TE Vwgh Erkenntnis 2007/1/29 2006/10/0226

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Veröffentlicht am 29.01.2007
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Index

L00209 Auskunftspflicht Informationsweiterverwendung Wien;
L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AuskunftspflichtG Wr 1988 §1;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §62 Abs3;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13;
SHG Wr 1973 §8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des AM in W, vertreten durch Dr. Elke Napokoj, Rechtsanwältin in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 19. Juli 2006, Zl. UVS-SOZ/7/1819/2006/3, betreffend Feststellung in einer Sozialhilfeangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog Sozialhilfe nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG), wobei ein Teil der in der Regel in 2- Monats-Abständen bewilligten Geldaushilfe zur Deckung der Mietkosten diente. Dieser Teil wurde jeweils direkt an den Vermieter ("Wiener Wohnen") überwiesen. Da es nach Einstellung dieser Direktzahlungen zur Delogierung des Beschwerdeführers wegen Säumnis mit der Zahlung der Miete kam, stellte dieser am 21. Dezember 2005 einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides "über die bisherige Dauer und Höhe der von Ihnen gewährten laufenden Mietbeihilfe sowie die von Ihnen praktizierte Verrechnung mit Wiener Wohnen". Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass die Zahlungen zu einem Zeitpunkt eingestellt worden seien, für den ihm noch bescheidmäßig die Geldaushilfe (auch hinsichtlich der Mietausgaben) bewilligt worden sei.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 26. Jänner 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2005, der als "Antrag auf schriftliche Bescheidausfertigung über die bisherige Dauer und Höhe der gewährten laufenden Mietbeihilfe und der praktizierten Verrechnung" bezeichnet wurde, mit der Begründung abgewiesen, dass alle bisherigen Anträge auf Geldaushilfe mittels mündlich verkündeter Bescheide, zuletzt mit Bescheid vom 29. November 2005, erledigt worden seien. Der Antrag des Beschwerdeführers "auf schriftliche Bescheidausfertigung vom 21. Dezember 2005" sei somit nach Ablauf der dreitägigen Frist nach § 62 Abs. 3 AVG gestellt worden.

Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung mit der Begründung ab, dass der Antrag des Beschwerdeführers ein Auskunftsbegehren im Sinne eines Ersuchens um Bekanntgabe der bisher geleisteten Mietbeihilfen sowie der Verrechnungsmodalitäten darstelle. Dieses Begehren sei allenfalls mit einem formlosen Schreiben, nicht jedoch mit Bescheid zu erledigen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte den Zuspruch der Kosten für den Vorlageaufwand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides verletzt und vertritt die Auffassung, dass sein Antrag vom 21. Dezember 2005 auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet gewesen sei. Der Feststellungsbescheid sei für ihn in dem anhängigen Verfahren vor dem Bezirksgericht Wien Innere Stadt, in dem er auf Zahlung des Mietzinses geklagt worden sei, bzw. im Berufungsverfahren betreffend die Abweisung seines Antrages auf Zuerkennung einer Geldleistung für die Beseitigung des Mietzinsrückstandes, den er gestellt gehabt habe, für die Beweisführung erforderlich und daher ein zweckentsprechendes Mittel der Rechtsverfolgung.

Die belangte Behörde ging hingegen davon aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers ein Auskunftsersuchen gewesen sei, und bestätigte daher die in erster Instanz erfolgte Abweisung des Antrags, die mit einer anderen Begründung erfolgt war, als im Ergebnis zutreffend.

Hiezu ist zunächst festzuhalten, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2005 ausdrücklich auf die Erlassung eines schriftlichen Bescheides "über die bisherige Dauer und Höhe der von ihnen gewährten laufenden Mietbeihilfe sowie die von ihnen praktizierte Verrechnung mit Wiener Wohnen" gerichtet war. Es trifft daher zu, dass ein Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gestellt wurde. Dieser Antrag lässt weder eine Umdeutung in ein Begehren auf Zustellung eines schriftlichen Bescheides noch eine Umdeutung in ein Auskunftsersuchen (etwa nach dem Wiener Auskunftspflichtgesetz) zu.

Im Hinblick auf die eindeutige Bezugnahme auf den Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Dezember 2005 stellt die Erledigung der Behörde erster Instanz eine Erledigung des verfahrensgegenständlichen Antrags dar. Die für die Abweisung eines Feststellungsbescheides unzutreffende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, die erkennen lässt, dass die Behörde erster Instanz offenbar meinte, es liege (bloß) ein Antrag auf Bescheidzustellung bezüglich mündlich verkündeter Bescheide vor (wobei sich der Antrag dann auf eine Vielzahl von Bescheiden bezogen haben müsste, hinsichtlich derer aber die von der Behörde genannte Frist jedenfalls verstrichen war), ändert daran nichts. Eine Fehlvorstellung der Behörde vom Inhalt eines Antrags hindert nicht das Entstehen des Bescheides und stellt jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem ausdrücklich ein bestimmter Antrag im Vorspruch genannt wird, eine Erledigung des genannten Antrags dar. Dass ein derartiger Bescheid von der Berufungsbehörde abzuändern wäre, wenn die Abweisung nicht im Ergebnis zutreffend ist, jedenfalls aber die Begründung für die Abweisung (so die Berufungsbehörde diese für berechtigt hält) verfehlt wäre, ändert an der Tatsache der Erledigung des Antrags nichts.

Aus dem Vorgesagten folgt zunächst, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides insofern verfehlt ist, als der verfahrenseinleitende Antrag nicht als Auskunftsbegehren verstanden werden kann.

Daraus ist jedoch für den Beschwerdeführer insoferne noch nichts gewonnen, als eine Verletzung seines Rechts auf Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides nur dann stattgefunden hat, wenn die Abweisung des Antrages durch die Behörde erster Instanz rechtswidrig war, sodass sich auch die Bestätigung der Abweisung mit dem angefochtenen Bescheid als rechtswidrig erweisen würde.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit (auch) Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt, oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. z.B. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 2006, Zl. 2003/10/0299). Ein Feststellungsbescheid ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 908 f, wiedergegebene Rechtsprechung).

Wenn sich der Beschwerdeführer darauf beruft, die begehrte Feststellung im gerichtlichen Verfahren betreffend die Mietzinszahlung bzw. im Berufungsverfahren über seinen Antrag auf Bewilligung von Geldaushilfe zu benötigen, so ist ihm zu entgegnen, dass sowohl im Gerichtsverfahren (soferne dort die entsprechende Feststellung überhaupt zur Entscheidung der Rechtsfrage erforderlich ist) eine Feststellung des Sachverhalts (des Zeitraums, für den rechtskräftige Bescheide über die Gewährung der Mietbeihilfe erlassen wurden) auch ohne Erlassung des in Rede stehenden Bescheides möglich ist als auch die Entscheidung der Berufungsbehörde im (Berufungs-)Verfahren nach dem Sozialhilfegesetz nicht vom Vorliegen des beantragten Feststellungsbescheides abhängig ist. Die Berufungsbehörde kann vielmehr den Umstand, für welchen Zeitraum dem Beschwerdeführer Geldaushilfe auch für den Mietzinsaufwand bewilligt worden war, in ihrem Verfahren selbstständig erheben; sie ist nicht an das Vorliegen eines Feststellungsbescheides gebunden. Im Sinne der zitierten Rechtsprechung liegt somit kein Fall vor, in dem der beantragte Bescheid ein letztes und einziges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung wäre.

Der Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides wäre daher von der Behörde erster Instanz zurückzuweisen gewesen.

Damit wurde der Beschwerdeführer jedoch durch die Abweisung der Berufung mit dem angefochtenen Bescheid im Ergebnis nicht in seinen Rechten verletzt. Wenngleich der Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen gewesen wäre, wurde er durch die Bestätigung der Abweisung nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2006, Zl. 2003/12/0062). Dass die Begründung der belangten Behörde (es liege ein Auskunftsersuchen vor, das keiner bescheidmäßigen Erledigung zugänglich sei), unzutreffend ist, vermag daran nichts zu ändern. Der insofern gegebene Begründungsmangel ist im Beschwerdefall nicht wesentlich, da die Behörde auch bei seiner Vermeidung nach den vorstehenden Erwägungen zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können (vgl. zur Frage der Wesentlichkeit eines Begründungsmangels beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 20. April 1995, Zl. 93/06/0205, oder vom 31. Jänner 2006, Zl. 2005/05/0028, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 60 AVG, E 149 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer macht weiters die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, weil der von ihm mit Berufung bekämpfte Bescheid des Magistrats der Stadt Wien unwirksam gewesen sei. Dies trifft nach dem Vorgesagten nicht zu. Die belangte Behörde war daher zuständig, über die Berufung zu entscheiden.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Jänner 2007

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenMaßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006100226.X00

Im RIS seit

28.02.2007

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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