 1 C 51/97z des Bezirksgerichtes Liezen, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 5. Februar 2001, GZ 2 R 42/01b-5, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Text
Begründung:
Der am 3. Juni 1997 außer der Ehe geborene Beklagte hatte durch seinen gesetzlichen Vertreter im Verfahren 1 C 51/97z des Bezirksgerichts Liezen eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft und auf Unterhaltsleistung gegen den nunmehrigen Kläger eingebracht. Im dortigen Verfahren bestritt dieser das Klagebegehren mit der Begründung, die Mutter habe innerhalb der möglichen Empfängniszeit auch mit anderen Männern verkehrt, deren Vaterschaft wahrscheinlicher sei als die des Beklagten. Nach Beweisaufnahme unter anderem durch Einholung eines serologischen Gutachtens unter Einschluss der HLA/DNA-Typisierung stellte das Gericht mit Urteil vom 12. 12. 1997 die Vaterschaft des Klägers zum nunmehrigen Beklagten fest. Die Mutter des Beklagten habe mit dem Kläger innerhalb der kritischen Zeit, nämlich am 1. 9. 1996, geschlechtlich verkehrt, zuvor mit einem anderen Mann das letzte Mal im Mai 1996; die Vaterschaft des Klägers sei damit "praktisch erwiesen", betrage doch seine Vaterschaftswahrscheinlichkeit 99,987 % bei einer individuellen Ausschlusschance von 99,9 %. Die gegen das bestätigende Urteil des Landesgerichts Leoben eingebrachte Revision wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 4. 2. 1999, 4 Ob 19/99v, zurück. Dem Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben, mit dem die Zurückweisung seiner am 14. 6. 1999 eingebrachten Wiederaufnahmsklage bestätigt wurde, gab er mit Beschluss vom 15. 2. 2000, 4 Ob 25/00f, nicht Folge.
Zur Begründung seiner am 12. 9. 2000 eingebrachten weiteren Wiederaufnahmsklage brachte der Kläger vor, er habe den Beklagten nie persönlich zu Gesicht bekommen; am 31. 8. 2000 habe er Fotografien des Beklagten gesehen und feststellen müssen, dass dieser keinerlei Ähnlichkeit mit ihm in Haarfarbe, Gesichtsform und Körperbau aufweise; eine anthropologisch-erbbiologische Untersuchung werde zeigen, dass er nicht der Vater des Beklagten sei.
Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage als zur Bestimmung einer mündlichen Verhandlung ungeeignet zurück.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Angesichts der hohen Vaterschaftswahrscheinlichkeit des Beklagten und der Tatsache, dass einem anthropologisch-erbbiologischen Gutachten gegenüber einem serologischen Gutachten ein bloß geringerer Beweiswert zukomme, liege kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund vor.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrfach ausgesprochen, dass bei einer sehr hohen Vaterschaftswahrscheinlichkeit auf Grund eines schlüssigen serologischen Untersuchungsergebnisses keine Widerlegungsmöglichkeit durch ein anthropologisch-erbbiologisches Gutachten gegeben ist (EFSlg 34.525 und EFSlg 41.779: mehr als 99,5%;
EFSlg 53.990: 99,7%; RZ 1993/46 = EFSlg 62.848: 99,99%). Er hat sich dabei zuletzt auch auf den neuesten Stand der serologischen
Erkenntnismethoden berufen: Herbich (Der Vaterschaftsprozess, RZ 1975, 125 ff;) hat aufgezeigt, dass das anthropologisch-erbbiologische Gutachten nur eine subjektive Gesamtbeurteilung der in die Untersuchung einbezogenen Merkmale (die alters-, geschlechts- und umweltabhängig sind) zulässt, während das serologische Gutachten auf Merkmalen (Blut-, Serum-, Enzymgruppen) beruht, die ein Leben lang konstant bleiben, und deshalb ein objektives Gutachten ist, dessen Aussage eine an Gewissheit gleichkommende Wahrscheinlichkeit hat und durch andere, im Paternitätsprozess mögliche Beweismittel nicht widerlegbar ist. Eine sichere Unterscheidung zwischen Vätern und Nichtvätern ist auf Grund serologischer Gutachten immer dann möglich, wenn die Vaterschafts-Wahrscheinlichkeits-Werte über 99,90% liegen (Herbich aaO 131; Herbich, Aus der Praxis der Vaterschaftsbegutachtung, RZ 1978, 122 ff, 124).
Die angefochtene Entscheidung wendet die Grundsätze dieser auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Rechtsprechung zutreffend auf den Einzelfall an, wenn sie davon ausgeht, das im Vorprozess noch nicht zur Verfügung gestandene Beweismittel sei schon abstrakt nicht geeignet, eine dem Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung im Hauptprozess herbeizuführen. Dem Kläger ist dort nämlich der Beweis misslungen, dass seine Vaterschaft zum Kind unwahrscheinlicher ist als die eines anderen Mannes, der - wie er - der Mutter des Beklagten innerhalb der Fristen des § 163 Abs 1 ABGB beigewohnt hat; dass ihm dieser Beweis nunmehr mittels anthropologisch-erbbiologischem Gutachten gelingen könnte, ist angesichts der festgestellten hohen Vaterschaftswahrscheinlichkeit auszuschließen.Die angefochtene Entscheidung wendet die Grundsätze dieser auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Rechtsprechung zutreffend auf den Einzelfall an, wenn sie davon ausgeht, das im Vorprozess noch nicht zur Verfügung gestandene Beweismittel sei schon abstrakt nicht geeignet, eine dem Wiederaufnahmskläger günstigere Entscheidung im Hauptprozess herbeizuführen. Dem Kläger ist dort nämlich der Beweis misslungen, dass seine Vaterschaft zum Kind unwahrscheinlicher ist als die eines anderen Mannes, der - wie er - der Mutter des Beklagten innerhalb der Fristen des Paragraph 163, Absatz eins, ABGB beigewohnt hat; dass ihm dieser Beweis nunmehr mittels anthropologisch-erbbiologischem Gutachten gelingen könnte, ist angesichts der festgestellten hohen Vaterschaftswahrscheinlichkeit auszuschließen.
Ein vom Rechtsmittelwerber behaupteter, dem Rekursgericht unterlaufener Verfahrensmangel soll darin liegen, dass eine (erstmals im Rekurs ganz allgemein zur Frage des "Geschlechtslebens" der Mutter des Beklagten) beantragte Zeugin nicht einvernommen worden ist. Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang, dass über die Frage seiner Vaterschaft ein serologisches Sachverständigen-Gutachten eingeholt worden ist, das grundsätzlich nicht durch Zeugenbeweis widerlegt werden kann (EFSlg 39.184; EFSlg 91.048).
Von der zuletzt aufgeworfenen Frage, welche Rechtsmittelbeschränkungen bei Anrufung des Obersten Gerichtshofs im Fall einer Verbindung von Vaterschaftsklage mit Unterhaltsklage bestehen, hängt die Entscheidung über die Wiederaufnahmsklage nicht ab.
Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.
Anmerkung
E61901 04A00771European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00077.01D.0424.000Dokumentnummer
JJT_20010424_OGH0002_0040OB00077_01D0000_000