Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Zerdik und Dr. Michaela Windischgrätz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Alexander J*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Bernhard Krause, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Maria M*****, Handelsfrau, als Inhaberin der prot. Firma "I*****, ***** vertreten durch Dr. Otto Dietrich, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 49.000,- brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. November 2000, GZ 10 Ra 253/00z-27, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. Mai 2000, GZ 26 Cga 62/99y-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 676,48 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Das Arbeitsverhältnis des seit 7. 5. 1990 bei der Beklagten beschäftigten Klägers endete durch Dienstgeberkündigung vom 30. 9. 1998 zum 31. 12. 1998. Seit 31. 10. 1994 wurde der Kläger immer wieder schriftlich und mündlich aufgefordert, offene Urlaubsansprüche zu konsumieren, zumal wegen des durch den Beitritt Österreichs zur EU bedingten Geschäftsrückgangs mit der Notwendigkeit der Liquidierung des Betriebs gerechnet wurde. Trotzdem konsumierte der Kläger nur einzelne Urlaubstage. 1994 nahm er zwei Urlaubstage, 1995 keinen, 1996 und 1997 je zwei und 1998 bis zum Beginn der Kündigungsfrist abermals zwei. Dem Kläger ist daher immer wieder Urlaub verfallen.
Am 8. 10. 1998 forderte die Beklagte den Kläger auf, "den größtmöglichen Teil (mind. 8 Wochen)" seines Resturlaubs zu konsumieren. Der Kläger nahm daraufhin vom 9. 11. bis zum 14. 12. 1998 Urlaub und verbrauchte damit 30 Tage des zum Kündigungszeitpunkt unverjährten Urlaubsrestes von 90 Tagen.
Der Kläger begehrt nunmehr den Zuspruch der auf die verbleibenden 60 Urlaubstage entfallenden Urlaubsentschädigung.
Die Beklagte hielt dem entgegen, dass der Kläger diesen Anspruch durch seine Weigerung, Urlaub zu verbrauchen, verwirkt habe.
Während das Erstgericht das Klagebegehren abwies, gab ihm das Berufungsgericht vollinhaltlich statt.
Das Berufungsgericht verwies auf § 9 Abs 1 Z 4 UrlG, wonach - wenn die Kündigungsfrist mindestens drei Monate beträgt - dem Arbeitnehmer eine Urlaubsentschädigung gebührt, wenn der Urlaub während der Kündigungsfrist nicht verbraucht werden konnte oder dem Arbeitnehmer der Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Dem Kläger wäre es zwar möglich gewesen, einen größeren Teil seines noch offenen Urlaubsanspruchs (nicht aber den ganzen Resturlaub) in der Kündigungsfrist zu verbrauchen. Ihm sei aber die Konsumation von mehr als 30 Werktagen nicht zumutbar gewesen, weil sich die Notwendigkeit, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, auf die Erreichung des Erholungszwecks hinderlich auswirke und ein Urlaub im Herbst bzw. Spätherbst an sich schon geringere Erholungsmöglichkeiten biete, als ein Sommerurlaub. Zudem müsse dem Kläger nach Ausspruch der Kündigung noch eine gewisse Zeitspanne für die Planung und Organisation des Urlaubs zugebilligt werden. Ein Verfall des unverjährten Urlaubsrestes sei zu verneinen.Das Berufungsgericht verwies auf Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 4, UrlG, wonach - wenn die Kündigungsfrist mindestens drei Monate beträgt - dem Arbeitnehmer eine Urlaubsentschädigung gebührt, wenn der Urlaub während der Kündigungsfrist nicht verbraucht werden konnte oder dem Arbeitnehmer der Urlaubsverbrauch während der Kündigungsfrist nicht zumutbar war. Dem Kläger wäre es zwar möglich gewesen, einen größeren Teil seines noch offenen Urlaubsanspruchs (nicht aber den ganzen Resturlaub) in der Kündigungsfrist zu verbrauchen. Ihm sei aber die Konsumation von mehr als 30 Werktagen nicht zumutbar gewesen, weil sich die Notwendigkeit, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen, auf die Erreichung des Erholungszwecks hinderlich auswirke und ein Urlaub im Herbst bzw. Spätherbst an sich schon geringere Erholungsmöglichkeiten biete, als ein Sommerurlaub. Zudem müsse dem Kläger nach Ausspruch der Kündigung noch eine gewisse Zeitspanne für die Planung und Organisation des Urlaubs zugebilligt werden. Ein Verfall des unverjährten Urlaubsrestes sei zu verneinen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine auf den vorliegenden Fall anwendbare Judikatur vorliege.
Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Eine solche Rechtsfrage ist hier nicht zu beantworten.Der Oberste Gerichtshof ist gemäß Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph eins, ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des Paragraph 46, Absatz 3, ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Eine solche Rechtsfrage ist hier nicht zu beantworten.
Einen erheblichen Teil ihrer Ausführungen widmet die Revisionswerberin ihrem Standpunkt, dem Arbeitgeber müsse, wenn der Arbeitnehmer Urlaubsansprüche horte, das Recht eingeräumt werden, den Arbeitnehmer im Klageweg zum Urlaubsverbrauch zu verpflichten. Auf die dazu angestellten Überlegungen ist nicht einzugehen, weil auch die Bejahung einer solchen Klagemöglichkeit nichts mehr daran ändern könnte, dass die Beklagte hier eine derartige Klage nicht erhoben hat.
Dem weiteren Einwand, der Kläger habe - unabhängig davon, ob der Verbrauch des Resturlaubs in der Kündigungsfrist möglich oder zumutbar gewesen sei - durch sein jahrelanges rechtsmissbräuchliches bzw. treuwidriges Horten seiner Urlaubsansprüche den noch offenen Resturlaub verwirkt, fehlt es an jeglicher Rechtsgrundlage. Der Gefahr des Hortens von Urlaubsansprüchen trug der Gesetzgeber durch die Normierung der Verjährungsbestimmung des § 4 Abs 5 UrlG Rechnung. Diese Bestimmung und die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit der Übertragung von Urlaubsansprüchen auf das folgende und das nächstfolgende Urlaubsjahr schließt die Möglichkeit des Verfalls von nicht iS des § 4 Abs 5 UrlG verjährten Urlaubsansprüchen nach Lehre und Rechtsprechung aus (Arb 10.334; Cerny, Urlaubsrecht7 Erl 7 zu § 4; Kuderna, UrlG**2 Rz 34 zu § 4 und die dort angeführten weiteren Belegstellen; der dagegen erhobene Hinweis auf Schrank [Aktuelle Rechtsfragen zu Ausmaß und Verbrauch des Urlaubs, ZAS 1992, 181ff] geht fehl, weil auch Schrank den von der Revisionswerberin geforderten Verfall ablehnt und statt dessen - "unter sehr qualifizierten Voraussetzungen" - dem Arbeitgeber das Recht zur entgeltlichen Dienstfreistellung einräumen will; daraus wäre hier für die Beklagte, die den Kläger nicht dienstfreigestellt hat, nichts zu gewinnen).Dem weiteren Einwand, der Kläger habe - unabhängig davon, ob der Verbrauch des Resturlaubs in der Kündigungsfrist möglich oder zumutbar gewesen sei - durch sein jahrelanges rechtsmissbräuchliches bzw. treuwidriges Horten seiner Urlaubsansprüche den noch offenen Resturlaub verwirkt, fehlt es an jeglicher Rechtsgrundlage. Der Gefahr des Hortens von Urlaubsansprüchen trug der Gesetzgeber durch die Normierung der Verjährungsbestimmung des Paragraph 4, Absatz 5, UrlG Rechnung. Diese Bestimmung und die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit der Übertragung von Urlaubsansprüchen auf das folgende und das nächstfolgende Urlaubsjahr schließt die Möglichkeit des Verfalls von nicht iS des Paragraph 4, Absatz 5, UrlG verjährten Urlaubsansprüchen nach Lehre und Rechtsprechung aus (Arb 10.334; Cerny, Urlaubsrecht7 Erl 7 zu Paragraph 4 ;, Kuderna, UrlG**2 Rz 34 zu Paragraph 4 und die dort angeführten weiteren Belegstellen; der dagegen erhobene Hinweis auf Schrank [Aktuelle Rechtsfragen zu Ausmaß und Verbrauch des Urlaubs, ZAS 1992, 181ff] geht fehl, weil auch Schrank den von der Revisionswerberin geforderten Verfall ablehnt und statt dessen - "unter sehr qualifizierten Voraussetzungen" - dem Arbeitgeber das Recht zur entgeltlichen Dienstfreistellung einräumen will; daraus wäre hier für die Beklagte, die den Kläger nicht dienstfreigestellt hat, nichts zu gewinnen).
Damit bleibt nur die - von der zweiten Instanz verneinte - Frage, ob dem Kläger iS des § 9 Abs 1 Z 4 UrlG der Verbrauch eines größeren Teils des Resturlaubs in der Kündigungsfrist zumutbar gewesen wäre. Dies ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG zukommt (8 ObA 98/98i). Eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Berücksichtigt man, dass der - von der Beklagten nicht dienstfreigestellte - Kläger in der dreimonatigen Kündigungsfrist ohnedies Urlaub in der Dauer von 30 Werktagen verbraucht hat, ist die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, im Hinblick auf die notwendige Arbeitssuche, die erforderliche Urlaubsvorbereitung und die für einen Urlaubsverbrauch ungünstige Jahreszeit sei ihm ein darüber hinausgehender Urlaubsverbrauch nicht zumutbar gewesen, jedenfalls nicht unvertretbar.Damit bleibt nur die - von der zweiten Instanz verneinte - Frage, ob dem Kläger iS des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 4, UrlG der Verbrauch eines größeren Teils des Resturlaubs in der Kündigungsfrist zumutbar gewesen wäre. Dies ist eine Frage des konkreten Einzelfalls, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zukommt (8 ObA 98/98i). Eine krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit der Revision rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Berücksichtigt man, dass der - von der Beklagten nicht dienstfreigestellte - Kläger in der dreimonatigen Kündigungsfrist ohnedies Urlaub in der Dauer von 30 Werktagen verbraucht hat, ist die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, im Hinblick auf die notwendige Arbeitssuche, die erforderliche Urlaubsvorbereitung und die für einen Urlaubsverbrauch ungünstige Jahreszeit sei ihm ein darüber hinausgehender Urlaubsverbrauch nicht zumutbar gewesen, jedenfalls nicht unvertretbar.
Das Zinsenbegehren des Klägers hat die Beklagte im Verfahren vor den Vorinstanzen nie bestritten. Vielmehr hat sie das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit gestellt. Auf ihre nunmehr erstmals im Revisionsverfahren dagegen erhobenen Einwände ist daher nicht einzugehen.
Da somit eine iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierte Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.Da somit eine iS Paragraph 46, Absatz eins, ASGG qualifizierte Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.
Anmerkung
E62417 09B00741European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2001:009OBA00074.01Z.0523.000Dokumentnummer
JJT_20010523_OGH0002_009OBA00074_01Z0000_000