TE OGH 2001/5/17 7Ob109/01g

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Veröffentlicht am 17.05.2001
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Dr. Michael P*****, Rechtsanwalt, *****, als besonderer Verwalter gemäß § 86 KO im Konkurs der T*****-GmbH, *****, und 2.) Bernd R*****, vertreten durch Pacher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegner 1.) S***** AG, *****, und 2.) E***** Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Schönherr, Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 12. März 2001, GZ 5 R 37/01z-9, denDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Dr. Michael P*****, Rechtsanwalt, *****, als besonderer Verwalter gemäß Paragraph 86, KO im Konkurs der T*****-GmbH, *****, und 2.) Bernd R*****, vertreten durch Pacher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, gegen die Antragsgegner 1.) S***** AG, *****, und 2.) E***** Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Schönherr, Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 12. März 2001, GZ 5 R 37/01z-9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird gemäß §§ 402, 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird gemäß Paragraphen 402,, 78 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.) Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. 12. 2000, 25 S 363/00w, wurde der Erstantragsteller im Konkurs der T***** GmbH zum besonderen Verwalter "zur Abklärung der Frage Bankgarantie der S***** und Firma E***** AG bestellt" und "gleichzeitig der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung genehmigt". Gemäß § 86 Abs 1 Satz 2 KO richten sich die Rechte und Pflichten des besonderen Verwalters innerhalb seines Geschäftskreises nach den für den Masseverwalter geltenden Bestimmungen. Seine Bezeichnung im gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und in den betreffenden Beschlüssen der Vorinstanzen als "T***** GmbH im Konkurs (25 S 363/00w des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), vertreten durch den mit Beschluss vom 20. 12. 2000 bestellten besonderen Sachwalter" war gemäß § 235 Abs 5 ZPO entsprechend richtigzustellen.1.) Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 20. 12. 2000, 25 S 363/00w, wurde der Erstantragsteller im Konkurs der T***** GmbH zum besonderen Verwalter "zur Abklärung der Frage Bankgarantie der S***** und Firma E***** AG bestellt" und "gleichzeitig der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung genehmigt". Gemäß Paragraph 86, Absatz eins, Satz 2 KO richten sich die Rechte und Pflichten des besonderen Verwalters innerhalb seines Geschäftskreises nach den für den Masseverwalter geltenden Bestimmungen. Seine Bezeichnung im gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und in den betreffenden Beschlüssen der Vorinstanzen als "T***** GmbH im Konkurs (25 S 363/00w des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz), vertreten durch den mit Beschluss vom 20. 12. 2000 bestellten besonderen Sachwalter" war gemäß Paragraph 235, Absatz 5, ZPO entsprechend richtigzustellen.

2.) Der Anspruch des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten auf Widerruf des Abrufs einer Bankgarantie kann durch Einstweilige Verfügung (Zahlungsverbot an den Garanten) nur unter der Voraussetzung gesichert werden, dass der Nichteintritt des Garantiefalles liquide und eindeutig nachgewiesen wird (RIS-Justiz RS0005092 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die Tatsache allein, dass der Auftraggeber der Auszahlung der Garantiesumme widerspricht, berechtigt die Bank nicht, dem Begünstigten die Leistung zu verweigern. Wenn das Anfordern der garantierten Leistung einen Rechtsmissbrauch darstellt, dann, aber auch nur dann, wird der Bank das Recht zur Leistungsverweigerung einzuräumen sein. Die missbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie muss geradezu evident sein (RIS-Justiz RS0018027 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Für den Vorwurf des Rechtsmissbrauches bei der Inanspruchnahme einer Bankgarantie wird allgemein gefordert, dass das Nichtbestehen eines Anspruches des Begünstigten im Valutaverhältnis zur Zeit der Inanspruchnahme der Garantie als evident erwiesen wird oder der Begünstigte in Schädigungsabsicht, also betrügerisch handelt. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung, dass dem Begünstigten, der sich aus vertretbaren Gründen für berechtigt hält, kein arglistiges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden kann, wenn ihm nicht eindeutig nachgewiesen wird, dass er keinen Anspruch hat (RIS-Justiz RS0017997). Die Schutzwürdigkeit des Begünstigten aus einer Bankgarantie ist dann nicht mehr gegeben, wenn er eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl schon eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und daher das Erhaltene jedenfalls sofort wieder herauszugeben hätte. Die Inanspruchnahme der Garantie durch den Begünstigten wäre hier eine missbräuchliche Rechtsausübung. Voraussetzung für Rechtsmissbrauch - dabei muss an § 1295 Abs 2 ABGB im Sinne der neueren Judikatur und der Lehre angeknüpft werden - ist, dass zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht; der Schädigungszweck muss augenscheinlich so sehr im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (RIS-Justiz RS0018006 mwN; vgl etwa zuletzt 9 Ob 319/99y).2.) Der Anspruch des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten auf Widerruf des Abrufs einer Bankgarantie kann durch Einstweilige Verfügung (Zahlungsverbot an den Garanten) nur unter der Voraussetzung gesichert werden, dass der Nichteintritt des Garantiefalles liquide und eindeutig nachgewiesen wird (RIS-Justiz RS0005092 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die Tatsache allein, dass der Auftraggeber der Auszahlung der Garantiesumme widerspricht, berechtigt die Bank nicht, dem Begünstigten die Leistung zu verweigern. Wenn das Anfordern der garantierten Leistung einen Rechtsmissbrauch darstellt, dann, aber auch nur dann, wird der Bank das Recht zur Leistungsverweigerung einzuräumen sein. Die missbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie muss geradezu evident sein (RIS-Justiz RS0018027 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Für den Vorwurf des Rechtsmissbrauches bei der Inanspruchnahme einer Bankgarantie wird allgemein gefordert, dass das Nichtbestehen eines Anspruches des Begünstigten im Valutaverhältnis zur Zeit der Inanspruchnahme der Garantie als evident erwiesen wird oder der Begünstigte in Schädigungsabsicht, also betrügerisch handelt. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung, dass dem Begünstigten, der sich aus vertretbaren Gründen für berechtigt hält, kein arglistiges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden kann, wenn ihm nicht eindeutig nachgewiesen wird, dass er keinen Anspruch hat (RIS-Justiz RS0017997). Die Schutzwürdigkeit des Begünstigten aus einer Bankgarantie ist dann nicht mehr gegeben, wenn er eine Leistung in Anspruch nimmt, obwohl schon eindeutig feststeht, dass er keinen derartigen Anspruch gegen den Dritten hat und daher das Erhaltene jedenfalls sofort wieder herauszugeben hätte. Die Inanspruchnahme der Garantie durch den Begünstigten wäre hier eine missbräuchliche Rechtsausübung. Voraussetzung für Rechtsmissbrauch - dabei muss an Paragraph 1295, Absatz 2, ABGB im Sinne der neueren Judikatur und der Lehre angeknüpft werden - ist, dass zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht; der Schädigungszweck muss augenscheinlich so sehr im Vordergrund stehen, dass andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten (RIS-Justiz RS0018006 mwN; vergleiche etwa zuletzt 9 Ob 319/99y).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes folgt diesen in ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes vertretenen Grundsätzen. Die Bejahung oder Verneinung der Eindeutigkeit und Evidenz des vom gefährdeten Antragsteller zu erbringenden Nachweises über den Rechtsmissbrauch stellt jedenfalls einen Akt der richterlichen Beweiswürdigung dar (RdW 1988, 134; SZ 61/39 = ÖBA 1988, 609 = RdW 1988, 320; ÖBA 1990, 304; JBl 1990, 328; ÖBA 1992, 167), wenngleich die Eindeutigkeit des Garantiemissbrauchs auch nicht gänzlich ohne rechtliche Erwägungen beurteilt werden kann (4 Ob 602/95; Konecny, Aktuelle Verfahrensfragen bei einstweiligen Verfügungen, ÖBA 1989, 848 ff [854 f]). Die Revisionsrekurswerber halten die Inanspruchnahme der Bankgarantie im vorliegenden Fall für rechtsmissbräuchlich, weil die vom Rekursgericht geteilte Rechtsansicht der Antragsgegner über das Laufzeitende der Bankgarantie unvertretbar sei. Dies trifft allerdings nicht zu. Richtig wird vielmehr vom Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der formellen Voraussetzungen "nach Sinn und Zweck der im Garantievertrag enthaltenen Regelung zu prüfen ist". Für eine solche - die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende - Prüfung (hier: ob die Garantie durch Retournierung des Haftverlängerungsbriefes vor Zahlungsaufforderung durch die Zweitantragsgegnerin tatsächlich, wie die Antragsteller behaupten, erloschen ist) ist im Rahmen des Provisiorialverfahrens kein Platz. Ist doch allgemein anerkannt, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel des Garantievertrages nach den §§ 914, 915 ABGB auszulegen ist (9 Ob 319/99y). Eine Inanspruchnahmeerklärung könnte daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II Rz 3/85; vgl ÖBA 1997/603; 9 Ob 319/99y). Davon, dass die Ansicht des Rekursgerichtes, die geforderte Evidenz des behaupteten Garantiemissbrauchs sei hier - im Hinblick auf dieses Auslegungserfordernis - nicht dargetan, eine erhebliche, einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürftige Fehlbeurteilung darstellte, kann keine Rede sein.Die Entscheidung des Rekursgerichtes folgt diesen in ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes vertretenen Grundsätzen. Die Bejahung oder Verneinung der Eindeutigkeit und Evidenz des vom gefährdeten Antragsteller zu erbringenden Nachweises über den Rechtsmissbrauch stellt jedenfalls einen Akt der richterlichen Beweiswürdigung dar (RdW 1988, 134; SZ 61/39 = ÖBA 1988, 609 = RdW 1988, 320; ÖBA 1990, 304; JBl 1990, 328; ÖBA 1992, 167), wenngleich die Eindeutigkeit des Garantiemissbrauchs auch nicht gänzlich ohne rechtliche Erwägungen beurteilt werden kann (4 Ob 602/95; Konecny, Aktuelle Verfahrensfragen bei einstweiligen Verfügungen, ÖBA 1989, 848 ff [854 f]). Die Revisionsrekurswerber halten die Inanspruchnahme der Bankgarantie im vorliegenden Fall für rechtsmissbräuchlich, weil die vom Rekursgericht geteilte Rechtsansicht der Antragsgegner über das Laufzeitende der Bankgarantie unvertretbar sei. Dies trifft allerdings nicht zu. Richtig wird vielmehr vom Rekursgericht darauf hingewiesen, dass die Einhaltung der formellen Voraussetzungen "nach Sinn und Zweck der im Garantievertrag enthaltenen Regelung zu prüfen ist". Für eine solche - die Umstände des Einzelfalles berücksichtigende - Prüfung (hier: ob die Garantie durch Retournierung des Haftverlängerungsbriefes vor Zahlungsaufforderung durch die Zweitantragsgegnerin tatsächlich, wie die Antragsteller behaupten, erloschen ist) ist im Rahmen des Provisiorialverfahrens kein Platz. Ist doch allgemein anerkannt, dass bei rechtsgeschäftlich vereinbarten Formerfordernissen der Zweck der Vereinbarung zu ermitteln, also die Formklausel des Garantievertrages nach den Paragraphen 914,, 915 ABGB auszulegen ist (9 Ob 319/99y). Eine Inanspruchnahmeerklärung könnte daher wirksam sein, obwohl die vereinbarte Form nicht eingehalten wurde, wenn dies mit dem Zweck der Formabrede vereinbar ist (Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht römisch II Rz 3/85; vergleiche ÖBA 1997/603; 9 Ob 319/99y). Davon, dass die Ansicht des Rekursgerichtes, die geforderte Evidenz des behaupteten Garantiemissbrauchs sei hier - im Hinblick auf dieses Auslegungserfordernis - nicht dargetan, eine erhebliche, einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürftige Fehlbeurteilung darstellte, kann keine Rede sein.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Anmerkung

E62106 07A01091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00109.01G.0517.000

Dokumentnummer

JJT_20010517_OGH0002_0070OB00109_01G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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